Mein erstes Turnier – Zweimal ganz am Anfang

Datum: 2. November 2018
Redakteur:
Kategorie: Mein erstes Turnier, Menschen

Die erste Fahrt auf ein Turnier kann für neue Debattiererinnen und Debattierer vieles sein: Türöffner in die überregionale Szene, der Beginn neuer  Freundschaften oder auch das Erwachen des Wettkampfgeistes. Häufig steht davor aber auch eine (mentale) Hürde, die es zu überwinden gilt. In unserer neuen Reihe „Mein erstes Turnier“ erinnern sich Debattierende an ihre Anfänge. Zum Start berichtet Lara Tarbuk von ihrem ersten Turnier – zweimal!

Auf seinem ersten Turnier lernt man viel – ein bisschen was über Generalprävention, die Welthandelsorganisation, siebenminütige Reden, POI-s oder integriertes Rebuttal und sehr viel über sich selbst. Ganz ohne Yoga. Ich hatte mein erstes Turnier – diese wunderbare Mischung aus Vorfreude, Herausforderung und blanker Panik – gleich zweimal. Doppelt hält schließlich besser!

Logo-Freiburg

Laras erster Club: Der DC Freiburg

Zum Debattieren kam ich eigentlich eher zufällig. Es waren meine ersten Semesterferien in Freiburg, es war Frühling und meine Freunde waren alle nach Hause gefahren. Auf der Suche nach guter Gesellschaft und spannenden Diskussionen, und weil mir in Freiburg schlichtweg langweilig war, landete ich beim Debattierclub. Die dortigen Anfänger vom Wintersemester waren schon zu schlagfertigen Debattierern herangewachsen und bereiteten sich auf ihr nächstes Turnier vor – den Tübinger Frischlingscup 2014, ein Anfängerturnier im OPD-Format (das Format mit 3 Rednern pro Team). Lukas und Kira waren noch auf der Suche nach einem dritten Teampartner und ich war nach zwei Wochen bereits ziemlich begeistert vom Debattieren. Auch die Idee, mich auf einem Turnier mit anderen zu messen, fand ich reizvoll, traute mich jedoch nicht auf Anhieb mich anzumelden. Die beiden waren nach einem halben Jahr schon so gut, ich so unerfahren, und überhaupt, schien mir die Hürde, mich zu melden doch zu groß. Als die beiden jedoch auch eine Woche später noch keinen Teampartner gefunden hatten und man mir bereits Geschichten über lustige Zugfahrten, lange Nächte und haushoch verlorene Debatten erzählt hatte, traute ich mich schließlich doch irgendwie, mich zu melden. Kira und Lukas waren froh eine Teampartnerin gefunden zu haben.

Brechtbau Tübingen 2 - © Justus Raimann

Austragungsort der Tübinger Turniere: Der Brechtbau – © Justus Raimann

Um sechs Uhr morgens wurden mir im Bus von unseren beiden erfahrenen Juroren – Tanja und Jannis – noch die letzten Regeln des an Regeln und Maßnahmen durchaus reichen Formats OPD erklärt, mir wurden bekannte Debattierer sowie dazugehörige Gerüchte vorgestellt und zum Schluss die drei Wellen des Feminismus erläutert – nach der früh morgendlichen Busfahrt war ich aufgeklärt, hellwach und ziemlich aufgeregt. Die meisten Regeln hatte ich vergessen, die Namen sowieso. Dafür wähnte ich mich auf feministische Debatten bestens vorbereitet. Im Vorfeld der Themenverkündung der ersten Runde hatte ich trotzdem ziemlich Angst vor einem unbekannten Thema – die Aufregung habe ich heute noch (Bitte, kein Geschichtsthema!). Als klar wurde, dass es nur um die Abschaffung von Schulnoten geht und nicht gleich um einen dritten Weltkrieg, war ich ziemlich erleichtert. Mein Argument über Zahlentheorie fand trotzdem niemand relevant. Zu meinem Glück wurde ich in meiner ersten Debatte jedoch von dem mittlerweile zur Debattier- und Jurierlegende aufgestiegenen Willy Witthaut juriert, der es gleichzeitig schafft, aufbauendes, ermutigendes und doch kritisches – mit einem Wort schlichtweg großartiges – Feedback zu geben. War ich zu Beginn noch traurig und gekränkt darüber, dass ich weniger Punkte als meine beiden Teampartner bekommen hatte, so kam ich nach dem Feedback gestärkt und zufrieden aus dem Hörsaal. Umso mehr, als auch meine beiden Teampartner bereits eifrig anfingen, das wertvolle Teamfeedback von Willy zu besprechen und in der nächsten Runde gleich umzusetzen. So machten wir im Laufe des Turniers als Team tatsächlich Fortschritte und auch meine eigenen Argumente wurden zumindest ein bisschen konkreter. Zwischen den Runden haben wir natürlich nicht nur unsere Strategie besprochen – in den vielen Kaffee- und Kekspausen habe ich noch ganz viele neue Leute kennengelernt, über verlorene Debatten gelacht und ganz viel über Debattieren geredet – als hätte man in  den vielen Runden nicht schon genug geredet. Zum Schluss durften wir uns alle zusammen über den Einzug ins Finale freuen – von dem Gemeinschaftsgefühl war ich ziemlich überwältigt. In meiner Erinnerung war der Hörsaal während des Finales voll – aber ich war auch sehr aufgeregt. Es ging in der Debatte um das aktive Bekämpfen von Geschlechterrollen in Kindergärten. Wir fühlten uns ganz besonders gewitzt, engten das Thema auf einen Tag in der Woche ein und tauften ihn stolz den ‚Probier’s mal Tag‘. Die Tübinger auf der anderen Seite waren davon wohl etwas überrascht und wir gewannen knapp die Debatte. Im Nachhinein mussten wir uns jedoch von Tanja und Jannis erklären lassen, dass unsere Strategie doch nicht so schlau war, wie wir dachten, und wir um ein Haar am Thema vorbeigeredet hatten.

