Bremen gewinnt die ZEIT DEBATTE Oberfranken

Datum: Mar 22nd, 2015
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Category: Turniere, ZEIT DEBATTE

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32 Kommentare zu “Bremen gewinnt die ZEIT DEBATTE Oberfranken”

  1. Jonathan Scholbach says:

    Zuerst einmal: Herzlichen Glückwunsch an Marion und Pegah!

    Ich möchte aber leider auch Kritik an den Themen des Turniers üben. Meiner Meinung nach sind sie ein Beispiel für den Nutzen, der daraus entsteht, wenn Chefjuries Casefiles schreiben und veröffentlichen. Ich bin mir bewusst, dass die Vorbereitung von 7 Debattierthemen für ein Turnier eine zeitraubende, aufwändige und dabei unbezahlte und schlecht gedankte Aufgabe ist. Und ich bin allen Chefjuror*innen dankbar, dass sie den Turnierteilnehmern diesen Dienst erweisen. Ich glaube aber auch, dass mit der Übernahme einer Chefjurierung eine gewisse Verantwortung für die Themen einhergeht. Mit Casefiles sorgen CJs letztlich auch selbst dafür, dass ihre investierte Mühe die größeren Früchte trägt.

    Meine konkrete Kritik an den Tehem ist, dass zu viele Themen handwerkliche Fehler aufweisen:
    [Ich lege hier ausschließlich meine private Meinung dar und bin nicht legitimiert, als Clubvertreter zu sprechen]

    VR 2 halte ich für sehr regierungslastig, wenn die ER einen sauberen Antrag stellt, der Massenschlägereien zu einer Art Kampfsport mit wechselseitiger Einwilligung in Körperverletzung und im Ernstfall auch Tötung macht. Auch würde mich hier interessieren, welche Argumente die CJs hier sehen, da ich nur schwer sehe, von welchen Argumenten die zweite Hälfte der Debatte leben könnte.

    VR 3 hat eine grobe Ungenauigkeit in der Themenstellung. Der Begriff “Open Source” wird ausschließlich auf Software angewandt (die grundsätzlich nicht patentfähig ist). Eine wichtige Unklarheit ist bei der Themenstellung, ob hier “Open Access” (das heißt kostenloser Zugang) oder eine Form von “Public Domain”, das heißt der (vollständige oder teilweise) Verzicht der Autoren auf das Urheberrecht gemeint ist. Das sind zwei völlig verschiedene Debatten. Diese terminologische Ungenauigkeit ist für mich ein Indiz, dass die CJ sich im Vorfeld wohl nur ein ungenaues Bild der Debatte gemacht hat, denn schon der erste Satz im deutschen Wikipedia-Artikel “Open Source” hätte das zu Tage gefördert. Auch in der medialen Berichterstattung der Open-Access-Debatte wird diese begriffliche Unterscheidung in aller Regel getroffen, sodass die CJ diese augenscheinlich nicht zur Kenntnis genommen hat. Saubere Casefilse, mit dem Anspruch einer Veröffentlichung, hätten diesem Fehler vorgebeugt.

    Beim Thema von VR 4 waren dem Vernehmen nach von unterschiedlichen Mitgliedern der Chefjury unterschiedliche Auskünfte darüber zu erhalten ob es a) um eine weitere Schulform (eher “Spezialschule”, “Elitengymnasium”) neben Gymnasium, Hauptschule und Realschule geht, oder b) um eine Schulform im Anschluss an das Gymnasium (eher “Studium Generale”) gehen soll. (Wiederum handelt es sich um völlig unterschiedliche Debatten.) Auch das ist in meinen Augen ein Indiz für eine zu geringe Beschäftigung der CJ mit den Themen. Auch bei den Teams herrschten hier unterschiedliche Interpretationen vor, was zu viel Verwirrung und unfruchtbaren Debatten führte. Ein sauberes Casefile hätte der CJ sicherlich das interne Missverständnis offenbart und wahrscheinlich zu einer weniger missverständlichen Formulierung des Themas geführt.

    VR 5 enthält meiner Meinung nach einen derart schweren handwerklichen Fehler, dass das Thema extrem Opp-lastig wird. Warum nicht “Dieses Haus, als die Bundesregierung, würde die Reparationsforderungen Griechenlands begleichen.”? Auf Nachfrage habe ich erfahren, dass die CJ das technische Problem vermeiden wollte, dass die Auszahlung sich verzögert, wenn der Prozess “durch alle Instanzen” getragen würde. Das würde aber durch die einfachere Formulierung auch gewährleistet. Die Pflicht, auf eine “juristische Prüfung” zu verzichten, bürdet der Regierung eine unglaubliche Beweislast auf, von der ich nicht sehe, wie sie sie auch nur ansatzweise erfüllen könnte. Casefiles, die nach dem bekannten Schema vorgehen, jedes Wort in der Motion zu begründen, hätten dieses Problem wahrscheinlich im Vorfeld zutage gefördert.

    Das Finalthema formuliert den Status Quo. Die ER des Finales kannte einen anderen Status Quo (bisher sei nur die Aufnahme in einer abgetrennten Wohneinheit – eigene Wohnung – erlaubt) und stellte einen sehr schmalen Antrag (nun soll auch die Aufnahme in der eigenen Wohnung in einem separaten Zimmer analog zur Untermiete oder WG erlaubt sein). Aber was blieb ihr anderes übrig? Status-Quo-Themen geben der Regierung eine harte Nuss zu knacken, weil das Problem ja im Status Quo existieren muss, dann aber begründet werden muss, wie der Antrag (der ja aber “heimlich” auch schon im Status Quo umgesetzt ist) das Problem löst. Die ER wird also von vornherein auf eine kontrafaktische Argumentation verpflichtet.
    Oder war mit dem Thema eine Art “Kirchenasyl für Privatpersonen” gemeint, d.h. die Aufenthaltserlaubnis für sog. “illegale” Flüchtlinge, sofern sie von einem Deutschen zu Hause aufgenommen werden? Das wäre wegen der starken, zu Missbrauch einladenden Abhängigkeit wohl ein sehr Opp-lastiges-Thema.
    Dass das Thema den Status Quo formuliert, ist für mich ein sehr deutliches Zeichen für eine nicht gerade intensive Auseinandersetzung der CJ mit dem Thema. Casefiles hätten auch hier zu einer Verbesserung geführt, vielleicht zur Themenformulierung: “DHG, Bundesbürger mit Wohnkapazitäten sollten Flüchtlinge bei sich privat unterbringen” oder ähnlich.

    Ich möchte diese Erfahrung zu einem erneuten Appell ummünzen, und zwar zu einem doppelten Appell: Erstens an die Chefjuries kommender Turniere, Casefiles anzulegen und diese im Nachhinein zu veröffentlichen, und zweitens an die Ausrichter kommender Turniere, ihre CJs dazu anzuregen, wenn nicht gar dazu zu verpflichten.

  2. Witthaut says:

    Hey Jonathan,

    da ich auf dem Turnier nicht anwesend war, habe ich mich nicht intensiv mit den Themen auseinandergesetzt und kann inhaltlich nichts kommentieren, außer das ich die Erfahrung gemacht habe, dass mir Casefiles selbst helfen. Dennoch glaube ich, dass es ganz unterschiedliche Methoden gibt, wie Menschen arbeiten. Daher finde ich Verpflichtungen relativ problematisch. Aber das nur am Rande.

    Aber eine konkrete Nachfrage: Du sagst, es gäbe ein bekanntes Schema, wie man Casefiles anlegen würde. Wie sieht dieses Schema denn aus? Also du weißt, dass ich selbst gerne diese anlege und veröffentliche, dennoch haben unterschiedliche CA-Panels ganz unterschiedliche Casefiles bisweilen vorgelegt, insbesondere was Umfang etc. angeht. Wie du das hier darstellst, macht es den Anschein als ob es klare Regeln gäbe wie so ein Werk auszusehen hat – und diese auch die einzig richtigen Methoden wären…

    Übrigens – ich möchte das jetzt nicht detailliert ausführen – gibt es auch berechtigte Kritik an Casefiles. Beeinflussung der CAs was Entscheidungen angeht, je nachdem was sie aufgeschrieben haben, die sich stärker zementierenden Erwartungshaltungen an die Redner von den CAs und ganz wichtig: Die sehr unterschiedliche Auffassung davon, was ein gutes Argument ist und damit die Akzeptanz der Casefiles. Auch wenn ich immernoch pro Casefiles bin, sollte man es nicht ganz so einseitig als Allheilmittel darstellen!

  3. Jonathan Scholbach says:

    Hi Willy,

    ja, die kritische Diskussion über Casefiles ist ja hier auf der 8M geführt worden. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass diese Themen in meinen Augen einen empirisches Beispiel dafür sind, wie (z.T. grobe) handwerkliche Fehler entstehen können, die sich mit Casefiles zuminders stark verunwahrscheinlichen ließen. Ein Allheilmittel ist es nicht, da stimme ich Dir zu. Aber ich denke, ich habe in den Fällen oben deutlich gemacht, was ein Casefile konkret gebracht hätte. Meine eigene Erfahrung als CJ, der Casefiles erstellt hat, hat mir diesen Bias-Effekt bisher nicht erlebbar gemacht. Und ich schätze, dass ein empirischer Zugang zu der bisher sehr theoretisch geführten Diskussion über Nutzen und Schaden von CJ-Casefiles einen Erkenntnisgewinn bringen wird.

