Auf der Suche nach Austausch II: Das richtige Forum

Datum: 3. Februar 2016
Redakteur:
Kategorie: Mittwochs-Feature, VDCH

Im Rahmen der für den März 2016 anstehenden ZEIT DEBATTE Berlin kam es auf der Facebookseite der vom VDCH-Vorstand betriebenen ZEIT DEBATTEN-Seite jüngst zunächst zu sachlicher Kritik an der Wahl des Finalorts, später jedoch zu heftigen persönlichen Angriffen. Die daraus resultierende Löschung des Ursprungsposts und die Verlagerung der Diskussion auf den VDCH-Verteiler forderte unter anderem eine Aufarbeitung der aufgeworfenen Fragen durch die Achte Minute.

Den Auftakt unserer Reportage machte ein Kommentar von Pegah Maham. Im zweiten Teil analysiert nun der Medienwissenschaftler, ehemalige Chefredakteur der Achten Minute und VDCH-Altpräsident Florian Umscheid die für eine VDCH-interne Diskussion zur Verfügung stehenden Foren auf ihre Vor- und Nachteile.

Die jüngste Diskussion um die Finallocation der ZEIT DEBATTE Berlin warf im Verband erneut die Frage nach geeigneten Foren auf, in denen gerade kritische Entwicklungen zeitnah diskutiert werden können. Die ad hoc Lösung der jüngst gelöschten Facebook-Gruppe DebateLand, stellte den Versuch eines neuen Forums dar. In der folgenden Übersicht argumentiere ich, dass die bisher im Verband bestehenden Foren den Erfordernissen der internen Abstimmung genügen.

Florian Umscheid © Manuel Adams

Florian Umscheid © Manuel Adams

Zuerst will ich fragen: Was müssen unsere Foren bieten, die uns einen wahren, offenen und fairen Diskurs ermöglichen, ohne gleichzeitig durch Zurschaustellung interner Diskussionen und schrecklicher Kommentar- und Debattenkultur einen externen Imageschaden zu erzeugen? Als kurze Antwort: Sie sollen im Zugang unbeschränkt der Klarnamenpflicht unterliegen und die Komplexität der Diskussionen bewältigen können. Weiterhin erachte die Geschwindigkeit nicht als einen relevanten Faktor. Entscheidungen im VDCH haben einen langen Vorlauf und hängen ganz ursächlich oft mit Terminen zusammen, die sehr lange im Voraus bekannt sind. Im Gegenteil: Je länger die Distanz zwischen Ereignis und Diskussion, desto eher werden Dinge nicht so heiß gegessen, wie sie gekostet wurden, desto eher wird der Überhitzung einer Debatte vorgebeugt. Es kommen meines Erachtens vier Foren für derartige Diskussionen in Frage. Detailverbesserungen können die Leistungsfähigkeit dieser Foren erhöhen, dort wo mir Ideen kamen, habe ich diese benannt.

 

Die VDCH-Mitgliederversammlung (VDCH-MV)

Das Forum: Die VDCH-MV findet in jedem Jahr statt, es sind alle Clubs, die dem VDCH angeschlossen sind, aufgerufen, dort teilzunehmen.
Pro Contra
  1. Die MV bildet den Querschnitt der Clubs ab, auch kleine Clubs, die nicht so präsent sind, sind dort vertreten
  2. Es ist ein relativ geschütztes Forum, Ergebnisse von Diskussionen werden im Protokoll nur knapp vermerkt, Extern haben keinen Zugang zu den Diskussionen
  3. Es sind die wichtigen EntscheiderInnen der Szene vor Ort.
  1. Die Meinungsbildung der MV vermag durch die mangelnde Reichweite nicht in die Szene zu wirken. Die Wirkung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Anwesenden. Oft nehmen nur wenige Clubs teil.
  2. Die Regulierung einer MV ist dem Austausch hinderlich. Oft werden Tagespunkte so gelegt, dass die Diskussion sehr kurz sein muss.
  3. Oft werden wegen Zeitbeschränkungen Diskussionen abgewürgt, die man schon auf den Sonntag verschoben hatte.
  4. Die MV findet in sehr geringer Frequenz statt, nämlich jährlich.
  5. Die MV kann getäuscht werden, ob in böser Absicht oder nicht. Wenn Dinge nicht bekannt sind oder nicht auf der Tagesordnung stehen, werden sie nicht behandelt.
 

Reformvorschlag: MV-Agenden besser und den Punkt „Allgemeines“ aussagefähiger machen; Diskussionen mehr Zeit einräumen.

 

Achte Minute

Das Forum: Die Achte Minute als Blog postet Artikel und gestattet unter Klarnamen Austausch und Diskussion
Pro Contra
  1. Sie ist allen zugänglich und wird von den meisten DebattiererInnen regelmäßig und annährend täglich gelesen. Die Meinungsbildung der DebattiererInnen kann stattfinden.
  2. Sie erfordert Klarnamen.
  3. Kommentare sind 30 Tage lang allen unter Nennung ihres Namens möglich.
  4. Die umfassende Berichterstattung gibt die Möglichkeit so gut wie alle Entwicklungen zu diskutieren.
  5. Es kann dank Archiv-Funktion auf Diskussionen, wie die um das Klöckner-Selfie, rekurriert werden.
  6. Es besteht ein Zwang, sich einigermaßen anständig und Ironie frei auszudrücken.
  1. Sie ist allen, und damit auch Externen, zugänglich. Allerdings muss man dafür auf die Achte Minute gehen und bekommt die Postings nicht einfach per Mail ins Postfach, wie bspw. über den VDCH-Verteiler.
  2. Das Erfordernis der Klarnamen kann abschreckend wirken.
  3. Die starre Form der Kommentarspalte gibt der Diskussion eine sehr starre Form.
  4. Detailänderungen, wie die Auswahl des Willy-Brandt-Hauses als Finallocation, werden nicht gesondert berichtet.
 

Reformvorschlag: Dichtmaschige Berichterstattung bei Einzeländerungen, die Potential für Kontroversen haben. Denkbar ist auch die Einführung von „Leserbriefen“, um Änderungen bekannt zu machen und/oder engagierten und interessierten DebattiererInnen ein Forum zur Meinungsäußerung zu geben. Dieses Forum funktioniert nur, wenn weiter rigoros anonyme und anderweitig gegen die Kommentierregeln verstoßende Kommentare gelöscht werden.

