Das große Jurorensterben

Datum: 8. Februar 2017
Redakteur:
Kategorie: Jurieren, Mittwochs-Feature

Dass auf Turnieren Juroren fehlen, ist ein alter Hut. Warum es aber immer weniger werden ist eine Frage, der man sich dringend stellen sollte.

Gut besucht: Das BMFB-Jurierseminar des VDCH in Hamburg - © Daniil Pakhomenko

Gut besucht: Ein BMFB-Jurierseminar des VDCH in Hamburg – © Daniil Pakhomenko

Folgende Situation wurde mir unlängst von einem Turnier zugetragen: Ein mir bekannter Debattant jurierte das erste Mal auf einem Turnier. Abgesehen von Turnieren in seinem Heimatclub hat er auch noch nie ein Turnier gesehen. Auf besagtem Turnier aber herrschte Jurorenmangel, insbesondere an erfahrenen Juroren. Also wurden auch unerfahrene Juroren früh als Hauptjuroren eingesetzt. Da er sich ganz gut machte und adäquat jurierte, wurde auch ihm in der letzten Runde dieses Los zuteil. Das Ergebnis waren erfahrene Debattanten in seinem Raum, die nach dem Break Feedback wollten. Also vereinbarten sie für den Sonntag einen Termin, zu dem er dann mit seinen Notizen ging. Da das Feedback für die erfahrenen Debattanten jedoch nicht zufrieden stellend begann, wurde der Prozess seitens der Debattanten kurz darauf mit den Worten „Ich glaube, das Feedback will ich gar nicht“ abgebrochen – so die Erzählung.

Die Geschichte steht exemplarisch für einen Komplex von Problemen, der im letzten Jahr immer weiter zunahm und im letzten halben Jahr wirklich extrem wurde:

Clubs schicken mit ihren Teams keine Juroren mit – die Leute reden lieber. Auch wenn ein Club mehrere Teams schickt, werden zunächst oft Juroren angemeldet, die dann aber „krank werden“, gelegentlich tatsächlich krank werden oder auch für krank gewordene oder anderweitig kurzfristig abgesagte Redner einspringen. Das ist nachvollziehbar und verständlich: Reden macht – empirisch betrachtet – den meisten Leuten mehr Spaß als Jurieren. Die meisten Leute kommen auch zum Debattieren, um zu reden. Wer eine Weile dabei ist, will endlich mal gewinnen oder „im Team“ für größere Turniere üben.

Seit einem halben Jahr gab es vielleicht zwei Turniere, die aufgrund besonderer Umstände ausreichend Juroren hatten! Nicht einmal die ZEIT DEBATTEN in Hannover und Wien waren hier Ausnahmen, wenn Clubs überhaupt Juroren schickten – was nicht einmal die Regel war -, dann größtenteils Erstsemester, die man in letzter Minute noch davon überzeugen konnte, dass das ja eine super Gelegenheit sei, sich so ein Turnier erstmal anzusehen. (Und gleichzeitig wurde der Slot pflichtgemäß gefüllt, wie praktisch! Wobei man den, wie die Erfahrung zeigt, im Zweifelsfall einfach gemeinsam als Team zahlt und den Slot leer lässt.)

Was passiert also? Die Turniere haben zu wenig Juroren pro Raum und zusätzlich wenig, manchmal auch keine erfahrene Juroren pro Raum. Das ist schlecht für das Turnier: Es mangelt an Debattenkenntnis und Eichung, unerfahrene Juroren rollen in Überzahl erfahrenere Perspektiven, manchmal jurieren auch schlicht nur unerfahrene Juroren einen Raum und neben einem möglicherweise suboptimalen Ergebnis kann der Weg dorthin eventuell auch nicht verständlich erklärt werden. Verbesserungsfeedback verweilt bei allgemeinen Weisheiten „den Mechanismus besser erklären“, „mehr Gestik“, „bessere Betonung“ und nutzt niemandem. Soweit erzähle ich hier vermutlich auch niemandem etwas neues – alle kennen es, vermutlich hat sich jeder auch schon einmal im Delegationskreis darüber aufgeregt, wie schlecht man doch juriert wurde.

Die Jurorenbank hat Spaß - © DC Hannover

Während der Jurierdiskussion heute selten: Entspannung und Freude – © DC Hannover

Das ist aber nur die eine Perspektive. Auf der anderen Seite befinden sich diejenigen, die jurieren. Vorallem diejenigen, die es tatsächlich dankenswerterweise auch trotz mangelnder Erfahrung machen. Wie sieht so jemandes Erlebnis aus? Man kommt auf das Turnier, mitgezogen von seiner Delegation. Ansonsten kennt man niemanden. Gleich zu Turnierbeginn isoliert sich das eigene Team, sobald die Vorbereitungszeit beginnt. Man darf sich alleine zu den fremden Leuten stellen und vielleicht mitreden. Meist reden sie über Debattierinsider, die man nicht kennt. Dann geht die Runde los. Man juriert so gut man kann, nach allem, was man weiß. Das ist nicht unbedingt viel: Die wenigsten Clubs veranstalten eigene Jurierseminare, wenn man überhaupt schon Juriererfahrung hat, dann meist pi mal Daumen vom Clubabend, indem man schaute, was andere dort gemacht haben. Man juriert also so gut man kann. Schon in der Jurierdiskussion merkt man, dass irgendwas hätte anders sein müssen. Strategiepunkte sind gar nicht bloß wie detailliert der Antrag war? Ok. Rebuttal zählt auch als Beitrag zur Debatte und kann das Ranking beeinflussen? Ok… dann ist das vielleicht anders. Warum ich das hier so habe? Weiß ich nicht mehr, meine Notizen sind da nicht vollständig. Kurz: Es ist meist nicht angenehm, festzustellen, dass man noch viel zu lernen hat. Vielleicht sagt man da auch lieber gar nichts, dann muss das Panel zumindest keine Diskussionszeit mit Erklärungen verschwenden, denn die Runner drängen schon.

Vielleicht ist man aber auch als Neuling nach einer Runde bereits Hauptjuror, mit jemand noch unerfahrenerem an seiner Seite. Und was genau soll ich jetzt machen? Und vorallem: Was sage ich gleich den Teams? Ich weiß, dass ich das hier eigentlich noch lange nicht kann und mache es so gut wie möglich, aber es wird niemals ausreichen. Selbst wenn die Teams am Ende trotz meiner dürftig erklärten Begründung das Ergebnis richtig finden – beim Verbesserungsfeedback hört der Raum nicht zu, manchmal nichtmal der direkte Adressat. Es ist demütigend, aber ich kann es verstehen. Ich weiß genau so wie sie, dass es wenig hilft, wenn ich ihnen sage, dass sie den Mechanismus besser erklären müssen. Wenigstens stellen sie keine giftigen Fragen.

Auf der Jurorenseite sind meist glücklicherweise auch, maximal einer pro Raum, verschieden erfahrene Hauptjuroren. Diese haben ein Panel aus ein bis zwei Nebenjuroren, die offensichtlich kaum Erfahrung haben. Man kann jetzt entweder den eigenen Call für richtig erklären und die Nebenjuroren in ihrer Unsicherheit dazu bringen, zum eigenen Ergebnis zu gehen – dann kommt man zeitlich hin und kann den Teams den Call einigermaßen erklären. Dann sind zumindest die Teams zufrieden, und da dass die erfahreneren Leute im Raum sind ist deren Feedback für mich wichtiger für meinen Break. Außerdem ist es für das Tab auch fairer. Ich könnte mir auch Zeit nehmen und den Juroren erklären, wie man vorgehen würde. Dann bekomme ich aber minütlich Störungen durch Runner und ziemlich sicher wird die Zeit nicht ausreichen, um am Ende überall nahe an meinem, natürlich richtigen Ergebnis zu sein.  Da ist es auch verständlich, wenn die Teams danach mir die Schuld an einem suboptimalen Call geben – außer ich schiebe ihn auf meine Wings, das versteht jeder und es stimmt ja auch.

Kurzum: In den meisten Räumen gibt es suboptimale Ergebnisfindung, massive Zeitengpässe während der Jurierdiskussion, unzufriedene Teams und leichtes bis immenses Unwohlsein bei denjenigen Juroren, die dankenswerterweise noch gekommen sind.

Ich glaube nicht, dass diese im Regelfall künftig noch viel jurieren wollen. Wenn doch, dann deshalb, weil erfahrene Hauptjuroren viel Zeit und zum Teil auch Stress in Kauf genommen haben, um sie nicht ganz alleine dastehen zu lassen – im Zweifelsfall auf Kosten von Teams, dem Zeitplan und dem eigenen Mittagessen. Auch daran will man eigentlich nicht schuld sein.

Das Problem sind aber nicht die unerfahrenen Juroren. Das Problem ist jeder einzelne Club, der Teams ohne Juroren schickt. Das Problem ist jeder einzelne erfahrene Redner, der sein Jurier-Soll auf Einsteigerturnieren erfüllt und auf ZEIT DEBATTEN und DDL-Turnieren unbedingt reden muss. Das Problem ist ein unsoziales Selbstverständnis.

Denn natürlich ist man am Ende der Dumme, wenn man als einziger seine erfahrenen Leute als Juroren schickt – die eigenen Teams jurieren die eh nicht, die eigenen Teams bekommen dann wieder „Fehljurierungen“ von irgendwelchen Erstsemestern.

Lennart Lokstein als Redner - © DC Hamburg

Der Autor: Lennart Lokstein – © DC Hamburg

Die Lösung gibt es in zwei Schritten:

Erstens: Wenn man als Redner in irgendeiner Form mit dem Feedback unzufrieden ist, dann lässt man das nicht am Juror aus. Wenn der Juror es besser könnte, würde er es besser machen. Schreibt Feedbackbögen! Nach jeder Runde! Immer, nicht bloß wenn man unzufrieden ist! Die helfen dem verantwortungsvollen Chefjurorenpanel, das beste aus der – mittlerweile Standard gewordenen – Mangelsituation zu machen. Und wenn das beste ein unerfahrener Juror ist, dann sollte man sich als Redner vielleicht einmal ernsthaft fragen, woran dieser Mangel liegt und auf die eigene Delegation sowie die der anderen schauen. (Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist es aber leider nicht. Auch ich kann mich an Fälle erinnern, in denen ich kein Vorbild war. Aber bemühen sollte man sich!)

Das zweite aber – denn der bessere Umgang mit dem Mangel kann keine zufriedenstellende Lösung sein – muss eine gänzlich andere Denkweise der Clubs sein. Wenn ihr keinen Juror zu eurem ersten Team schicken könnt, dann schickt kein zweites Team! Wenn auf dem Turnier (Haupt-)Jurorenmangel herrscht und ihr die letzten zwei Male geredet habt, überlegt vielleicht, ob ihr nicht mit eurem unerfahrenen Juror den Slot tauscht und selbst juriert. Nur wenn jeder seinen Beitrag leistet können wir faire Jurierungen erwarten. Bleibt es wie bisher, wird das Jurieren zurecht weniger Spaß machen als das Reden und eine potenzielle neue Generation an Juroren wird im Großteil einfach vergrault das Handtuch werfen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Artikel etwas mehr Verständnis und Reflexion über die Situation an sich und insbesondere den Umgang mit unerfahrenen Juroren bewirken könnte.

