Training, Führung und Bewusstsein – Julian Vaterrodt und Jonas Linck über die Jurorenausbildung

Datum: 10. Juni 2015
Redakteur:
Kategorie: Jurieren, Mittwochs-Feature

Stellen wir uns die Frage, woraus eine Debatte besteht, so kommen wir meist zu dem Ergebnis, dass sie aus acht oder neun Leuten zusammengesetzt ist. Diese Debatte zu führen ist tatsächlich möglich, jedoch wird dabei vergessen, dass auf diese Weise niemals ein Sieger bestimmt werden kann. Keiner wird bekannt geben, welche Probleme die Debatte hatte, was die Redner verbessern könnten oder wie sie sich im Vergleich zur letzten Debatte verbessert haben.

Wir glauben, dass hier das internationale Verständnis –  das des sogenannten Judge – auch in Deutschland Einzug halten sollte.

Matthias Morrkopf (l.) und Julian Vaterrodt im Halbfinale der DDm 2014 Berlin (c) Martin Funck

Matthias Morrkopf (l.) und Julian Vaterrodt im Halbfinale der DDM 2014 in Berlin (c) Martin Funck

Als Judges sollten Juroren nicht nur zur Ergebnisfindung beitragen, sondern auch die Aufgaben eines Coaches übernehmen. In dieser Eigenschaft obliegt ihnen viel Verantwortung, zum Beispiel im Bereich der Nachwuchsausbildung. Novizen orientieren sich oftmals an dem gegebenen Feedback, um in der nächsten Runde oder beim nächsten Clubabend ihre Redeleistung zu verbessern. Das macht Juroren zu den wichtigsten Kontaktpersonen innerhalb der Clubs, wenn es um Ausbildung und Training geht.

Diese Verantwortung erfordert aber ein hohes Maß an Selbstreflexion des Jurors. So muss er oder sie sich darüber bewusst sein, dass die Art und Weise, wie Feedback gegeben wird, einen direkten Einfluss auf die Entwicklung des Redners haben wird.

Problematik Juroren

Leider können viele Juroren diesen mannigfaltigen Aufgaben aufgrund von mangelndem Training, mangelnder Führung und mangelndem Bewusstsein nicht gerecht werden.

Mangelndes Training

In unserer Szene stellt der Juror oft eine Art Losposten dar, der durch irgendjemanden besetzt werden muss. Durch diese Zufälligkeit wird weder ein Training durch Übung gewährleistet, noch findet eine Identifikation der Person mit der Position statt.

Das Training ist von besonderer Bedeutung. Durch die gezielte Ausbildung von Juroren, welche später die Aufgaben eines Judges wahrnehmen, können wir hier Abhilfe schaffen. Die Entscheidung, Judge zu werden, würde so mit einer Ausbildung belohnt, sodass die Person in ihrer Entscheidung bestärkt wird. Die Investition des Vereins in die Ausbildung neuer Juroren zahlt sich auch dadurch aus, dass sie als Wertschätzung wahrgenommen wird.

Mangelnde Führung

Dieses Problem hat seine Ursache im mangelndem Training. Ohne die Führung und Anleitung eines erfahrenen Ausbilders wird der Fokus nicht auf die wesentlichen Punkte der Debatte gelenkt. Hier kann man eine Parallele zum Reden ziehen: Ein Teammitglied kann dem anderen wertvolle Tipps geben und den Blick auf die wesentlichen Punkte der Debatte lenken. Im Kontext des Jurierens heißt das konkret, dass der Ausbilder eine Art Scheinwerferlicht auf ein Argument leuchten sollte, der Auszubildende aber selbst erkennen muss, warum das Argument relevant ist und andere Argumente überstrahlt.

