Schlecht, schlechter, Martenstein

Datum: 19. Juni 2013
Redakteur:
Kategorie: Mittwochs-Feature

Nachdem bereits Manuel Adams seine Gedanken zu dem Artikel „Schlecht, schlechter, Geschlecht“ von Harald Martenstein in DIE ZEIT für die Achte Minute aufgeschrieben hat, schildert Dessislava Kirova ihre Gedanken zu dem Artikel im Mittwochsfeature.

Intellektuelle Größe und Fähigkeit zeigt sich an der Wahl des Gegners. Die polemischsten und unsachlichsten Argumente anzugreifen ist keine Kunst. Es führt eher dazu, dass man selbst unsachlich und übertrieben argumentiert. Den Gegner komplett ernst nehmen in seinen überzeugendsten und stärksten Argumenten und sich mit diesen auseinanderzusetzen ist Beweis eines klugen und kritischen Kopfes. Dieses Gütesiegel muss dem bekanntesten (und angeblich besten) Kolumnisten der führenden deutschen Qualitätswochenzeitung DIE ZEIT verwehrt bleiben. Harald Martenstein ist wütend, er ist empört, er fühlt sich angegriffen, ja vielleicht machtlos angesichts der vielen Genderlehrstühle – und er schreibt zurück.

Dass der Artikel nicht sachlich oder wissenschaftlich ist sei geschenkt. Das war auch nie die Absicht von Herrn Martenstein. Er schreibt eine Kolumne, die im Magazin erscheint. Die einen lieben ihn, die anderen finden ihn zum Kotzen und lesen ihn einfach nicht. Herr Martenstein provoziert und spitz gerne zu. Na ja, vielleicht sollte er eine Karriereerweiterung bei der BILD erwägen. Inhaltlich und stilistisch passt es wie die Faust aufs Auge.

Wenn man aber versucht den Artikel und seinen Autor ernst zu nehmen (was ich versuchen möchte), gibt es zwei Probleme: grauenvoll schlechte Argumentation und mangelndes Bewusstsein.

Dessi_Ohren

(Photo by Manuel Adams)

Schlechte Argumente

Herr Martenstein begibt sich auf Glatteis und merkt es nicht einmal. Wenn man seine Argumentation konsequent betrachtet (was wir im Debattieren immer versuchen) stellt sich die Frage: Wie sehr würde er die Politik an der Biologie ausrichten? Frauen und Männer würden in unserer freien Gesellschaft angeblich ihren biologischen (was auch immer das sein soll) Anlagen folgen, wenn sie bestimmte Berufe wählen. Das Individuum macht was seine Biologie ihm vorgibt und das ist nicht schlecht. Was ist mit geistig und/oder körperlich beeinträchtigten Menschen? Was ist wenn eines Tages ein Gewaltgen entdeckt wird? Herr Martenstein macht aus einer Korrelation (dieses Geschlecht mit dieser Biologie wählt diese Berufe und verhält sich so) eine Kausalität. Das zweite Problem an seiner Argumentation ist, dass er mit zweierlei Maß misst. Er verlangt, dass sich die Gender Studies mit den Ergebnissen und Methoden der Naturwissenschaften auseinandersetzt und nennt die Gender Studies eine Unwissenschaft weil sie es nicht tun. Hier stimme ich ihm fast zu. Die Gender Studies täten sich einen großen Gefallen, wenn sie all die Studien über die Herr Martenstein schreibt ernst nehmen würden und sich mit ihnen auseinandersetzen würden anstelle sie einfach abzutun. Sie müssen sich aber nicht Methoden und Ergebnisse aufzwingen lassen, die ihrem kompletten Ansatz der sozialen Konstruktion zuwiderlaufen. Wenn Herr Martenstein das verlangt, würde er dann im Sinne der Interdisziplinarität auch von den Naturwissenschaften verlangen, dass sie sich mit den Ergebnissen der Gender Studies, die mit ihren eigenen Methoden durchgeführt wurden auch auseinandersetzen? Er ist inkonsistent weil er wütend ist. Mit Wut im Bauch zu argumentieren geht in den seltensten Fällen gut.

