„Wir sind ein Debattierentwicklungsland“ – Roman Pable im Gespräch über das Debattieren in Österreich

Datum: 2. April 2014
Redakteur:
Kategorie: Menschen, Mittwochs-Feature

Am vergangenen Wochenende fand die ZEIT DEBATTE Wien statt, die gleichzeitig auch die Österreichische Debattiermeisterschaft (ÖDM) 2014 war. Organisiert wurde das Turnier, an dem mehrere österreichische Teams teilnahmen, vom AFA Debattierclub Wien. Die Achte Minute nahm die Meisterschaft zum Anlass, mit Cheforganisator Roman Pable über Debattieren in Österreich zu sprechen.

Achte Minute: Roman, im vergangenen Jahr hast du Österreich während eines Gesprächs zwischen uns als „Debattierentwicklungsland“ bezeichnet. Bleibst du bei dieser Einschätzung?

Roman Pable bei einem Workshop des Programms

Roman Pable bei einem Workshop des Programms „Talente Österreichs“
(c) AFA DC Wien

Roman Pable: Absolut. Natürlich hat es eine Steigerung gegeben: Vor zehn Jahren hatten wir in Österreich lediglich einen Debattierclub. Gerade in den letzten drei bis vier Jahren hat sich viel getan, der Debattierklub (DK) Wien ist heute einer der stärksten Turnierausrichter mit dem Vienna IV und der Europameisterschaft 2015. Der AFA Debattierclub (DC) Wien war Ausrichter der Meisterschaft im Deutschsprachigen Debattieren (MDD) 2012 und jetzt der ZEIT DEBATTE. Trotzdem haben wir hier keine allzu hohe Dichte, was insbesondere gute Redner und Juroren in der Offenen Parlamentarischen Debatte (OPD) angeht. Wenn man die Kapazitäten der beiden Wiener Clubs zusammenlegte, wären allein die der Berlin Debating Union wohl fünf Mal so groß.

AM: Woran liegt das deiner Meinung nach?

Roman: Vor allem bei den Clubs, die zum Akademischen Forum für Außenpolitik gehören, also dem AFA DC Wien, Graz, Salzburg und Klagenfurth, gibt es eine hohe Fluktuation. Die Studierenden gehen normalerweise bald ins Ausland, etwa nach Brüssel und Washington. Nur wenige engagieren sich wirklich fünf bis sechs Jahre an der Uni, dabei bräuchte man genau solche Personen. Immerhin beim DK Wien gibt es einige. Bei uns sind Newcomer meist Autodidakten. Hinzu kommt, dass sie nicht über die Infrastruktur verfügen, die Debattierer in Deutschland nutzen können: Durch die geringe Frequenz nahe gelegener Turniere mangelt es an der Möglichkeit, kontinuierlich Erfahrungen zu sammeln.

AM: Wie könnte man dem Problem entgegenwirken?

Roman: Ein Anfang ist schon einmal die Österreichische Debattiermeisterschaft. Vor drei Jahren gab es die erste ÖDM in Graz, und das hat eine klare Steigerung mit sich gebracht, nicht nur bei der Redner- und Jurorenqualität, sondern auch beim Sponsorennetz. Vergleichen kann man die ÖDM aber wohl eher mit der BaWü (Baden-Württembergische Meisterschaft, Anm. d. Red.), es sind fünf bis sechs Clubs, die daran teilnehmen. Wahrscheinlich müsste man die „alten Hasen“ stärker einbinden, um den Nachwuchs langfristig zu fördern.

AM: Aber die österreichischen Clubs sind doch auch Mitglieder des Verbandes der Debattierclubs an Hochschulen e.V. (VDCH), der zahlreiche Angebote zur Unterstützung hat, vor allem im Bereich Wissenssicherung bei der Jurierqualität und Cluborganisation.

Roman: Das ist richtig, aber da spielt der geographische Faktor mit rein. Nehmen wir etwa den Präsidententag in Hamburg: Da fährt man nicht mal eben so von Österreich aus hin. Allein die Fahrt zu einem süddeutschen Turnier, etwa nach Tübingen, dauert mit dem Auto acht Stunden. Deshalb sind wir sehr froh, dass vor der ZEIT DEBATTE hier in Wien ein VDCH-Jurierseminar stattgefunden hat, das hat viel gebracht.

AM: Würdest du dir wünschen, dass der VDCH stärker auf Österreich zugeht?

Roman: Ich glaube nicht, dass das viel bringen würde. Meines Erachtens sind da die österreichischen Clubvorstände in der Verantwortung. Sie müssten sich stärker untereinander vernetzen und Möglichkeiten der Kooperation suchen, um sich weiterzuentwickeln und gegenseitig „Entwicklungshilfe“ zu leisten.

AM: Bei unserem Gespräch im August hast du auch erwähnt, dass du mit der ZEIT DEBATTE Wien einen Beitrag dazu leisten wolltest, das Debattieren in Österreich zu stärken.

Roman: Ja, denn wir haben 2012 gemerkt, wie sehr die MDD dabei geholfen hat, junge Leute an den Club zu binden und sich untereinander zu vernetzen. Damit meine ich nicht nur unseren eigenen Club, obwohl der mehrheitlich das Turnier hier geschultert hat, sondern auch die anderen Vereine, die Teil des AFA sind. Der Grazer Club beispielsweise hat uns dabei geholfen, die Ehrenjury zusammenzustellen, und auch die Salzburger haben uns unterstützt. So konnten wir Organisationsfähigkeiten an jüngere Debattierer weitergeben. Das Turnier ist gewissermaßen auch ein Abschiedsgeschenk an unsere älteren Mitglieder, die den Club mit aufgebaut haben, weil es dem AFA DC Wien nochmal einen „Boost“ gegeben hat.

AM: Was wird das nächste österreichische Turnier sein, auf das sich das VDCH-Land freuen kann?

Roman: Die kommende Österreichische Meisterschaft, würde ich denken. Ich muss da mal mit Salzburg und Graz reden (lacht). Es wäre toll, wenn dazu viele VDCH-Teams anreisten, also auch aus Deutschland. Jetzt machen wir aber erstmal ein Jahr Pause, dann sind wir wieder da.

AM: Lieber Roman, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sarah Kempf.

kem/tk

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Roman Pable war Cheforganisator der ZEIT DEBATTE Wien 2014. Er ist Österreichischer Meister 2013 und 2012. Als Einzelredner war er Finalist der ZEIT DEBATTE Magdeburg 2012 und des Streitkultur-Cups 2013.

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