 

VDCH-Foren auf ZEIT DEBATTEN (früher: „Präsidententag“)

Das Forum: Das VDCH-Forum auf einer ZEIT DEBATTE steht allen offen, aktuelle Fragen können hier diskutiert werden.
Pro Contra
  1. Eine persönliche Aussprache ist möglich.
  2. Das VDCH-Forum gibt allen die Möglichkeit, auf Themen hinzuweisen und mit dem Vorstand in kleiner Öffentlichkeit zu reden.
  3. Der Querschnitt der aktiven Clubs ist anwesend.
  1. Es wird wenig Zeit für die VDCH-Foren eingeplant, entsprechend kurz müssen Diskussionen sein, Lösungen werden in der Regel nicht gefunden.
  2. Es wird wenig über das VDCH-Forum nach außen getragen.
  3. Das VDCH-Forum hat schwierige Dynamiken und keine feste Form, es kann – so in Mainz 2014 – von Einzelnen instrumentalisiert werden, um Entscheidungen zu erzwingen.
  4. Für VDCH-Foren gilt ebenfalls die Frequenzbeschränkung der MV – sie sind auch ebenfalls sehr grobmaschig.

 

Per Mail/Telefon an wichtige Akteure

Das Forum: Alle VDCH-Vorstandsmitglieder und -beiräte haben ein Email-Postfach, ihre Telefonnummern stehen auf der VDCH-Seite.
Pro Contra
  1. Der Vorstand weiß sehr viel und ist in die Planungen direkt eingebunden. Eine Mail an den Vorstand hätte die letzte Diskussion wohl verhindert.
  2. Wahrnehmungsfragen und Probleme können angegangen und geklärt werden.
  3. Es wird eine große, in der Außenwahrnehmung sichtbare Welle vermieden (dass einige genau diese Welle wollen, spielt eine andere Rolle).
  1. Der Vorgang ist nicht-öffentlich, damit wird das Problem auch nicht von allen wahrgenommen und thematisiert.
 

Reformvorschlag: Aus derartigen Wechseln einen Leserbrief oder ein Feature für die Achte Minute machen und dort veröffentlichen.

 

Weitere Gedanken

Die VDCH-MV bei einer Abstimmung © S. Kempf

Die VDCH-MV bei einer Abstimmung © S. Kempf

Die VDCH-Mailing-Liste ist für Diskussionen und platte Kaktus-Witze wegen ihres Bezieherkreises von Externen, Sponsoren und anderen Interessierten völlig ungeeignet. Einige DebattiererInnen stellen auch immer noch Nachfragen zu ihrer persönlichen Anreise an die VDCH-Group per CC.

Facebook sollte von den DebattiererInnen, die Fragen oder Anmerkungen haben, so genutzt werden, dass sie ihre Fragen als persönlichen Posts auf persönlichen Pinnwänden veröffentlichen. Diskussionen in Facebook-Räumen, die allen offenstehen, sollten vermieden werden, Stichwort Imageschaden. Das Problem der Nicht-Öffentlichkeit der Postings und der Rolle von Facebook als quasi gated community im Web bleibt bestehen.

Fazit

Es mag, neben den hier analysierten Foren noch anderen Möglichkeiten geben, wie Diskussionsseiten im Wiki oder Ähnliches. Aufgrund des einfachen, öffentlichen, gut moderierten Zugangs und der Reichweite sehe ich die Achte Minute als den zurzeit besten Ort des kritischen Austauschs. Vielleicht sollten DebattiererInnen – dass als Schlussapell – auch bei ihren Kommentaren darüber nachdenken: „Ist es richtig, angemessen, notwendig und habe ich sichergestellt, dass ich alle Fakten weiß?“

Mittwochs-Feature

Florian Umscheid arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Kommunikationswissenschaft in Bamberg. Er war im Geschäftsjahr 2013/2014 Präsident des VDCH und zuvor bereits Chefredakteur der Achten Minute und FDL-Koordinator. Zuletzt debattierte er in Bamberg, davor in Potsdam und Berlin.

Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 10.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.

Florian Umscheid/lok

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23 Kommentare zu “Auf der Suche nach Austausch II: Das richtige Forum”

  1. Philipp S. (MS Version) sagt:

    Ergänzendes zur Funktion der Kommentarspakte der 8min. Was mir fehlt sind zum einen die direkte Antwort zu einem speziellen Gedanken. Wenn 3 Menschen vor mir etwas (pro) geschrieben haben müsste ich, um in den debattenverlauf nicht zu ignorieren oder zu behindern, alle drei rebuttaln.
    Tl;dr: Eine Funktion „zu diesem Kommentar antworten“ wäre wünschenswert.

    Zum anderen fehlen mir „likes“ oder ähnliches.
    Im Internet kann alles nachgelesen werden. Wir brauchen keine Whip-reden, die uns die Debatte zusammenfassen. Wenn ein Punkt gut ist möchte ich ihn nicht mit „Das stimmt!“ kommentieren. Die Anzahl an nicht verbalisierter Zustimmung wirkt zugleich als Relevanz Messer einer Aussage. Wenn eine humoreske kommentierung, die erkennen lässt, dass ein Thema irrelevant sein könnte, 6mal mehr Zustimmung findet als eine kritische Nachfrage, dann ist die Frage immer noch legitim, aber ihr „impact“ geringer und der Kritisierte kann vielleicht besser schlafen.
    TL;dr: Likes sind minidemokratische Stimmungsanzeigen

    Insgesamt nicht gelesen, weil X: Facebook und andere kommentarspalten haben Werkzeuge, die Diskussionen hier verbessern könnten. Vielleicht sind diese ja technisch leicht umzusetzen.

  2. Jonathan Scholbach sagt:

    Ich stimmte Dir, Florian voll zu, der Ort für kritische Diskussionen sollte die 8. Minute sein. Ich bin auch dafür, für die Kommentare auf der 8. Minute eine Pflicht zum vollen Klarnamen einzuführen. Das wird Trollverhalten und beleidigende Äußerungen (die dann auf die Störenfriede zurückfallen) reduzieren, weil man sich dann in den Diskussionen so verhalten muss, dass man sich nicht als Vollidiot*in beschädigt.

    Davon unberührt sollte es die Möglichkeit geben (und ich nehme an, es gibt sie bereits) in begründeten Fällen einen Artikel auf der 8. Minute anonym zu veröffentlichen, wenn die Autorin bzw. der Autor fürchtet, seine Kritik nur so in einem herrschaftsfreien Raum äußern zu können.

    Die Starrheit der Kommentarfäden ist in der Tat ein Nachteil. Hier wäre es gut, wenn eine Ordnung und Gliederung der Beiträge hergestellt würde, die mehr als nur die zeitliche Reihenfolge der Beiträge – etwa Antwort-Abzweigungen, aber auch community-Bewertungen – wiedergibt. Denkbar wäre eine Ordnung der Beiträge á la stackexchange. Es gibt ein entsprechendes Q&A-Plugin für wordpress: https://premium.wpmudev.org/project/qa-wordpress-questions-and-answers-plugin/ VIelleicht wäre das geeignet, oder eine andere technische Umsetzung.