Mangelndes Bewusstsein

Selbst wenn man ihm all seine schlechten Argumente und seine Unsachlichkeit nachsieht bleibt ein zweites Problem. Herr Martenstein hat alleine mehr Macht und Einfluss als alle Genderlehsrtühle zusammengenommen und miteinander multipliziert. Tausende Menschen lesen ihn, tausende Menschen werden sich in ihrer Meinung bestärkt fühlen und tausende Menschen, die sich unsicher sind werden sich seine Meinung zu eigen machen, weil sie ihn für klug halten – immerhin schreibt er für das führende deutsche Qualitätsmedium, o-ho! Aber Herr Martenstein hat kein Bewusstsein dafür. Herr Martenstein fühlt sich als Journalist nicht der Ausgewogenheit und der kritischen Meinungsbildung verpflichtet. Er ist Kolumnist und er polarisiert gerne. Wer sich über den unsachlichen und irren Mediendiskurs in den USA an den Kopf fasst, der möge sich Herrn Martenstein u.ä. anschauen.

Unsere Journalisten sind auch nur Menschen. Sie haben Gefühle und sie werden wütend, sie fühlen sich persönlich gekränkt. Aber sie sind Journalisten. Als Leser zahlen wir gerne für unsere Zeitung, aber wir möchten Artikel lesen zu denen sich die Autoren Gedanken gemacht haben und intellektuell und argumentativ da hingehen wo es wehtut, nämlich über ihren Tellerrand hinweg. Meinungsbildung ist nicht zugespitzte Polemik, die die Leute in ihrer Meinung bestätigt – das wäre eher Meinungsbestätigung.

Es macht mich nicht wütend, dass Herr Martenstein Gender Studies bescheuert findet. Es macht mich auch nicht wütend, dass er nicht besonders gut argumentieren kann. Es macht mich aber stinksauer, wenn jemand ohne eine Millisekunde über die Position aus der er schreibt und die Verantwortung, die er hat zu reflektieren sich an sein iPad schwingt und große leere Worte schwingt, die Millionen Menschen lesen.

Mittwochs-FeatureDie Autorin: Dessislava Kirova ist Vizeweltmeisterin im studentischen Debattieren. Sie ist Mitglied in der Berlin Debating Union e.V., deren Präsidentin sie von 2011 bis 2012 war und Mitglied im Chefjuroren-Tram bei der kommenden Europameisterschaft im August. An der Universität Potsdam studiert sie Anglistik/Amerikanistik und Italienische Philologie.

Das Mittwochs-Feature: jeden Mittwoch ab 9.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.

Dessislava Kirova/ ak

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14 Kommentare zu “Schlecht, schlechter, Martenstein”

  1. Manuel A. sagt:

    Witzig, diese zweite Rezension mit einem Photo von mir zu versehen.

  2. Kai Dittmann sagt:

    Vorab: Was den Stil angeht gebe ich Dessi Recht.
    Zum Inhalt drei Kommentare:

    1. Zum Biologismus “Wie sehr würde er die Politik an der Biologie ausrichten?”
    Ich glaube schon, dass wir Politik z. T. an Biologie ausrichten könnten. Wenn es biologische Unterschiede gibt (z.B. Hormone) müssen wir andere Politikkonzepte wählen als wenn es nicht der Fall ist. Wenn Männer und Frauen (ja, vereinfacht) tendenziell eher unterschiedliche Berufspräferenz haben, sollten wir zum Bespiel den Beruf der Grundschullehrerin aufwerten (aka mehr Gehalt). Ähnliches tun wir im Fall von Behinderungen auch: Da es biologische Unterschiede gibt, versuchen wir eine barrierefreie Welt zu schaffen. Wir müssen (auch biologische) Bedürfnisse erkennen um gesellschaftliche Nachteile für Individuen ausgleichen zu können.
    Im anderen Fall (es gibt keine biologischen Unterschiede), sollten wir Menschen solange umerziehen bis sie sich ihrer “echten”, genderneutralen Berufspräferenz zuwenden können. Wenn wir aber Menschen gegen ihre biologische Einstellung umerziehen, machen wir sie im Schnitt unglücklicher. Nützlich wäre in diesem Zusammenhang eine deskriptive Genderwissenschaft, die nicht ideologiegeleitet ist.

    2. Martenstein stürzt sich auf die “polemischsten und unsachlichsten Argumente”: Ja, und ich erwarte von einem Journalisten, dass er sich – besonders bei öffentlicher Forschung – auf genau diese stürzt. Es spricht nicht für Martenstein, dass er alle „unwissenschaftliche Forschung“ der allgemeinen Genderforschung ankreidet (da hat Dessi Recht). Ich kann nicht einschätzen, inwieweit dieses Problem strukturell für den Forschungszweig ist. Ich möchte aber auch, dass sich Journalisten über Forscher aufregen, die den Klimawandel unbelegt verneinen. Man sollte auf den Missstand in Forschung aufmerksam machen dürfen.