    Die Wort-für-Wort-Methode, auf die ich mich bezog, ist keine Methode um Casefiles zu erstellen, sondern um einen Antrag zu formulieren. Ich habe sie mal als Anfänger von Hauke Blume gelernt, und dachte, sie wäre allgemein bekannt. Sie lautet: “Gehe die Motion Wort für Wort durch und frage Dich, ob Deine Problemdefinition und Dein Antrag dazu passen.” Vielleicht hab ich mich oben nur zu undeutlich ausgedrückt.

    Dass Menschen unterschiedlich arbeiten, ist in meinen Augen erstmal die Status-Quo-Beschreibung, aber ich verstehe das Argument dahinter (noch) nicht. Ich denke, die entscheidende Frage ist: Kommen die besseren Motions dabei heraus, wenn CJs mit Casefiles arbeiten?

    Viele Grüße,

    Jonathan

  4. Christian (MZ) says:

    Ebenfalls Glückwunsch an Marion und Pegah und noch einmal danke an die Ausrichter für das sehr schöne Turnier!

    Was die Themen angeht, würden mich ehrlich gesagt am ehesten die Vorüberlegungen zum Halbfinalthema interessieren, vor allem für die Regierungsseite. Es sollte ja ausdrücklich nicht darüber debattiert werden, ob es gut oder schlecht für China wäre, das Internet freizugeben. Es ging darum, ob die chinesische Regierung das tun sollte. Und bei der handelt es sich um eine totalitäre Diktatur mit dem Anspruch, das ganze Land zu beherrschen und zu kontrollieren. Eine Regierung, die Polizei und Justiz kontrolliert und die nicht einmal eine Feigenblattopposition zulässt, wie es beispielsweise Russland tut. Eine Regierung, die sich auf eine Partei und Ideologie stützt, die in den 50er, 60er Jahren des 20. Jahrhunderts mehr als 20 Millionen Chinesen auf dem Gewissen hat (Kulturrevolution, Großer Sprung nach vorne), die die Wirtschaft des Landes trotz allem Kapitalismus fest in der Hand hat, die jedes Unternehmen, dass in China produzieren will oder überhaupt Produkte verkaufen will, zwingt, über Joint Ventures Wissen und Technik an Chinesische Firmen weiter zu geben, eine Regierung, die weiß, dass beispielsweise die großen Autombilhersteller den Großteil ihrer Gewinne in China machen, die mittlerweile eigene Hochtechnologie hat und zb gerade beginnt, den Smartphonemarkt aufzumischen (Huawei) oder sich Technologie zukauft (IBM/Lenovo), eine Regierung, die eine Volkswirtschaft mit immer noch außerordentlich hohen Wachstumsraten kontrolliert und jederzeit steuernd in die Wirtschaft eingreifen kann und ohne echten Wachstumseinbruch durch die globale Finanzkrise gekommen ist.
    Kurz: eine Regierung, die im Inland die totale Kontrolle hat, genau diesen Anspruch schon seit ihrer Machtübernahme an sich hatte und immer noch hat und die gleichzeitig weiß, dass das Ausland mehr auf China angewiesen ist als umgekehrt. Warum sollte so eine Regierung es ihrem Volk ermöglichen, sie zu kritisieren oder überhaupt kritikwürdige Tatsachen zu finden? Oder anders gesagt: Warum sollte eine diktatorische Regierung ohne jeglichen (wirtschaftlichen oder oppositionellen) Druck von innen oder politischen Druck von außen, also völlig ohne Not, einen ersten Schritt tun, der zu ihrer eigenen Abschaffung führen kann (siehe Glasnost und Perestroika)? Außer sie übernimmt von heute auf morgen auf einmal zumindest einige demokratische Ideale oder ein völlig anderes Menschenbild, aber warum sollte sie das tun? Einer der naheliegendsten Gründe wäre wohl noch, um erfahren zu können, wer die Kritiker sind, damit man sie besser identifizieren und einsperren lassen kann, aber ob das dann noch zum “Freigeben” passt, ist eine andere Frage.

    Ich lasse mich hierzu gerne eines besseren belehren und bin wirklich gespannt auf Ideen zu diesem Thema!

  5. Matthias C. (MS) says:

    Christina, zwar war ich auf dem Turnier nicht anwesend, aber zur Freigabe des Internets in China habe ich einige Ideen, die hier eine sinnvolle Regierungslinie ermöglichen.

    Zunächst einige allgemeine Anmerkung zur Analyse von autoritären Staaten in Debatten: Menschen mit Macht sollten immer aus Sicht ihrer eigenen Motivation betrachtet werden, warum sie diese Macht ausüben und was dies für ihre möglichen Aktionen bedeutet. Gerade die chinesichen Anführer haben zum einen ein Interesse an Macht als Selbstzweck, aber auch dem eigenen monetären Nutzen durch Korruption und, als altruistisches Motiv, dem Erfolg ihres Landes und dem Umsetzen ihrer Vision eines guten Staates. Bzgl. dieses guten Staates und der Form seiner Umsetzung divergieren nun die Vorstellungen in der CPC und dem klassischen Modell einer westlichen Demokratie. Diese einzelnen Motivationen zur Kontrolle eines Staates lassen sich in einer Debatte jeweils unterschiedlich bewerten und darstellen, und aus ihnen verschiedene Folgen für die Aktionen der Staatsführung ableiten.

    Die Kontrolle des Internets wird in nicht-westlichen Staatsmodellen meistens als Notwendigkeit für die Umsetzung der eigenen Vorstellung des guten Staates gesehen, nicht als kleines Hobby von Diktatoren. Der gerade verstorbene Lee Kuan Yew, von dem insbesondere Deng Xiaoping sehr stark inspiriert wurde, hat dazu einmal gesagt: “You know, the cure for all this talk is really a good dose of incompetent government. You get that alternative and you’ll never put Singapore together again: Humpty Dumpty cannot be put together again … my asset values will disappear, my apartments will be worth a fraction of what they were, my ministers’ jobs will be in peril, their security will be at risk and their women will become maids in other people’s countries, foreign workers. I cannot have that!” (Comment to Singaporean media, 2007). Singapur ist im Allgemeinen immer ein gutes Modell, um autoritäre Staaten in einer Debatte zumindest nicht allzu schlecht darstehen zu lassen, auch wenn es auch dort noch viel Kritik gab (dazu ein interessanter Artikel: http://www.economist.com/news/asia/21646869-lee-kuan-yew-made-singapore-paragon-development-authoritarians-draw-wrong-lessons-his)

    Ich glaube zwar auch, dass es zum jetzigen Zeitpunkt nicht im Interesse der CPC ist, und somit auch unwahrscheinlich, dass das Internet geöffnet wird, aber es gibt einige Möglichkeiten hier Argumente zu bauen:
    – Menschen sollten ihre Meinung frei äußern, und somit zu einem besseren Staat durch Diskurs beitragen. (dazu muss gerade der Altruismus als Motivation zur Ausübung von Macht besonders hervorgehoben werden)
    – Durch ein freies Internet wächst die Akzeptanz Chinas als glaubwürdiger internationaler Akteur.
    – Auf einem persönlichen Niveau behindert ein unfreies Internet die Kommunikation zwischen China und dem Rest der Welt. Dies führt zu ökonomischen Einbußen, welche man minimieren will.
    – Chinesen haben nur Zugriff auf ihre eigenen Online-Dienste (z.B. nur Baidu, und nicht Google). Damit wird Wettbewerb ausgeschlossen, und somit müssen sie sich u.U. mit “zweitbesten” Diensten zufrieden geben, was wiederum dem wirtschaftlich Erfolg behindert.
    – Auch ohne Kontrolle des Internets ist eine effektive Kontrolle des Staates noch möglich, wie Singapur es zeigt.
    Dies sind also im Allgemeinen die gleichen Punkte, die man in jeder Debatte zu Marktöffnungen bringen kann, leicht spezifiziert auf das Internet.

    Aufgrund der umfangreichen Argumente auf Seiten der Opposition (alle Argumente des Protektionismus im Allgemeinen, und zusätzlich die Argumente des Verlustes an Macht, also der Einschränkung der Möglichkeiten der Umsetzung des eigenen politischen Modells) bin ich aber auch der Überzeugung, dass diese Motion nicht ausgeglichen ist, und daher ein anderer Ansatz (z.B. DHG die Öffnung des Internets in China würde dem chinesischen Wirtschaftswachstum helfen.) besser wäre.

  6. Philip S. (B) says:

    Ich möchte mich nur knapp Jonathan und Christian anschließen, was die inhaltliche und technische Gestaltung der Themen anbelangt. Auch ich habe für mich festgestellt, dass Case-Files eine wirkliche und kritische Prüfung eines Themas sind und ich kann sie jedem, nicht nur CJs empfehlen. Zumindest bei wichtigen Turnieren, zu denen die ZEITdebatten unbestritten gehören, würde ich mir wünschen, dass Chefjurorinnen diesen Anspruch als den Ihren erkennen.

    Um beim technischen zu bleiben: Neben den bereits angesprochen Kritikpunkten, enttäuschte mich der Mangel an vielfältigen Motions. Damit beziehe ich mich konkret auf die ausschließliche Nutzung von DHW-Motions. Vielfach wurde in meiner Gegenwart auch die fehlende gesellschaftliche Relevanz, Plausibilität und der geringe Anspruch kritisiert und ich kann dem beipflichten.