Mangelndes Bewusstsein

Schaut man sich die internationale Szene an, so stellt man fest, dass dort die Judges eine größere Bedeutung beigemessen wird. Namen wie Michael Shapira oder John Harper sind weltweit als Standard für gute Jurierung bekannt und geachtet. Diese Form des Respekts wirkt leistungsfördernd. Jeder von uns kennt die folgende Situation: Es ist Breakabend, alle sind aufgeregt, teilen ihre Erwartungen mit anderen und natürlich hat jeder eine Chance auf den Break. Dann kommen die Chefjuroren auf die Bühne und beginnen, die breakenden Juroren möglichst schnell zu verlesen, um die Redner nicht länger auf die Folter zu spannen. Während der Jubel für die Redner zu Tinnitus führen kann, kommt es vor, dass Juroren mit einem verhaltenen Applaus abgefertigt werden.

Dieses durchaus ins Extrem getriebene Beispiel soll eines verdeutlichen: Unsere Wahrnehmung und die Art, wie wir sie kommunizieren, kann in dem Selbstverständnis der Juroren aktiv Schaden verursachen. Wir glauben, dass potenziell gute Juroren davon abgehalten werden, Juroren zu werden, weil sie nicht auf den in der Szene gegeben Respekt für Redner und die Anerkennung ihrer Leistung verzichten wollen. Im Klartext fragen sie sich: „Warum sollte ich mir die Mühe einer Ausbildung im Jurieren machen, wenn ich nicht durch Respekt dadurch belohnt werde?“

Oftmals wird darüber diskutiert, ob finanzielle Förderung von Juroren notwendig ist, um den Jurorenpool zu vergrößern. Wir glauben, dass Respekt ein größerer Motivator ist als jede monetäre Unterstützung. Juroren sind Teil unseres Sportes und es ist an der Zeit, dass wir ihnen mit demselben Respekt begegnen, den wir als Redner erwarten und den wir Rednern entgegenbringen.

Es liegt im Interesse der Clubs, Juroren auszubilden

Wenn wir euch bis jetzt noch nicht überzeugen konnten, dass Juroren eine unumgängliche Größe für unseren Sport darstellen, so kommen hier noch einmal alle Gründe zusammengefasst:

  • Juroren helfen bei der Ausbildung eures Nachwuchses
  • Gute Juroren sind gefragt – sowohl international als auch national
  • Ihr öffnet das Debattieren für mehr Leute, insbesondere solche, die nicht reden, aber jurieren wollen
  • Durch die neue Verantwortung für das Training des Nachwuchses werden eure bereits existierenden Juroren motivierter und aktiver sein

Gute Juroren prägen unseren Sport. Sie sind das Ying zum Yang. Juroren sind zugleich Hüter der Fairness, Coaches für alle Redner und Lehrmeister für ihrer Padawane.

Julian Vaterrodt/Jonas Linck/ama/hug

Mittwochs-Feature

Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 10.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.

Julian Vaterrodt war zentral beim Aufbau des Iserlohner Debattierclubs BiTS Debating Society. Er erreichte das Halbfinale der Deutschsprachigen Meisterschaft (DDM) 2014, war im Finale des Split Open 2015, im Halbfinale UCU Open 2014 und debattierte im Viertelfinale der DDM 2015.

Jonas Linck lässt sich im Moment von Jule Biefeld zum Juror ausbilden. Er ist seit 2013 Mitglied der Bielefeld Debating Union und seit diesem Jahr ihr stellvertretender Vorsitzender.

 

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8 Kommentare zu “Training, Führung und Bewusstsein – Julian Vaterrodt und Jonas Linck über die Jurorenausbildung”