Wenn nicht möchte ich Turnierausrichtern ans Herz legen, im Voraus anzukündigen, bei Jurorenmangel aus den Teams sämtlicher Clubs, die die Jurorenregel letztlich nicht erfüllen, Teams auszulosen, deren Räume geschlossen und deren Redner zu Juroren umgesetzt werden. Eine harte Maßnahme, aber nach über einem halben Jahr bittersten Egoismus‘ langsam angebracht – unserem Nachwuchs zuliebe. Was ich für explizit keine Lösung halte, sind monetäre Anreize – auch bei Jurorenregelungen, in denen Teams in jedem Fall Juroren mitbezahlen, wurden über das letzte halbe Jahr nicht mehr, eher sogar noch weniger Juroren geschickt. Scheinbar setzt hier eher ein Absolutionsgedanke ein, der es legitimiert, auch ohne Juror zu reden – und Geld alleine ist zwar nett, reicht aber über Teilnehmerbeiträge nicht aus, um ausreichend mehr erfahrene Juroren heranzukarren, da der größte Kostenpunkt üblicherweise nicht der Teilnehmerbeitrag, sondern die Fahrtkosten sind.

Explizit danken möchte ich zum Schluss noch all denjenigen Juroren, die, auch wenn sie selten reden und oftmals nicht einmal ein Team schicken, dennoch regelmäßig und unermüdlich zur Stelle sind. Marion, Willy, Jule, JG: Ihr seid, zum Teil schon seit Jahren, vorbildlich dabei. 😉

lok./jm.

Mittwochs-Feature

Lennart Lokstein ist Chefredakteur der Achten Minute. Er war von 2013 bis 2015 Vorsitzender der Streitkultur e.V. in Tübingen und ist seit 2014 Mitglied der OPD-Regelkommission. Er gewann zahlreiche Turniere, gewann die Deutschsprachige Debattiermeisterschaft 2016 und erhielt auf selbiger sowie bereits der Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft 2015 den Preis für die beste Finalrede. Lennart war Chefjuror mehrerer Turniere, in der Saison 2014/15 VDCH-Beirat für Jurierseminare und ist aktuell VDCH-Beirat für Sponsoring und Unterstützung erster Turniere. Im Studium arbeitet er an einer Masterarbeit in Allgemeiner Rhetorik zum Hochschuldebattieren in Europa.

Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 10.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.

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60 Kommentare zu “Das große Jurorensterben”

  1. Christian L. (MD) sagt:

    Hach, das erinnere ich mich an meinen alten Artikel zur Förderung von Juroren in Clubs:
    https://www.achteminute.de/20131009/kleine-gesten-grose-wirkung-ideen-zur-jurorenforderung-im-club/

    Spaß beiseite: In den letzten fünf Jahren wurde die Jurierförderung massiv ausgebaut. Zu meinen Anfangszeiten war es ein Glücksfall, wenn ein Jurierseminar pro Saison angeboten wurde. Mittlerweile fanden sogar mehrere Jurier-Think-Tanks statt.
    Daraus lässt sich schlussfolgern, dass auf Verbandsebene das Problem angegangen wurde. Wenn es weiterbesteht, dann muss wohl auf der Club-Ebene wie auch auf der individuellen Ebene hapern. Infolgedessen sollte der systematische Mangel an Juroren auf dem anstehenden Präsidententag diskutiert werden.

    1. Peter G. sagt:

      Dafür ist der Präsidententag nicht der richtige Ort, jedenfalls nicht der offizielle Teil…

    2. Christian L. sagt:

      Dass es während des Zeitraums, in dem mit dem Sponsor kommuniziert wird, nicht stattfinden kann ist eigentlich selbstverständlich. Aber ist sicherlich ein Zeitraum eingeplant, wo die Präsidenten unter sich sind. Ansonsten kann es ja noch bei der nächsten Zeit Debatte beim Forum angesprochen werden.

  2. Christian (MZ) sagt:

    In diesem Jahr gab es noch kein VDCH-Jurierseminar, oder?

    Aber unabhängig davon: vielleicht könnte der VDCH regionale Jurierseminare finanziell fördern, beispielsweise die Fahrtkosten für entsprechende Trainer? Vielleicht kann für solche Projekte auch eigene Fördergelder besorgen, aber da fehlt mir zugegebenermaén die Erfahrung. Wenn man das ganze regional organisiert, hätten jedenfalls viele Clubs etwas davon und die Kosten wären überschaubar (Verpflegung kann man auf Selbstkostenbasis machen). Und gerade kleinere/jüngere Clubs könnten stark profitieren.

    1. Jule Biefeld sagt:

      In diesem Jahr (2017) glaube ich nicht. Beim Kick Off gab es ein kleines von Daniil und mir. Allerding gekürzt. Kaum einer der Teilnehmer, die wir nicht schon vorher als Juroren gesehen haben, habe ich seit dem auf Turnieren jurieren sehen. Mag an dem Seminar gelegen haben, aber ich weiß nicht mal ob diese Seminare wirklich was bringen. Gibt es dazu eine Statistik?

      Diese Förderung gibt es doch schon, von der DDG. http://deutsche-debattiergesellschaft.de/foerderung/

    2. Christian (MZ) sagt:

      Für die gesamte Saison 2016/2017 ist kein einziges Jurierseminar geplant? Da würden mich jetzt mal die Gründe interessieren. Und ich hoffe da gibt es mehr als diffuse Zweifel, „ob diese Jurierseminar denn etwas bringen“.

      Das Seminar beim kick-off ist was anderes als ein richtiges jurierseminar, denn zumindest desto soweit ich weiß wurde es nicht als solches beworben, oder? Ich habe das mehr als ein Gelegenheitsevent mitbekommen, weil man den kick offen hatte und dann eben auch noch ein kleines Jurierseminar in dem Rahmen machen konnte, weil man sowieso den kick offen hat und demnach Essen, Trinken und Räume.

      Aber das ist Kleinkram. Entscheidend ist für mich die Frage, warum es keine Jurierseminare mehr gibt und wer dies mit welcher Begründung entschieden hat.

    3. Christian (MZ) sagt:

      PS: Evtl hatte ich dein Statement falsch verstanden, Jule (=bisher gab es keins heißt nicht, dass es auch keine mehr gibt). Tut mir Leid, man sollte sich beim Arbeiten eher aufs Arbeiten konzentrieren 😉

    4. Sabrina (Rederei) sagt:

      Christian, ich kann dich beruhigen. Es wird ein Jurierseminar geben – es fand nur bisher keins statt. Leo ist schon in der Terminfindung 🙂

    5. Lennart Lokstein sagt:

      Eines oder wie üblich zwei? Wurden denn die BMBF-Anträge bewilligt?

    6. Frederike (BDU) sagt:

      Wie Sabrina schon gesagt hat, besteht die Möglichkeit ein Jurierseminar auszurichten. Die BMBF-Förderung ist immer an das Kalendarjahr gebunden. Diese Mittel wurden im vergangenen Jahr nicht abgerufen, da es kein Jurierseminar in der zweiten Jahreshälfte gab, Als Verband halten wir Juriersemnare weiterhin für sinnvoll und förderungswürdig. Daher arbeiten wir momentan auch daran, dass es in der ersten Jahreshälfte nun wieder ein Jurierseminar geben wird. Uns ist dabei durchaus bewusst, dass auch ein solches Seminar nicht alle Probleme lösen wird, aber zum einen neue Juroren stärken kann und erfahreneren Juroren auch eine Raum zum Austausch bieten kann.

    7. Lennart Lokstein sagt:

      Das heißt, es hätte Fördergeld dafür gegeben und der VDCH hat es verbummelt, ein Seminar daraus zu machen? o.O

  3. Peter G. sagt:

    Jurierseminare nützen wenig, um die von Lennart angesprochenen Probleme zu lösen, denn wer als Neuling von seinem Club auf einen Jurorenposten gesteckt wird um den Slot zu füllen, hat ein solches auch nicht besucht. Das Problem ist, dass die Leute, die jurieren könnten es nicht tun.

    Einfacher, wirkungsvoller Lösungsansatz, den ich schon öfter mal kommuniziert habe: Quoten einführen. Nicht Turnierweise (wie jetzt mit N oder N-1 Regelung o.Ä.), sondern Saisonweise. Club- oder Personengebunden. Wer auf 3 Turnieren geredet hat ist gesperrt bis nach der nächsten Jurierung.
    Sucht’s euch (bzw. die MV) aus, wie die Quote genau aussehen soll, aber mit gutem Zureden wird das Problem nicht gelöst. Andere Sportarten machen’s vor, da hat man genau wie seine Ligaspiele auch seine Pflichtpartien zum Pfeifen.

    1. Christian (MZ) sagt:

      Jup, Juriersemianre können nicht alle Probleme lösen, aber den Leuten natürlich helfen, ihre Jurierkompetenz aufzubauen.

      Der Lösungsansatz über Sperren ist sicherlich wirkungsvoller, da könnte man mal ernsthaft drüber diskutieren. Manche Clubs machen sowas ja glaub ich schon intern, oder?

    2. Sabine (Tübingen) sagt:

      Wir vergeben unsere Turnierplätze tatsächlich nach einem Quotensystem: Von allen Interessierten dürfen diejenigen antreten, die verhältnismäßig am meisten juriert (oder auf unseren Turnieren geholfen) haben. Erstsemester sind für ihr erstes Turnier natürlich ausgenommen. Das funktioniert einigermaßen, hat aber ein paar Schwachstellen: a) Leute, die gerne jurieren, ermöglichen dadurch notorischen RednerInnen genau dieses Verhalten, weil diese gar nicht zu jurieren brauchen – das macht die Quotenregelung irgendwie paradox. b) Manche Mitglieder jurieren an den Clubabenden sehr viel, auf Turnieren aber sehr wenig. Das macht es unfair, die Regelung dort durchzusetzen; es ist aber unpraktikabel, auch noch zu zählen, wer im Club wie oft redet und juriert. Gerade den letzten Punkt halte ich für sehr problematisch bei jeglicher Form von Quote – sei es eine „weiche“ wie bei und oder eine „harte“ (zweimal reden, dann einmal jurieren, sonst bleibst du zu Hause). Auch oder erst recht, wenn sie, wie Peter das vorschlägt, auf Verbandsebene beschlossen werden.

    3. Lennart Lokstein sagt:

      Ich glaube nicht, dass eine solche Quote auf Verbandsebene eingesetzt werden kann. Als derjenige, der das vor zweieinhalb Jahren in Tübingen eingeführt hat, weiß ich (und Sabine gibt viele gute Beispiele), wie viele Besonderheiten man da letztlich berücksichtigen muss und vieles ist am Ende dann Augenmaß.