  3. Witthaut sagt:

    Ich glaube die Idee der Antwortmöglichkeiten für die Achte Minute würde einiges vereinfachen.

    @Philipp: Ich glaube das „Likes“ in sozialen Medien das Gegenteil von Demokratie sind. Ja klar, ein gewisses Stimmungsbild kann man davon ableiten, dass kann man aber auch von Antworten etc. Die Probleme, die ich mit Likes habe sind folgende:

    a) Sie sind hierachisierend. Oh Wunder, ist euch schon einmal aufgefallen, dass Sachen mehr geliked werden, weil Leute bekannter sind?

    b) Sie sind verkappter Lobbyismus. Vll. ist es nur Zufall oder eine besondere Gabe aber ich glaube in 80% der Fälle voraussagen wer welchen Post liked. Und zwar nicht abhängig vom Inhalt, sondern vom Autor ausgehend.

    c) Provokationen / Ironie / Quatsch wird überproportional entlohnt. Wir liken gerne lustige Sachen. Aber eigentlich wollen wir ein Stimmungsbild der besten Idee. Ein gefällt mir macht man aber gerne mal auch auf andere Dinge. So sehr Stimmungsbild ist es dann auch nicht.

    Nur ein paar Einwände! Der Rest ist super 🙂

  4. Florian Umscheid sagt:

    Likes halte ich für ein Problem, weil sie binär codiert Zustimmung/Ablehung ausdrücken, nicht aber „Zur Kentnis genommen“ oder aber die Motive erklären. Likes als Applausometer einzusetzten schafft bestenfalls Scheinargumente, die Dynamik von Diskussionen lässt sich damit nicht abbilden.

  5. Peter G. sagt:

    Schöner Artikel, die MV ist zu selten, die VDCH-Foren auf den ZD sind ungeeignet, der Verteiler ist nicht für Diskussionen da. Bleibt die 8M. Klar.
    Ich denke auch, dass für viele Fälle die 8M das richtige Forum ist und bestätige nebenbei den Wunsch nach direkter Antwortmöglichkeit. Woran es der 8M aber mangelt und wofür es aktuell auch keine Möglichkeit gibt, ist Flexibilität. Warum wird überhaupt eine Facebookseite oder der VDCH-Verteiler für Diskussionen verwendet? Weil eben eine Möglichkeit fehlt um eine solche mal spontan anzustrengen! Niemand will, nur weil ihm Zweifel an der Finallocation kommen direkt ein Mittwochs-Feature dazu schreiben. Wäre auch völlig unangemessen, dafür ist das MiFea nicht da. Nur hier aber gibt es eine Möglichkeit zur Kommunikation.
    Schön wäre doch eine Art 8M Forum, öffentlich zugänglich, mit Klarnamen wie hier, nur dass man mal einen spontanen Beitrag da reinschreiben könnte, wie z.B: „Hey finde die ZD-Berlin sehr linkslastig (oh Wunder…), ist das noch wem aufgefallen und sollte man da mal drüber reden?“ Dann könnte darunter diskutiert werden (Netiquette vorausgesetzt).
    Vielleicht meintest du das, Flo, mit deinen Leserbriefen. Dann würde ich diesen Vorschlag hiermit liken 😉

  6. Johannes S. (Freiburg) sagt:

    Ich gebe Peter bezüglich der Flexibilität vollkommen Recht. Um eine Diskussion in Gang zu bringen, benötigt es auf der 8M eines konkreten Artikels, unter dem man passend seine Meinung schreiben kann. Wenn man sich beispielsweise kritisch über die intransparente Art und Weise wie die Vorstandskandidaten vor den MVs in der Vergangenheit gefunden wurden äußern möchte, gibt es in der Regel dazu keinen aktuellen und passenden Artikel, unter dem man seine Meinung äußern kann. Bei eventuell älteren aber inhaltlich passenden Artikeln ist die Kommentarfunktion deaktiviert und selbst wenn man unter einem alten Artikel etwas posten könnte, wäre es dann fraglich, ob dieser die notwendige Aufmerksamkeit erhält. Wenn also laut Florians Analyse (die ich in Bezug auf Facebook und Mailingliste gerne noch etwas ausführlicher dargestellt bekommen hätte) die 8M die einzig sinnvolle Plattform darstellt, muss sie aber auch die Möglichkeit bieten, zu ALLEN Themen Kommentare abgeben zu können. Sofern nun kein passender Artikel da ist, heißt es dann schnell, „dann verfasse halt ein Mittwochs-Feature“. Hierbei ist aber zu bedenken, dass vielleicht nicht alle, die etwas im konstruktiven Sinne kritisieren möchten, dazu gleich einen eigenen Artikel für das Magazin verfassen möchten, dieser unter Umständen inhaltlich auch gar nicht als eigenständiger Magazinartikel geeignet ist oder schlicht und ergreifend aus Kapazitätsproblemen (genügend Features für die nächsten zwei Monate) oder sogar noch schlimmer, aus politischen Gründen (auch das ist möglich!) von der Redaktion abgelehnt wird.

  7. Peter G. sagt:

    @ Johannes: Ich freue mich über Zustimmung.
    Verteiler: Der ist für Ankündigungen da und nicht um alle Leute mit seiner Meinung zuzuspammen… Wird er dafür missbraucht, besteht die Gefahr, dass wichtige Ankündigungen von den Clubs nicht mehr wahrgenommen werden. Zudem sind meist nur die Clubvorstände auf dem Verteiler, dass heißt es werden auch nicht (nur) die richtigen Leute erreicht – nämlich jene, die es interessiert.
    Facebook: Gated-Community. Auch wenn viele auf FB sind – ich bin es nicht. Und eine Diskussion ohne mich ist wie eine Suppe ohne Salz oder ein Tag ohne Sonne oder ein Himmel ohne Sterne oder… Und ich bin sicher, ich bin nicht der einzige Verlust 😉

  8. Patric Flommersfeld sagt:

    Ich verstehe nicht ganz wie die ganzen Artikel an dem bestehenden Problem etwas ändern.

    Wie wird in Zukunft mit Kritik bzgl. der Verbindung von VDCH und Politik umgegangen? Wird man zukünftig sensibler agieren? Ist das jetzt ein Freischein für die Zusammenarbeit mit Parteien? Gilt dieser dann uneingeschränkt oder gibt es gute und böse Parteien?

    Müsste da jetzt nicht Mal eine Entscheidung im Verband getroffen werden und spätestens auf der nächsten MV eine gemeinsame Compliance-Richtlinie erarbeitet und verabschiedet werden?

    Und auch noch wichtig: Gibt es Möglichkeiten die Entscheidungen im Verband transparenter zu machen, also die verbandsinterne Kommunikation zu verbessern, oder muss man sich damit abfinden, dass ein Verband „von Studenten für Studenten“ dies aufgrund von unverhältnismäßigen Mehraufwand nicht leisten kann/muss?