    Ich bin hier bei weitem nicht lange dabei aber in meinen Augen deutet sich hier ein negativer Trend an…

  7. Christian (MZ) says:

    Ich finde, es ist sehr schwierig, die gesellschaftliche Relevanz von Themen zu messen. Klar, natürlich finde ich manche Fragen auch relevanter als andere, aber andere finden widerum andere Fragen relevanter und das ist auch vollkommen in Ordnung so. Die Diskussion über Turnierthemen wird sich nie vermeiden lassen angesichts der Tatsache, dass viele Themen, auf die sich wohl fast jeder einigen könnte, einfach schon gestellt wurden. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich am Wochenende sehr viel Spaß hatte, sowohl in den Debatten (und zwar in jeder) als auch drum herum. Ich wollte auch gar nicht so kritisch klingen, wie es vielleicht rüber gekommen ist. Mir ging es bei meinem Beitrag oben in erster Linie darum, dass ich das Szenario, mich in eine totalitäre Diktatur zu versetzen…schwierig finde. Einerseits überhaupt, weil man dann schnell zynisch oder unrealistisch idealistisch argumentiert und andererseits konkret im Fall Chinas. Klar, man kann diese Argumente in einer Debatte bringen und sie schön erklären usw.. Aber ist das im konkreten Fall in Anbetracht des bisherigen Verhaltens der Regierung Chinas realistisch? Könnte man damit die chinesische Regierung überzeugen? Ich glaube eher nicht. Als Debatte und als Gedankenspiel (was wäre gut für China ausgehend vom Status Quo?) finde ich das Thema sehr spannend, aber auf die Realität angewendet finde ich es eben schwierig aus Perspektive der chinesischen Regierung. Danke aber, Matthias, für die Argumente. Einige davon wurden meiner Erinnerung nach auch gebracht und auch in der Debatte nach der Debatte gab es ein paar interessante Ideen dazu. Ich wollte einfach mal gern wissen, was für Ideen es darüber hinaus noch gibt 🙂

  8. Florian Umscheid says:

    Kaum wähnt man den einigermaßen seltenen Themenfehlerspatz in der Nähe, wird zuverlässig die Case-File-Kanone rausgeholt und abgefeuert. Ein wenig präziser geht es schon. Wenn die Frage lautet “Kommen die besseren Motions dabei heraus, wenn CJs mit Casefiles arbeiten?” findet ein gewisser Vorgriff auf die Lösung statt.
    Die Frage muss lauten „WIE kommen aus dem Prozess der Themenfindung bessere Motions?“ Das hängt natürlich von dem Problem ab. Jedes Thema kann in den folgenden, nicht abschließenden Kategorien Fehler haben, die ich nach deinen (Jonathans) Problemen ad hoc mit Themen dieser ZEIT DEBATTE vorgenommen habe.

    1. Thema schief (VR5, VR2)
    2. Thema nicht dick genug für die zweite Hälfte (VR2)
    3. Fehler in der Begriffsverwendung (VR3, F)
    4. Unklare Formulierung (VR4)

    Bei Kategorie 1 helfen Casefiles nur bedingt. Manchmal mögen Themen wie „DHG die feministische Forschung an westlichen Universitäten schadet den Frauen in muslimischen Gemeinschaften weltweit“ bei den CAs helle Begeisterung auslösen und für sie sehr offensichtlich sein, während die erste Reaktion der Meisten ein gepflegtes „wtf?!“ Ist.

    In Kategorie 2 können Casefiles weiterhelfen und sicherstellen, dass genug Material da ist. Das Problem ist, dass drei Gehirne nicht repräsentativ sind, mehr verschiedene hirne kommen auch auf mehr Argumenten oder die CAs denken zu weit vor (Vgl. Kategorie 1).

    Ich denke, dass sich viele Probleme von Themen in Kategorie 3 und 4 lösen lassen, ohne gleich Casefiles anzulegen. Kategorie 3 erfordert eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Begriff, der zur Debatte steht. Gibt es eine juristische Definition des Begriffs, der vom allgemeinsprachlichen Verständnis abweicht (vgl. Flüchtling) o.ä.. Hier helfen schon die Jedes-Wort-einzeln-Methode, gute Recherche und die Experten-Befragung von Nicht-DebattiererInnen, die sich auskennen. Das Aufgliedern von Begriffen und erfassen aller Facetten aller Begriffe, die für das Thema relevant sind, muss ein CA-Team leisten und kann das auch ohne Casefiles. Kategorie 4 sollte nicht vorkommen, tut es aber manchmal. Auch ich habe mich über das „Über“ gewundert, aber derartiges kann passieren.

    Letzt Bemerkung: zwei der drei CJs habe noch nicht 1000 Turnier juriert, haben also noch nicht den gewaltigen Erfahrungsschatz. Letzte Saison meckerte man – mehr oder weniger verhalten – über immer gleiche CJs. Jetzt sind es die Themen. Immer is was.

  9. Jonathan Scholbach says:

    Florian, ich verstehe Deine Kritik mit dem “Vorgriff” auf die Lösung nicht so richtig. Die Frage “Kommen bessere Themen heraus, wenn man Casefiles anlegt?”, ist in meinen Augen ein sinnvoller Zugang zur Frage “Sollten CJs Casefiles anlegen?” Andere Vorschläge, wie man bessere Themen bekommt, würde ich analog diskutieren, aber ich habe noch keine gehört. Deswegen ist die Wahl der Waffen, um den vermeintlichen Spatz zu erlegen, halt sehr begrenzt.

    Mir ist die Qualität der Motions auf einem Turnier wichtiger als die Person der CAs, und ich schätze, dass es vielen so geht. Aber ich wollte auch dezidiert nicht über die Personen der CJ in Bayreuth reden. Auch wenn ich die Themen kritisch sehe, bin ich mir bewusst, dass diese Kritik immer auch ein bisschen bequem ist, wenn man es nicht selbst gemacht hat, und dass man hinterher immer schlauer ist. Und ich bin auch jedem CJ dankbar, der*die sich diese Mühe macht – ich hatte gehofft, das in meinem ersten Beitrag deutlich genug zur Sprache gebracht zu haben. [Ich frage mich deshalb beispielsweise auch, ob es nicht sinnvoll wäre, im Turnier-Etat von großen Turnieren wie ZDen und DDMen eine (zumindest symbolische) Aufwandsentschädigung für die DJ einzuplanen, um dem gerecht zu werden.]
    Mein Hinweis auf die Casefile-Methode soll ja aber gerade ein konstruktiver Vorschlag sein, der völlig unabhängig von Personen eine strukturelle Qualitätssicherung etablieren könnte. Eine solche strukturelle Maßnahme ist ja gerade für weniger erfahrene CJs relevant. Dass Fehler menschlich sind, wird sich natürlich auch dadurch nicht ändern lassen.

    Anders als Du, Florian, glaube ich, dass die Themenschiefe mit Casefiles sehr oft deutlich wird. Eine Fehlerquelle, die ich an mir selbst beobachtet habe, und die mich wesentlich dazu motiviert hat, die Casefile-Sache zu machen, ist der Umstand, dass man die Güte von Argumenten im CJ-Gespräch oft zu schnell bewertet. Das Aufschreiben der Argumente beinhaltet einen Zwang zur Konkretisierung von Argumenten, für die man erstmal nur ein Label hatte, aber vielleicht keinen Mechanismus.

    Dass Casefiles “nur bedingt” helfen, ist richtig. Sie helfen nicht immer. Aber die Frage ist doch, ob sie oft genug helfen, dass sich der Aufwand ihrer Erstellung lohnt. Und dabei sollte man bedenken, dass eine ungünstige Motion auf einem Turnier allen Redner*innen und Juror*innen eine Stunde lang den Spaß verderben kann, dass der Nutzen also mit der Größe des Turniers skaliert.
    (Um die Casefile-Methode für sinnvoll zu halten, muss man nicht der Überzeugung sein, dass man damit einen Garanten für perfekte Themen hat, sie müssen kein “Allheilmittel” sein, sondern nur ein “Heilmittel”.)

  10. Patric Flommersfeld says:

    Das war mal ein richtig tolles Turnier mit einem schönen und ausgeglichenen Programm.

    Auf jeden Fall einen großen Dank udn Lob an alle Beteiligten und einen herzlichen Glückwunsch an die Gewinnerinnen!

    Im Gegensatz zu anderen Turnieren, war die Themenvielfalt auch mal sehr angenehm, zumal zusätzlich durchgehend die aktuelle Relevanz gegeben war. Vorallem beim Finalthema war die Koppelung mit dem musikalischen Programm des jungen Irakers, bzw. der Vorstellung dieses Vereines, welcher sich für die Begegnung mit Flüchtlingen einsetze, eine sehr lobenswerte Aktion und eine sehr stimmungsvolle Nuance, da hiermit durchaus gezeigt wurde, dass sich beim Debattieren eben nicht verquere Akademiker um abgehobene Hypothesen streiten, sondern man tatsächlich auch die realen großen Herausforderungen unserer Zeit betrachtet.
    Evtl. wäre es auch noch ganz nett diesen Verein hier in diesem Medium nochmals zu erwähnen. Schaden kann es nicht und vllt findet so noch der ein oder andere helfende Taler den Weg in deren Tasche.