      Meine große Hoffnung wäre ja, dass das einfach alle Clubs selbstständig einführen. Dass die Leute, insbesondere die erfahreneren, von alleine auf ihre eigene „Quote“ achten und eben nicht bloß bei Einsteigerturnieren, wo sie eh nicht antreten könnten. Wenn es der Einzelne nicht tut, dann die Clubs. Wenn hier die Mehrheit vorbildlich agieren würde, wäre das Problem im Grunde schon gelöst. Und wenn es die Mehrheit nicht hinbekommt, wäre ich tatsächlich für das Umslotten und Räumeschließen am Tag des Turniers per Los unter den fraglichen Clubs. Sobald jemand entsprechendes mal ein DDL-Turnier oder eine ZEIT DEBATTE nach Anreise als Top-Team nicht reden durfte sondern jurieren musste wird er nicht mehr ohne Juror anreisen. Ich schätze die Wirkung als ähnlich lehrreich ein wie den Zeitabzug in OPD.

    4. Toni (Oxford/München) sagt:

      Was ich ja sehr, sehr toll fand, war ein den Regios (jedes andere mittelgroße Turnier würde funktionieren, Regios bieten sich imho aber am besten an).
      Mit ein bisschen Glück kriegt man so dann die Anfänger, die man auf die Jurierposten schickt, auch gleich zum entsprechenden Seminar „verdonnert“. Das hätte gleich mehrere Vorteile, gerade wenn sich die CAs bereiterklären, das Jurierseminar zu leiten: Die Neulinge lernen jurieren und die CAs lernen die Neulinge kennen und nach Möglichkeit schätzen. Dazu kann man das erworbene Wissen gleich im Turnierbetrieb einsetzen. Mir hat diese Kombination damals enorm geholfen. (SDM Stuttgart…ich hatte vorher nie ein BPS-Turnier juriert und wurde nach Seminar+Turnier gleich mit ins Finale genommen und solche Erlebnisse motivieren dann auch, weiter auf Turnieren zu jurieren)

    5. Toni (Oxford/München) sagt:

      Da ist beim Herumkopieren wohl etwas verloren gegangen. Ich meine im ersten Satz natürlich ein „den Regios vorgeschaltetes Jurierseminar“. Regios finde ich deswegen als Ort dafür super, da es tendenziell eine geringere Anfahrt ist und, wenn ich den Freitag+Donnerstagabend für ein Jurierseminar im Format des Turniers hernehme, den Leuten auch wirklich etwas beibringen kann, ohne dass sie sich die ganze Woche für Turnier+Jurierseminar freinehmen müssten.

  4. Alex (DUS/MZ/DD) sagt:

    Die Analyse trifft die Situation ziemlich gut. Es ist ein wenig absurd, wenn Turniere mit vier Räumen, aber nur einem Juror pro Raum stattfinden…

    Zu den Jurierseminaren: Sie sind natürlich kein kurzfristiges Allheilmittel, aber ich fand das von mir besuchte VDCH-Jurierseminar damals sehr wertvoll. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sie zu einem szeneinternen Konsens beitragen (wegen mir auch gerne „Eichung“). Und man sollte nicht vergessen, dass Jurierseminare für kleine und/oder neue Clubs oft die beste Möglichkeit darstellen, für den Cluballtag Jurierwissen zu erwerben und anders als auf einem Turnier viel leichter mit erfahreneren Debattierern ins Gespräch zu kommen. Von daher bin ich absolut pro Jurierseminare (ach was, geradezu stolz, auf dieser Seite zu stehen!) und hoffe, dass der VDCH nicht aus falsch verstandener Sparsamkeit gerade hier ansetzt.

  5. Deniz L. (Halle) sagt:

    Lieber Lennart,

    das Thema, das du ansprichst, ist ein wichtiges, und der aggressive Ton gefällt mir schon mal sehr gut! Ich möchte mich jetzt vor allem auf einen Punkt stürzen, den du richtigerweise ansprichst, und dann gleichzeitig die Schuld anderen in die Schuhe schieben und einen Ansatz zur Lösung des Problems formulieren. Du sagst:

    „Seit einem halben Jahr gab es vielleicht zwei Turniere, die aufgrund besonderer Umstände ausreichend Juroren hatten! Nicht einmal die ZEIT DEBATTEN in Hannover und Wien waren hier Ausnahmen, wenn Clubs überhaupt Juroren schickten – was nicht einmal die Regel war -, dann größtenteils Erstsemester, die man in letzter Minute noch davon überzeugen konnte, dass das ja eine super Gelegenheit sei, sich so ein Turnier erstmal anzusehen.“

    Ich selbst habe noch keine ZEIT Debatte (mit-)organisiert, aber wenn das, was du sagst, stimmt, dann bedeutet das doch folgendes: Für die Anmeldung zu einer ZEIT Debatte ist eine bestimmte Jurorenquote zu erfüllen (n=1, n-1, whatever). Einige Teams erfüllen diese Teilnahmebedingung nicht, weil sie keine Juroren mitschicken. Diese Teams dürfen aber trotzdem antreten, obwohl auf dem Turnier bereits Jurorenmangel herrscht, während erfahrene Redner der entsendenden Clubs auf dem Turnier reden (und andere auf der Warteliste stehen). Das ist der status quo? Dann ist hier meine primitive, impulsive Reaktion darauf: Wenn andere das können, warum können wir das dann nicht auch?

    Und genau da sind wir bei dem Punkt, über den ich mich gerade ärgere: In meinen Augen (und, um diesen Kommentar juristisch wasserdicht aussehen zu lassen, auch in den Augen eines objektiven Betrachters!) stellt es einen eklatanten Regelbruch dar, wenn Teams auf einem Turnier antreten, die die Teilnahmebedingungen des Turniers nicht erfüllen. Das muss auch den zuständigen Orgas und CA-Panels klar sein. Es interessiert nur schlicht und ergreifend keinen. Aber warum nicht? Liegt es vielleicht daran, dass wir als „Szene“ eine eher beschauliche Größe aufweisen und es durchaus im Interesse der Organisatoren eines Turniers sein kann, es sich mit den unzulässigerweise antretenden Rednern nicht zu verscherzen, die einen selbst vielleicht in der Zukunft einmal jurieren könnten? Wären die Socials vielleicht weniger spaßig, wenn die Stimmung dadurch getrübt würde, dass legitime und bekannte Regeln auch durchgesetzt und damit einzelne Teams bestimmter Clubs ausgeschlossen würden? Ich weiß es nicht – sicher ist jedenfalls, dass das ganze ein Geschmäckle hat.

    Was ich aber ganz stark vermute, ist folgendes: Unsanktioniertes normwidriges Verhalten führt dazu, dass der Respekt vor der übertretenen Norm sinkt. Auf deutsch: Wenn ich sehe/höre/mitbekomme, dass andere sich regelwidrig verhalten, ohne dafür bestraft zu werden, dann glaube auch ich, dass es okay ist, sich nicht an die Regeln zu halten (siehe meine primitive Reaktion oben). Eine konsequente Lösung dieses Problems muss also hier ansetzen. Sonst steht zu befürchten, dass in Zukunft nur noch mehr Clubs es als gangbaren Weg ansehen, ihre Teams trotz anders lautender Regelung einfach ohne JurorInnen loszuschicken. Bevor wir also über neue Regeln diskutieren, wäre mein Appell an die OrganisatorInnen von Turnieren: Verschafft den bestehenden Regeln Geltung!

    Und das bezieht sich im Übrigen nicht nur auf die Durchsetzung der JurorInnenquoten. Seit nunmehr fünf Jahren bekomme ich es irgendwie (auf „irgendwie“ liegt auch die Betonung) hin, auf jedem Turnier morgens pünktlich zu erscheinen – und ich komme mir zunehmend dämlich dabei vor. Warum? Weil auf keinem der von mir besuchten Turniere (es waren mehr als genug) irgendwer einmal die cojones gehabt hat, Teams von Runden auszuschließen, weil sie nicht pünktlich waren. Was glaubt ihr eigentlich, was passieren würde wenn die Spieler des FC Bayern München aufgrund von Betrunkensein eine Stunde zu spät zum DFB-Pokalfinale erscheinen würden? Eine Ankündigung, beim nächsten Mal „ganz, ganz ehrlich und ohne Spaß“ die entsprechenden Regeln anzuwenden? Ich halte das für unwahrscheinlich.

    Die Durchsetzung von fairen Regeln, die für „alle“ gelten, ist also ganz im allgemeinen in unserem „Sport“ ein Problem – und genau dieses Problem gilt es als allererstes zu lösen. In den letzten Wochen wurde auf der Achten Minute reichlich darüber diskutiert, welche Art von Jurierung die fairste im Sinne des Wettbewerbsgedanken sein könnte. Nach der Lektüre dieses Artikels würde ich sagen: Kümmert euch zuerst einmal darum, dass kein Team keines Clubs in Debattierdeutschland es sich herausnehmen kann, auf einem Turnier anzutreten ohne die JurorInnenquote zu erfüllen – das ist das mildeste und damit zuerst anzuwendende Mittel.

    1. Christian (MZ) sagt:

      Hm, ich bin grundsätzlich ein großer Freund davon, Regeln durchzusetzen und dabei auch mal durchzugreifen (Stichwort „Eiserner Besen“), aber: es gibt viele kleine Clubs, die nicht mal die Möglichkeiten haben, Erstsemester als Juroren zu schicken. Die würde man faktisch vom Turnierbetrieb ausschließen, erst recht, wenn Turniere weiter weg sind bzw. der Club geografisch abseitig gelesen ist. Gerade diese Clubs sind aber auf Turniere angewiesen, um sich entwickeln zu können. Eine Härtefallklausel könnte eventuell helfen, aber wie soll die formuliert sein?

    2. Christian (MZ) sagt:

      Was man aber sicherlich machen könnte: ein zweites Team nur zulassen, wenn mindestens ein Juror kommt. Aber das kann dann eben auch wieder der Erstsemester sein…

    3. Lennart Lokstein sagt:

      Ich sehe da auch einige Probleme, bin aber wie Deniz erkannt hat dieser ultima ration – die ich allerdings für ziemlich stark und nicht gerade milde halte – nicht abgeneigt. Ich hoffe vorher aber auf Einsicht und Besserung.

      Was hingegen Zeitpläne und Zuspätkommen angeht bin ich absolut der gleichen Meinung. Nichts ist asozialer, als 70 früh aufgestandene Leute, die deshalb später Essen bekommen und müder sind als der Rest, weil dieser Rest sich für so wichtig hält, dass man ohne ihn ja sowieso nicht anfangen würde. Würde ich gnadenlos cutten. Hat übrigens bei der ZEIT DEBATTE Aachen seinerzeit hervorragend funktioniert – man musste dann tatsächlich auch nichtmal cutten, da Marc-André sehr überzeugende Ankündigungen machte.