    Wenn man jetzt einfach die (zum wiederholtem Male) aufgekommene Kritik für nichtig erklärt und ignoriert, dann wird der nächste Shitstorm nur eine Frage der Zeit sein.

  9. Nikos B. sagt:

    Ich hatte mir nach dem Vorstoß von Matthias persönlich ein paar Gedanken gemacht und auch überlegt diese bei Facebook zu posten. Ich fand es beser, eine Diskussion auf der AM abzuwarten. Meine Gedanken waren:

    Brauchen wir ein (moderiertes) Facebookforum? Falls ja: Wer sollte das moderieren? Aus meiner Sicht sprechen folgende Gründe dafür:

    1) Aktive Diskussionen durch Niedrigschwelligkeit
    a) viele Leute sehen Beiträge (Sachen erscheinen schneller im FB-Feed, als dass jeder einzelne auf die Achte Minute-Seite geht) und können sich sehr leicht an Diskussionen beteiligen, die Hürde dafür ist niedrig, vor allem für Jüngere (Man will sich nicht durch einen Post exponieren, hat das Gefühl, dass man dort druckreif formulieren muss, hat Angst, etwas dummes zu sagen etc.)
    b) man kann an Diskussionen teilnehmen, ohne einen langen AM-Artikel vorher zu lesen
    c) man kann Diskussionen starten und kurze Frage stellen, ohne einen langen AM-Artikel zu schreiben (ich habe aktuell mindestens 3 Themen, die ich gerne diskutieren würde, aber nicht die Zeit, einen Artikel zu schreiben, viele Leute trauen sich außerdem nicht, wollen sich nicht exponieren oder machen sich nicht den Aufwand, außerdem gehören einfache kurze Fragen nach Tipps etc. auch nicht unbedingt in einen AM-Artikel)
    Fraglich bliebe eventuell, welche Relevanz diese Diskussionen entfalten, wenn es zu viele werden, oder ob irgendetwas da in einer Flut von Beiträgen untergeht.

    2) Ausschluss der Öffentlichkeit ist sinnvoll
    a) mal ganz abgesehen von Beleidigungen etc. gehören bestimmte Sachen und ehrliche Diskussionen über das Debattieren und die Interessen und die strategische Ausrichtung des Verbands schlicht nicht an die Öffentlichkeit
    b) Facebookposts in einer Gruppe sind nur für interne einsehbar und verschwinden rasch in den Tiefen des Internets

    3) Die FB-Kommentarfunkition ist elaborierter
    man kann einzelne Beiträge direkt kommentieren, statt nur unter die ganze Diskussion zu posten

    Dagegen spricht aus meiner Sicht:
    1) Gefahr der AM das Wasser abzugraben
    a) man hat das Gefühl, auch ohne AM gut informiert zu sein
    b) Kontroverse AM-Diskussionen ziehen Publikum, das würde womöglich abnehmen.
    c) mancher würde eher einen kurzen Beitrag auf FB posten, als sich die Mühe zu machen, einen langen Artikel auf der AM zu schreiben –> Abnahme der Diskussionsqualität?
    Zu klären bliebe: ist es schlimm, manche Diskussionen nicht mehr auf der AM zu führen, wenn das auf FB besser funktionert? Ich halte es für realistisch, dass längere, elaboriertere Anstöße in Form von richtigen Beiträgen als „Königsweg“ immer noch existieren und immer noch relevant sein werden, und dass es immer noch Diskussionen dort geben wird.

    2) Ausschluss von Nichtfacebookusern

    3) Gefahr, dass Diskussionen den Faden verlieren/sich zerfasern

    4) Gefahr ausufernder und unsachlicher Diskussionen
    –> jemand müsste es ggf. moderieren. Wer sollte das machen?

    Persönlich glaube ich, dass ein gut moderiertes Forum gut funktionieren kann. Wollen wir das?

    PS: Sorry für Wiederholungen durch copypasting. Wertet es als Like und Zustimmung für das zuvor gesagte 😉

  10. Jonathan Scholbach sagt:

    @Nikos: Du gehst wie selbstverständlich davon aus, dass es viele Themen gibt, die wir nichtöffentlich diskutieren sollten. Ich sehe das anders, ich sehe kaum Themen, die wir nicht öffentlich diskutieren sollten. Die Frage, wie wir mit den Sponsor*innen umgehen / verhandeln sollen, gehört wohl dazu, aber der Ort dafür ist die VDCH-MV bzw. der VDCH-Vorstand. „Ehrliche Diskussionen über das Debattieren“ gehören auf jeden Fall nicht dazu.
    Nichtöffentlichkeit braucht man nur dann, wenn man nach innen anders auftreten will als nach außen. Ich denke, wir sollten die Öffentlichkeit unserer Diskussionen als systemisches Mittel nutzen, unsere Integrität zu erhalten. So vermeiden wir es, Illusionen über das Debattieren zu erzeugen – sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei uns selbst.
    Das Problem jeder nichtöffentlichen Plattform ist zudem, dass dadurch Newbies systematisch ausgeschlossen werden. Das hat sich ja schon an der von Matthias Morrkopf gegründeten fb-Gruppe gezeigt. In eine VDCH-fb-Gruppe kommen Leute aus szenefernen Clubs gar nicht rein, an der 8M-Diskussion kann jede teilnehmen, die eine Suchmaschine hat.

    @fb: Ich finde, wir sollten von den Mitgliedern der Debattierszene nicht verlangen, einen fb-Account anzulegen, um an Diskussionen über das Debattieren teilnehmen zu können. Ich will hier keine Diskussion über die Datenschutzprobleme von facebook vom Zaun brechen, aber sie sind massiv.

  11. Konrad Gütschow sagt:

    Könnte mir jemand erklären, warum ein Facebook Account mit mehr oder weniger korrektem Namen, keinem Bild, keinen sonstigen Angaben und keinen Likes (+ irgendwelche facebook plugins in die Richtung) Datenschutzmäßig so problematisch ist?

    Ist eine Verknüpfung von dem Account mit anderen Datensammlungen über IP/Namen/Ort möglich? Ist der Schade, dass man den „Freundeskreis“ kennt?

    Irgendwas komisches wird schon möglich sein, mir ist nur nicht klar was. Und daher denke ich immer, dass ein kostenloser Account, bei dem man keine Infos angeben muss eine erstaunlich kleine Hürde ist. Daher hätte ich auch kein Problem momentan alles auf Facebook zu machen, da der Mehraufwand für alle anderen größer ist, als das Leid des einzelnen Facebookabstinenten.
    P.S. Ausnahme könnten krankhaft facebooksüchtige sein, die rückfällig werden.