    3. “Martenstein hat alleine mehr Macht und Einfluss als alle Genderlehrstühle zusammengenommen” Das glaube ich nicht. Gesche Joost aus dem Schattenkabinett der SPD war Inhaberin eines solchen Lehrstuhls. Links der CDU sind die Lehrstühle mächtig geworden. Aber wie dem auch sei, darf ein Journalist nur eine Seite beschreiben. Ich glaube er sollte es normalerweise nicht. Ich denke, aber auch wir hätten nie über das Thema gesprochen, hätte er es in neutraler Form geschrieben. Und ich (sehr subjektiv) habe das Gefühl, dass das Thema Genderforschung besonders in unseren Kreisen etwas sakrosanktes umgibt und die Lehrstühle die Hüter des gesamten Wissens über Geschlechtlichkeit sind. Nach dem Motto: “Wenn ich die Lehrstühle angreife, greife ich auch Frauen, LGBTQIs und sowieso jede Minderheit an direkt an.” Das tue ich nicht; ich fühle mich aber trotzdem immer in der Defensive. Und vielleicht braucht es Zuspitzung um dieses Schild aufzubrechen.

  3. Mathias aus Potsdam sagt:

    Harald Martenstein „beweist, wie wenig ihn die Nöte und Befindlichkeiten anderer Menschen tatsächlich interessieren, indem er erzählt, wie unkompliziert die Welt sein könnte, wenn nur alle so normal wären wie er oder sich wenigstens so normal gäben.“

    Es muss da schlimmes passieren in DER ZEIT: Stefan Niggemeier hat das im März so schön geschrieben: „Harald Martenstein schreibt gegen diesen Machtverlust an und benutzt dabei regelmäßig die stärkste stumpfe Waffe, die ihm zur Verfügung steht: Ignoranz.“ Damals hat er sich über Toiletten für Transsexuelle aufgeregt und behauptet, dass da Kosten entstehen. Dass da keine Kosten entstehen, hat er nicht recherchiert.

    Und das ist das schlimme an Harald Martenstein, ein Aushängeschild DER ZEIT: Da wird findet jemand was, ohne erstmal zu suchen. Und das in einer Zeitung, die Deutschlands fürhendes Wochenmagazin sein will. Wohin will es führen? In die Irre?

    P.S. Offenlegung: Harald Martenstein hat 1. auch einen meiner Artikel mal gründlich mißverstanden (2) und dann hat ihn Henryk Broder korrigiert (3). Wen’s interessiert
    1.http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben/junge-muslime-echte-helden-gegen-falsche-ehre-a-668832.html
    2.Martenstein: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/martensteins-kolumne-mohammeds-geliebte-ist-mir-egal/1763678.html
    3.Broder: http://www.tagesspiegel.de/meinung/andere-meinung/kommentar-voltaire-und-das-recht-auf-knutschen/1781180.html

  4. Matthias C. sagt:

    Zwei kleine Anmerkungen.

    Zur Methode:
    Martenstein soll sich hier nur einer Korrelation bedienen ohne eine Kausalität zu beweisen. Aber besteht nicht jede Kausalität aus einer hinreichenden empirischen Korrelation und einer entsprechenden nicht falsifizierten Theorie? Da stehen sich nun zwei Theorien gegenüber:
    Biologie + Sozialer Einfluss -> Individuum oder Sozialer Einfluss -> Individuum.
    Keine der beiden Theorien konnte bisher meines Erachtens hinreichend falsifiziert werden, also sollte man versuchen herauszufinden, welche von beiden Recht hat.
    Martenstein ist hier von einer Theorie überzeugt und geht daher von einer Kausalität aus. Das kann er auch, denn sie baut auf einer empirischen Korrelation auf und es gibt eine nicht ohne weiteres abzuweisende Theorie, die diese Korrelation erklären kann. Die Methode mag zwar polemisch dargestellt sein, das macht sie aber nicht falsch.