    4. Deniz L. (Halle) sagt:

      Guter Einwand, Christian. Was deine zweite Idee angeht, würde ich sagen: Die Zulassung eines zweiten Teams unter der Voraussetzung, dass ein/e Juror/in mitfährt, beschreibt ja nichts anderes als die n-1-Regel. Die Entscheidung darüber, welche JurorInnenquote gilt, liegt da natürlich bei den Ausrichtern. Eine Härtefallregelung fände ich auf jeden Fall sympathisch – formulieren kann man sie ja ganz allgemein („Die CAs/Orga/der VDCH-Vorstand/werauchimmer kann in Härtefällen Ausnahmen zulassen.“). Wichtiger ist in meinen Augen, dass es hier transparent und fair zugeht. Sollte es einzelnen Teams also gestattet werden, unter anderen Bedingungen am Wettkampf teilzunehmen als z.B. unsere Teams, dann möchte ich schon gerne sehen, dass das klar kommuniziert und begründet (!) wird.

      So kommt man dann auch drum herum, kein Team aufgrund der tatsächlichen Krankheit eines Jurors/einer Jurorin ausschließen zu müssen. Und wenn man auf „Krankheiten“, die plötzlich auftreten, keine Lust mehr hat, dann verlangt man eben ein ärztliches Attest, bevor man eine solche Regel anwendet.

  6. Christian (MZ) sagt:

    Allgemein: ich war in dieser Saison bisher nur auf drei Turnieren und auf allen drei war die Jurorenlage eigentlich exzellent (Freiburg, Mainz, Tübingen). Sicher, das ist nicht repräsentativ, aber das zeigt, dass es durchaus möglich ist, viele (und auch viele gute!) Juroren zu schicken. Ich finde die Frage viel interessanter, warum das bei ZD offensichtlich nicht so gut klappt. Ich glaube das liegt daran, dass gerade die ambitioniertesten Debattierer bei diesen Turnieren im Zweifel lieber reden wollen, weil sie endlich den ersten oder den zweiten oder dritten großen Titel für sich oder ein Club-/Teammitglied erreichen wollen. Bei kleineren Turnieren fällt es den Leuten leichter, auf diese Möglichkeiten und das entsprechende Prestige zu verzichten. Bei großen Turnieren ist die Einstellung eine andere. Und klar, da kommt natürlich auch dazu, dass man einfach mehr Räume hat und schon deshalb mehr Leute braucht als bei DDL-Turnieren. Trotzdem denke ich, dass insbesondere die Leute, die in den letzten ein bis zwei Jahren bei ZD immer um den Break reden, mal darüber nachdenken sollten, in Zukunft auch auf ZD mal öfter zu jurieren. Erst recht, wenn sie schon den einen oder anderen ZD-Pokal in ihrem Regal stehen haben.

  7. Florian Umscheid sagt:

    Das die Juror*innen sterben hat, lasst und das bitte nicht aus den Augen verlieren, auch was mit denen zu tun, die sie Umbringen: den Redner*innen.
    Danke Lennart für die Analyse, ich will den Punkt mit der Jurorenlage nochmal zuspitzen.
    Mit dem zunehmend kompetitiven Charakter des Debattierens landet der Druck auch zunehmend auf den Juroren. Das den Job keiner mehr machen will wenn nach der Runde 1.) semikompetitive Teams erst rummosern, 2.) dann noch mehr Feedback wollen, 3.) dann noch auf den Feedbackbogen schreiben, dass das alles nicht so geil war und der Juror doch mal seine Biases überprüfen möge und vielleicht auch nochmal das ein oder andere MiFi über korrektes Jurieren und tabula rasas lesen möge, 4.) dich hassen, auf der Party schneiden und ’nen Clash eintragen lassen, 5.) deine Arbeitszeit immer Debatte+Jurieren+Feedback+Extra Feedback (~2h/ Debatte) ist: da ist der Spaßfaktor schon gering.
    Neulinge zu schicken und mit denen die Quote zu füllen, hat den großen Vorteil, dass man ihnen keine Vorwürfe für mangelndes Wissen machen sollte (d.h. nicht, dass man es nicht kann!). Außerdem sind sie echt gute tabula rasas.

    tl;dr: Make jurieren fun again. Ansonsten: eine Regel kann den fun als Anreiz gut ausgleichen, dass man sie dann durchsetzten muss, versteht sich.

  8. Witthaut sagt:

    Allen, die ein hartes Durchgreifen fordern (und vll. selbst noch nicht in der Position des Entscheiders waren):

    Wenn man ein Turnier organisiert und chefjuriert, gibt man für eine gewisse Zeit ziemlich viel auf, um Euch ziemlich viel zu bieten – meist ohne großen Dank zu erhalten. Man opfert sich selbst, seine Zeit und teilweise persönliche Beziehungen (Menschen, die einen verachten, weil man sie „schlecht“ bepunktet habe). Und dennoch macht man es. Weil man die Sache liebt. Und eigentlich jedem und jeder zu Gute kommen lassen möchte. Wer etwas so sehr mag, mag es anderen nicht verwehren. Was will ich damit sagen:

    Wenn es keine andere – auch nur ansatzweiese erdenklich durchführbare – Lösung gibt, dann werden diese oben beschriebenen Menschen „hart“ durchgreifen. Ansonsten werden die oben beschriebenen Leute ALLES daran setzen, dass jeder die Möglichkeit hat, dem Debattieren – so wie er oder sie es möchte – nachzukommen. Ich hatte schon Gespräche mit Leuten und ich möchte euch eins sagen: Chefjuror*innen schließen Menschen nicht aus, weil sie sie sich nicht trauen würden sondern weil wir es nicht übers Herz bringen, Menschen etwas zu verwehren, das wir selbst begehren. Das klingt pathetisch aber diese romantische Vorstellung des Debattierens haben einige. Deswegen wurden auch nie Grenzfälle bei DDMs (Teilnahmebedingungen, etc.) abgelehnt, sondern im Zweifel zugelassen. Wir wollen Menschen das Debattieren ermöglichen.

    Kurzum: Wer hartes Durchgreifen möchte, schiebe die Schuld nicht auf Ausrichter oder Chefjuror*innen sondern packe sich bitte selber an die Nase, das seit Jahren die MV – also das deutschsprachige Debattieren – es nicht schafft, verbindliche Regeln einzuführen.

    Man muss nicht meine sehr romantische Vorstellung des Debattierens teilen aber nicht alles im Leben sind abstrakte Argumente: Jemand muss der Henker sein und seit wenigstens so couragiert (wenn ihr es fordert), dass ihr es selbst seid und nicht hofft, das andere für euch den Job übernehmen.

    Übrigens, Danke Lennart! Für den Artikel und sowieso was du alles so machst.

    1. Sabine (Tübingen) sagt:

      Zustimmung. Ein weiterer Faktor, der es für TurnierorganisatorInnen schwierig macht, so durchzugreifen, wie man es vielleicht auch selbst eigentlich für korrekt halten würde: Wenn ein Teamplatz spontan frei wird, ist es schwer, den noch loszubekommen. Noch schlimmer, wenn es zwei sind. Den Raum kann man nicht streichen, aber mal eben zwei bis sechs HelferInnen als SpringerInnen zu opfern, das kann man sich nicht leisten – die hat man meistens gar nicht, und wenn doch, sind sie zumindest teilweise extrem wichtig für den Ablauf des Turniers. Es bleibt einem also gar nichts anderes übrig, als JurorInnen zu Teams zu machen (wenn ein Team ausfällt), oder zu akzeptieren, dass ein teilnehmender Club den/die JurorIn selbst zum/zur RednerIn macht, weil jemand krank ist, oder ein Team ohne JurorIn, das versprochen hat, auf jeden Fall noch jemanden zu finden (oder dessen JurorIn krank ist – was der Fall ist, kann man ohnehin nicht überprüfen), und das vielleicht selber nur nachgerückt ist, antreten zu lassen. Das Problem kurzfristiger Ausfälle kann man natürlich nicht lösen. Aber man kann durch mehr JurorInnen auf Turnieren dafür sorgen, dass es nicht so drastisch ist, und dadurch dafür sorgen, dass auch grausame AusrichterInnen ihrem steinernen Herzen folgen und Teams streichen können, wenn sie das wollen, und damit die Glaubwürdigkeit von JurorInnenregelungen stärken.
      Kurz: Schickt mehr JurorInnen, damit wir euch streichen können, wenn ihr es nicht tut!

    2. Lennart Lokstein sagt:

      Naja. Man könnte, statt einen Raum mit Springern aufzufüllen, tatsächlich eben auch einen Raum streichen und hat dann auf einmal sechs Juroren mehr. Das könnte man aber erst vor Ort machen, denn ansonsten würden die entsprechenden Teams vermutlich nicht anreisen, und natürlich müsste man es vorher auch als Verfahren ankündigen, sollte es zu wenig Juroren aufgrund von Nichterfüllung der Regelung geben.

      Willy hat aber schon recht: Es möchte eben niemand gerne Leute ausschließen. Deshalb hoffe ich ja, dass es vielleicht auch mit mehr Bewusstsein von alleine klappt.

  9. Olli(MD) sagt:

    Ein wichtiges Thema, welches hier angesprochen wird. Vielen Dank dafür Lennart.
    Um einen langfristigen Jurorenmangel zu vermeiden ist es wichtig, dass wir auf die Jurorenausbildung achten und dazu gehört, dass sich neue Juroren auf Turnieren wohlfühlen. Ich glaube, dass man durch die oben beschriebene Situation viele Neulinge vom jurieren abschreckt, was dazu führt, dass wir noch weniger Juroren haben werden.
    Wir müssen dabei eine Unterscheidung treffen. Anfänger lernen noch und zum Lernen gehört, dass man Fehler macht. Das ist voll okay und nicht schlimm. Wenn Redner Fehler machen ärgern sie sich vielleicht, können aber hilfreiches Feedback mitnehmen und es in der nächsten Runde besser machen. Von der Jurierung erwarten wir aber, dass sie uns den ‚richtigen‘ Call begründet und dass der Juror uns hilfreiches Feedback gibt. Wenn wir das nicht bekommen, kommt es häufig zu Frust oder Wut auf den Juroren. Gerade Anfänger zweifeln dann noch stärker an sich selbst und halten sich dann aus zukünftigen Jurierdiskussionen zurück, aus Angst, etwas falsch zu machen.
    Ich finde die Entwicklung von Mentorenprogrammen, wie wir sie schon auf einigen Turnieren hatten, sehr gut. Wenn ich als Neuling gleich jemanden Erfahrenes zur Seite gestellt bekomme, sinkt für mich die Hemmschwelle, Fragen zu stellen. Außerdem habe ich dann gleich jemanden, den ich kenne und mit dem ich zwischen den Runden reden kann, wenn mein Team beschäftigt ist, ihre Debatte auszuwerten. Aber auch für diese Programme brauchen wir erfahrene Mitglieder und ich bin sehr dankbar für all diejenigen, die diese Aufgabe schon in der Vergangenheit übernommen haben.