  1. Mark Etzel sagt:

    Ich stimme dem Artikel voll und ganz zu, dass eine bessere Ausbildung sowie eine größere Wertschätzung von Juroren uns allen zu Gute kommen würde!
    Dass die dezidierte Ausbildung einzelner Mitlieder zu Juroren, die sich dann mit dieser Rolle identifizieren sollen, der beste Weg ist, halte ich aber für falsch. (Anm. Ich spreche mich hier keineswegs gegen Juroren-Ausbildungen oder Jurier-Workshops aus, denke aber man sollte eine Trennung von Rednern und Juroren nicht fördern.)
    Jurieren und Debattieren ergänzt sich wunderbar und ich würde behaupten, dass es eine ausgeprägte Korrelation zwischen den Fähigkeiten einer Person in beiden Disziplinen gibt.
    Das Jurieren hat mir und vielen anderen geholfen, Debatten besser zu verstehen und bessere Reden zu halten.
    Umgekehrt glaube ich, dass man kaum ein guter Juror sein kann, ohne zugleich ein passabler Redner zu sein. Hier mögen mir andere widersprechen, aber faktisch fällt mir sowohl im deutschsprachigen Raum wie auch international kein Top-Juror und mehrfacher CA ein, der nicht auch als Redner Erfolge gefeiert hat. Michael Shapira, der im Artikel als Beispiel genannt wird, hat ja auch zuerst die Europa- und Weltmeisterschaft gewonnen. Und wenn man sich die Namen der Chefjuroren der letzten ZEIT-Debatten anschaut, dann haben die fast ausnahmslos selbst Titel vorzuweisen.
    Und selbst wenn der Unterschied nicht in der Jurierqualität liegt, fällt es den meisten Rednern anscheinend leichter, Themen und Feedback von Juroren anzunehmen, die ihnen im Reden zumindest halbwegs das Wasser reichen können.
    Anerkennung kann man nicht erzwingen. Dass Juroren zu wenig Wertschätzung erfahren, liegt meiner Meinung nicht unwesentlich an Dingen wie z.B. einem intransparenten Verfahren für den Juroren-Break. Hier haben wir mit Jurorentests im Vorfeld bei der letzten DDM sicher einen Schritt in die richtige Richtung gemacht.

  2. Alex L. (DD) sagt:

    Ich glaube, Mark hat alles relevante zum Thema gesagt – Reden und Jurieren sollten enger verzahnt sein als hier dargestellt.

  3. Jonathan Scholbach sagt:

    Dem Tenor stimme ich auch zu. Aber man sollte auch nicht vergessen, zwischen Turnier und Clubabend zu unterscheiden. Ich bspw. habe in der Vergangenheit auf Turnieren mehr geredet als juriert, im Club aber etwa so oft juriert wie geredet. Ich denke, dass die Clubmitglieder, die meine Jurierungen hören, mehr davon profitiert haben, dass ich auf Turnieren viel geredet habe und Feedbackgeben im Club geübt habe.

  4. Pascal (L) sagt:

    Ich stimme Mark zu. Allerdings gibt es einige hervorragende Juroren die keine Titel gewonnen haben. Anat Shapira ist hier zu nennen. Anat Shapira war allerdings beste Rednerin auf Worlds, so gut wie immer breakrelevant als Rednerin und ist das beste was Israel im Debattieren zu bieten hat. Als Jurorin ist sie hervorragend. Das liegt unter anderem an der Verzahnung von Reden und Jurieren. Wenn Debattierclubs in Israel sehen, dass ein Redner ein Plateau erreicht, schicken sie ihn für 2-3 Turniere als Juror auf die Runde. Dadurch entwickelt sich ein Redner weiter und die Lernkurve zeigt wieder nach oben. Erst durch eine erfolgreiche Karriere im Reden und Jurieren, kann man verstehen, welche Probleme ein Redner in einer bestimmten Situation hat und wie man hilfreiches Verbesserungsfeedback geben kann. Juroren die nie wirklich erfolgreich waren als Redner, können wohl kaum einschätzen was man einem Team im Topraum noch an Feedback mitgeben kann. Wer selbst nie in der Situation war im Topraum zu reden, hat dort als Hauptautor wenig verloren. Wir reden zwar immer von seltenen Fällen in denen Juroren ohne Redeerfolge, es trotzdem zu respektierten Juroren gebracht haben, in der Praxis fällt auch mir keiner ein. Man sollte vielleicht mit der Legendenbildung aufhören und der Tatsache ins Auge sehen, dass es sehr wohl eine Korrelation zwischen gut reden und gut jurieren gibt. Es gibt genug Beispiele an denen man dies festmachen kann. Wie bei allem macht Übung den Meister. Um im Jurieren Weltklasse zu erreichen, reicht eine Beschränkung aufs Jurieren allerdings nicht aus.