    Es hat auf jeden Fall eine Menge Spaß gemacht sich durch die Fälle zu wuseln!

    Aber eine Frage zu der 2. VR hätte ich noch: “Dieses Haus würde angemeldete Massenschlägereien erlauben”

    Wie würden die alten Hasen hier als OPP vorgehen? Ich tue mich da schwer einen Ansatz zu finden mit dem ich mir Chancen auf einen 1./2. Platz machen würde…
    Wäre evtl. jemand so nett mir da die grundsätzliche Logik, bzw. einen Frame abzuzeichen?
    Bzw. wie kann ich diese Art des einvernehmlichen Schädigens vom Boxen oder Bondage abgrenzen?

    LG pat

  11. Barbara (HH) says:

    What Flo said.

    Darüber hinaus: Casefiles zu schreiben, in der Absicht sie zu veröffentlichen, kann ein Anlass sein, das angedachte Thema noch weiter auf alle erdenklichen “Fehler” zu überprüfen. Sie stellen einen weiteren Arbeitsschritt dar, in dem Überblick erlangt und Fehler entdeckt werden können. Sie bieten aber mitnichten eine Garantie, Fehler zu finden. Stattdessen bieten sie aber u.a. das Risiko, die argumentative Offenheit der CJs einzuschränken und sie laden geradezu ein zu einem “Jurorenbashing” nach dem Turnier, wenn ein Juror in einem Raum unwissentlich (aber ggf. legitimerweise) von diesen Casefiles “abgewichen” ist, weil sich die Debatte in seinem Raum anders entwickelt hat oder er Argumente, die die CJs als “überzeugend” in ihren Casefiles niedergeschrieben hatten, in der Debatte in ihrer konkreten Form als abwegig bewertet hat. Angesichts der ohnehin schon geringen Motivation vieler Leute, als Juror auf Turniere zu fahren ist dies m.E. ein nicht zu vernachlässigender Schaden.

    Der Ruf nach Casefiles wird immer dann laut, wenn Leute einen “Fehler” in der Themenstellung vermuten. Und genau hier sehe ich auch den kritischten Punkt einer “Pflicht” zur Veröffentlichung von Casefiles: In der Form, wie oft nach ihnen gerufen wird (sofern nicht ausnahmsweise pure Neugier die Ursache ist), stellen sie m.E. ein Kontrollmittel und ein Misstrauensvotum an alle potentiellen CJs dar, sich ihrer Verantwortung nicht hinreichend bewusst zu sein. Der CJ wird unterstellt, lustlos und schnell über die Themenfindung gegangen zu sein, ohne innezuhalten und sich einen Überblick zu verschaffen. Es wird unterstellt, dass derart schlampig gearbeitet wurde, dass ein Zwang, die Überlegungen aufzuschreiben, die Unausgewogenheit/Ungenauiigkeit/etc. sofort zu Tage gefördert hätte. Anders erschließt sich mir nicht, wie aus dem bloßen Prozess des Aufschreibens (und der Pflicht zur Veröffentlichung) ein Mehrwert generiert werden soll gegenüber einer verantwortungsbewussten und tiefgehenden mündlichen Diskussion über ein Thema.

    Eben in dieser Konnotation einer “Casefile-Pflicht” mit der Unterstellung von Verantwortungslosigkeit der CJ liegt m.E. das große Problem. CJs tragen eine große Verantwortung auf Turnieren. Dies sollte jedem klar sein, der für so einen Posten zusagt. Ich denke aber, dass wir unserer (zukünftigen) CJ-Szene keinen Gefallen tun, wenn wir dieses Verantwortungsbewusstsein durch den öffentlichen Pranger der Casefile-Pflicht versuchen zu erzwingen. Sinnvoll wäre sicherlich, einen “Leitfaden” für junge CJs zu schreiben, was bei der Setzung von Themen zu beachten ist. Sinnvoll wäre wohl auch (aber m.E. status quo), die Anfertigung von internen Casefiles (zumindest in mündlicher Form) anzuregen. Die zwingende Veröffentlichung derselben bedient m.E. aber wenig mehr als die Empörung des deutschen Debattiermichels nach dem Turnier, “wie man SOWAS denn ernsthaft für fertig halten konnte?!”

    Zwingend die Veröffentlichung von Casefiles zu verlangen, unterstellt jeder potentiellen CJ, sich nicht ohne diesen Pranger zu disziplinieren und ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Ich könnte es niemandem verdenken, angesichts einer solchen Grundstimmung eine CJ-Anfrage abzulehnen. Angesichts unseres ohnehin überschaubaren CJ-Pools würde ich dies für ein Problem halten.

    Was mich zu meinem letzten Punkt bringt: Dem Umgang mit CJs allgemein. Ich bin einigermaßen schockiert, wie scharf hier in diesem Thread öffentlich gegen eine im Schnitt extrem junge CJ geschossen wird. Man kann sicherlich einige der Themen handwerklich kritisieren. Die Frage ist aber, in welcher Form und in welchem “Ton” man dies tun sollte. CJs übernehmen eine Verantwortung und müssen sich Kritik stellen, wenn sie dieser nicht gerecht werden. Ich finde es aber eine sehr fragwürdige (und meines Wissens recht einzigartige) Vorgehensweise, noch am Abend des Turniers einen sprachlich schärfsten Verriss zu formulieren und diesen im weiteren Verlauf von anderer Seite mit Feststellungen wie “fehlende gesellschaftliche Relevanz, Plausibilität und der geringe Anspruch” zu ergänzen. Diese drei haben einen erheblichen Teil ihrer Freizeit im Vorfeld des Turniers dazu verwendet, sich Themen zu überlegen. Sie haben auf dem Turnier hart gearbeitet und auf viele Pausen verzichtet (denn das ist immer so als CJ), um den Teilnehmern ein möglichst gutes Turnier zu ermöglichen. Ihnen dies mit solchen öffentlichen, verbalen Fäusten in den Magen wie den obigen zu danken, finde ich einfach nur daneben. Dies gilt umso mehr, als es sich nicht ausschließlich um “alte Hasen” handelt, die es “besser” hätten wissen sollen (/müssen), sondern teilweise CJs mit sehr geringem Erfahrungsschatz, die hier aber alle gleichermaßen getroffen wurden. Themen richtig zu stellen erfordert viel Umsicht und viel Erfahrung. Einfach pauschal veröffentlichte “Casefiles” zu fordern, um noch einmal ordentlich den Finger reinlegen zu können, wo dies hier vielleicht nicht funktioniert hat, hilft in der Sache nicht weiter.

    Ich hoffe daher sehr, dass der Umgang mit CJs allgemein vielleicht einmal von einigen etwas überdacht wird. Letztlich sind auch CJs nur Debattierer, die Spaß an einem Turnier haben wollen und nicht die Zielscheibe für allen Frust, den man über Themen auf einem Turnier erleben kann. Natürlich brauchen wir eine sachliche Diskussion über Themenqualität. CJs aber kollektiv das Misstrauen auszusprechen mit einer allgemeinen Pflicht zu Casefiles oder die Themen ohne Rücksicht auf den Erfahrungsstand öffentlich derart ohne ein gutes Wort zu zerreißen, erachte ich als keinen konstruktiven Umgang.

  12. Christian (MZ) says:

    Ich kann für mich auf jeden Fall sagen, dass es bei mir wirklich vor allem um Neugier ging. Falls das anders angekommen ist, möchte ich mich hiermit ausdrücklich dafür entschuldigen!

  13. Jonathan Scholbach says:

    Hallo Barbara,

    eine sachliche Diskussion über die Themen würde in meinen Augen auch auf die Sache, d.h. auf die Themen des Turniers, eingehen und nicht die Personen der CJs und ihre Erfahrung in den Fokus rücken. Ich sehe nicht, wo ich in meinem Startbeitrag gegen Chefjuror*innen “geschossen” hätte. Ich habe nicht pauschal Casefiles gefordert, sondern konkret thematisiert, wo ich mir aus meiner eigenen Erfahrung mit Casefiles vorstellen könnte, dass sie zu einer Verbesserung der Themen geführt hätten. Unter einer sachlichen Diskussion würde ich eine verstehen, die beleuchtet, ob meine subjektive Sicht auf die Themen überhaupt zutreffend ist. und ob die von mir als solche empfundenen Fehler wirklich mit Casefiles unwahrscheinlicher geworden wären.

    Der von Dir behauptete Schaden des Jurorenbashings wegen Casefiles ist eine empirisch überprüfbare These. Deswegen kommt es hier auf tatsächliche Beispiele an. Meiner subjektiven Erfahrung entspricht die These nicht. Die Redner*innen konnten den Status der Casefiles, soweit ich das mitbekommen habe, immer gut einordnen, auch weil diese Diskussion hier auf der 8M schon intensiv geführt wurde. Aber ich habe natürlich nur einen sehr kleinen Ausschnitt der Realität wahrgenommen, wenn Du sowas also erlebt oder beobachtet hast, lerne ich gerne größere Ausschnitte kennen. Genauso verhält es sich mit der von Dir erwähnten “Empörung des deutschen Debattiermichels”.

    Eine Sache verstehe ich an Deinem Post nicht: Wie drückt sich Verantwortung aus, die nicht Kritisierbarkeit impliziert?