    1. Lennart Lokstein sagt:

      Die erfahrenen Juroren zu sensibilisieren ist hilfreich, ich glaube aber, dass das Hauptproblem die Redner sind, die eben bewusst als solche statt als Juroren anreisen. Natürlich sollten am Ende beide nett zu allen Juroren sein – aber insbesondere wenn man nur zwei Juroren pro Raum hat, davon vielleicht sogar beide neu sind, enden gute Vorsätze sehr schnell an der realen Situation.

  10. Frederick (Berlin) sagt:

    Ohne dass ich hier alle Kommentare im Einzelnen durchgelesen habe:

    1.) Was spricht dagegen wie auf internationalen Turnieren IAs (independent adjudicators), also erfahrene Juroren mit finanziellen Anreizen anzuwerben? Man könnte ihnen einen Teil der Reisekosten oder des Hotels erstatten. Auf internationalen Turnieren bewerben sich recht viele Menschen auf diese Spots. Ich kann nachvollziehen, dass man als Student mit begrenztem Budget auf möglichst vielen Turnieren reden möchte. Als IA hätte man die Möglichkeit ein zusätzliches Turnier als Juror mitzunehmen.

    2.) Ich wollte auf einigen DDL-Turnieren jurieren, habe dann aber die Rückmeldung erhalten, die BDU sendet schon n-1 Juroren und es werden keine mehr benötigt. Als dann 1-2 Woche vor den Turnieren Juroren aus anderen Clubs abgesprungen sind, hatte ich das entsprechende Wochenende schon verplant und Sparpreise gab es auch nicht mehr.

    Alles in allem scheint mir das Problem in erster Linie ein Kommunikations- bzw. Organisations-Pproblem zu sein.

    1. Peter G. sagt:

      Eine Orga, die freiwillig gute Juroren ablehnt, ist halt einfach nicht clever…

    2. Christian (MZ) sagt:

      Dem kann man nur beipflichten ^^ Zumal am Ende immer (!) ein paar Leute absagen, krank und so.

  11. Peter G. sagt:

    Ich sehe nicht wirklich warum eine Quote nicht einführbar sein sollte.

    Sabine a): Ich sehe das Problem nicht. Wenn jemand gerne und lieber Juriert ist er/sie/es vermutlich ohnehin der bessere Mensch für den Job als der/die/das notorische* Redner*. Aufgabenteilung insb. wenn sie nach Präferenzen UND Kompetenz erfolgt ist doch super! Würde dann eine „Club-Quote“ voraussetzen. Und wenn du das Problem loswerden willst, dann bleibt ja die harte „Personen-Quote“ als mögliches Mittel.

    Sabine b): Ist ein Faktor, den ich sehr gut kenne. Ist aber für eine Quote nicht wirklich relevant. In Zukunft wäre der Turniere eben so aufgestellt, dass man alle 3(+-) Rednerposten einen Jurorenposten macht. So what? Hört deswegen irgendwer mit dem Debattieren auf? Wohl kaum. Vllt. gibt’s n paar Leute die dann halt nur noch auf 3 Turniere fahren. Na und? Plätze für andere Redner frei, ist doch prima.

    Lennart: Klar, gibt es immer wieder schwierige Fälle. Lösung: VDCH-Beirat für Jurierqualität kriegt eine Einzelfallentscheidungskompetenz für Härtefälle.

  12. Jonathan Scholbach sagt:

    Dem Problem kann nur mit klaren Regeln begegnet werden. Davor hat sich die VDCH-MV bisher immer gedrückt, ich glaube aus einer gewissen Naivetät und der Hoffnung, dass guter Wille das Problem lösen würde.

    Ich schlage folgende Art von Regel vor:

    1. Jeder Mensch hat die Gelegenheit, sich zur *Jurorin zu qualifizieren, indem er eines der folgenden Kriterien erfüllt: A) Break ins Halbfinale einer ZEIT-DEBATTE B) Teilnahme an einem Jurierseminar und Bestehen eines Juriertests. (Die Eigenschaft, *Jurorin zu sein differenziert nach Debattierformaten, man kann also BP-*Jurorin sein und OPD-*Jurorin.)
    2. Turnierausrichter können etwa folgende Regel aufstellen: Wenn n die Zahl der Teams ist, die ein bestimmter Club entsendet, so muss dieser Club n Jurorinnen senden, davon n/2 *Jurorinnen (bei ungeradem n mag meinetwegen abgerundet werden – das bedeutet in erster Linie, dass Clubs, die genau ein Team entsenden, keine *Jurorin schicken müssen).

    Um das umzusetzen, wird nicht einmal eine zentrale Regelung benötigt. Jeder Ausrichter kann das festlegen, bei Regios und der DDM brauchen wir einen VDCH-Beschluss, ansonsten gilt Ausrichterautonomie.

    Sicherlich kann man über die Kriterien diskutieren, die eine Jurorin zur *Jurorin qualifizieren, aber vom Ansatz her sollte man das Problem auf diese Weise sehr einfach lösen können. Die Clubs müssen dann ihre Leute zu *Jurorinnen ausbilden und sie motivieren, auf Turnieren zu jurieren. Das kriegt aber jeder Club hin. Denn Jurierseminare gibt es genug.

  13. Simon V. sagt:

    Es ist sehr lustig, wie technisch und anreizfokussiert diese Debatte geführt wird. Lediglich einige wenige wollen das Debattieren lustig machen oder die Belange der Juroren ernst nehmen.

    Zunächst etwas inhaltliches und dann ein Vorschlag:
    Es gibt ein Anreizsystem, das jeden zum Redner werden lässt: Anerkennung, soziales Kapital. Der Redner baut mit anderen Debattierenden (auch Juroren) gemeinsame Referenzpunkte der Erfahrung, der Anerkennung und des Zuhörens auf. Ziemlich geile Sachen, man erhält schnell soziale Erfolge und (manchmal) auch performative Erfolge. Deswegen will es jeder gerne machen, man kann sich schnell verbessern und es gibt ziemlich viel Anerkennung.

    Beim Jurieren fehlen im Grunde alle diese Punkte, es hat kein unmittelbares Feedbacksystem der Anerkennung, der Erfahrung, oftmals wird man nicht mal angehört (wie auch bei 15 Minuten).
    Die Frage, die sich stellt ist: Was kann man davon ändern?

    1. Erfahrung eher nicht, es braucht halt schon ein paar Turniere, bis sich der Juror (also Mitglieder jener Gruppen, die vielleicht nicht extrem intrinsisch motiviert sind) auskennt oder etwas zutraut (und sich das im Feedback niederschlägt. Wobei das Mentorensystem diesbezüglich ein echt guter Ansatz ist und weiterverfolgt werden sollte (vielleicht auch über mehrere Turniere hinweg?).

    2. Anerkennung ginge unglaublich leicht, doch anstatt sich darüber Gedanken zu machen, will man einfach irgendwelche Strafsysteme einführen. Das würde die Situation nicht ändern, negative Motivation ist die schlechteste und ich kann mir denken, dass ich als Redner dann eher meine Jurier-Turniere so setze, dass ich taktisch zu den großen Turnieren frei wäre. Damit hätten wir höchstens eine gute Jurierung auf kleinen und tendenziell schlechtere auf großen Turnieren.
    Selbst wenn es klappen würde, hätte ich lieber Juroren, die aufgrund einer positiven Motivation die Debatte bewerten, als dass ein schlecht gelaunter Juror zwangsjurieren würde um bald wieder reden zu können.
    Ferner impliziert dies, gute Redner seien gute Juroren. Sie sind es nicht. Eher sind gute Juroren meist auch starke Redner.
    Anstatt also negative Motivation als Anreizstruktur zu nutzen, sollte man das Jurieren selbst als etwas Positives ansehen. Dass es keine leidige Pflicht aller Debattierer sei, sondern etwas genuin kunstvolles und Schönes. Das würde das Ansehen und mitunter die Behandlung von Juroren steigern. Weil sie Anerkennung bekommen, die nicht instrumentell gehandhabt wird („ich juriere, damit du redest“) sondern ihren individuellen Beitrag zur Debatte wertschätzt und anerkennt.
    Zurzeit gibt es keine institutionalisierte Handlung, die das tut.

    3. Angehört werden die meisten Juroren nur in zwei Fällen. Wenn sich der Hauptjuror in der Besprechung Zeit für sie nimmt und wenn die Jurierung aus Sicht einiger Redner besondere Legitimation verlangt.
    Erster Fall trifft vor allem selten auf und wenn dann meistens in einer Konstellation wo der Hauptjuror sich in der Besprechung vor allem auf einen Juror konzentriert, um ihn weiterkommen zu lassen. Letzterer Fall ist kein Fall von wirklicher Anhörung sondern meist ein Prozess der Rechtfertigung. In seltenen Fällen befriedigend, obwohl es einen gewissen Lerneffekt bereithält.

    Was ist zu tun?
    Vielleicht ist es sinnvoll anzunehmen, dass aus der Struktur des aktuellen Debattierens heraus das Jurorensterben zu erklären ist.
    Ich habe die Mechanismen angesprochen über die die Redner schnell Feedback bekommen und sie dazu anhält weiterzureden. Welche Mechanismen gibt es, die Juroren dazu animieren, weiterzumachen?
    Idealiter sollte das Debattieren zwei Tugenden verkörpern: Zuhören und Reden. Damit diese Tugenden aber rezipiert werden braucht man Rituale und einen Gemeinschaftsethos.
    Rituale? Es wird jedes Jahr ein Nachwuchspreisträger gekürt. Dieser rekrutiert sich beinah immer – und letztes Jahr wurde es auch noch beim Namen genannt – aus Rednern! Da lobt man Prestige aus, ehrt eine Tätigkeit auf dem größten deutschsprachigen Turnier und es konzentriert sich nur auf die Redner.

    Wäre es nicht an der Zeit, auch einen Nachwuchsjuror zu ehren? Ihn mit der Aufnahme in das CA-Team eines prestigeträchtigen Turnier als Preis zu ehren? Zumindest zu erwähnen, dass es in der Saison einige Juriertalente gab, die den Applaus wert sind?

    Gemeinschaftsethos: Die Jurieren sind im aktuellen Zustand allenfalls als Beiwerk wahrzunehmen. Sie finden ihren Namen auf keinem Tab, sie haben keinen coolen Teamnamen, sie können ihren Fortschritt anhand von nur sehr schwammigen Feedbackbögen ermessen (unabhängig davon, ob Tabs nicht vielleicht viel unpräziser sind).
    Dabei braucht es etwas exklusives für Juroren, dass a) schrittweisen Zuwachs in ihrem Tun reflektiert und b) nur für sie vorgesehen ist, dass Spaß macht. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Training nur für Juroren auf einem Turnier? Oder ein kleines Mini-Ironman-Turnier?
    Zuletzt könnte man Chefjurorenposten (den vermeintlichen Ritterschlag eines jeden Jurors) einheitlich und transparent vom vdch vergeben lassen. (Man könnte es zumindest auf der vdch-mv debattieren).

