Mainz als Meilenstein der OPD-Geschichte – Rückblick auf die ZEIT DEBATTE Mainz 2011

Datum: 19. Januar 2011
Redakteur:
Kategorie: Themen, Turniere

Mit der ZEIT DEBATTE am vergangenen Wochenende hat Mainz eine weiteres Mal bewiesen: Debattieren ist ja ganz nett; Debattierturniere dagegen sind großartig! Das gilt auf jeden Fall, wenn es einem routinierten Ausrichter wie dem Debattierclub Johannes Gutenberg (DCJG) aus Mainz gelingt, die Highlights vergangener Turniere auf ein Neues zusammenzufassen. So erinnerte die ZEIT DEBATTE 2011 im Ablauf an jene 2008 (Weinprobe am Freitag, Kostümparty am Samstag), das herausragend komfortable IntercityHotel erinnerte an die DDM 2009.

Am Freitagnachmittag wurden die Debattierenden in der Lobby des IntercityHotel von gut gelaunten Mainzern empfangen und nach den begeisterten ersten Blicken in die Zimmer auch schon auf den Campus geleitet, wo die Regeleinführung und die Vorrunden stattfanden. Die große Neuerung wurde hier noch einmal erklärt: Offene Parlamentarische Debatte (OPD) mit fünf statt der üblichen drei, sechs oder neun Vorrunden, vier davon mit Feedback – also die ideale Gelegenheit für Rede- und Jurierneulinge ausgiebig zu üben. Und für jene, die sich ungerecht behandelt fühlen, genug Zeit, um auf ausgleichende Gerechtigkeit zu bauen. Dabei war das System denkbar einfach: ein „kleiner Break“ der besten 18 von 27 Teams nach drei Vorrunden. Diese kamen (ohne ihre Punkte zu erfahren) als Teams weiter, die anderen Redner breakten als fraktionsfreie Redner in den „Zwischenbreak“. Und weil das Zusammenrechnen von Punkten wenig bringt, wenn man eine von fünf Wertungen nicht kennt, konnten Feedback und Punkte in den Runden 4 und 5 wieder normal stattfinden, ohne die Spannung zu trüben, wer es letztendlich ins Halbfinale schaffen würde.

Team Aletheia von der Streitkultur in der ersten Vorrunde am Freitagabend (v.l.n.r.): Dominic Hildebrandt, Anna Mattes und Marie Rulfs. (Foto: Ha Dinh Van)

Die Themen variierten zwischen kreativ und bewährt, genauso wie die Debatten, die die antretenden Teams daraus machten. So munkelt man, dass der Islam in der Präambel des Grundgesetzes den zentralen Streitpunkt des Polytheismus in Deutschland zutage fördern könnte. Oder dass die Forderung nach einem gesamteuropäischen Geschichtsbuch die Frage nach der Funktion der Geschichtsschreibung stellte. Das dann aber nur in einigen ausgesuchten Debatten. Und vereinzelt wurde sogar das Thema, ob die  Fußball-WM zukünftig nur noch in England stattfinden soll, als der geeignete Aufhänger für eine Debatte über eine englische Weltregierung mit Hauptstadt in London wahrgenommen.

Die rheinhessische Weinkönigin Annika Strebel bringt den Debattanten Gespür für Aromen bei: Habt auch Ihr Erdbeere, Limette, Curry oder Pfingstrose rausgeschmeckt? (Foto: Ha Dinh Van)

All diese Debatten und Themenauslegungen sorgten so für viel Gesprächsstoff während des exzellenten Rahmenprogramms. Am Freitagabend wartete der DCJG mit der inzwischen schon institutionalisierten Weinprobe auf. Von den adretten Ausrichtern mit Wein und von der charmanten Rheinhessischen Weinkönigin mit Informationen zu diesem versorgt, wurden die Gaumen und Ohren der Teilnehmenden erfreut. Die Stimmung wurde von Rebsaft zu Rebsaft immer beseelter und als schließlich all das Versprochene ausgeschenkt war, wurde in gelöster Stimmung für die Weinkönigin applaudiert und die allgemeine Fröhlichkeit auf der Tanzfläche zum Ausdruck gebracht. Ob von der Schönheit der Bewegungen oder doch eher von der bewusstseinserweiternden Wirkung des Weins beflügelt: Gerade einander vertraute Gesichter nahmen die Feier zum Anlass sich noch näher kennenzulernen. Und die Party entfaltete bis in die Morgenstunden ein Potential, wie man es auf Turnieren gewöhnlich höchstens Samstags erlebt.