    Viele Grüße,

    Jonathan

  14. Lukas Haffert says:

    Danke für diesen wichtigen Beitrag, Barbara, ich möchte ihn in jedem Punkt unterschreiben!

    Um vier kurze Punkte hinzuzufügen:

    1) Zur Verpflichtung: Ich stelle mir das so vor, dass der Ausrichter dann die Person anruft, die er für die kreativste und kompetenteste hält und ihr die Chefjurierung unter dieser Bedingung anbietet. Darauf antwortet diese: Im Prinzip sehr gern, aber Casefiles mache ich nicht. Soll der Ausrichter dann ernsthaft auf den besten Chefjuror verzichten und stattdessen den fleißigsten nominieren? Wer immer höhere Hürden für Chefjuroren aufstellen will, sollte sich fragen, warum er glaubt, dass gerade die kreativsten und kompetentesten Juroren bereit sein werden, an diesem Hürdenlauf teilzunehmen.

    2) Konkret zu Casefiles fürchte ich, dass sie ein starkes Signal zur Risikovermeidung senden. Jedes CA-Team kann zehn vollkommen ausgeglichene, handwerklich sehr sauber formulierte Themen stellen. Ein Turnier, dessen Themen allein mit diesem Ziel zusammengestellt würden, wäre aber zum gähnen.

    3) Casefiles scheinen mir zudem eine reine Ritualhandlung zu sein. Kein seriöses CJ-Team das sieben Themen zu setzen hat, diskutiert nur sieben Themen ernsthaft. Es diskutiert mindestens 14 Themen ernsthaft. Niemand wird aber erwarten, dass CJ im Diskussionsprozess 14 Casefils anlegen, um dann sieben davon wegzuschmeißen. Daraus folgt: Casefiles werden erst nach Auswahl der Themen (und ich vermute sogar: in den meisten Fällen erst nach dem Turnier) angelegt.

    Was 4) zeigt, und das führt zu Barbara zurück, dass Casefiles aus Sicht der Chefjuroren vor allem den Zweck der Rechtfertigung, aus Sicht der Teilnehmer aber den der Leistungskontrolle haben. Und wie Barbara frage ich mich, wo der Anspruch auf eine solche Leistungskontrolle herkommt. Noch (?!) werden Chefjuroren ja in der Regel vom Ausrichter zu dieser Rolle eingeladen und sind nicht die Gewinner eines Wahlkampfs, die nun an ihren Wahlversprechen zu messen wären. Stattdesen sprechen Turnierankündigungen in der Achten Minute regelmäßig davon, der Ausrichter “lade ein”, die Teilnehmer seien bei ihm “zu Gast”. Das gilt meines Erachtens nicht nur für den Ausrichter, sondern auch für seine Chefjuroren.

  15. Philip S. (B) says:

    Liebe Barbara,

    auch ich hatte Spaß an diesem Wochenende und auch ich schätze die drei CJs persönlich.

    Ich glaube, dass (1) man darüber reden sollte, wenn es breite Kritik gab. Und dass hier (2) der Kontext wichtig ist – es ist eine ZEITdebatte. Da geht es sowohl um unseren Leistungsanspruch, als auch um unsere Verpflichtung der Hauptsponsorin gegenüber.

    Die oben beschriebenen Case-Files wären ein Schritt in Richtung methodischer Qualitätssicherung und da kann ich Jonathan nur zustimmen. Wer in meinem vorherigen Beitrag Kritik ad homnimem erkennen will, liegt falsch. Für mich entscheidend ist, dass wir hier nicht über das Anfänger-Open in Hintertupfingen reden.

  16. Matthias C. (MS) says:

    Zu Casefiles kann ich hier nur Flo, Barbara und Lukas zustimmen. CJ einen bestimmten Weg vorzugeben, zu guten Themen zu gelangen, halte ich für grundlegend falsch, zusätzlich zu den schon aufgezeigten Schäden von Casefiles.

    Interessanter und diskussionswürdiger finde ich wiederum die Überlegung, die Barbara angestoßen hat: Nämlich ob und wie wir Themen im öffentlichen Raum diskutieren. Ich stimme Dir dahingehend vollständig zu, Barbara, dass man dies im richtigen “Ton” tun sollte – gerade dies darf aber nicht die meines Erachtens notwendige, inhaltliche Diskussion über Themen abschneiden, auch wenn das CJ-Panel im vorliegenden Fall im Schnitt noch nicht so häufig chefjuriert hat. Im internationalen Debattieren hat es sich sogar eingebürgert, dass CJen nach einem Turnier ihre Themen auf Facebook posten, um dort aktiv von anderen Debattierern Feedback zu diesen Themen zu erhalten. Das führt dann zu Kommentaren von “best final motion I’ve ever seen” bis zu “What could possibly be a fair Opp is beyond me”. Die Diskussion über Themen wird damit von der Wartezeit nach der Runde verlagert hin zu einem (semi-)öffentlichen Raum, in dem mehr Personen von einer substantiierten Diskussion profitieren können, das “Handwerk” einer guten Motion mehr Debattierer_innen zugänglich wird, und wir hoffentlich in Zukunft dauerhaft gute Motions haben.

  17. Jonathan Scholbach says:

    Hallo Lukas,

    zu 3) Bei uns ist das immer so abgelaufen: Man diskutiert über 30 Themen, zieht dann 7 in die engste Auswahl, schreibt 7 Casefiles, merkt, dass ein bis zwei Themen doch nicht funktionieren, schreibt zwei weitere Casefiles.

    zu 1) Das ist überzeugend, wenn viele der guten und kreativen CJs dagegen sind, Casefiles zu erstellen. Wahrscheinlich ist das zur Zeit so. Wenn es am zeitlichen Aufwand liegt, würde ich als Ausrichter versuchen, den CJs einen adäquaten Anreiz zu geben, diesen Aufwand auf sich zu nehmen. Ein ZD-Etat würde es verkraften, 600 – 900 € Aufwandsentschädigung für die CJs zu haben. Wenn ein Casefile zu einem Thema, über das man schon intensiv gesprochen hat, ca. anderthalb Stunden dauert (das ist in etwa mein Erfahrungswert), und man 10 Cases schreiben muss, ist das für Studenten ein vernünftiger Stundenlohn und gibt vielbeschäftigten CJs die Möglichkeit, in der heißen Phase der Themenfindung bei ihrem Nebenjob etwas kürzer zu treten.
    Wenn es an Vorurteilen bei den guten und kreativen CJs liegt, kann man natürlich nichts machen. Wahrscheinlich hast Du also Recht, dass man keine Pflicht einführen sollte.

    zu 2) Das halte ich für einen Fehlschluss, oder aber Du hast eine andere Wertabwägung als ich und freust Dich auch über ein Thema, das innovativ ist, aber zu wenig Argumente hat – wie wärs mit “DH bohrt sich ein Loch ins Knie und kippt Sägespäne rein” :-).
    Es gibt unter den innovativen Motions solche, die nicht mindestens 5 gute Argumente auf jeder Seite haben und solche, die mindestens 5 gute Argumente auf jeder Seite haben. Casefiles filtern unter den innovativen Themen also spezifisch die schwachen Themen und sind damit kein Hemmnis für Innovation per se, sondern nur für schlechte innovative Themen.

    4) Der Anspruch kommt daher, dass bessere Themen im Interesse Aller sind. Bisher hat hier noch niemand die Position vertreten, dass CJs keine Verantwortung für die Themen hätten. Wie sie diese wahrnehmen, wissen wir nicht. Und dass die Beschäftigung mit den Themen im Ergebnis zum Teil zu wünschen übrig lässt, dafür sind die Themen der ZDOF in meinen Augen (s.o., insbesondere “Open Source”) ein Beispiel.

    Viele Grüße,

    Jonathan

  18. Andrea G. (Mainz) says:

    Zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich persönlich ja froh bin, dass ich auf die zahlreich vorhandenen Fehler in der Themensetzung auf meinem ersten CJ-Turnier von Leuten privat hingewiesen worden bin, statt öffentlichkeitswirksam auf der Achten Minute. Wenn es ein generelles Problem mit Themensetzung gibt (was ich nicht grundlegend bestreite), dann sollte das in einem eigenen Artikel angesprochen werden, statt es jetzt geballt im Kontext dieses Turniers zu diskutieren und damit den Eindruck zu vermitteln, dieses Chefjuroren-Panel hätte neue oder besonders schwerwiegende Fehler gemacht. Für uns alle ist Debattieren auch eine soziale Sphäre (und nebenbei ist die Achte Minute öffentlich einsehbar) – da kann man ruhig mal ein wenig Fingerspitzengefühl beweisen.

