WUDC 2011: Interview mit dem Meisterdebattierer Michael Shapira aus Israel

Datum: 10. Februar 2011
Redakteur:
Kategorie: Menschen

Großer Debattiergeist – will er nicht sein. Die Achte Minute sprach mit Michael Shapira, der heuer die World Universities Debating Championships (WUDC oder Worlds) in Gaborone, Botsuana, in der Kategorie “English as a Second Language” (ESL) gewonnen hat. Der Israeli von der Universität Haifa zögert im launigen Interview nicht, die (nicht vorhandene) Weltmeisterstrategie Israels zu offenbaren. Lest, wie seine Freunde und seine Mutter ihn gefeiert haben und wo wir ihn demnächst zum Debattieren treffen können.

Achte Minute: Lieber Michael, herzlichen Glückwunsch zum Weltmeistertitel, den du Anfang Januar mit deinem Teampartner Meir Yarom geholt hast. Jetzt, wo du wieder zu Hause bist, wie ist es da, Debattierweltmeister zu sein?
Michael: Das ist ein großer Spaß. Ich glaube, überhaupt Weltmeister in irgendetwas zu sein, klingt einfach nach Spaß. Debattieren ist da wahrscheinlich noch die netteste Disziplin.

Meir Yarom, die Trophäe und Michael Shapira (v.l.n.r.) bei ihrer Ankunft am Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv nach den Botswana Worlds. (Foto: Tali Fixler)

Achte Minute: Mal unter uns: Wie fühlte es sich an, im ESL-Finale zu stehen?
Michael: Seltsam. Wir haben echt nicht erwartet, es dorthin zu schaffen. Ich erinnere mich daran, dass wir uns vor dem Finale fragten, wie es wohl sein würde, dieses Spiel vor so einem großen Publikum zu spielen. Gin und Tonic lösten die meisten Probleme, die damit zu tun hatten.

Achte Minute: Es muss ein erstaunliches Gefühl gewesen sein. Wie habt Ihr hinterher gefeiert?
Michael: Auf viele Arten – viele Arten, über die ich besser nicht reden sollte. Aber vor allem mit unseren Freunden an der Universität Haifa, die bereits mit dem Feiern angefangen hatten, bevor wir zurück waren. Eine riesige Delegation erwartete uns am Ben-Gurion-Flughafen, mit Schildern und so, was wohl der beste Gang zur Empfangshalle war, den ich je ging.

Achte Minute: Mit wem Deiner Lieben zu Hause hast Du die Nachricht über Euren Sieg als erstes geteilt?
Michael: Ich will mal ehrlich sein: Ich erinnere mich nicht daran. Nach meiner Telefonrechnung zu urteilen waren es wohl etliche Leute. Wahrscheinlich mit meinen Eltern und unserem Coach Uri Zakai.

Achte Minute: Wo wir gerade über Eltern reden – was hat Deine Mutter zu Deinem Weltmeistertitel gesagt?
Michael: Meine Mutter hat sich betrunken.

Achte Minute: Lass uns mal etwas ernsthafter werden. Wie habt Ihr Euch denn auf die Worlds vorbereitet?
Michael: Vorbereiten hieß eine ganze Menge Texte zu einer ganzen Menge von Themen zu lesen und viele Argumentationen niederzuschreiben, die wir dann nie benutzt haben. Aber meistens bedeutete es, in unserem Debattierclub in Haifa zu debattieren. Wir sind in der glücklichen Lage, dass Anat Gelber uns viele Male juriert hat in diesen Übungsdebatten. Ihre Erfahrung und ihr Einblick sind ein Leuchtfeuer für uns alle Haifa, manche von uns heiraten sie sogar aus purer Bewunderung heraus. Außerdem hatten wir das Glück, im vergangenen Jahr mit Hannekke Berman und Leor Sapir zu debattieren. Beide sind selbst Vizeweltmeister in Koç geworden. Wir haben eine Menge von ihnen gelernt.

Achte Minute: Aber mal ehrlich: Hast Du‘s kommen sehen?
Michael: NO! NO! NO! NEIN! LO! NON! Wir haben sehr gehofft weiterzukommen, wir haben es ja gerade so geschafft, als sechzehntes Team ins Viertelfinale einzuziehen. Nach dem Break entwickelte sich die Sache für uns offensichtlich ganz gut, aber wir haben es wirklich nicht kommen sehen. Du musst wissen, dass wir NICHT das beste ESL-Team in Botsuana waren, und ganz sicher nicht das beste ESL-Team im Finale. Wir haben einfach DIESE Runde gewonnen. Gegen bemerkenswerte Debattierer wie Rob [Honig] und Ali [al Khatib] oder Filip [Dobranić] und Maja [Cimerman] zu debattieren und dann zu ERWARTEN, dass man gewinnt, wäre verrückt.