  12. Jonathan Scholbach sagt:

    Ich wollte, wie gesagt, keine Diskussion über den Datenschutz bei fb beginnen. Die subjektiven Präferenzen für Datenschutz klaffen in unserer Gesellschaft sehr weit auseinander. Deswegen droht eine Diskussion über die Akzeptanz von fb immer auch eine Diskussion über Lifestyle und Weltbild zu werden. Das bringt uns hier, glaube ich, nichts. Ich denke, wir sollten die Entscheidungen, fb nicht nutzen zu wollen, respektieren. Es gibt viele weniger problematische alternative Möglichkeiten, zu diskutieren.

    (Pseudonyme sind, soweit ich weiß, bei fb verboten; jedenfalls waren sie es, als das vor einer Weile das letzte Mal nachgeschaut habe.)

  13. Nikos B. sagt:

    Ich sehe deine Einwände natürlich, Jonathan.
    Einige Aspekte zum Thema Ausschluss der Öffentlichkeit, die man diskutieren könnte, wären zum Beispiel:
    1) Verbandsstrategie
    Diskussionen um die Verbandsstrategie auf der MV sind sehr exklusiv und sehr punktuell.
    2) Kritik, v.a. an Einzelpersonen
    a) Diese Personen können unfreiwillig dann zusammen mit der an ihnen geäußerten Kritik gegooglet werden –> Arbeitgeber etc.
    b) es würde vielleicht dazu führen, dass Diskussionen anders und weniger frei geführt werden (z.B. um der kritisierten Person nicht langfristig zu schaden, oder um selbst nicht als Kritiker nach außen googlebar zu sein).
    3) Generell die Hürde, etwas zu veröffentlichen.
    sinkt vielelicht, wenn man weiß, dass man nicht ewig übers Archiv auffindbar ist.

    Ganz allgemein ist es vermutlich nicht prinzipiell und selbstverständlich problematisch, dass man nach außen und innen anders auftritt. Zum Beispiel Fraktionen machen das ja auch so.

  14. Allison (MZ) sagt:

    Ich bin voll bei den positiven Aspekten von Nikos Post Nr. 9. (ach wie schön wäre hier eine direkte Kommentarfunktion! 😀 )

    Kann man das alles aber nicht auch mit einem klassischen Forum erreichen? Ein Link über die Homepages der 8Min und des VDCH und, bei Lust und Laune, auch noch jedes Clubs mit Homepage und man würde schon recht viele erreichen. Damit wäre dann auch Negativpunkt Nr. 2 passé.
    Natürlich muss man dort dann wieder einen Account anlegen, aber wenn das Forum vom VDCH direkt angelegt wurde/verwaltet wird, sollte es keine allzu großen Datenschutzbedenken geben, oder? Auch hier würde ich aber analog zur 8Min Klarnamen verlangen.

    Mit einem Forum kann außerdem Negativpunkt Nr. 3 ausgeräumt werden, weil es weit übersichtlicher ist als die Pinnwand von Facebookgruppen. Außerdem gibt es in der Regel eine Einteilung der Themen, Überordner, Suchfunktionen etc. Das macht die Verwaltung von Diskussionen wirklich sehr viel einfacher.

    Wenn man sich gewisse Regeln geben möchte, kann man diese z. B. auch im aller ersten Post besprechen, dann festlegen und Moderatoren bestimmen. Falls keiner moderieren möchte, hätte man zumindest Regeln, nach denen ggf. User in einem Stufensystem (nur noch Leserechte, nur noch Leserechte für bestimmte Themengebiete, Ausschluss) sanktioniert werden können. Das müsste zwar jemand machen, aber Administratoren muss es ja so oder so geben, um neue Mitglieder freizuschalten etc.

    Ich habe nur leider gar keine Ahnung wie und wo man so ein Forum anlegt. Kennt sich da jemand aus? Das sollte doch nicht so super schwierig sein, dass niemand in der Szene Hilfestellung geben könnte, oder? Dann würde ich vorschlagen, einfach mal so ein Teil einzurichten und zu schauen, ob es angenommen wird.

  15. Johannes S. (Freiburg) sagt:

    Die Idee eines klassischen Forums ist sicherlich nicht verkehrt, jedoch sind diese aufgrund von Facebook eher im Aussterben, sodass die Frage ist, ob sich zu Facebook-Zeiten tatsächlich noch ein „lebendes“ Forum etablieren lässt. Clubintern hatte Zsolt einmal eines aufgebaut, das jedoch letztendlich nur vom Vorstand einige Zeit aktiv genutzt wurde.
    Eine schöne Gegenüberstellung zwischen Facebook und klassischen Foren kann man hier finden:
    http://blog.xeit.ch/2015/12/foren-vs-facebook-vor-und-nachteile-eines-forums/
    http://blog.xeit.ch/2015/12/foren-vs-facebook-vor-und-nachteile-einer-facebook-gruppe/

    Dadurch kann man sich die Analyse hier sparen 😉

    Die Frage ist, ob man nicht die Vorteile aus beidem kombinieren könnte? Ich weiß nicht, inwieweit man mit Facebook-Platform API (https://en.wikipedia.org/wiki/Facebook_Platform) nicht auch ein klassisches Forum mit Facebook so kombinieren könnte, dass die Facebook-Nutzer entsprechend über das bisher bekannte Facebook-Connect zum Einloggen auf anderen Portalen hinaus nutzen könnten? (https://d-mueller.de/blog/facebook-api-tutorial/) Da ich mich in dem Bereich nicht wirklich auskenne, müsste das jemand eruieren, der grundlegendere Kenntnisse darüber hat. Wenn das so geht, wie ich es mir vorstelle, könnte man Facebookverweigerer so ggf. ebenfalls inkludieren. Inwieweit allerdings deren Daten aufgrund der notwendigen Schnittstellen dann auch an Facebook gehen, müsste ebenfalls von jemandem mit technischem Sachverstand geklärt werden.

  16. Peter G. sagt:

    Ein Forum extern einzurichten ergibt mMn keinen Sinn. Da muss man wissen dass es existiert, sich anmelden und es müssten überhaupt Leute die Seite besuchen. Das Ganze muss in die 8M integriert sein, ansonsten haben wir keine Vorteile im Vergleich zu den aktuellen Varianten. Welche Möglichkeiten es hier gibt und ob die Redaktion der 8M überhaupt willens wäre so etwas zu probieren, dazu sollte sich die 8M halt mal äußern.
    Also liebe Redaktion: Wäre die Implementierung von einer Art Leserbrief/Forum/Diskussionsseite/Wasauchimmer möglich und falls ja, wäre man bereit so etwas einzurichten und zu moderieren?