    Ich habe die handwerklichen Fehler gesehen, die du ansprichst, Jonathan, und ich glaube, dass es zu weit überwiegenden Teil Fehler sind, die nicht Fact-Sheets, sondern nur mehr Erfahrung verhindern können. Dass man Fachbegriffe wikipediat, in Themenformulierung deutlich macht, was genau der Unterschied zum Status Quo sein soll und sich bezüglich jeder Präposition im Thema überlegt, wie es bei jemand ankommt, der sich keine Gedanken darüber gemacht hat, klingt auf den ersten Blick total leicht; die meisten Leute kriegen das trotzdem erst dann hin, wenn sie schon Fehler diesbezüglich gemacht haben (und das sagt eine, der mal nicht aufgefallen ist, dass 4 von 5 Themen als Kern den Komplex „Der Staat muss den Bürger vor sich selbst beschützen“ hatten, weil sie alle so unterschiedlich klangen). Diese Betriebsblindheit ist ganz besonders bei noch nicht endlos erfahrenen Chefjuroren völlig normal, weil das Gefühl, wie andere Leute dein Thema verstehen werden und welche Fehler ein unbeteiligtes Auge daran entdecken könnte, etwas ist, was man ganz genauso lernen muss wie Debattieren und Jurieren. Handwerkliche Fehler verhindert man nur sehr bedingt durch das Aufschreiben von Argumenten, weil die blinden Flecken bezüglicher logischer und Formulierungsprobleme mit ins Casefile hinübergeschleppt werden. Im eigenen Kopf ist das Thema ja klar – ansonsten hätte man es schon vorher anders formuliert. Deswegen lassen wir doch Chefjuroren bitte lernen, ohne ihnen sofort implizit mangelnde Beschäftigung mit ihren Themen zu unterstellen.

    Ich oute mich übrigens gerne: Ich schreibe keine Casefiles. Unter anderem deswegen, weil ich finde, dass es Jacke wie Hose ist, ob man die Argumente zu Themen niederschreibt oder ausführlich mündlich bespricht. Ich kann verstehen, dass manche Chefjuroren sie als hilfreich empfinden und bei wem das der Fall ist, soll gerne welche schreiben. Ebenso mögen manche Leute keinen Bias verspüren, wenn sie ein Argument schon mal voll ausformuliert haben; ich fühle mich dann, als fehle mir ein Stück Flexibilität, auf die Debatte einzugehen. Ich habe das Gefühl, Casefiles liefern den Anreiz, die Ausgewogenheit eines Themas nach der klar trennbaren Anzahl von Argumenten auf beiden Seiten zu bewerten, statt nach ihrer möglichen Tiefe; anderen Leuten hilft gerade diese Zählbarkeit, ein Thema einzuschätzen. Der einzige wichtige Punkt dabei ist, dass man Themen ausführlich genug bespricht, statt sich nur ein vorgeschlagenes Thema anzuschauen und zu denken: Joa, passt schon, da ist bestimmt viel drin.

    Und da stimme ich Lukas und Barbara voll in ihrer Einschätzung zu: Ich mag das Signal nicht, dass der Ruf nach Casefiles ausstrahlt und noch weniger das Signal, dass die Verpflichtung dazu darstellen würde. Als Hauptaussage kommt bei mir an: Chefjuroren müssen diszipliniert werden, damit sie ihre Arbeit sorgfältig machen – und ein sorgfältiger Chefjuror macht Casefiles, ansonsten hat er sich nicht genug Zeit genommen. Beides ist schlicht falsch. Die meisten Leute möchten bei der Themensetzung einen guten Job machen und investieren darin viel Zeit – nicht zuletzt auch, um solche Diskussionen wie hier zu vermeiden. Und wenn dir Casefiles helfen, dann wirb dafür (wie du es ja auch tust :). Aber jedes Mal, wenn themensetzungstechnisch was schief läuft, ein implizites Misstrauensvotum á la „Mit Casefiles wäre das nicht passiert, warum habt ihr keine geschrieben?“ auszustellen, finde ich wirklich unangebracht, insbesondere, da es mitterweile auch einige Turniere mit Casefiles gab, deren Themen keine Offenbarung waren.

    Nichts für ungut, Jonathan. Ich kann deine Meinung verstehen, ich teile sie nur einfach nicht.

  19. Jonathan Scholbach says:

    Hi Andrea,

    vielen Dank für Deinen Post, der mich ein bisschen weitergebracht hat (glaub ich).

    Definitiv gibt es sehr gute CJs (zu denen ich Dich zähle), die auch ohne Casefiles zu sehr guten Themen gelangen. Das Turnier, das für mich die besten Themen ever hatte, die ZD Münster 2012, hatte auch keine Casefiles. Aber gerade bei unerfahrenen CJs sehe ich den Vorteil, dass Casefiles eine sehr sinnvolle Struktur geben. Vielleicht ist das der Grund, dass hier vor Allem erfahrene CJs widersprechen, die ihre eigenen Methoden haben und damit auch zu guten Themen gelangen. Vielleicht bin ich persönlich auch aus diesem Grund so sehr von ihrem Nutzen überzeugt, weil ich ja viel unerfahrener bin als etwa Du oder auch Lukas.

    Vielleicht habe ich auch mein Hauptinteresse nicht ganz klar gemacht. Es geht mir in allererster Linie darum, auf einem Turnier gute Themen zu debattieren. Ich sehe CFs als *eine* Möglichkeit, das zu erreichen. Sicher ist ein umfassender Ansatz im Sinne eines CJ-Leitfadens sinnvoll, wie ja auch schon Barbara vorschlug. Ein solcher Leitfaden sollte meines Erachtens Casefiles als eine sinnvolle Option erwähnen. Vielleicht hätten Casefiles im konkreten Fall auch nichts genützt, kann sein. Dann frag ich mich: Gibt es was anderes, wie wir solche Fehler unwahrscheinlicher machen können?

    Ich verstehe diesen Misstrauensvorwurf, der für die meisten hier ja der relevanteste Punkt zu sein scheint, nicht so richtig [und das ist keine Phrase; ich versteh ihn wirklich nicht], und ich finde, dass er die Debatte auf eine persönliche Ebene bringt, von der ich mir unsicher bin, ob sie gut ist. Ich selbst habe ja damit angefangen, Casefiles zu veröffentlichen – aber nicht weil ich mir misstraue, oder weil ich glaubte, dass andere mir misstrauen würden, sondern um mich kritisierbar zu machen und daraus zu lernen.

    Ich verstehe auch nicht, warum Kritik offenbar per se als unsozialer Angriff gesehen wird, als “Faust in den Magen” (s.o. Barbara), die nicht in unsere “soziale Sphäre” passt. Theaterverrisse, Kritik an Politikern in Kabarett und Karikatur, usw. sind viel schärfer formuliert und auch persönlich verletzend, was ich in dieser Diskussion hier überhhaupt nicht sehe. Ich würde mir eine etwas größere Toleranz wünschen, um eine freie Sachdiskussion zu ermöglichen. Wir debattieren alle gern und werben Sponsorengelder damit ein, dass wir den Wert unseres Hobbys für den offenen Diskurs betonen, das Motto der Worlds in Berlin war “embrace dissent”. Deswegen wundere ich mich, wie viele Vorbehalte es hier gegen eine öffentliche kritische Diskussion gibt.

    Also, ich schließe ich mich Dir an: Nichts für ungut!

    Viele Grüße,

    Jonathan

  20. Andrea G. (Mainz) says:

    Jonathan, der Unterschied zwischen uns und Politikern und Theaterregisseuren ist doch klar. Wir bewegen uns beim Debattieren weder in unserer Berufswelt noch kriegen wir Geld für das Risiko, in einem öffentlichen Raum harter Kritik ausgesetzt zu sein. Das Engagement, das viele von uns ins Debattieren stecken, hat seinen Ursprung in Spaß und Idealismus. Deswegen finde ich es angemessen, Kritik an grundlegenden Problemen zu üben, aber nicht, das so explizit am Beispiel von Einzelpersonen oder einzelnen Chefjurorenpanels zu tun, vor allem dann, wenn sie im Vergleich nichts getan haben, was rechtfertigt, sie so herauszustellen. Da kann man natürlich sagen: „If you can’t stand the heat, stay out of the (Zeitdebatte-)kitchen“; ich finde dennoch, dass wir anders miteinander umgehen sollten. Das ist kein Verbot von Kritik, bloß ein Aufruf zur Rücksichtnahme.

    Es hat doch niemand etwas dagegen, Chefjuroren Casefiles als eine Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Themensetzung zu empfehlen. Soweit ich weiß, hat die DDG ja auch ihre Förderung für einen Juroren-Treffen zugesagt, in dem so etwas wie ein Chefjuroren-Leitfaden erarbeitet werden kann. Das ist sicher eine gute Idee.
    Doch wenn du weiter nach oben in dieser Diskussion schaust, wirst du relativ gut sehen, warum hier einige den Ruf nach Casefiles vorrangig als Aufforderung an Chefjuroren, ihren Arbeitsaufwand zu rechtfertigen, verstehen: Im Kontext mit Äußerungen wie „dass die Beschäftigung mit den Themen im Ergebnis zum Teil zu wünschen übrig lässt, dafür sind die Themen der ZDOF in meinen Augen (…) ein Beispiel“ oder „Zumindest bei wichtigen Turnieren, zu denen die ZEITdebatten unbestritten gehören, würde ich mir wünschen, dass Chefjurorinnen diesen Anspruch als den Ihren erkennen“ liegt diese Annahme nun wirklich nicht ganz fern.

