Juroren kostenfrei, Redner teurer – wie?

Datum: 23. August 2017
Redakteur:
Kategorie: Jurieren, Mittwochs-Feature, Turniere, VDCH

Nachdem die Mitgliederversammlung des VDCH kürzlich eine Empfehlung an Ausrichter künftiger Turniere aussprach, Teilnehmerbeiträge für Juroren aufzuheben und für Redner zu erhöhen, stellt Initiator Lennart Lokstein heute ein Beispiel vor, wie das nächste Turnier – ein Einsteigerturnier, DDL-Turnier und auch eine ZEIT DEBATTE aussehen könnte.

Die Mitgliederversammlung beschloss unlängst (unter anderem), zur Behebung des Jurorenmangels der vergangenen Saison, drastische Änderungen für Turnierausrichter zu empfehlen, was den Teilnehmerbeitrag angeht. Darüber hinaus gab es zahlreiche weitere sehr sinnvolle Vorschläge, um das Turnier für Juroren angenehmer zu gestalten (Leseempfehlung für Ausrichter!). Nun liegt es an den Ausrichtern der kommenden Turniere, dies konsequent umzusetzen. Aber wie? Ich möchte im Folgenden ein Beispiel für ein Einsteigerturnier, ein DDL-Turnier und eine ZEIT DEBATTE durchgehen.

Die generelle Idee

Hat künftig mehr Geld: Der gemeine Juror. Quelle: pixabay.com

Hat künftig mehr Geld: Der gemeine Juror. Quelle: pixabay.com

Redner zahlen, was bislang Juroren gezahlt haben, und gegebenenfalls noch einen kleinen Teil extra als Fahrtkostenzuschuss. Als Ausrichter sollte man sich zunächst fragen: Wie viele Juroren wollen wir pro Raum? Eine vernünftige Antwort sollte entweder 3 oder 4 lauten. Nun rechnet man: Wir haben X € Kosten pro Person (Essen, Trinken, Druckkosten, Pokale, Anreise der Chefjuroren… eben alle Kosten aus denen sich bislang der Teilnehmerbeitrag ergab) und wollen, sagen wir, 3 Juroren pro Raum. Wir haben pro Raum (je nach Format) 8 oder 9 Redner. Nehmen wir mal OPD als Beispiel. Wir benötigen also bei 9 Rednern + 3 Juroren insgesamt 12*X € um die Kosten pro Raum zu decken. Wir legen das aber nur auf 9 Personen (die Redner) um. Also haben wir 12/9 X € als Teilnehmerbeitrag. Nun wollen wir vielleicht auch noch jedem Juroren 5-10€ als Fahrtkostenzuschuss geben. Wir sind heute mal großzügig und nehmen 10€. Also verteilen wir zusätlich 30€ auf 9 Redner, also nochmals 3,33€ zusätzlich. Der Fahrtkostenzuschuss wird im Sinne des minimalen Ausrichteraufwands vermutlich am Besten auf dem Turnier gegen eine Empfangsbestätigung an den Juror bar ausgehändigt.

Nun kündigen wir das Turnier an und geben, entsprechend unserer Planung, ein Turnier an, mit einer n-Regel was Juroren angeht. Da Juroren keinen Teilnehmerbeitrag mehr bezahlen, ist diese keine Pflicht mehr, sondern Privileg: Wenn ein Club 2 Teams stellt (und bezahlt), hat er das Vorrecht, auch 2 Juroren zu schicken. Jeder Club darf aber weitere Juroren anmelden oder auch angeben, dass er weniger als ihm zustehen schicken möchte. In diesem Fall kann der Ausrichter die freien Jurorenplätze umgehend an die angemeldeten Juroren ohne Slot verteilen – wahlweise nach eigener Auswahl oder nach geloster Liste. (Auf DDL-Turnieren müsste man regeltechnisch vermutlich eine Liste der Clubs mit Überschuss machen und danach Plätze verlosen, da Juroren ja mittlerweile auch Punkte bringen. Auf Einsteigerturnieren und ZEIT DEBATTEN kann man das Vergabesystem frei wählen.) In jedem Fall hat der Ausrichter nach Anmeldeschluss eine Liste an Jurorenslotwünschen, die er bei jedem frei werdendem Slot direkt vergeben kann. Hier gilt für Ausrichter wie auch Ameldende: Je eher abgesagt wird, desto eher kann und soll weitergegeben werden.