    Zum Bewusstsein:
    Ich finde, dass es ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft ist, wenn wir uns über die Macht solcher Polemiker aufregen müssen. Denn wir müssten das nicht tun, wenn die Menschen in unserer Gesellschaft mehr über solche und andere Kommentare reflektieren würden. Ich wünsche mir einen Journalismus, der Meinung bildet, indem er sie darstellt. Dabei sollte er aber auch immer die Gegenmeinung darstellen. Was hätte es hier geschadet, wenn man dahinter einen Artikel einer anerkannten Gender-Forscherin setzt? So würden wir langsam an einer aufgeklärteren Gesellschaft arbeiten, in der jeder seine eigene Meinung hat. Zum Glück gibt es einige Medien, die das tun, z.B. http://econ.st/11nQvN8 Ich sehe die Schuld hier also weniger bei Herrn Martenstein als bei der Chefredaktion des ZEIT Magazins.

  5. Almut Graebsch sagt:

    Hallo, also ich möchte Kai für seinen Kommentar danken und ein paar Punkte von dessi aufgreifen, die ich zumindest für diskussionswürdig halte. gender studies sollen sich nicht die wissenschaftliche Methode aufzwingen lassen? Wirklich? ‚ sie müssen sich nicht Methoden und Ergebnisse aufzwingen lassen, die ihrem kompletten Ansatz der sozialen Konstruktion zuwider laufen.‘ Jede Wissenschaft muss genau dies, sonst ist es schlicht keine Wissenschaft. Dessi stellt die Gender Forschung hier auf eine Stufe mit den Kreationisten. Deren kompletter Ansatz der von Gott geschaffenen Schöpfung soll sich auch nicht mit Methoden und Ergebnissen von anderen Wissenschaften auseinandersetzen müssen? Und alle anderen auch nicht? Ich denke dann immer ‚tja, das ist vielleicht deine Meinung, dude‘ aber eben keine Wissenschaft. Apropos Meinung: ich habe den Martenstein mit großem Vergnügen gelesen. da dies ein klar gekennzeichneter Meinungsbild/ Kolumnen Artikel war, habe ich darin auch keine ausgewogene Analyse gesucht oder gefunden. Aber bei jedem Kolumnisten aufgrund seiner medienmacht gleich das rechte Bewusstsein will heißen die fechte Gesinnung einzufordern finde ich schlicht gruselig!

  6. Almut Graebsch sagt:

    Eine fechte Gesinnung ist natürlich ein Tippfehler und meint richtige Gesinnung. Sorry bin unterwegs.

  7. Jan K. (MD) sagt:

    Eigentlich glaube ich, dass die Kritik an Martenstein etwas ins lehre geht.
    Natürlich schreibt er weder ausgeglichen noch wissenschaftliche Beiträge. Das ist aber weder seine Absicht noch der Grund warum er beliebt ist. Wer sich aus Interesse mit den von Ihm behandelten Themen auseinandersetzen will tut das sowieso in Fachzeitschriften oder Fachbüchern und wird seine Meinung entweder teilen und sich über die Übertreibungen freuen oder sie eben nicht teilen und sich über die vereinfachte Darstellung ärgern.
    Der Zweck dieser Kolumne ist es für Diejenigen, die die behandelten Themen nicht tangieren und die sich eigentlich auch nicht für sie interessieren eine skurrile Geschichte zu erzählen. Die Erwartung der Leser, der Zweck der Kolumne und die Befähigung Martensteins ist also keinesfalls informierend sondern unterhaltend. Und auch Unterhaltung sollte m.M.n ihren Platz haben.

  8. Zustimmung zu Jan-Dirk, Matthias und Almut, die ich hiermit noch ergänzen möchte:

    „…Wenn Herr Martenstein das verlangt, würde er dann im Sinne der Interdisziplinarität auch von den Naturwissenschaften verlangen, dass sie sich mit den Ergebnissen der Gender Studies, die mit ihren eigenen Methoden durchgeführt wurden auch auseinandersetzen?…“

    Also analog wenn die Schulmedizin die Homöopathie angreifen/widerlegen/mit auseindersetzen will, muss sie deren Ergebnisse mit deren Methoden durchführen. Wirklich?
    Wenn durch jahrzehntelange Forschungsarbeit gewisse Standards sich als gefestigt und zuverlässig erwiesen haben, warum sollte man diese über Bord schmeißen? Erst recht, wenn die Gütewerte „Falsifizierbarkeit“ und „Reproduzierbarkeit“ eingehalten werden.
    Ersterer ist bei der Zusammenarbeit mit den zugegeben extremen Varianten, die Martenstein aufzeigt, genauso wahrscheinlich wie bei anderen fundamentetalistischen Vertretern diverser Schriftreligionen.