Achte Minute: Für all diejenigen, die noch nie bei einem WUDC-Turnier waren: Was für eine Trophäe bekommt man denn, wenn man die Weltmeisterschaften gewinnt?
Michael: Seht euch am besten das Bild von Meir und mir mit der Trophäe an.

Achte Minute: Kommen wir mal auf Euren Hintergrund zu sprechen: Was studiert Ihr eigentlich? Stimmt es, dass Ihr Geschichte und Jura studiert? Das scheint eine empfehlenswerte Kombination zu sein – was sind die Vorteile, was die Nachteile?
Michael: Richtig, ich studiere Geschichte. Ich glaube, unsere verschiedenen Wissensgebiete haben uns sehr geholfen. Ich habe eine ganze Menge Beispiele auf Lager für bizarre Dinge, die offenbar auf viele Themen passen. Und Meir ist echt ein Trumpf, wenn es um Gerichtsthemen und so was geht. Die Nachteile? Ich hasse Anwälte und Meir weiß das. Außerdem wissen wir offenbar beide nicht besonders viel über die Streikrechte von Lehrern. Tatsache ist doch, dass es meiner Meinung nach nicht das “richtige“ Studienfach für Debattierer. Das ist aber auch das, was so wunderbar ist an unserem Hobby. Man weiß niemals, ob nicht ein merkwürdiger Artikel, den man für ein Seminar gelesen hat, das man eigentlich nie besuchen wollte, das Zünglein an der Waage ist, mit dem man eine wichtige Runde gewinnt. Gute Argumente kommen aus allen Richtungen, man kann gar nicht anders, als das zu lieben.

Achte Minute: Bitte teil Deine Expertise mit uns – hast Du einen Rat für unsere Leser, sodass sie das nächste Mal ausnahmsweise den ESL-Titel holen? Oder hältst Du das geheim, damit Israel auch im nächsten Jahr wieder gewinnt, dann zum dritten Mal in Folge?
Michael: Ich kann mit Euch nicht die Strategie Israels und seine Debattierfähigkeiten diskutieren. Ehrlich gesagt: Israel bestätigt solche Strategien nicht, dementiert sie aber auch nicht. Das Einzige, was ich dazu sagen darf: Wenn Ihr die Worlds nicht gewonnen habt, empfehlen wir, den Palästinensern die Schuld zuzuweisen. Wenn Ihr wollt, bieten wir uns gerne an, das für Euch zu machen.

Achte Minute: Also zu behaupten, man habe keine Strategie, schadet Israel nicht: Ihr habt ganz augenscheinlich ein Abo auf den ESL-Titel bei den Worlds – haben Yoni Cohen Idov und Uri Merhav, die Gewinner der Koç-Worlds 2010, Dir und Yarom eigentlich Ratschläge gegeben?
Michael: Yoni und Uri sind Debattierer von der Tel Aviver Universität, wir dagegen sind aus Haifa – sie sind also eigentlich der Feind. Aber im Ernst: Yoni und ich haben im vergangenen Sommer das Red Sea Open gewonnen, da lernt man natürlich eine Menge von einem Debattierer seines Kalibers. Er hat mir einige Tipps während des Turniers gegeben, die ich alle während der Worlds umgesetzt habe. Also ja, Yoni hat seine vaterländische Pflicht getan und sein Wissen weitergegeben.

Achte Minute: Tretet Ihr eigentlich nächstes Jahr wieder an, dann bei den DLSU Worlds in Manila?
Michael: Ich kann nur für mich sprechen: Ich werde das nicht tun.

Achte Minute: Wo treffen wir Dich das nächste Mal? Wie sieht Dein Debattierkalender für 2011 aus?
Michael: Ich fand schon immer, dass von großartigen Juroren juriert zu werden mich auf meinem Weg als Debattierer sehr viel weiter gebracht hat. Jetzt verspüre ich diesen merkwürdigen Drang, dieser erstaunlichen Gemeinde, die mir so viel gegeben hat, etwas davon zurückzugeben – deshalb werde ich jurieren, wo ich kann, und hie und da vielleicht mal zum Spaß debattieren. Beim Israeli Open im März werde ich Chefjuror sein und mindestens beim Vienna IV und bei den Euros sehe ich das Achte-Minute-Team. Danach sehen wir mal weiter.

Achte Minute: תודה רבה, toda raba, vielen Dank, Michael, für das Interview! Und noch einmal: מזל טוב, mazal tov, Glückwunsch!

apf / glx

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