    Schlussendlich: Man kann viel machen um das Jurieren attraktiver zu gestalten. Ich halte positive und konstruktive Anreizstrukturen für viel sinnvoller, weil sie das Image des Jurieren selbst und seinen Selbstwert verstetigen und (vielleicht irgendwann) dazu führen, dass sie Leute um das Jurieren reißen werden, wie sie sich jetzt um Teamplätze reißen.

    1. Peter G. sagt:

      Simon, du hast Recht, Anerkennung ist was schönes, und wir strafen unsere Juroren mit zu wenig davon. Das führt aber dennoch am Kern des Problems vorbei.

      Niemand (mit wenigen Ausnahmen vielleicht) kommt eines Tages auf die Idee den Debattierclub seiner Hochschule zu besuchen, weil er/sie/es so gerne andere Leute beim Reden bewertet! Es ist nicht so, dass niemand juriert weil die Leute dafür zu wenig Anerkennung bekommen oder auf Turnieren das Essen weg ist, sondern einfach weil das eben nicht das ist, was man in einem Debattierclub sucht!
      Es gibt doch grundsätzlich ein paar Grundmotivationen einen Debattierclub zu besuchen: A) Man hat Bock drauf vor Leuten zu Reden. B) Man hat an dieser Stelle ein Defizit, welches man loswerden möchte. C) Man schätzt den intellektuellen Austausch.
      Diese Motivationen kann man als Juror nicht bedienen, als Redner schon. Deswegen sucht man einen Redner- statt einem Jurorenplatz. Und ja, mir ist bewusst, dass das unglaublich simplifiziert ist, aber für das Gros der Leute trifft’s wohl mehr oder minder zu.
      Dieser Sachverhalt wird mit „mehr Anerkennung“ nicht gelöst. Wenn ich auf den Bolzplatz gehe um zu kicken und ich soll aber nur Pfeifen, dann kann mir jemand hinterher noch so viel Anerkennung zuteil werden lassen, ich hätte trotzdem lieber gespielt!

      Mein Vorschlag ist aber im Gegensatz zu deiner Annahme keine negative Motivation oder Strafe, sondern stellt den Versuch dar, das Jurieren und das Reden direkt zu koppeln. Sodass es nicht mehr zwei verschiedene Dinge sind, sondern als Einheit unser Hobby ausmachen. Debattieren ist dann Reden UND Jurieren. Ähnlich wie ich in OPD jede dritte Rede auf einem Turnier als FR rede, bin ich dann auf jedem dritten Turnier Juror. Wer Party machen will muss auch aufräumen, wer Reden will muss auch jurieren. Idealerweise würde ich das direkt innerhalb von Turnieren haben, das sprengt aber den Zeitrahmen, wenn die gleiche Rundenanzahl geredet werden soll.

    2. Christian (MZ) sagt:

      Was Peter formuliert, ist sicher sehr zugespitzt, trifft es aber im Kern wahrscheinlich sehr gut. Ich kenne aber übrigens in der Tat Leute, die nicht jurieren, falls nicht die Versorgung mit warmem Essen sichergestellt ist! Das heißt aber nicht, dass diese Leute dann jurieren würden, wenn warmes Essen für Juroren sichergestellt ist, sie aber auch reden könnten.

      Und was die Zulassung zum reden angeht und die unschöne Situation für Orga und CJ: Wenn man ein wirklich einfaches System hat, das sich allein mit der Ansicht der letzten Tabs kontrollieren lässt, sollte die Regeleinhaltung einfach sein. Denn wo es keine Spielräume gibt (wie zb bei der DDM-Zulassung), muss man auch keine eigene Entscheidung treffen und die nicht-redeberechtigten könnten einem das auch nicht übel nehmen, da die Regel eindeutig wäre.

      Für VDCH-Turniere müsste das aber in jedem Fall die VDCH-MV beschließen und für DDL-Turniere sollt eman ebenfalls entsprechend die DDL-Regeln ändern. Wenn ich ehrlich sein darf: bei der VDCH-MV wurden schon wesentlich weniger sinnvolle oder undurchdachtere Anträge gestellt.

    3. Christian (MZ) sagt:

      Dass gerade die erfahreneren, oft auf ZD breakenden Leute durch einen bloßen öffentlichen Aufruf öfter jurieren, bezweifle ich übrigens stark.

      Das heißt aber nicht, dass ich für eine entsprechende Jurierverpflichtung wäre. Wie gesagt, auf den von mir in dieser Saison besuchten Turnieren war die Jurorenlage sehr gut. Es handelt sich dabei vermutlich um ein ZD-spezifisches Problem und dort sollte man versuchen anzusetzen. We man das genau tut…tja…da wurden hier ja schon einige Sachen genannt. Jetzt ist es an den Ausrichtern und an den Clubs, solche Sachen ausuprobieren oder bei der nächsten VDCH-MV ggf. entsprechende Anträge zu stellen.

    4. Peter G. sagt:

      @Christian: „Wenn ich ehrlich sein darf: bei der VDCH-MV wurden schon wesentlich weniger sinnvolle oder undurchdachtere Anträge gestellt.“
      „durchdacht“ kann ich wahrlich noch nicht unter diese Idee schreiben, aber das könnte ja mal angegangen werden. Witzigerweise ändert das aber nix an der Aussage 😉

    5. Simon V. sagt:

      Lieber Peter,

      prinzipiell hast du mit deinem Argument recht, allerdings vermischst du das Besuchen des Debattierclubs mit dem Besuch eines Turniers. Tatsächlich denke ich, dass die Anreizstruktur für das Erstere eine Andere ist als das Auftreten als Juror auf einem Turnier.

      Aber du verwechselst dich und deinen Blick mit dem Status Quo (den wir ja zu ändern versuchen). Ja, zurzeit treffen deine Annahmen auf das Gros der Leute zu – finde den Fehler.
      Die Koppelung von Reden und Debattieren ist nur für jene sinnvoll, die wie du das Jurieren eher als einen Pflichtteil, „Aufräumen nach der Party“ *hier etwas lästiges, aber wichtiges einfügen.

      Aber du verkennst, dass es ein Potential von Menschen gibt, die einfach nur gerne Jurieren, erst lange Jurieren wollen, bis sie sich trauen zu reden, oder die intellektuelle Challenge des Jurierens wertschätzen. Auch wenn du dieses Potential gering einschätzt, liegt das m.E. gerade daran, dass sich alle Anerkennung und Aufmerksamkeit auf die Redner und das Reden konzentrieren.
      Ich glaube, dass Problem wird eher dadurch gelöst, dass man dieses Potential ausschöpft, als dass man die (schlecht zu disziplinierende) Menge an existierenden Redner belangt.

      Unabhängig davon, sehe ich kein Problem, dass man nicht beide Wege nutzen kann. Aber die Diskussion scheint mir, als würde man das Problem nur auf die leichte Schulter nehmen und sagen: „Ja, dann wälzen wir dieses Problem ab auf die bestehenden Leute, die reden wollen.“
      Dass man dabei aber immer verkennt, wie strukturell das Problem verankert ist und sich niemand Gedanken darum, wie Juroren auf Turnieren wie Dienstleistungspersonal behandelt werden, ist wirklich schade und ich bezweifle, dass dieser „Koppelungsversuch“ alleine dazu in der Lage ist, die Jurorenlage langfristig zu stärken.

    6. Peter G. sagt:

      „… allerdings vermischst du das Besuchen des Debattierclubs mit dem Besuch eines Turniers. Tatsächlich denke ich, dass die Anreizstruktur für das Erstere eine Andere ist als das Auftreten als Juror auf einem Turnier.“
      Naja, dummerweise kommt niemand auf ein Turnier, der nicht vorher auch in einen Club gefunden hat.
      „Aber du verkennst, dass es ein Potential von Menschen gibt, die einfach nur gerne Jurieren, erst lange Jurieren wollen, bis sie sich trauen zu reden, oder die intellektuelle Challenge des Jurierens wertschätzen.“
      Ich glaube es gibt auf Grund der angesprochenen Hauptmotivationen von diesen Menschen nur wenige. Insbesondere von Leuten, die „erst lange Jurieren wollen, bis sie sich trauen zu reden“. Angenommen es gibt ein paar, dann ist es natürlich sehr schade, wie du völlig richtig erkennst, wenn von diesen Leuten gefühlt 3 1/2 Menschen nicht Jurieren gehen, weil sie keine coolen Teamnamen haben…

    7. Simon V. sagt:

      @ Peter G.

      Immerhin sorge ich mich um eine langfristige Lösung, die Juroren positiv motiviert. Ob deine Idee (die im Grunde nur sagt, dass es der vdch bzw. die ddl schaukeln soll) durchsetzbar ist, wage ich zu Bezweifeln. Beschränkende MV-Beschlüsse haben i.d.R. keine lange Halbwertszeit. Erkläre doch mal, wie man einen Redner/Club dann davon abhalten soll, an einem DDL/ einer ZEIT-Debatte teilzunehmen? Und wieso das unter den Clubs so gut ankommt. Gerade wenn vor allem kleine Clubs dann eine schlechte Chance haben, regelmäßig auf Turniere zu fahren.

      Kurz gesagt: Anhand der substanziellen Dimension die dieses Problem erwiesen hat, finde ich es sehr unüberlegt, kurzfristige Lösungen wie deine für sinnvoll zu halten.

    8. Peter G. sagt:

      Naja, Simon, Sorgen sind nobel, helfen aber allein halt leider wenig 😉

      Zur Halbwertszeit: Sinnvolle Beschlüsse behält die MV bei, schwachsinnige werden widerrufen. Ist doch prima so. Sollte sich die Idee, vorausgesetzt man stellt einen passenden Antrag und die MV nähme ihn an, als nicht hilfreich herausstellen, dann schmeißt man den Beschluss wieder raus. Wenn sich aber eine Verbesserung einstellt, wird die MV sich sicherlich nicht im Jahr drauf denken: Oh, das war gut, das machen wir nicht mehr! Also eine kurzfristige Lösung wird das ganze so oder so nicht. Entweder ist es eine kurzfristige Nicht-Lösung, oder eine langfristige Lösung.

      Durchsetzbarkeit: Wo ist denn das Problem? Genau wie die Anfängerkriterien oder eine Hochschulzugehörigkeit (oder der DDM Startberechtigungsideen) sind Teilnahmen an Turnieren durchaus eine messbare Größe und werden im ersten Fall auch schon angewandt. Also was soll ich dir hier erklären?

      Kleine Clubs: Bei einer personellen (statt Club-abhängigen) Quote, wäre das völlig irrelevant wie groß mein Club ist, solange ich eine ganze Person bin. Bei einer Club-Abhängigen Quote ist es, je nach Ausgestaltung der Quote, ebenfalls völlig egal. Selbst wenn der Club nur aus 3 Personen besteht, dann treten die 3 eben 3 mal an und dann fahren sie alle als Juror. Führt zu einer Kopplung von Reden und Jurieren, wie gewünscht. Außerdem erhalten die 3 Jurierpraxis, wie ebenfalls gewünscht.