    Reproduzierbarkeit ist sicherlich eher ein Problem, da man keine standisierten (Labor)umgebungen hat.
    Daher sehe ich deinen Ansatz der „Interdisziplinität“ also als gemischte Teams von Gender“wissenschaftlern“ und Naturwissenschaftlern. Wobei die einen eher schon festgelegt sind und alle nichtliebsamen Ergebnisse als weiteres soziales Konstrukt abtun…auch das ist kein wissenschaftliches Verhalten.

    Aber genau dieses soll ja an Universitäten (von Steuergeldern) gefördert werden daher ist diese Aufschwemmung von Lehrstühlen sicher kritisch zu hinterfragen. Und die Multiplikatoren, die diese Lehrstühle zum einen ermöglichen aber erst recht, die dort entstehen, werden allein durch Masse und Verbreitung mehr Macht und Einfluss entfalten als ein durchaus überziehender Kolumnist.

  9. Martin Zett sagt:

    Die Kritik an Herrn M. oder seinem Stil mag gerechtfertigt sein, aber daran, dass die von Herrn M. beschriebenen Probleme weitgehend zutreffen, ändert das nicht viel.

    Also, das Hauptproblem, an den Genderwissenschaften und auch dem Kritik-Artikel hier, ist die fundamental unwissenschaftliche Herangehensweise: Die Frage „was sind die Fakten?“ wird nicht sauber von der Frage „was schlussfolgern wir aus den Fakten?“ getrennt.
    Auch Sätze wie „Sie müssen sich aber nicht Methoden und Ergebnisse aufzwingen lassen, die ihrem kompletten Ansatz der sozialen Konstruktion zuwiderlaufen.“ bedeuten letztendlich nichts anderes als „Die Teile des Fundamentes der Gender-Wissenschaften, die unwissenschaftlich sind, sollen nicht geändert werden“ – und dem würde ich klar widersprechen.

    Also, wenn die Gender-Wissenschaften den Anspruch erheben, echte Wissenschaften zu sein, und nicht nur „intelligent gendering“ zu sein, müssen sie sich an das wissenschaftliche Prinzip anpassen.

  10. „Herr Martenstein hat alleine mehr Macht und Einfluss als alle Genderlehsrtühle zusammengenommen und miteinander multipliziert.“

    Das Gegenteil ist richtig. Ein Großteil unserer zukünftigen akademischen Elite wird von Genderlehrstühlen beeinflusst. Es ist in immer mehr Studiengängen vorgeschrieben auch Genderkurse zu belegen. Zeitungen hingegen sind im Niedergang und werden immer seltener gelesen. Der Einfluss den ein Herr Martenstein hat, ist im Vergleich zum Einfluss aller Genderlehrstühle lächerlich.

  11. Mathias aus Potsdam sagt:

    Robert:
    1. Mich würde sehr interessieren, wo man Kurse an Genderlehrstühlen belegen muss.
    Hast Du da ein paar Links?

    2. Die Zeitungen mögen sterben, aber die Zeit hat wirklich viel Einfluss, denn sie eilt von Rekord zu Rekord: http://kress.de/tagesdienst/detail/beitrag/120856-dank-steigender-abozahlen-neuer-auflagenrekord-fuer-die-zeit.html

    Wie ist dann der Einfluss von Herrn Martenstein lächerlich – wenn nicht durch seine Artikel, die teilweise extrem schlecht recherchiert sind, damit Fakten ihm seine schöne These/Wirklichkeit kaputtmachen. Ein Beispiel „Letzteres ist wahrscheinlich der am schnellsten wachsende Wissenschaftszweig in Deutschland. 2011 gab es 173 Genderprofessuren an deutschen Unis und Fachhochschulen, die fast ausschließlich mit Frauen besetzt werden. “ Was heißt hier wahrscheinlich? Schlecht recherchiert? Nicht lang genug recherchiert? Warum muss wahrscheinlich sein und gleich der Superlativ: am schnellsten?

    Warum nicht einfach: Die Zahl der Genderprofessuren wächst.

    Und dann: Zu wieviel dieser 173 Genderprofessoren (Zahl von 2011) geht er (Zahlen von 2013 hat er nicht): Zu zweien, und davon eine die Design macht. Die andere läßt er nichtmal richtig zu Wort kommen in seinem Artikel.