  17. Andreas Lazar sagt:

    Ich besuche persönlich trotz relativ intensiver Facebook-Nutzung eine kleine Handvoll Foren zu Themen, die in meinem Facebook-Feed nicht abgedeckt werden. Wenn ein Forum direkt in die Achte Minute-Website integriert und zusätzlich z.B. wie bei sueddeutsche.de unter den Artikeln verlinkt wäre („Diskutieren Sie dieses Thema in unserem Forum!“), könnte ich mir gut vorstellen, es zu besuchen und darin zu kommentieren. Ich denke, damit wäre ich nicht der Einzige.

  18. Christian (MZ) sagt:

    Ich denke auch, dass ein Link auf ein in die Achte Minute integriertes Forum am Ende von allen Artikeln völlig ausreicht. Ich würde da ebenfalls kommentieren. Besser als FB fänd ich das allemal, wegen Ausschluss von Leuten, aber auch wegen ungeordneter Diskussion.
    Das ist dann vielleicht eine größere Hürde, als direkt unter dem Artikel zu kommentieren oder bei FB, aber das fände ich nicht problematisch. Einerseits schreibt man dann nicht immer sofort das, was einem ein Impuls eingibt (siehe richtiger Ton). Und andererseits fände ich es auch nicht schlimm, wenn man noch ein oder zwei Klicks machen muss. Ich denke, das kann man Leuten durchaus zumuten. Und wer sich interessiert, wird diese Klicks auch machen. Wer diesen Aufwand nicht bringen kann oder will…naja, dann eben nicht. Aber ich finde das nicht zu viel verlangt.
    Was Nichtöffentlichkeit angeht: ich sehe keinen großen Vorteil durch totale Transparenz. Auch hier finde ich, dass ein einloggen kein besonders großer Aufwand ist, den man Menschen durchaus zumuten kann (ich muss gestern sogar meine Wahlbenachrichtigung aus dem Briefkasten holen, dann noch aus dem Umschlag nehmen und damit dann sogar noch zum Wahlort gehen, mit Ausweis! An einem ganz bestimmten Tag! zu von anderen Leuten festgelegten Uhrzeiten! welch Zumutung 😉 ).
    Und wie Nikos schon gesagt hat: totale Transparenz ist bei interner Kommunikation in Organisationen/Institutionen nicht üblich. Das betrifft nicht nur Parteifraktionen sondern vermutlich alle (!) Unternehmen, so gut wie alle (!) Stiftungen, alle (!) staatlichen Institutionen und auch alle (!) demokratischen Parteien außer den Piraten. Ich finde das in Ordnung und sehe auch nicht, wie wir mit totaler Transparenz irgendwas besonderes erreichen könnten und die potenziellen Abschreckungseffekte wurden ja schon genannt. Und die Hürde für neue Leute…naja, wie gsagt, die paar Klicks halte ich wie gesagt für zumutbar. Außerdem kommentieren ja auch hier vor allem Alteingesessene, obwohl man sich hier nicht registrieren oder sonst was muss. Die Hemmschwelle liegt glaub ich eher darin, dass neue Leute Angst/Respekt vor den Alteingessenen haben (hier übrigens nochmal mein Appell: beteiligt euch Leute, egal wie erfahren ihr seid, eure Meinung interessiert jeden von uns 🙂 ). Dieses Problem hat man aber sowohl in öffentlichen als auch nichtöffentlichen Foren…

  19. Jonathan Scholbach sagt:

    Warum wir unsere Diskussionen öffentlich führen sollten
    Ich will nochmal den Case für die Öffentlichkeit unserer Diskussionen etwas grundsätzlicher und ausführlicher entwickeln. Ich möchte dabei zwei unterschiedliche Linien von Argumenten einbringen, eine allgemeine und eine debattierspezifische Argumentation: Die erste Linie ist ein Gewicht in der Abwägung, warum Organisationen generell öffentlich diskutieren sollten. Ich nehme an, dass diese Linie für Viele die weniger überzeugende ist, weil es viele Beispiele von Organisationen gibt, anhand derer dann (meiner Meinung nach: vorschnell) von einer deskriptiven Häufigkeit auf präskriptive Normalität geschlossen wird (wie Nikos B. und Christian (MZ) es beispielhaft in ihren letzten Posts getan haben).
    Die zweite Argumentation leitet aus den Spezifika des Debattierens den Grund ab, warum – selbst wenn man Transaparenzbeschränkungen im Allgemeinen für gut oder in eine konrekten Abwägung für gegeben hält – gerade wir als Debattierer*innen öffentlich diskutieren sollten. (Diesen Zweig halte ich für den unter Debattierer*innen zustimmungsfähigsten, lest also meinen viel zu langen Beitrag auf jeden Fall bis zum Schluss!)

    1. Tansparenz als kommunikatives Korrektiv
    Zunächst zum ersten Punkt, dem allgemeinen Case für öffentliche Diskussionen: Meiner Meinung nach ist die Erkenntnis, dass Öffentlichkeit gut für Alle ist, ein im Grunde sehr einfacher aufklärerischer Gedankengang: Öffentlichkeit ist ein Korrektiv. Um zu erkennen, wann wir träumen (irren), müssen wir mit anderen Leuten reden. Analog gilt das für Gruppen: Wenn wir als Gruppe jemanden von unserem Reden ausschließen, fehlt jemand, der uns mitunter darauf hinweisen kann, wo wir zu träumen (irren) beginnen. Dieses Korrektiv ist notwendig, weil Irren menschlich ist.
    Ein zweites wichtiges Argument kann man in dem folgenden Satz zusammenfassen: Nichtöffentlichkeit begünstigt systemisch Widersprüchlichkeit, Öffentlichkeit verlangt Integrität.
    Das kann man am Beispiel der Fraktionen deklinieren: Denn dieses Beispiel ist in meinen Augen eher ein Argument für öffentliche Diskussionen, als eines dagegen; immerhin gehören Politiker zu der Berufsgruppe, der (noch vor Versicherungsvertretern und Werbefachleuten!) am wenigsten Vertrauen entgegengebracht wird (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1470/umfrage/vertrauen-in-verschiedene-berufsgruppen/). Das liegt – nicht nur, aber auch – daran, dass die Entscheidungen einzelner Politiker*innen mitunter nicht nachvollziehbar sind. Und das wird durch Diskursräume, deren Zugang nicht öffentlich ist, begünstigt. Denn notwendigerweise ergibt sich an der Grenze der Nichtöffentlichkeit ein Widerspruch: „innen“ kann man Dinge sagen, die man „außen“ nicht sagen kann – sonst wäre eine Barriere ja gar nicht nötig.
    Dieser Widerspruch ist geeignet, Integrität und Vertrauen zu zerstören. Nicht umsonst hat sich die bildliche Rede von „Hinterzimmern“ als eine grundlegende Metapher für Misstrauen etabliert. Ein wichtiger Grund für das Misstrauen der Öffentlichkeit gegenüber Politiker*innen ist gerade auch die nichtöffentliche, „esoterische“ (dieses Wort heißt hier dem ursprünglichen Wortsinn gemäß: „nach innen gerichtete, exklusive“) Kommunikation innerhalb der Parteistrukturen. Dadurch kommt es zu Entscheidungen, die für Außenstehende im Widerspruch zum sonstigen Kommunikationsverhalten stehen – man kann hier beispielhaft etwa an die Entscheidung der grünen Bundestagsfraktion zum Kosovo-Einsatz der Bundeswehr denken. Würden die innerfraktionellen Diskussionen transparent gemacht, könnte die Öffentlichkeit die Schwierigkeiten, und die komplexen Abwägungen viel besser nachvollziehen, gemäß derer viele Politiker*innen zu ihren Entscheidungen gelangen. Die Motive würden der Öffentlichkeit erklärlich und in vielen Fällen wären diese auch moralisch vertretbar – Vertrauen würde ein Stück weit an die Stelle des heutigen Misstrauens treten.
    Diesen Zusammenhang von Nichtöffentlichkeit und enttäuschten Erwartungen meinte ich, als ich davon sprach, dass Nichtöffentlichkeit immer Illusionen erzeugt, deren Enttäuschung schmerzhaft ist und die auf mittlere Sicht zu einer wechselseitigen Entfremdung führen.
    Dieser Mechanismus lässt sich auch auf das Debattieren übertragen: In nichtöffentlichen Diskussionen, etwa über die Entwicklung des Verbands, werden andere Motive wertgeschätzt als in öffentlichen Diskussionen: Wird in der öffentlichen Diskussion die Frage diskutiert werden, wie das Debattieren und der VDCH zu einer besseren Streitkultur beitragen kann, tritt in der nichtöffentlichen Diskussion die Frage auf, wie dieser Beitrag am besten inszeniert werden kann – wobei die Nichtöffentlichkeit Grundlage dieser Inszenierung und der erste Schritt zu einer solchen wäre. Das Ziel des VDCH ist aber nicht die Inszenierung eines Beitrags zur Verbesserung der Streitkultur, sondern dieser Beitrag selbst.