  21. Lennart Lokstein says:

    Hm. Ich glaube, die Verantwortung für eine gute Betreuung des Turniers durch die Chefjuroren liegt bei den Veranstaltern, die die Auswahl treffen. Bereits auf der letzten VDCH-MV wurde der Vorstoß seitens Oberfranken mit einer relativ unerfahrenen Chefjury das Turnier anzugehen kritisiert. Flo spricht völlig richtig an, dass ebenfalls kritisiert wurde, dass die Saison davor häufig ausschließlich sehr erfahrene Chefjuroren am Werk waren. Dem kann aber Rechnung getragen werden – und genau das wurde auf der MV ebenfalls gesagt und leider in diesem Fall ignoriert -, indem diese zum Beispiel in der Einsteigerliga und vereinzelt auf FDL-Turnieren Erfahrungen sammeln. Warum völlig unerfahrene Leute direkt eine Chefjury einer ZEIT DEBATTE besetzen sollten hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Die Quittung erhielten wir alle in Form von einer Vielzahl an vermeidbaren Problemen auf dem Turnier, die manche Teams auch ernsthaft aus dem Break hätten kicken können – was auf einer ZEIT DEBATTE einfach nicht passieren darf, eigentlich aber nicht einmal auf einem Einsteigerturnier! Ich glaube, das Fazit für alle sollte sein: Nehmt für große Turniere eher erfahrene Chefjuroren und vielleicht einen mittelerfahrenen Chefjuror als Nachwuchs. Nehmt für FDL-Turniere vielleicht einen sehr erfahrenen und zwei mittelerfahrene. Nehmt für Einsteigerturniere vielleicht einen eher erfahrenen Chefjuror, einen mittelerfahrenen und einen neuen. Oder zwei neue. Aber gebt den Leuten erst die Möglichkeit, Erfahrung zu sammeln, ehe sie dann auf einer ZD überfordert sind. Das ist frustrierend für alle Teilnehmer und abgesehen von einem möglicherweise traumatischem Einstieg für die Karriere dieser Juroren vermutlich auch nicht vorteilhaft – und am Ende haben alle nur verloren.

  22. Michael S says:

    Hallo allerseits,

    ich will nicht in die thematischen Feinheiten einsteigen, aber will anmerken, dass mir der Ton dieser Diskussion missfällt.
    CAs müssen Kritik an ihren Themen aushalten können, das gehört dazu. Aber auch handwerkliche Probleme können vorkommen und man sollte sich ein Stück weit zurücknehmen, dies im öffentlichen Raum breitzutreten (dies ist bereits eine der längeren 8M Diskussionen).
    Es ist ein allgemeines Problem neuere CAs auf Betriebstemperatur zu bekommen. Hier im speziellen zu kritisieren, auch wenn es nur um die Themen geht, kann sich in diesem Prozess negativ auswirken.

    Vielleicht lohnt es sich, wie bereits von Andrea erwähnt, einen separaten Artikel zu schreiben, um sich zukünftig zu verbessern. Dort kann man hilfreiche Maßnahmen vorschlagen für neue CAs. Dazu können z.B. CFs gehören oder das Durchlesen von Shengwus ausführlichen Ratschläge zur Themenfindung:
    http://trolleyproblem.blogspot.ch/2012/01/advice-for-new-cas-setting-motions.html

    Grüße
    Michael

  23. Lennart Lokstein says:

    Hey Michael,
    die Themen waren leider nicht das einzige Problem. In VR4 von 5, also breakrelevant, hatten wir in einem breakrelevanten Raum ein Marburger Squirrel, weil Thore den Marburgern auf Nachfrage eine andere Erklärung der Motion gegeben hatte als Vera einigen anderen Teams ebenfalls auf Nachfrage. Damit war die Hälfte der Teams – wohlgemerkt aus einem breakrelevanten Raum – automatisch auf den hinteren Plätzen, in diesem Fall traf es die Marburger am Schwersten. Das darf nicht passieren, nicht auf einer ZD in einer breakrelevanten Runde, nicht auf einer ZD insgesamt, nichtmal auf einem anderen Turnier. Bei vielen anderen Motions gab es zwar keine unterschiedlichen Erklärungen an verschiedene Teams aber dafür ebenfalls extrem undeutliches Wording und das ohne Erklärung, was auch nicht besser war.
    Ich sehe darin aber nicht primär eine Schuld der Chefjuroren – die vermutlich nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben -, sondern schlicht ein Versagen derjenigen, die ein so unerfahrenes Panel auf einer ZD für eine gute Idee hielten. Ich halte eine Casefile-Pflicht für keine Lösung, es muss schlicht sorgfältiger über Panels nachgedacht werden statt munter und bunt zu experimentieren.

  24. Florian Umscheid says:

    Endlich, Lennart, hast du es geschafft, dem Ausrichter UND den CAs direkt Versagen vorzuwerfen und das in diesem Forum.

    Ich sehe die Probleme der Themen ein, stehe aber als Ausrichter vor der von mir mitgetragenen Entscheidung zu diesen CAs, die mE genug Erfahrung alr Redner und Juroren haben. Das mag man jetzt ex post eine Fehler nennen, ich bleibe bei meiner Einschätzung: das war ein CA-Panel, das eine ZEIT DEBATTE würdig ist. Fehler “on the job” passieren, wir warten gespannt auch deine ersten Jurationen.

    Weiterhin denke ich auch, dass Teams auch mal Themen nehmen und debattieren, wo die Regierung erst das “über” und damit dann die Debatte definieren muss. Mit CAs – was ich persönlich fragwürdig ohne Ende finde – nach der Setzung, dem Draw und dem Thema (in eine Situation, in der echt genug Druck auf alle Parteien herrscht) noch zum Thema auszufragen, das Wording zu diskutieren und den CAs DANN Fehler und Druck vorzuwerfen, ist schäbig. Ich weiß nicht einmal, ob ich diesen Test immer bestehen würde, geschweige mich diesem Test stellen würde.

    Wer keine Experimente macht, macht auch keine Fehler, lernt aber auch nichts. In diesem Sinne freuen wir uns sehr auf die ZEIT DEBATTE Tübingen und ihre CAs.

  25. Toni (München) says:

    1. What Flo said. Auf der MV wurde (durchaus mit Berechtigung) beklagt, dass immer die gleichen Leute als CAs gesetzt werden, hier macht man’s anders und wieder ist’s falsch. Manche Posts lesen sich fast, als hätten die drei gerade in diesem Semester angefangen zu debattieren, was ja nun wirklich nicht der Fall ist. Und gerade angesichts der Tatsache, dass in vielen Turnieren und bei extrem erfahrenen CA-Panels Themen doch ziemlich daneben gingen, scheint es mir nicht i.O. das jetzt speziell und in ziemlich persönlicher Form an diesem Panel zu diskutieren.
    2. Natürlich ist es unschön, wenn unterschiedliche Auskünfte erteilt werden, wie das Thema gemeint ist. Dass man allerdings “automatisch auf den hinteren Plätzen” (Zitat Lennart) ist, nur weil man eine Motion anders interpretiert als die 1. Regierung, halte ich dann doch für ein Gerücht. Dann könnten ja Oppositionen offene Themen nie gewinnen. Und beide Interpretationen (Studium Generale nach dem Gymnasium oder eine “schwierigere” Schulform parallel zum Gymnasium) ergeben debattierbare Anträge, die sich auch innerhalb dieser Interpretationen (Wer darf studieren, wer wird zugelassen, wann wird getrennt?) stark unterscheiden und führen nicht zwangsläufig zu irgendwelchen Eichhörnchen. Und da die Interpretation wahrscheinlich in den ersten Sätzen klar ist, kann man (wenn man sich in der Vorbereitungszeit schon zumindest mit Schulen beschäftigt hat) von einem Oppositionsführer, der breaken möchte, schon so viel verlangen, sich darauf einzustellen. Genau wie man (ich saß ja nicht in der Debatte, war noch nichtmal auf dem Turnier) von einer ER, die breaken möchte, erwarten kann, aus beiden Interpretationen einen debattierbaren Antrag zu bauen.

  26. Christian L. (MD) says:

    Bonsoir Freunde,

    ich möchte betonen, dass ich auf Flos, Tonis, Barbaras und Andreas Seite bin und noch einmal Michaels Intention betonen möchte, in welchen Ton und auf welcher Plattform sich das hier abspielt. Denn diese Seite ist das Aushängeschild des studentischen Debattierens im deutschsprachigen, vor allen für Einsteiger und Besucher, die nicht zur Szene gehören. Bei dem Thema und bei dem Anlass ist aber eine starke personenbezogene Debatte entstanden, man sollte lieber abstrakt über die Sache (wie Andrea angemerkt hat, in eigenen Artikeln über ein gutes Heranziehen von Chefjuroren oder die Arbeitsweise mit Factsheets) disputieren, statt unter der Info-Seite zu den Siegerinnen und den Thema darüber zu diskutieren, was ein schlechtes Licht auf das Turnier und die Marke der ZEIT DEBATTEN wirft.
    Dies kann man stattdessen auf Facebook (Finalveranstaltung des Turniers). 2011 hat man nach einem OPD-Format-Streit über dem VDCH-Verteiler auch an einer Blog-Seite für solche Zwecke konstruiert. Für solche Zwecke könnte mansie wiederbeleben.