      Zuletzt: Wieso kommt das unter den Clubs gut an? Einfach: Es schafft klare, faire Regeln, die zu einer besseren Juriersituation führen. Wieso sollte das schlecht ankommen? Insbesondere weil wir schließlich alle nicht so egoistisch sind und die Idee deswegen ablehnen würden, weil wir hinterher nicht mehr Anfänger als Jurorenslotbesetzer missbrauchen können, während wir selber lieber antreten, wissend, dass das eigentlich etwas Schlechtes ist, nicht wahr? 😉

    9. Simon V.(aus Wuppertal) sagt:

      @Peter G.

      So einfach stellst du dir das vor? Ich glaube die MV ist kein Gremium der sinnvollen Dinge sondern vor allem ein Forum für eigenbrötlerisches Rette-wir-mal-das-Debattieren. Ob es a) durchkommt b) helfen wird c) die MV ein Jahr später das als „sinnvoll“ anerkennt sind mir ehrlich gesagt zu viele vorweg getroffene Hilfsannahmen wenn man mal die schlichte Regelungs-Wut und Diskussionsfreudigkeit der MV vorwegnimmt. Daher halte ich es nachwievor nicht für plausibel, eine simple Regel als Lösung für all unsere Probleme anzunehmen (aber bitte, stell den Antrag, die Diskussion auf der MV würde ich mir zu gerne ansehen)

      Falls du mal dem Jurier-Think-Tank-Vortrag von Barbara von vor eineinhalb Jahren gelauscht hättest, dann hättest du mitbekommen, dass so eine Regelung das Selbstverwaltungsrecht der Clubs berührt. Ich bin zwar kein Jurist, Barbara schon und daher vertraue ich ihr, dass ihre Einschätzung hinsichtlich einer Lösung über die sie (wahrscheinlich) länger als wir beide zusammen nachgedacht hat, mehr Geltung besitzt als unsere. Zumindest in dem Kontext einer simplen Regel als Lösung.

      Deine unzureichende Reflexion hinsichtlich der Betroffenheit kleiner Clubs macht mich betroffen. Wie in aller Welt sollen kleine Clubs kompetetiv mithalten können, falls ihre ganzen MItglieder strafjurieren müssen? Was wenn das auf einer Regio passiert? (Heißt das dann, „Pech gehabt!“?)

      Auch wenn ich deinen Regelungsfetischismus nicht schätze, teile ich, dass wir uns alle in unserem Selbstnutz beschränken sollten. Noch mehr finde ich, dass vor allem Anfänger nicht auf Nicht-Redner-Plätze abgeschoben werden sollte. Aber: Wenn jeder mal ein paar Minuten nachdenken würde, dann würde er wissen, dass Jurieren einen gewaltigen Nutzen für den Mensche selbst bringt. Von daher ist es ein falsches Vorurteil zu sagen, der egoistische Nutzensucher würde das Jurieren ablehnen. Vielmehr ist es der prätentiöse Selbstdarsteller, der meint, die Juriertätigkeit nicht zu brauchen.

  14. Christian (MZ) sagt:

    @Peter: Tja, eine Idee muss ja nicht sehr durchdacht sein, um durchtdachter zu sein als eine andere. Das war bei der Aussage schon bewusst einkalkuliert 😉

  15. Johannes S. (Freiburg) sagt:

    Lieber Lennart,

    wie du weißt, bin ich schon ne Weile beim Debattieren dabei und die aufgezeigten Probleme, dass auf Turnieren in Tendenz eher zu wenig als zu viele (erfahrene) Juroren sind, ist nicht neu. Du schreibst daher korrekt, dass es „ein alter Hut“ sei, weißt aber explizit im zweiten Satz darauf hin, dass es anscheinend in letzter Zeit „immer weniger“ Juroren auf Turnieren gibt.

    Dieses „immer weniger“ kann ich aus meiner subjektiven Sicht nicht bestätigen. Im Gegenteil: ich hatte den Eindruck, dass Maßnahmen wie die Jurierseminare ihre Wirkung langsam entfalten. Allerdings muss ich zugeben, dass ich in den letzten zwei Jahren auch nicht mehr ganz so aktiv und regelmäßig dabei war.

    Da diese Situation ja eigentlich ein Dauerproblem ist, frage ich mich, woran konkret du dieses „immer weniger“ feststellst? Hast du Rückmeldungen über die Anzahl der Juroren auf den Turnieren der vergangenen Jahre, an denen auch faktisch an konkreten Zahlen ein „großes Sterben“ der Juroren zu beobachten ist? Wenn ja, wie schlimm ist es konkret? Wie hat sich die Situation im Vergleich zu früher in Zahlen (am besten in Relation zu Rednern) entwickelt?

    Auch wenn aus meiner Sicht die Juroren bereits seit mindestens sieben Jahren groß am sterben sind, halte ich es für essentiell, dass man an dem Thema dran bleiben muss und weitere Maßnahmen zu überlegen sind, die die Situation verbessern können.
    Einige Ideen sind bereits ja aufgekommen, wobei ich aber in erster Linie die Ausrichter und CAs in der Pflicht sehe zu eruieren, welche (Straf-) Maßnahmen sie für angebracht erachten. Eine Einführung von Kontingenten erachte ich mit Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher Turniere (1. ZEIT-Debatten inkl. Regios und DDM, 2. DDL, 3. internationale Turniere und 4. sonstige freie Turniere) für schwierig und greifen im Zweifel zu stark in die Ausrichterautonomie ein.

    Generell, und da nehme ich mich nicht aus, wurde in der Vergangenheit bei der Turnierplanung kaum Fokus auf die Ausgestaltung eines Turniers aus Sicht der Juroren gelegt. Ich fände es durchaus interessant, wenn dies ein Turnierausrichter gezielt bei der Planung mit einkalkuliert und beispielsweise deutlich mehr Zeit für die Jurierung anberaumt (ich fände es z.B. nicht schlecht, wenn man als Hauptjuror nochmal vor dem Feedback die Möglichkeit bekäme, fünf Minuten zu überlegen, was konkret zu jedem Redner gesagt werden sollte, was wiederum die Qualität des Feedbacks verbessern und damit das Ansehen der Juroren aus Sicht der Debattanten steigern würde) sowie gewährleistet, dass die Versorgung nicht nur für Debattanten, sondern auch für Juroren gewährleistet ist. Dass auch die Juroren nach der Jurierung der letzten Vorrunde irgendwie zum Social kommen müssen, wird auch gerne übersehen.

    Viele Grüße
    Johannes

    PS @ Simon V.: Einen Nachwuchspreis als Juror hat meines Wissens Leo Vogel auf der DDM 2011 in Heidelberg als erster und letzter Juror erhalten. Vielleicht kann ja eines der DDG-Mitglieder kurz erläutern, weshalb dies nicht fortgeführt wurde?

    1. Lennart Lokstein sagt:

      Hey Johannes,
      Einsteigerturniere (bei denen Erfahrene ja nicht reden dürfen) ausgenommen hier ein paar Beispiele für Jurorenmangel, an die ich mich aufgrund persönlicher Teilnahme erinnere:
      ZD Hannover: Das Turnier musste am Freitagabend um Stunden nach hinten verschoben werden, weil man so verzweifelt auf einen im Stau stehenden weiteren Hauptjuroren (Willy) warten musste, da man kaum Juroren, geschweige denn erfahrene, hatte.
      Jenaer Adventsdebatten: Ausreichend Juroren, aber nicht überall zumindest eine wirklich erfahrene Person im Raum, nirgends mehrere.
      ZD Wien: Da nahezu niemand Juroren geschickt hat, bestanden die Panels zu ca. 50% aus Wienern.
      OWL Cup: Jede Runde musst-durften Neulinge hauptjurieren, meist Zweier-Panels.

      Demgegenüber fällt mir nur ein Beispiel für eine gute Jurorensituation ein, an das ich mich persönlich erinnere, und das ist der SK-Cup. Das lag aber mit ziemlicher Sicherheit daran, dass einerseits Leute neugierig auf das Projekt Neueichung waren und zu vermutlich noch größerem Anteil daran, dass neben den Chefjuroren auch 4/5 der Regelkommission extra zum Jurorenpool dazukamen. Ohne diese besonderen Umstände glaube ich ehrlich gesagt auch nicht, dass es groß anders gewesen wäre als der obige Trend.

      PS: Ich hoffe, das ist jedem klar, aber ich sehe es als Pflicht der antretenden, nicht des ausreichenden Clubs, bei einer n-Regel für eine ordentliche Jurorensituation zu sorgen, daher soll das kein Vorwurf an irgendwelche Ausrichter sein. (Außer sie hatten eine n-1-Regel, das wäre naiv und den Mangel erklärend gewesen, hatten sie aber meines Wissens nicht?)

    2. Daniel Heidelberg) sagt:

      @Johannes: Leo erhielt die Auszeichnung „Bester Nachwuchsjuror der DDM“ 2011 in Heidelberg zwar als letzter Preisträger, er war aber nicht der erste. Der Titel wurde 2009 in Mainz erstmals vergeben, damals an Yin Cai und Hien Do Thi Tam, und erneut 2010 in Münster an Oliver Henkes.

      Guckst Du hier:

      2009: http://achteminute.blogspot.de/2009/06/die-nachwuchspreistrager-der-deutschen.html

      2010: https://www.achteminute.de/20100607/die-ddm-auf-einen-blick

      Das ist im Rahmen der größeren Auseinandersetzung ggf. nicht besonders relevant, zeigt aber, wie wenig sich das im institutionellen Gedächtnis der Szene verankert hat, i.e. wie wenig Anerkennung und Wertschätzung sich daraus anscheinend ergeben hat. In allen Fällen 2009-2011 waren weder die DDG noch die jeweiligen Ausrichter involviert. Der Preis wurde vielmehr von den Chefjuries ausgelobt und nach eigenem Ermessen vergeben. Teilnahmekriterien und Auswahlverfahren wurden von den CJ eigenmächtig (heute würden wir sagen „intransparent“) bestimmt, um den Aufwand so gering wie möglich zu halten.

      2009 in Mainz haben wir ebenfalls zum ersten Mal ein Mentorenprogramm für Nachwuchsjuroren initiiert. Nachwuchspreis und Mentorenprogramm hatten dabei in meinen Augen gemischten Erfolg, wie ich auf der 8. Minute bereits wiederholt geschildert habe, u.a. in einem Kommentar unter einem auch heute noch lesenswerten Artikel von Anna Mattes hier:

      https://www.achteminute.de/20131002/jurierausbildung-auf-turnieren-ideen-und-masnahmen-fur-kunftige-chefjurorinnen

      Auch der dort verlinkte Artikel von Jonathan, auf den Anna sich bezog, hat in gut dreieinhalb Jahren kaum an Aktualität verloren. Die von beiden vorgeschlagenen Maßnahmen bleiben teilweise extrem strittig, an den beschriebenen Problemen scheint sich aber wenig geändert zu haben.