    2. Öffentlichkeit als Wesensbestandteil des idealistischen Projekts Debattieren
    Das zum allgemein Teil. Nun zu dem Argument, das sich aus den Spezifika des VDCH ergibt: Der VDCH ist nicht irgendeine Organisation, sondern eine Organisation, die sich einer bestimmten Kultur verpflichtet fühlt. Ziel des VDCH ist nicht die Umsetzung eines Ziels innerhalb eines Kampfes oder Wettstreites (das ist die Disanalogie zu den Parteien, Fraktionen und am Markt agierenden Unternehmen, die nur aus dem Grund in geschlossenen Räumen diskutieren müssen, weil sie innerhalb eines Wettkampfs strategisch agieren müssen), sondern die Pflege und Etablierung einer bestimmten Kultur. Merkmale dieser Kultur sind in meinen Augen unter Anderem: sachbezogener Streit; Trennung von Genese und Geltung; Diskussion, die unbefangen mit Autoritäten umgeht; gewaltfreie Kommunikation; Alteritätstoleranz.
    Und genau diese Kultur des Debattierens braucht die Kritisierbarkeit des Gesagten (und damit die Öffentlichkeit des Gesagten) wie der Mensch die Luft zum Atmen. Öffentliche Diskussion auszuschließen ist immer auch der Versuch, Debatten zu verhindern.
    Wenn wir uns nicht nur als Ausbildungsstätte für mehr oder weniger raffinierte rhetorische Tricks begreifen wollen, sondern wenn wir uns mit dem skizzierten ideellen Programm ernst nehmen wollen – und von Dritten mit diesem Programm ernst genommen werden wollen! –, dann müssen wir meiner Meinung nach öffentlich diskutieren. Wenn wir es nicht schaffen, über die grundlegenden Fragen unserer Gemeinschaft öffentlich zu diskutieren, ohne dabei unser Ansehen zu beschädigen, dann haben wir schon längst versagt. Nichtöffentlichkeit verzögert nur, dass es jemand (inklusive uns selbst) mitbekommt.
    Aber auch wenn wir es nicht sofort merken, wird in dem Moment, in dem wir unsere Diskussionen unter Quarantäne stellen, das Selbstverständnis, mit dem wir in der Öffentlichkeit auftreten, zur Farce. (Und zu dieser Öffentlichkeit gehören übrigens auch unsere Sponsor*innen, aber auch ideelle Förder*innen und auch potentieller Nachwuchs.) Wenn wir uns mit unseren Diskussionen in ein Separée zurückziehen, kapitulieren wir vor unserem eigenen Anspruch. (Wenn ich mich recht erinnere, stand der Satz „Debattierer sind hart in der Sache und dabei stets verbindlich im Ton“ mal auf einer Slideshow, mit dem der VDCH um Förderung geworben hat.)
    Wenn wir heute noch nicht in der Lage sind, unserem eigenen Anspruch von Streitkultur stets gerecht zu werden, dann sind wir bei Strafe des Selbstwiderspruchs dazu verdammt, es zu lernen. Wir müssen Sanktionsmechanismen entwickeln, die Trolle entlarven und Flamewars verhindern. Wir müssen (und ich schließe mich selbst persönlich dabei überhaupt nicht aus) in unserer Gruppe zu einem Bewusstsein kommen, welche Art zu diskutieren nicht mehr akzeptabel ist. Das ist nicht leicht und das ist eine permanente und dynamische Aufgabe. Aber wenn wir Debattieren als das oben beschrieben idealistische Projekt begreifen, ist es unverzichtbar.
    Ich bin aber nicht nur von der Notwendigkeit, sondern auch von der Möglichkeit einer solchen VDCH-Diskussionskultur überzeugt – sonst hätte ich ehrlich gesagt auch kein Interesse mehr am Debattieren.
    Ich sehe ein, dass wir gegenwärtig mit unserem Diskussionverhalten dringend an uns arbeiten müssen. Aber wir sind auch nicht völlig blindwütige und rücksichtslose Diskussions-Honks, sondern es gibt durchaus bemerkenswerte und positive Keime einer fruchtbaren Diskussionskultur bei uns. So haben wir beispielsweise begonnen, über die unserer Diskussionsweise eingeschriebenen Ausschließungsmechanismen zu reflektieren: die Frauenturniere und auch die Tätigkeit der Equity-Beauftragten des VDCH sind in meinen Augen Zeugnisse einer schätzbaren metakommunikativen Bewusstseinsbildung, die ich in anderen Gruppen so nicht antreffe. Deswegen glaube ich, dass wir die notwendige Intelligenz und Empathie aufbringen können, eine Diskussionskultur zu entwickeln, für die wir uns in der Öffentlichkeit nicht schämen müssen.