    Er nutzt Sachen wie „Viele meinen dass“ – wer ist viele? Wenn ich sowas in einer Hausarbeit schriebe….und auch Journalisten brauchen Quellen (Vorbild und so) sonst ist es nämlich ihre Meinung!

    Denn nochmal: Ja, es mag ideologische, verzerrende Genderforscher geben, wie es auch verzerrende Journalisten gibt (Nachtigall ick hör dir trapsen) Und Herr Marteinstein gehört durchaus dazu, siehe z.B. hier:
    http://www.stefan-niggemeier.de/blog/harald-martenstein-sieht-sich-als-opfer-der-opfer/

    Und das allerschlimmst, Martenstein könnte durchaus besser, und das weiss er „Wenn Menschen eine Meinung nicht mögen, haben sie, meiner Erfahrung nach, eine Tendenz dazu, diese Meinung für sachlich falsch zu erklären. Ich weiß, wovon ich rede, ich mache auch hin und wieder diesen Fehler.“
    http://www.zeit.de/2013/26/martenstein

    Ich frage mich bei dem Artikel: Mensch, Herr Martenstein, warum haben sie uns nicht ein paar Genderforscher präsentiert, die mit Studien belegen, dass es sehr wohl einen kulturellen Einfluss in Sachen Gender gibt… die finden sich nämlich zuhauf. Und dann hätte er auf die spannenden Fragen kommen können: Wieviel ist Kultur, wieviel Natur etc. wie Kultur nämlich Jungs und Mädels unterschiedlich formt, kann man nämlich schon in vielen Kulturen sehen. Schon im Debattieren. In Russland gibt es z.B. viel mehr weibliche Debattierer und ich kann mir nicht denken, dass russische Frauen genetisch besser debattiergeeignet sind.

    Kurz gesagt: Anstatt für mehr Aufklärung zu sorgen hat Herr Martenstein für eine Verklärung gesorgt. Schade.

  12. Martin Zett sagt:

    Ist der wahre Skandal nicht derjenige, dass es überhaupt Personen gibt, die sich als „Wissenschaftler“ bezeichnen, dafür Geld vom Staat bekommen, und dann einen solchen Unfug produzieren wie diejenigen, die im Artikel von Herrn M. zitiert werden?

    Herr M. hingegen hat lediglich einen Text in einer Zeitung veröffentlicht. Sich jetzt über bestimmte Verfehlungen in diesem Text zu beschweren, aber die wesentlich gröberen Verfehlungen dieser Anti-Wissenschaftler nicht zu kritisieren, halte ich für schweinheilig.

    Keine vernünftige Person wird behaupten, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen rein biologisch sind – die Soziologie hat eindeutig gezeigt, dass es in unserer Gesellschaft bestimmte Rollenbilder gibt, die Jungs und Mädchen schon in der frühen Kindheit erfahren, und die ihr Verhalten beeinflussen.
    Aber jeder, der behauptet, die Unterschiede wären rein kulturell, handelt genauso unvernünftig, da es gleichbedeutend damit ist, wesentliche Teile der letzten 40 Jahre Forschung in der Biologie zu leugnen – z.B. dass die Hormone Testosteron und Östrogen bestimmte Auswirkungen auf das Verhalten von Menschen haben, und die Körper von Männern und Frauen i.A. verschiedene Mengen dieser Stoffe produzieren.

    Jedoch wird letzteres von der Gender-Wissenschaft geleugnet. Somit liegt Herr M. völlig richtig, wenn er die Gender-Wissenschaft als Anti-Wissenschaft bezeichnet, da das Ziel der Gender-Wissenschaft darin besteht, wissenschaftliche Erkenntnisse der Biologie zu unterdrücken, und nicht etwa die beobachteten Unterschiede frei von Ideologie zu erklären.

  13. Jonathan Scholbach sagt:

    „Jedoch wird letzteres von der Gender-Wissenschaft geleugnet.“ Nein.

  14. Andreas Lazar sagt:

    Die Zusammenhänge zwischen vor- und nachgeburtlicher Hormonproduktion, Gehirnentwicklung und Verhalten sind alles andere als eindeutig und so oder so keine Einbahnstraße von Biologie zu Kultur (können sie offensichtlich auch nicht sein). Man muss daher gar nichts leugnen, um zu bezweifeln, dass bestimmte Hormone ein bestimmtes Verhalten bewirken.

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