    Durch die jetztige Vorgehensweise ist aber auf dem Ruf der zuständigen CJ ein Schatten gefallen und das Turnier abgewertet worden. Auch könnte man jetzt dank einer Google-Suche als Personalchef denken, dass die CJs oder die Organisatoren Blinzen sind. Barbara Schuhnicht und Flo Umscheid hatten vor kurzem ja einen sehr interessanten Beitrag hinsichtlich Datenschutz in der Debattierszene verfasst.
    Wenn Vorgehen und Motions kritikwürdig sind, kann man das unter vier Augen oder abstrakt klären (in der Unternehmungsführung heißt das Credo: Unter vier Augen kritisieren, in der Öffentlichkeit loben). Oder hätte es den Chefjuroren des letzten Gutenbergs-Cups gefallen, wenn ich eine untermauerte Behauptung unter dem Gewinnerbeitrag des Gutenberg-Cups geschrieben hätte, dasss alle Themen nicht witzig waren und die CJ somit ihre Aufgabe verfehlt haben?
    Ich halte auch eine starke Reglementierung von Turnierpanels für falsch, da die Autonomie und die Gestaltungsmöglichkeiten der Turnierausrichter somit noch weiter eingeschränkt werden, außerdem wird dadurch das institutionelle Misstrauen erhöht. Alle drei Chefjuroen sind in der Debattierszene schon länger aktiv, kompetent und sehr gewissenhaft. Deshalb glaube ich, dass sie sich sehr gut auf das Turnier vorbereitet haben.
    Und nach deiner vorgeschlagenen Reglementierung hättest du, Lennart, auch nicht den Gutenberg-Cup chefjurieren dürfen.
    Deshalb: Überlegt euch die Form und die Art der Kritik. Kritik ist gut, muss aber in angemessener Art und auf dem richtigen Kanal vorgebracht werden.

  27. Philip S. (B) says:

    Ich stimme zu, dass diese Debatte hier nicht stattfinden sollte, hier ist jedoch nichts in Stein gemeißelt. Hier können wir eigentlich alle Kommentare einfach rücksichtslos löschen, oder für die Nostalgiker, sie zur Not auf eine andere Plattform transferieren… Es Bedarf einer geschlossenen Plattform für Debatten dieser Art, denn Kritik sollte möglich sein, da sind sich ja alle einig,

  28. Nicolas Friebe says:

    Contra zu der nicht öffentlichen Debatte. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, sollte man dies offen und ehrlich machen dürfen und nicht hinter verschlossener Türe. Wer ein Turnier organisiert oder chefjuriert drängt in die Öffentlichkeit und sollte es auch ertragen, dass er wenn es nicht so gut läuft kritisiert wird.

    Ansonsten Zustimmung zu Lennarts Anmerkungen.

  29. Jonas G. (Münster) says:

    Contra zu Friebe: Zumindest wer ein Turnier organisiert (beim Chefjurieren hab ich keine Erfahrung) tut dies oft nicht um irgendwie in der Öffentlichkeit zu stehen, sondern weil es ansonsten niemanden gäbe, der dieses Turnier ausrichten würde. Der VDCH hat mittlerweile enorme Schwierigkeiten Ausrichter für DDM und ZEIT Debatten zu finden, man macht das Ausrichten durch öffentliches Zerfleddern nicht gerade attraktiver.

  30. Daniil says:

    Nur kurz zur Frage nach dem richtigen Kanal:

    Selbst wenn man annimmt, dass CJs ihre Arbeit machen, weil sie in die Öffentlichkeit drängen – eine Annahme, die ich nicht für alle CJs als zutreffend bezeichnen würde – dann handelt es sich um eine Debattieröffentlichkeit. Entsprechend wäre eine Plattform sinnvoll, auf die jeder/die meisten aus der Szene, nicht aber diesem Kreis nicht angehörende Personen zugreifen könnten.

    (Auch wenn es bedeuten würde, dass sozialnetzwerkinaktive Menschen wie ich davon nichts mehr mitkriegen würden.)

  31. Jonathan Scholbach says:

    @Philip + Daniil: Debattieröffentlichkeit und Öffentlichkeit lassen sich pragmatisch nicht trennen. Der große Vorteil der 8M ist, dass jeder Debattierneuling etc. von ihr Kenntnis nimmt, ohne sich vorher irgendwo registriert zu haben. Das wäre bei einer internen Diskussionplattform (Mailingliste, geschlossenes Forum, etc.) nicht zu erreichen, weil die Partizipation dort die Kenntnis und Wertschätzung der Diskussionsplattform voraussetzt. Es ist für die Debattierszene aber wichtig, dass sich nicht nur diejenigen an der Diskussion beteiligen, die gern streiten. Denn dann verlöre die Diskussion ihren Wert als Austauschmedium der Debattierszene über ihre Werte und Erfahrungen und verkäme zu einem Flame-War-Forum. (Die rezeptive Seite der Diskussion ist hier mindestens ebenso relevant wie die produktive!)

    @Jonas: Ich halte die Vorstellung, die Leistungsträger der Debattierszene müssten vor öffentlicher Kritik geschont werden, für fatal. Wir brauchen eine Kultur der offenen und ehrlichen Kritik. Kritikfähigkeit im Geben und Nehmen ist eine Kompetenz, in der sich jede*r täglich üben muss, c’est la vie. Wir alle müssen lernen, uns vor *sachlicher* Kritik nicht einzuigeln, sonder aus ihr zu lernen. An *persönliche* Angriffe, die die Szene nach außen hin schlecht dastehen lassen, kann ich mich hier nur einmal erinnern, und sie können im Ernstfall von der Redaktion zensiert werden. Und, btw.: sie haben uns nicht davon abgehalten, das Frauenturnier auszurichten. 😉 Zusätzlich gibt es in allen Diskussionen regulative Elemente. Gerade dieser Thread hier ist in meinen Augen ein sehr positives Beispiel für das Funktionieren dieser Mechanismen und für die Reife der Diskussionsteilnehmer.

    Für die öffentliche Diskussion!

  32. Lennart Lokstein says:

    Lieber Flo,
    ich möchte dir doch widersprechen: Ich werfen den CJ des Turniers kein Versagen vor – ich nenne lediglich Fehler, die passiert sind, bin aber ebenso der Ansicht, dass diese für unerfahrene Juroren nicht unbedingt vorhersehbar und daher schlecht eine Art von Schuld darstellen. Demgegenüber hast du Recht, ich sehe hier eher die Pflicht beim Ausrichter, ein erfahrenes Panel zusammenzustellen. Das ist keine Kritik an dem Gedanken, neuen Leuten eine Chance zu geben, chefzujurieren, sondern eine Kritik daran, dass meines Erachtens an der Falschen stelle angesetzt wurde (vergleiche Sarahs Artikel). Ich glaube, das ist Kritik, die man äußern kann, darf, soll und muss, damit wir zukunftsgewand verschiedene Auswahlkriterien für unterschiedlich große Turniere haben können. Sie nur privat gegenüber einzelnen Leuten zu äußern wird für künftige Turniere keinen Unterschied machen. Ich kritisiere ausdrücklich keine Person, sondern ein Konzept der Wahl.

    Weiterhin muss ich sagen, dass ich es durchaus für die Pflicht von Chefjuroren halte, Themen möglichst verständlich zu worden. Darüber sind wir uns vermutlich auch einig. Die Frage ist, was man in welcher Rolle tun soll, wenn das einmal nicht geklappt hat (was die Situation war). Wenn ein Team dann aufgrund von Unklarheit den CJ noch einmal nachfragt halte ich das für eine sinnvolle Idee. Auch, den Teams bei dieser Unklarheit weiter zu helfen ist richtig. Nur, dass die Chefjuroren verschiedenen Teams exklusiv verschiedene Interpretationen nennen ist nicht ok – weil die Autorität der Chefjuroren, die das Thema ja konzipiert haben – für die Teams über eigene Gedanken gehen müssen, weil diese Aussagen in Stein gemeißelte Wahrheiten sind: “Das wird debattiert.”
    Ja, die Situation ist stressig – das ist es für CJ immer auf Turnieren – aber ein erfahrener CJ weiß, mit solchen Situationen umzugehen. Das hieße z.B., eine Erklärung einmal im Plenum gemeinsam abzugeben, anstatt mehrere einzeln (wodurch erst Separates entstehen kann). An dieser Stelle noch zum Verständnis für Toni: Es war nicht problematisch, dass eine Interpretation vorgegeben wurde, sondern dass Teams im gleichen Raum verschiedene vorgegeben wurden. Mit z.B. verschiedenen Maßstäben in einem Thema abzuwägen hatte es nichts zu tun, es waren schlicht zwei unterschiedliche Themen und somit automatisch mindestens 1 Squirrel.

    Was die letzte MV angeht: Verschiedene Leute, unter anderem z.B. Sarah, haben bereits dort angemerkt, dass Nachwuchsförderung an einigen Stellen Sinn macht und nötig ist, an anderen eher riskant. Insofern kann man das schon differenzierter betrachten als “nie ist es recht”.

    Zusammengefasst finde ich also die Kritik, meine Argumente wären persönlicher Natur und schlicht Vorwürfe. Ich glaube nach wie vor, dass insbesondere Robert und Vera gute CJ sein können und weiter gefördert werden sollten. Ich finde weiter, vorzuwerfen, es sei schäbig, von Chefjuroren auf einem Turnier unter Stress bestimmte Themenklärungen bei unklaren Themen zu erwarten, ist unangemessen – das ist schlicht Teil ihrer Aufgabe.

    Was die ZD Tübingen angeht werden wir selbstverständlich unser Möglichstes tun, jegliche Risiken auszuräumen. Solltet ihr also im Voraus glauben, wir haben an einigen Stellen noch potentielle Risiken, freuen wir uns gern, wenn ihr darauf hinweist. Ebenso werden wir im Anschluss jede sachliche Diskussion über Verbesserungen für die Zukunft begrüßen.

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