Nicht in einer Blase leben – Gespräch mit Filip Bubenheimer über die Exkursionsangebote bei den Worlds 2013

Datum: 8. Oktober 2012
Redakteur:
Kategorie: International

Zu den angenehmen Nebeneffekten bei der Teilnahme an Debattierturnieren gehört das Kennenlernen von anderen Städten und deren Besonderheiten. Aus diesem Grund haben Stadtführungen bei fast jedem Turnier einen festen Platz im Zeitplan der Veranstalter. Doch was wenn zu einem Turnier über 1400 Teilnehmer aus der ganzen Welt anreisen und dieses in Berlin stattfindet – einem Ort, der wie kaum ein anderer so viele verschiedene historische, soziale, kulturelle und politische Blickwinkel und Widersprüche aufweist?

Verantwortlich für diese spannende Aufgabe ist Filip Bubenheimer. Filip studiert Jura in Berlin. Er wurde 2008 und 2010 Norddeutscher Meister für seinen Heimatclub Berlin Debating Union (BDU). Christian Landrock sprach für die Achte Minute mit ihm.

Achte Minute: Filip, auf Debattierturnieren ist es meistens so, dass die Teilnehmer in eine Debattierwelt abtauchen und sich hauptsächlich mit dem Turnier beschäftigen. Wie wollt ihr bei den WUDC für Eindrücke außerhalb des Turniers sorgen?

Filip: Uns ist wichtig, dass die Teilnehmer sich einerseits zwar auf die Debatten konzentrieren können, aber nicht in einer Blase leben. Das wäre schade, weil in Berlin und der Umgebung die „Kraft des Widerspruchs“ an vielen Stellen sichtbar wird. Wir wollen unseren Teilnehmern die Chance geben, Brücken zu schlagen vom Debattieren in die gesellschaftliche Wirklichkeit und mit ihnen entdecken, was man mit Widerspruch erreichen kann. Einige unserer Abendveranstaltungen, aber auch viele der Ausflüge am 1. Januar geben dazu die Gelegenheit.

Achte Minute: Glaubst du, dass das Kennenlernen von Berlin und somit auch von Deutschland für die Teilnehmer aus der ganzen Welt ein Rolle gespielt hat, sich bei diesem Turnier anzumelden, oder habt ihr solche Äußerungen auch schon vernommen?

Filip: Am wichtigsten ist den meisten Teilnehmer sicher das Debattieren selbst. Aber wir merken in den Rückmeldungen auch, dass die Stadt Berlin eine große Strahlkraft hat: Als Europas „capital of cool“, als kulturell sehr reiche, geschichtsträchtige, im Charme etwas raue Metropole. Der Tourismus hier boomt, und für viele Teilnehmer ist es sicher ein sehr angenehmer Nebeneffekt, hierher reisen zu können.

Achte Minute: Du hast von Berlin als Ort gesprochen, wo die Kraft des Widerspruchs deutlich wird und was dadurch erreicht werden kann. Wie wollt ihr das den Teilnehmern aufzeigen?

Filip: Wir wollen den Teilnehmern nichts „aufzeigen“, denn wir sind keine pädagogische Veranstaltung. Aber wir wollen ihnen Eindrücke ermöglichen, zum Beispiel von deutscher und europäischer Geschichte, oder vom kunterbunten Berlin, von denen sie profitieren werden. Zum Beispiel bieten wir Stadtführungen an, die sich darauf konzentrieren, wie bestimmte Abschnitte der Geschichte oder gesellschaftliche Fragen im Stadtbild sichtbar werden.

Achte Minute: Welche thematischen Stadtführungen bietet ihr z.B. an und warum habt ihr diese ausgewählt?

Filip: Zum Beispiel bieten wir eine Stadtführung durch Kreuzberg unter dem Blickwinkel Immigration an. In Berlin ist die Frage, wer eigentlich „Zuwanderer“ ist und wer „Alteingesessener“ ja ein Dauerbrenner. Kreuzberg bietet viel Anschauungsmaterial dafür, wie Widerspruch gesellschaftlich produktiv sein kann und Vielfalt gelingt, aber auch für das Gegenteil.

Achte Minute: Wird es auch Angebote außerhalb von Berlin geben?

Filip: Ja, wir wollen den Teilnehmern auch die Möglichkeit geben, aus Berlin herauszukommen. Deshalb bieten wir bspw. Tagesausflüge nach Dresden, Lübeck oder Stettin an. Die Preise sind überdurchschnittlich günstig und wir werden uns große Mühe geben, dort ein originelles Programm zu bieten. Außerdem bieten wir auch Ausflüge zum Durchatmen in der frischen Luft an: Zum Beispiel bei einem Spaziergang in Brandenburg oder an der im Winter ebenso wilden wie romantischen Ostsee. Gerade bei den Städtetrips ist ein wichtiges Stichwort „Weihnachtsmärkte“, die oft am Neujahrstag noch offen haben. Was einem selbst eher auf den Nerv geht, macht Besuchern ja oft am meisten Spaß.