Jetzt mal mit konkreten Zahlen:

 

1. DDL-Turnier

Nehmen wir als Beispiel mal ein durchschnittliches DDL-Turnier. Normalerweise hatten wir hier bislang Teilnehmerbeiträge in Höhe von 10-20€ pro Person. Nehmen wir mal ein Turnier, das bislang mit 20€/Redner und 15€/Juror  (75€/Team) rechnete und eine n-Regel für Juroren hatte. Um den Wegfall der 15€ Juroren-Teilnehmerbeitrag zu kompensieren, steigt also der Beitrag der Redner um 5€/Person. Außerdem wollen wir zusätzlich gerne 10€ Fahrtkostenzuschuss für Juroren austeilen. Dadurch steigt der Beitrag für Redner um weitere 3,33€. Unser Turnier kostet dieses Jahr also 28,33€/Redner bzw. 85€/Team. Ich empfehle, den Betrag immer in der Form X€/Redner, 0€/Juror zu kommunizieren, um die Vorteile für Juroren zu betonen.

Vorher: Redner 20€, Juroren 15€

Nachher: Redner 28,33€, Juroren 0€ und Fahrtkostenzuschuss von 10€

 

2. Einsteigerturnier

Bei einem Einsteigerturnier wollen wir allgemein möglichst niedrige Beiträge für die Redner haben. Auch Jurorenmangel ist hier üblicherweise kein Problem, da die meisten Clubs ihre Einsteiger ohnehin nicht völlig alleine in fremde Gefilde schicken wollen. Trotzdem sollte die Idee einer Wertschätzung des Jurierens natürlich bereits hier verankert werden. Bislang waren die Teilnehmerbeiträge hier üblicherweise 5-10€ pro Person. Es sollte die Kosten also nicht substanziell steigern, hier Jurorenbeiträge umzuverteilen (auf 7,50-15€ pro Redner). Da Einsteigerturniere meist vor allem regional besucht werden (Einsteiger reisen oft nicht gerne durch die halbe Republik und es gibt auch üblicherweise eine zeitnah gelegene Alternative in der Nähe), kann man hier dann auf einen Fahrtkostenzuschuss verzichten.

Vorher: Redner 7,50€, Juroren 7,50€

Nachher: Redner 11,25€, Juroren 0€

 

Lennart Lokstein als Redner - © DC Hamburg

Der Autor des Artikels: Lennart Lokstein als Redner – © DC Hamburg

3. ZEIT DEBATTEN

Nun noch schnell zu den ZEIT DEBATTEN – das System sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Der Unterschied zum DDL-Turnier ist hier vorallem die Größe, die Art der Unterbringung und (sich daraus ergebend) der im Vergleich höhere Teilnehmerbeitrag pro Person. Üblich waren hier bislang im Mittel etwa 40€/Redner und 30€/Juror. Nehmen wir hier einmal das BPS-Format (in dem sich der Beitrag pro Redner stärker erhöht, da weniger Redner pro Team antreten). In diesem Fall zahlt jeder Redner nun 55€/Person. Das kommt einem wenn man 40€ gewohnt ist teurer vor, deckt aber gerade einmal die Kosten für zwei Übernachtungen in einer günstigen Jugendherberge. Für den unschlüssigen Teilnehmer aber steigt der Preisunterschied zwischen Reden und Jurieren von 10€ auf 55€ – ein wesentlich größerer Unterschied. Nun kann man auch hier wieder über Fahrtkostenzuschüsse nachdenken – ich gehe aber davon aus, dass hier die durch den geänderten Teilnehmerbeitrag geänderten Anreize schon ausreichend viel bewirken könnten, insbesondere, da ZEIT DEBATTEN auch die größte Anziehungskraft unter den verschiedenen Turniertypen haben. Wenn sich diese Annahme als irrig herausstellt, kann aber natürlich auch hier noch weiter feinjustiert werden.

Vorher: Redner 40€, Juroren 30€

Nachher: Redner 55€, Juroren 0€

 

Jetzt liegt es an euch als Ausrichtern – traut euch, mit eurem Turnier der Mitgliederversammlung folgend den Schritt zu gehen und ein System zu bauen, in dem auch Dauerredner einen fairen Beitrag zum Jurieren leisten müssen und Juroren mehr wertgeschätzt werden!

lok./jm.

Mittwochs-Feature

Lennart Lokstein ist Chefredakteur der Achten Minute. Er war von 2013 bis 2015 Vorsitzender der Streitkultur e.V. in Tübingen und ist seit 2014 Mitglied der OPD-Regelkommission. Er gewann zahlreiche Turniere, darunter die Deutschsprachige Debattiermeisterschaft 2016 und erhielt auf selbiger sowie bereits der Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft 2015 den Preis für die beste Finalrede. Lennart war Chefjuror mehrerer Turniere und erreichte als Juror zahlreiche Breaks, inklusive mehrerer Europa- und Weltmeisterschaften. Seit der Saison 2014/15 unterstützt er den VDCH-Vorstand in wechselnden Beiratstätigkeiten. Im Studium arbeitet er an einer Masterarbeit in Allgemeiner Rhetorik zum Hochschuldebattieren in Europa.

Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 10.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.

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