      Non sequitur @Lukas, falls Du das liest: Wie passt es zur These Deiner Keynote des 2. Jurier-Think-Tanks, dass wir „charismatisch Herrschenden“ – danke für das Konpliment 😉 – damals mit Jurorenschulungen, Nachwuchspreisen, Mentorenprogrammen etc. selbst den Übergang zur rationalen Herrschaft der CJ einleiten wollten? Oder erklärt genau das unser Scheitern?

      Grüße

      DS

  16. Thomas W. (Halle) sagt:

    In seiner kommunikativen Außenwirkung kann diese Diskussion natürlich auch bewirken, dass die hier recht oft angeführten, mehr oder weniger, erfahrenen Redner durch dieses implizite „naming and shaming“ vielleicht doch das ein oder andere Mal häufiger auf Turniere als Juroren fahren.
    Also immer weiter machen!
    Schließlich hat mich diese Diskussion darin bestärkt, mich auch mal als Nebenjuror zu versuchen.

  17. Lukas Haffert sagt:

    Hallo Daniel,

    kleine Korrektur: tatsächlich wurde der Nachwuchsjurorenpreis erstmals 2008 vergeben, damals geteilt an Manuel Adams und Thea Theilig.

    Ich fand den Preis schon immer irgendwie schief. Das Konzept „Nachwuchsjuror“ ergibt (ganz anders als Nachwuchsredner) einfach nicht sehr viel Sinn in einem Kontext, in dem sich die allermeisten Juroren aus erfahrenen Rednern rekrutieren. Wenn außerdem als Teil des Problems diagnostiziert wird, die Juroren hätten unter einem übertriebenen Wettbewerbsdenken der Redner zu leiden, dann sehe ich auch nicht, wie es da zur Lösung beitragen würde, jetzt noch mehr Wettbewerbsdenken unter den Juroren zu schüren. Sinnvoller scheint es mir da, Gelegenheiten wie die öffentliche Finaljurierung in Jena zu nutzen, um viel stärker in den Köpfen zu verankern, dass jurieren immer stark subjektiv bleibt, und dass das auch ok ist. Wenn man sich darauf einigen (und als Verhaltensnorm durchsetzen) könnte, dass es zwar klar falsche Jurorenentscheidungen geben mag, dass es aber fast nie die eine einzige, richtige Lesart einer Debatte geben kann, dann wäre für das Verhältnis von Rednern und Juroren aus meiner Sicht schon viel gewonnen.

    Deine Frage verstehe ich, offen gestanden, nicht ganz. Mir ging es ja damals spezifisch um das veränderte Anspruchsniveau gegenüber Chefjuroren, die sich – so mein Eindruck – zunehmend über Formalkriterien qualifizieren und rechtfertigen müssen. Dass Chefjuroren auch in einem System, in dem das nicht der Fall ist, an einem guten Jurorenpool und damit automatisch auch einer guten Nachwuchsförderung interessiert sind, ist ja dazu kein Widerspruch, oder?

    1. Daniel (Heidelberg) sagt:

      Oha, wie peinlich, danke für die Erinnerungsstütze und Respekt an Manuel und Thea. Aber auch: q.e.d.

      Und statt einer Haffertschen Pragmatik hatte ich gehofft, Dir noch ein paar Webersche Überlegungen zur Veralltäglichung und zum Erbcharisma zu entlocken, das können wir aber auch mal bei einem Drink nachholen.

      Grüße

      DS

  18. Jonathan Scholbach sagt:

    Die von Daniel verlinkten Beiträge zeigen, wie lange wir uns schon den Kopf darüber zerbrechen. In meinen Augen ist das ein starkes Indiz dafür, dass wir nicht länger zögerlich sein sollten, sondern wirklich zu einer harten Regel übergehen sollten, in der die Voraussetzung für den Start eines Teams ist, dass es eine*n Juror*in mitbringt. Das muss auch gar nicht vom VDCH beschlossen werden, sondern obliegt den ausrichtenden Clubs.

  19. Alexander Osterkorn (Gö/DDL) sagt:

    Zur Anregung der Kreativität kann man auch einen Blick über die Grenze werfen: Der „Nederlandse Debatbond“ (der VDCH der Niederlande) hat für die „Nederlands Kampioenschap“ (die DDM der Niederlande) eine Regel beschlossen, dass jedem Debattierer eine Punktzahl zugeordnet wird (man startet mit 3 Punkten). Antreten als Redner bei der NK darf man nur, wenn man mindestens einen Punkt hat. Antreten kostet einen Punkt. Jurieren bringt einem wieder zwei Punkte. Und dann wird tatsächlich öffentlich buchgeführt, wer gerade wieviele Punkte hat: http://www.debatbond.nl/debatteren/toernooien/nederlands-kampioenschap/nederlands-kampioenschap-deelname/
    Sowas ginge natürlich auch mutatis mutandis für ZEIT DEBATTEN.

    1. Simon V. sagt:

      Finde ich interessant, würde es aber wenn überhaupt eher auf eine breakberechtigung anpassen.

    2. Johannes (HH) sagt:

      warum sollte es auf die Breakberechtigung beschränkt werden? Damit die Personen, die ohne große Breakchancen antreten, unter dem Radar durchkommen?
      Mir erschließt sich der Mehrwert dieser Beschränkung nicht. Regeln sollten doch für alle ungeachtet der Performance gelten.

    3. Jonathan Scholbach sagt:

      Die niederländische Lösung scheint mir eine sehr gute Regel zu sein! Sie nur auf die Breakberechtigung anzuwenden, ergibt in meinen Augen keinen Sinn und bringt nur unerwünschte regulatorische Nebeneffekte. Zum Beispiel sammeln die Anfänger*innen erstmal massiv Minuspunkte, wenn sie als Redner*innen ohne (subjektive) Breakchance antreten. Dann gibt es Leute, die überraschend breaken und sich dann ärgern. Usw. usf.

  20. Malte (HH) sagt:

    Hey,
    also, mich würde mal interessieren ob es hier tatsächlich einen ernstzunehmenden Trend gibt, oder das alles nur auf Anekdoten beruht, wie Johannes schon schreibt. Theoretisch sollte es ja einfach zu sein festzustellen ob die Anzahl der gemeldeten Juroren auf Turnieren in der letzten Zeit abgenommen hat (die Zahlen sind ja da, man müsste sie nur zusammentragen) erstmal würde ich diese Prämisse nämlich bezweifeln (siehe Christian). Wie Lennard schon im Artikel schreibt, das sich Organisatoren über zu wenige Juroren beschweren ist eine konstante im debattieren.

    Unabhängig davon würde ich aber den Lösungsansatz von Frederik noch mal hervorheben wollen: finanzielle Anreize haben den Vorteil das sie funktionieren! Ausserdem macht es die Menschen glücklicher als sie durch irgendwelche Quoten dazu zu zwingen zu jurieren 😀

    Ich würde zwar nicht so weit gehen das die Anreise von Juroren finanziert werden sollte, aber das z.b. der Teilnehmerbeitrag für Juroren entfällt und die Kosten auf die Redner umgelegt werden wäre ein probates mittel. Teams die keinen Juror entsenden würden so für einen freien Juror der dann umsonst teilnehmen kann bezahlen. Und sollte das nicht Funktionieren kann man die Schraube da sicher noch andrehen. Und das ist selbstverständlich etwas das den Rednern dann auch zugute kommt. Ich denke das große Hindernis ist hier, das der Juror als Dienstleister verstanden werden muss, was ja aktuell eher nicht der Fall ist.

    Und zu guter letzt: In der Betreuung und Förderung von Juroren könnte stärker in den Fokus gestellt werden, insbesondere bei großen Turnieren. Die DDM Berlin 2014 hatte da ein sehr umfassendes Konzept mit Jurierseminar, Mentoren-programm usw. das seitdem meines Wissens nicht mehr aufgegriffen wurde.

    1. Witthaut sagt:

      Huhu Malte,

      nur ein paar Anmerkungen, die nicht nur auf dich zutreffen:

      A) Es reicht bei dem Thema nicht nur über Gesamtstatistiken zu gehen, sondern über die Verteilung. Sind in Tübingen Erste-Sahne-Juror*innen im Überfluss da und in Paderborn nicht mal genügend Chairs wie Räume trotz ähnlichem Rekrutierungsaufwand ist das doof. Umso wichtiger sind Anekdoten und von denen gab es in letzter Zeit häufiger welche. Auch Erzählungen, die sich wiederholen sind Indiz (Qualitative Analyse).

      B) Umfassendes Programm wie bei der DDM in Berlin: Berlin in allen Ehren, das war herausragend, bedeutet aber einen massiven Aufwand für die Orga. Wir waren bei der DDM 2016 in Heidelberg am überlegen einen ähnlichen Komfort anzubieten, bedeutet aber für die Orga: Extra Abrechnungen, Extra Zimmerbuchungen, Extra Anmeldungen. Ein Mentoren-Programm funktioniert dort schon eher, wobei man auch immer aufpassen muss, dass bei Meisterschaften, die Meisterschaft im Vordergrund steht. Zudem gab es einen Trend dazu, dass die Vorbereitungsseminare von exzessiv Erfahrenen benutzt wird, um den Extra „Was kann ich noch mitkriegen um zu gewinnen“ zu ernaschen. Das ist keine Kritik aber so Vorbereitungsseminare helfen oft denen, die sich sowieso interessieren. Man müsste es also stärker auf eine Zielgruppe fokussieren.

      C) Zu den finanziellen Fragen habe ich nach etlichen Diskussionen und stundenlangen Überlegungen immer noch keine Idee. Am Ende muss es jemand ausprobieren und schauen was es für Auswirkungen im konkreten in unserer Szene hat.

      LG
      Willy

    2. Lennart Lokstein sagt:

      Ich halte finanzielle Anreize für kontraproduktiv, solange sie nicht immens sind.
      Dafür, dass man 5€ TNB spart, entscheidet sich niemand, zu reden statt zu jurieren. Auch für 15€ Ersparnis nicht, wobei man dann vielleicht zumindest vorbeischaut, statt fernzubleiben, wenn es ohnehin in der Region ist. Der Hauptkostenanteil an Turnieren sind nunmal die Fahrtkosten. Solange diese nicht zu großen Teilen übernommen werden (d.h. dann bei einem DDL-Turnier +25€/Redner, dafür kann ein Juror kostenlos anreisen und muss keinen TNB zahlen) wird sich an der Jurorenteilnahme kaum etwas ändern.

      Was sich aber ändern wird, ist die Haltung, mit Juroren begegnet wird: Ich habe bezahlt, also bist du mein, du nennst es „Dienstleister“. Da Juroren schon heute eher als Arbeitstiere behandelt werden denn als Menschen, halte ich das für keine gute Richtung, sich zu entwickeln.

      Außerdem beginnt dann die Mauschelei, wer zu welchem Preis eingeladen wird… siehe internationales Debattieren. Auch darauf kann man gut verzichten.

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