Im Vorfeld dachte ich, dass es auf Turnieren vor allem darum geht, sich mit anderen zu messen. Am Ende wusste ich, dass man als Team verliert und gewinnt, vor allem aber wertvolles Feedback bekommt und besser wird. Und ich wusste, dass ich doch lieber auf der Bühne stehe, als ich es mir eingestehen wollte.

Lara Tarbuk - © SSE Riga Debating Society

Lara auf dem Riga IV – © SSE Riga Debating Society

Im Dezember letzten Jahres (2017) war ich gleich noch einmal auf meinem ersten Turnier. Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Jahr bei der Berlin Debating Union, einem Club, in dem sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch debattiert wird. Vor den englischen Debatten hatte ich mich jedoch über ein Jahr hinweg erfolgreich gedrückt – ich hatte Englisch nur in der Schule gelernt und traute mir Debattieren auf Englisch nicht zu. Ich erfand Ausreden, wenn man mich zu Turnieren einlud und mied Trainingsabende, wenn sie auf Englisch stattfanden. Ich traute mich wieder nicht mich für ein Turnier anzumelden, bis man mich, ein bisschen aus Zwang ein bisschen aus eigenem Wunsch, dazu brachte, es mal zu versuchen – auf dem Riga IV. Vor dem Turnier war ich nun wieder genauso aufgeregt wie ganz am Anfang, wenn nicht sogar mehr. Auf dem Flug nach Riga lernte ich leicht panisch Vokabeln und wiederholte die wichtigsten debattierrelevanten Verben auf Englisch – mein Teampartner Christof amüsierte sich köstlich. Vor der ersten Runde war ich unfassbar nervös, umso mehr, als ich sah, dass wir gegen Cambridge reden würden. Ob ich die überhaupt verstehe, wenn sie schnell reden? Eigentlich war ich mir gar nicht mal sicher, ob ich auf Englisch überhaupt eine Rede halten kann.

Worüber ich mir aber sicher war, war dass ich mich in meinem Team nicht schlecht fühlen würde, selbst wenn ich ins Stocken gerate und mich nach zwei Minuten wieder hinsetze. Mit dieser Sicherheit habe ich meine erste englische Runde gegen Cambridge überstanden. Die haben schneller geredet, als ich erwartet hatte. Aber ich habe auch mehr verstanden, als ich dachte. Und wie ungeschickt ich meine Argumente auf Englisch auch formulierte – ernst genommen wurden sie in der Debatte trotzdem. Am Ende sind wir als Team in die Ausscheidungsrunden gekommen und das mit dem Englischen fällt mir heute schon sehr viel leichter.

Mein Tipp für euer erstes Turnier: Sucht euch Teampartner, die euch unterstützen. Noch wichtiger: Unterstützt eure Teampartner!

Am Schluss noch ein herzliches Dankeschön an den DC Freiburg und Christof Kebschull, die es mir auf meinen ersten Turnieren so wunderbar leicht gemacht haben.

Lara Tarbuk/jm.

Lara Tarbuk debattierte seit 2014 beim Debattierclub Freiburg und ist seit 2017 bei der Berlin Debating Union aktiv. Derzeit studiert sie Neuere Deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin und engagiert sich als Sportliche Leitung der Berlin Debating Union. Als Rednerin gewann sie mehrere Turniere, darunter die ZEIT DEBATTE Paderborn 2017, die Nordostdeutsche Meisterschaft 2017 sowie den Schwarzwaldcup 2017. In 2018 erreichte sie das Finale der Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft. Als Chefjurorin hatte ihr sie Debüt beim Münchhausencup in Berlin.

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