    Wenn alle Unfehlbaren, die nie jurieren sich aber immer über die Jurorenqualität echauffieren, anfangen würden gelegentlich zu jurieren, hätten wir kein Jurorenproblem. Dank der vielen genialen Blicke auf die Debatten wird es nie wieder zu Fehljurierungen kommen und die furchtbaren Dauerjurierer, die als Redner eher unauffällig waren, können von den CA Teams dieser Welt endlich ignoriert werden. So allerdings dient dieser Vorschlag eher dazu, dass Dauerredner ungestört bei stagnierender Jurorenqualität reden können. Damit erweisen sie sich selbst einen Bärendienst und werden beim nächsten Jurorenbreak mal wieder die Augen verdrehen.

  5. Christian (MZ) sagt:

    Sicher ist es häufig so, dass sehr gute Redner auch sehr gute Juroren sind oder umgekehrt. Dabei stellt sich allerdings natürlich immer die Frage nach der Kausalität. Vielleicht sind diese Leute auch einfach schon so lange dabei dass sie einfach beides schon sehr oft gemacht und daher beides unabhängig von einander gelernt haben. Ich kenne übrigens einige Leute, die wirklich gut jurieren aber keine heraus stechenden Redner sind. Umgekehrt gibt es sicherlich auch einige Fälle. Trotzdem liegt es natürlich auch Nahe, dass gute Redner ein gutes Gefühl für eine Debatte haben und damit auch ein gutes Gefühl dafür haben müssten, wie man eine Debatte juriert und entsprechend Feedback gibt.

    Die wirklich interessante Frage, die uns aber alle schon seit langem beschäftigt, ist und bleibt: wie kann man das Jurieren aufwerten? Ich denke auch, dass das mit Respekt und Achtung deutlich besser funktioniert als mit günstigeren Teilnehmerbeiträgen. Daher hier ein kleiner, vielleicht praktisch schwer umsetzbarer Vorschlag: Wie wäre es mit einem Jurorenranking auf Turnieren? Das würde einen sportlichen Ansporn geben, jenseits des oft als intransparent empfundenen Jurorenbreaks. Kriterien sollten sich finden lassen, da gab es bei den letzten beiden DDM ja schon recht aufwändige Verfahren. Natürlich wäre das nochmal einiges an Zusatzarbeit im Tabraum, aber wenn man damit das Jurieren wirklich aufwerten könnte, sollte es das wert sein. Allerdings wäre es natürlich schwierig, dabei ein absolut faires System zu finden, insbesondere wenn manche Juroren oft hauptjurieren dürfen und andere wenig oder gar nicht und damit dann allein schon zahlenmäßig weniger Feedback bekommen würden, was die Datenbasis für die Bewertung einschränken würde. Trotzdem könnte man sich mit einigem Nachdenken vielleicht ein System überlegen, das weitestgehend fair ist und vielleicht das Jurieren in unserer doch recht kompetitiven Szene aufwerten.
    Um Nachwuchsjuroren nicht zu sehr abzuschrecken könnte man übrigens auch nur die Ergebnisse des besten Drittels der Juroren veröffentlichen und die anderen Ergebnisse den einzelnen Juroren auf direkte Nachfrage bekannt geben. Dann kann jeder heraus finden, wie er als Juror bewertet wurde und steht doch nicht an irgend einer Form von Pranger.

  6. @Christian: Ich bin ja eigentlich ein OPD’ler, aber hier glaube ich nicht, dass ein absolutes Ranking sinnvoll ist, da unterschiedlich viele Datenpunkte für Haupt- und Nebenjuror existieren (Rednerfeedback). Man könnte sicherlich wichten, aber dann kommt am Ende etwas mit der Komplexität eines ELO-Ranking, aber mit der Aussagekraft eines BP-Tabs raus (also statt gewichteter ungewichtete relative Stärke). Zudem weiß ich nicht, ob es einen Ansporn setzt, wenn man als Juror schwarz auf weiß gesagt bekommt, dass man nur unter ferner liefen notiert. In der Spitze hebt es sicherlich die Qualität, weil man unbekannte Talente schneller entdeckt. Aber ob es das wert ist…