Jan Lüken, Natalie Wieseotte und Marcus Ewald bei der Kostümparty am Samstag - wo sind die anderen Ghostbusters, die mit Jan aus Ingosltadt gekommen waren? (Foto: Ha Dinh Van)

Aber Mainz wäre nicht Mainz, wenn nicht auch samstags die Feierfreude der vielleicht wichtigste Programmpunkt wäre. Hier wurde sogar ein Transparenz schaffendes neues System zur Ermittlung des “Last Team Standing“ vorgestellt, das vor allem durch Kategorien wie “Ist das Richtige getan?“ und “Ist das Getane richtig?“ bestechen konnte. Animiert von dieser neuen Objektivität startete ein harter Wettkampf um den Ehrentitel. Am Ende konnte Ingolstadt mit einem Doppelsieg  eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass ein gemeinsames Clubkostüm nicht nur den Zusammenhalt stärkt, sondern auch das Durchhaltevermögen. Als Ghostbusters haben die Ingolstädter erfolgreich Jagd auf den Teamgeist gemacht. Was den Wettstreit um das beste Kostüm anging, konnte sich die Mainzer ZEIT DEBATTE an dieser Stelle den Geschlechterklischees nicht entziehen: Es siegten die schönen Frauen und ein Mann, den die Teilnehmer mit diesem Titel wohl ein wenig über seine groteske Erscheinung hinwegtrösten wollten. Aber von diesem Rollendenken unangetastet blieb die Partyfreude, die soweit ging, dass sie im Jurorenpanel am nächsten Morgen zu Ausfällen führte.

Dennoch konnten die Halbfinals planmäßig stattfinden, in die es Teams aus Göttingen, Halle, Jena und Leipzig geschafft hatten. Im Hotel, über den Dächern der Stadt, wurde um den Finaleinzug gestritten, der letztlich Jena und Leipzig gelang und so mal wieder deutlich machte, dass der Osten eine gewaltige Macht im deutschsprachigen Debattieren ist. Das Finale fand im Plenarsaal des Landtags Rheinland-Pfalz statt, der für die freie Rede optimale Bedingungen lieferte. In einer engen Auseinandersetzung zur Frage, ob wir eine einmalige Vermögensabgabe zum Abbau von Staatsschulden brauchen, konnte sich die Regierung aus Leipzig am Ende durchsetzen – Glückwunsch an Wiebke Nadler, Teresa Peters und Tom-Michael Hesse!

Ein ebenso herzlicher Glückwunsch und noch viel größerer Dank gebührt den Organisatorinnen und Organisatoren, den Chefjuroren und dem denkwürdigen Tab-Master, sowie allen Helferinnen und Helfern des DCJG für ein hervorragendes Turnier. Ein Turnier, das zweifellos als Meilenstein betrachtet werden kann, insbesondere durch den Kunstgriff der vielen OPD-Vorrunden, der hoffentlich viele Nachahmer finden wird. Liebe Mainzer, ihr habt das Turnier zu einem großartigen Event gemacht!

Die Themen der ZEIT DEBATTE Mainz 2011 im Überblick:

  • 1. Vorrunde: Brauchen wir ein einheitliches Geschichtsbuch für die gesamte EU?
  • 2. Vorrunde: Sollen wir das Ausland für die Endlagerung unseres Atommülls bezahlen?
  • 3. Vorrunde: Soll die Fußball-WM künftig immer in England stattfinden?
  • 4. Vorrunde: Sollen Abtreibungen nur noch mit Einverständnis des Vaters möglich sein?
  • 5. Vorrunde: Sollen Ministerien nur noch von parteilosen Fachleuten geführt werden?
  • Halbfinale: Soll der Islam einen Platz in der Präambel des Grundgesetzes erhalten?
  • Finale: Frage nicht was dein Land für dich tun kann, frage was du du für dein Land tun kannst – Brauchen wir eine einmalige Vermögensabgabe zum Abbau der Staatsverschuldung?

Der DCJG, der die ZEIT DEBATTE vom 14. bis 16. Januar 2011 organisiert, hat bereits fünf ZEIT DEBATTEN ausgerichtet, darunter die Deutsche Debattiermeisterschaft 2009. Der seit 2002 bestehende Debattierclub ist auch selbst bei Turnieren äußerst erfolgreich, so gelang es ihm als bislang einzigem Club, zweimal Deutscher Meister im Debattieren zu werden, in den Jahren 2003 und 2007. In den Jahren 2004 bis 2006 und 2008 konnte der Verein den Vizemeistertitel an den Rhein holen. Für die ZEIT DEBATTE 2011 konnte der DCJG zusätzlich zu den nationalen Unterstützern zehn lokale Sponsoren gewinnen, darunter das IntercityHotel Mainz, die Sparda Bank Südwest eG, das Studierendenwerk Mainz, den Winzerverband Rheinhessen und die Bembel-with-care GbR.

Pauline Leopold / apf / tr

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4 Kommentare zu “Mainz als Meilenstein der OPD-Geschichte – Rückblick auf die ZEIT DEBATTE Mainz 2011”

  1. Thore sagt:

    Für mich sind die Fotos in der Setzung der Meilenstein

  2. Nicolas sagt:

    Haha – Für mich auch 😉

  3. Jörn sagt:

    Also, wenn überhaupt, dann waren es die LTS-Kriterien… 😛

  4. Pingback: Zeit-Debatte Mainz

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