    Möglichkeit und Notwendigkeit sind die hinreichenden Bestimmungen dessen, was sein soll. Deswegen mein Appell: Haben wir den Mut, öffentlich zu diskutieren! Wir brauchen ihn.

  20. Peter (MZ) sagt:

    Zur Stärke des Vertrauensverlusts, der durch Diskussionen im Hinterzimmer entsteht: Jedes Gespräch auf einem Turnier über den VDCH ist ein Gespräch im Hinterzimmer. Sollen wir diese alle aufzeichnen und veröffentlichen? Falls wir das nicht machen ist es auch kein so großes Ding Diskussionen im Internet nicht zu veröffentlichen, weil wir eh schon intransparent sind.
    “Öffentliche Diskussion auszuschließen ist immer auch der Versuch, Debatten zu verhindern” Beteiligt sich irgendjemand der mit dem Debattieren nichts zutun hat sich an den Diskussionen? Oder interessiert sich dafür? Eher nicht. Dementsprechend gering ist der Unterschied, wenn wir nicht öffentlich diskutieren. Jaja wir müssen Ideale vertreten. Ja sollten wir! Aber den Schaden der durch das nicht Vertreten von Idealen entsteht halte ich nicht für so schlimm wie wenn sich auch nur eine Person nicht an der Diskussion beteiligt, weil sie nicht öffentlich unter dem Klarnamen (und das ist das hier quasi) posten möchte. (Ja das kann man auch anders sehen)
    “Wenn wir uns nicht nur als Ausbildungsstätte für mehr oder weniger raffinierte rhetorische Tricks begreifen wollen, sondern wenn wir uns mit dem skizzierten ideellen Programm ernst nehmen wollen“ Genau das wollen wir meiner Meinung nach aber! Wir wollen uns als Ausbildungsstätte für mehr oder weniger raffinierte rhetorische Tricks, politische Bildung und Logik sehen! In dem Moment wo wir ein ideelles Programm repräsentieren werden wir politisch. Und da weiß ich nicht ob wir das wollen.
    Ich erkenne deine Kritik Jonathan ich finde nur einfach, dass sie nicht so relevant ist. Dementsprechend spreche ich mich für ein nicht öffentliches Forum aus.

  21. Jonathan Scholbach sagt:

    Peter (MZ), die Prämisse, dass sich ohnehin niemand für unsere Diskussionen interessiert, ist kein Einwand gegen Öffentlichkeit der Diskussionen, sondern ein Einwand gegen die Relevanz der Streitfrage überhaupt. Wenn sich nämlich niemand für uns interessiert, dann ist es schlicht egal – die Diskussionen können dann genausogut öffentlich geführt werden. Aber im Gegenteil gehen ja gerade die bisherigen Befürworter eines diskursiven Separées von einem Interesse der Öffentlichkeit an unseren Diskussionen aus; sie nehmen nur an, dass es uns schaden würde, wenn unsere Diskussionen öffentlich rezipiert werden.

    Und zu dem anderen Einwand: Debattieren ist immerschon politisch, nolens volens. Denn die Auffassung, dass Debatten bei Entscheidungen eine Rolle spielen sollten, ist eine politische. Und zu der Frage, was Debattieren sein soll: So, wie Du, Peter (MZ) es beschreibst, verkaufen wir uns zumindest gegenwärtig nicht in der Öffentlichkeit. In wohl fast jedem Text, in dem wir Debattieren öffentlich darstellen, taucht die Wortgruppe „demokratische Streitkultur“ auf.

  22. Christian (MZ) sagt:

    Sicherlich wird sich der allergrößte Teil der Öffentlichkeit nicht sonderlich dafür interessieren, was hier auf der Achten Minute oder in einem anderen Debattierforum passiert. Das dürften schon die Click-Zahlen verraten. Allerdings gibt es bestimmt auch mal ein paar Leute, die sich auf diese Seiten verirren. Vielleicht zufällig. Vielleicht aber auch, weil sie gezielt nach dem Debattieren suchen, weil sie davon einfach mal etwas gehört haben. Dann liest man vielleicht mal ein paar Artikel und vielleicht auch den einen oder anderen Kommentar. Aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass da irgendjemand sich tiefer rein lesen würde und dann einen eigenen substantiellen Kommentar schreiben würde. Würde ich ja auch nicht, wenn ich mal zb auf der Seite eines Quidditch-Verbands landen würde.
    Dann liest man vielleicht ein wenig und stößt dann womöglich auf mehr oder weniger verrückte Posts. Das kann abschreckend sein. Dass sich allerdings jemand berufen fühlt, aus dem nichts heraus und ohne Vorwissen öffentlich mit Klarname etwas in einer Art „Nerdforum“ (denn so wird das Debattieren durchaus wahrgenommen) zu posten…das halte ich für deutlich unwahrscheinlicher als einen möglichen Abschreckungseffekt.
    Zudem gab es den Hinweis der Sponsoren: die posten bestimmt keine Verbesserungsvorschläge. Aber die könnten sich ebenfalls abgeschreckt fühlen oder Probleme in Sachen Compliance bekommen, wenn sie die Artikel und Kommentare etwa zum Frauenturnier, zur Altersdiskriminierung oder in der Diskussion um die Ehrengäste der ZD Mainz lesen. Ist es extrem wahrscheinlich, dass wir dadurch Probleme kriegen könnten? Nicht unbedingt. Aber möglich ist es. Ich achte auf jeden Fall deinen Idealismus, Jonathan. Ich denke aber, dass die Wahrscheinlichkeit für konstruktive Kritik von außen stehenden praktisch bei Null liegt, während eventuelle Abschreckungseffekte zumindest im Vergleich (!) wesentlich wahrscheinlicher sind.
    Und noch was dazu, dass wir also dringend auf Impulse von außen angewiesen sind: Dadurch, dass wir alle in völlig unterschiedlichen Clubs mit teils ganz unterschiedlichen Clubkulturen organisiert sind, dass wir alle unterschiedliche Fächer studieren und teils auch schon arbeiten und in ganz unterschiedlichen Städten leben und völlig unterschiedliche soziale Umfelder haben, dadurch, dass ständig neue Mitglieder dazu kommen, haben wir glaube ich jetzt schon ein sehr breites Meinungsbild und viele Ideen. Klar, mehr geht immer. Aber wie gesagt, ich glaube nicht, dass ein öffentliches Forum da besonders weiter hilft, sondern das Schäden dabei eher überwiegen. Und ich denke, dass sich Einsteiger in einem nichtöffentlichen Forum eher zu posten trauen als in einem öffentlichen und wir dadurch am Ende vielleicht sogar mehr Ideen als jetzt bekämen.

  23. Jonathan Scholbach sagt:

    Was sagt eigentlich die 8M-Redaktion? Habt Ihr Pläne, etwas von dem Diskutierten zu realisieren?

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