  7. Jörn(Duisburg) sagt:

    Ich glaube, es schadet dieser Diskussion hier nicht, wenn die vollen Anforderungen an Jurierende nicht aus dem Blick verloren gehen:
    Jurierende sollen Bewerten UND ein Feedback geben!
    a) Für das Bewerten müssen sie die erlebte Debatte nachvollziehen können und mit idealenVorbildern abgleichen. Für die Einzelbewertung spielen technische Kriterien (Mimik, Struktur der Rede usw.) eine größere Rolle, für die Gesamtbewertung (bzw. die Teamkriterien) müssen die tatsächlich gehaltenen Rede-Beiträge unabhängig vom Format aufeinander bezogen werden. Ausdrücklich nicht zur Bewertung gehört der Abgleich mit einem inhaltlichen-argumentativen Ideal! Viele erfahrene Redende neigen dazu, als Jurierende beim Feedback mitzuteilen, wie sie die Debatte inhaltlich gestaltet hätten. So ein Ideal kann aber nicht existieren, da nur die Prämissen Teil der konkreten Debatte sind, die von der Gegenseite (und ggf. FFR) akzeptiert oder als debattierbar angenommen werden, und sich jede weitere Argumentation nur auf diese Prämissen stützen kann. -> Daraus folgt, dass ein Jurierender das Debatte-Thema inhaltlich argumentativ nicht völlig durchdrungen haben muss, um die tatsächlich gehaltene Debatte bewerten zu können, sondern er muss die Konsistenz der Argumente prüfen können.
    b) Fast immer müssen Jurierende nach der Bewertung Feedback geben. Gutes Feedback zeichnet sich allgemein dadurch aus, dass es sachlich als Ich-Botschaft formuliert wird und zur Fortentwicklung einlädt. Einige der besseren Redner (und einige der besseren Rednerinnen) sind meiner Erfahrung nach nur sehr bedingt in der Lage oder willens, ihre Rückmeldung derart freundlich zu formulieren, dass man Lust hat, sich mit dem Feedback auseinanderzusetzen. Sehr häufig werden durchaus sinnvolle Verbesserungsvorschläge in einer arroganten (oder gar eingebildeten) Art vorgetragen, dass man nicht von gutem Feedback sprechen kann. – Allgemein bedeutet Feedback weiter, dass es VerbesserungsVORSCHLÄGE sind. Die kann die Person annehmen oder verwerfen, sodass es meistens nur bedingt von Bedeutung ist, inwiefern die beobachtende Person den Inhalt verstanden hat. Wir möchten aber beim Debattieren darüber hinaus, dass die jurierende Person die Redenden coacht. Dazu muss sie genau wissen, was der nächste Lernschritt ist („Dein Stand wirkt jetzt deutlich sicherer. Als nächstes kannst du versuchen, deine Arme und Hände unterstützend einzubeziehen.“). Der Jurierende muss also eine Vorstellung vom Redner-Ideal und vom Lernprozess besitzen. Dies ist sicherlich ein langer Weg von Debatten-Erfahrung und Reflexion, aber es ist nicht zwangsweise ein langer Weg von Debattier-Erfahrung. Ich kann möglicherweise wissen, wie etwas aussehen soll, ohne es selbst herstellen zu können.

    Darüber hinaus gibt es hier aus meiner Sicht einen Fehlschluss:
    c) Fehlschluss: Weil viele erfolgreiche Redner CA sind oder als Juror breaken sind, muss es einen notwendigen Zusammenhang von Rede- und Jurierqualität geben. Erstens ist es doch gerade starker Konsens, dass die Qualität der Jurierungen allgemein nicht sonderlich hoch ist. Ob eine Person nun ab und zu mal erfolgreich debattiert hat oder nicht, scheint sich folglich nicht in wirklich messbarer Jurierqualität widerzuspiegeln. Zweitens ist es ja nur logisch, dass Klubs vorwiegend gute Redende als CA in den Blick nehmen. Jurierende fallen einem ja viel seltener auf. Das liegt schon daran, dass in einer Debatte 8-9 Redende auffallen können, aber nur eine Person durch eine gute Jurierung. Allein durch dieses Missverhältnis ist es zwangsweise so, dass es scheinbar mehr bessere CA und Jurierende gibt, die auch gut reden (Stichwort Simpson-Paradoxon?).