Achte Minute: Wie habt ihr denn dieses große Angebot ausgewählt und organisiert? Kooperiert ihr dabei mit anderen Institutionen?

Filip: Den Großteil organisieren wir selbst. Wenn aber 300 Leute zum Beispiel Potsdam angucken wollen, können wir das alleine nicht stemmen. Deshalb arbeiten wir da mit professionellen Guides zusammen, von denen es in Berlin viele gibt und von denen wir natürlich die Crème de la Crème ausgesucht haben.

Achte Minute: Waren viele Helfer in dem Organisationsprozess involviert?

Filip: Ja, vor allem beim Brainstorming haben viele Leute geholfen. Aber wir brauchen auf jeden Fall noch Leute, die sich z. B. in Dresden oder Lübeck ein bisschen auskennen und bei der konkreten Organisation für diese Ausflüge noch helfen könnten oder Insidertipps haben.

Achte Minute: Werden denn dort noch Guides benötigt oder seid ihr allgemein hier schon fertig aufgestellt?

Filip: Weil wir gerade erst bei den Teilnehmern abfragen, welches Angebot sie am 1. Januar gerne wahrnehmen würden, wissen wir die Teilnehmerzahlen für die einzelnen Ausflüge noch nicht. Prinzipiell können wir aber überall noch Guides gebrauchen.

Achte Minute: Wie führt ihr die Anmeldung durch? Bis wann haben die Teilnehmer Zeit sich bei einer Tour anzumelden und können sie sich auch relativ spontan bei einer Tour beteiligen?

Filip: Die Anmeldung erfolgt online über das Formular zur aktuellen Registrierungsphase, zu dem die Teilnehmer Zugang haben. Bis zum 21. Oktober sollten die Teilnehmer das ausfüllen, einschließlich ihrer Präferenzen für die Ausflüge. Wer das nicht tut und darauf hofft, sich vor Ort in Berlin an eine Tour anschließen zu können, wird dort wahrscheinlich nur noch ein sehr eingeschränktes Angebot an freien Plätzen vorfinden.

Achte Minute: Wirst du eigentlich selbst eine Führung leiten oder vom Organisationsbüro aus versuchen alles zu regulieren?

Filip: Ich habe mich vor einiger Zeit schwer in Stettin verliebt. Deshalb werde ich die Tour dorthin selbst planen und hoffentlich auch am Neujahrstag mitkommen.

Achte Minute: Wenn du es dir wünschen könntest, welche Erfahrungen und Eindrücke sollen die Teilnehmer von diesen WUDC in Berlin mitnehmen?

Filip: Ich wünsche mir, dass sich die Teilnehmer in Berlin und Deutschland herzlich willkommen fühlen und dass sie den Eindruck haben, dass wir unseren Leitgedanken „embracing dissent“ leben. Und natürlich, dass sie Lust haben wiederzukommen.

Achte Minute: Und was passiert wenn die Socials-Gruppe zu gute Arbeit geleistet hat und am Neujahrstag alle nach der Silvesterfeier nicht aus den Betten kommen?

Filip:Eine sehr gute Frage! Damit haben wir uns natürlich auch auseinandergesetzt. Während die Stadtführungen in Berlin zu humanen Zeiten beginnen, muss man für die Tagesausflüge ziemlich früh aufstehen. Aber dann kann man gemütlich im Zug schlafen, während der durch Brandenburg zuckelt.

Achte Minute: Filip, ich danke dir für das Interview!

Die Berlin Debating Union erhielt bei den World UniversitiesDebating Championship (WUDC oder Worlds) in Botsuana 2011 den Zuschlag für die Ausrichtung der WUDC 2013. Rund 1.400 Debattierer aus etwa 70 Ländern werden sich von 27. Dezember 2012 bis 4. Januar 2013 in etwa 400 Teams um den Titel als Weltmeister streiten. Beim weltgrößten Debattierwettstreit Anfang Januar im philippinischen Manila wurde dieser Zuschlag vom WUDC Council noch einmal bestätigt. Die World UniversitiesDebating Championship (WUDC oder Worlds) werden seit 1981 jährlich um den Jahreswechsel ausgetragen, seit 1996 immer im British Parliamentary Style. Wer Lust bekommen hat, seine Rede – und Englischkenntnisse zu zeigen und vor allem jungen Menschen aus der ganzen Welt Teile Deutschlands zu zeigen oder noch mit im Planungsstab arbeiten möchte, der kann sich bei Filip (f [dot] bubenheimer [at] wudcberlin [dot] com) melden. Unter folgenden Link können alle Exkursionsangebote eingesehen werden: http://www.wudcberlin.com/guide/excursions/.

Interview: Christian Landrock / msi / tr

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