  8. Pascal (L) sagt:

    @Christian Wenn Redner verstehen, dass sie ihre analytischen Fähigkeiten beim Jurieren verbessern können, sollte der Respekt fürs Jurieren von ganz alleine kommen. Es ist ein Trainingstool, welches vielen erfahrenen Rednern den letzen Schliff gegeben hat, um es nach ganz oben zu schaffen. Es ist schliesslich auch eine Möglichkeit mal den Topraum (als Nebenjuror) zu erleben und sich inspirieren zu lassen.
    @Jörn Dein Kommentar bringt viele Beispiele aus dem OPD Format. Diese kann ich nicht bewerten. Im BP funktioniert es leider etwas anders. Argumentation und Überzeugungskraft sind hier die wichtigen Kriterien. Wenn ein Juror die Argumente nicht versteht und diese nicht gegeneinander abwägen kann, gibt es ein Problem. Wenn die Regierung einen Fehler (squirrel) gemacht hat, sollte ein guter Juror in der Lage sein, der Regierung Verbesserungsfeedback für die Argumente zu geben. Dazu bietet es sich an die Debatte zu verstehen. Das ist genau die gleiche Anforderung die ein Redner hat, der die Debatte vor dem ‘road kill’ retten will. Redner die die Debatte nicht verstehen, haben Probleme bei der ‘extension’ oder im ‘summary’.
    Im Feedback sollte ein Juror in der Lage sein den Rednern zu erklären wie sich verschiedene Argumente auf die Debatte auswirkten und wie sie diese verbessern können. Ein Redner sollte genauso verstehen wo die Argumente angreifbar sind und dann da ansetzen mit der eigenen Argumentation. Darüber hinaus sollte Feedback objektiv standhalten. Von arroganten Juroren die auf die Redner herabschauen habe ich noch nie etwas gehört. Möglicherweise gibt es solche, es müsste sich dann wohl um eine Minderheit halten. Mir ist kein international respektierter Juror bekannt der im Feedback nicht allen Redebeiträgen mit Respekt und guter Kritik begegnet.

    Wie gerade erläutert, trifft diese Annahme vom Fehlschluss nicht zu. Redner mit etwas Erfahrung können objektiv bewerten wie sich ein Juror im Feedback schlägt. Und es ist einfach ein Fakt, dass ein Michael Shapira oder ein Harish von allen Rednern ob Ihres Feedbacks geschätzt werden. Die Fülle an hochwertigen Kommentaren zu einzelnen Argumenten wird in der Szene geschätzt. Und Juroren die schlecht reden, können da eben nicht mithalten. Das ist vielleicht schwer zu akzeptieren, aber es ist nun einmal so. Und Redner die später mal ein Turnier organisieren können wohl abschätzen wer gutes Feedback gibt und dann wird eben nicht der Redner genommen der ‘top of the tab’ war, sondern der kompetente Juror der Teams aus ganz Europa anzieht, weil alle von dem juriert werden wollen.

    Und um den Punkt bezüglich Jurorenqualität aufzugreifen. Die Qualität ist nicht so schlecht wie es immer dargestellt wird. Sicherlich hat jeder noch Luft nach oben. Trotzdem gibt es genug Leute die gut bis sehr gut jurieren können. Das Problem ist, dass zu selten genug von diesen Juroren auf Turniere fahren um dort zu jurieren. Wünschenswert wäre es, wenn Clubs die Initiative zur Mitgliederentwicklung ergreifen und nicht nur das Minimum an geforderten Juroren schicken würden. Ist sicherlich nicht immer möglich, würde aber von den CA Teams dieser Welt kaum auf Ablehnung stossen.

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