Halb spaßig, halb ernst gemeinte Frage, die ich mir schon immer gestellt habe, und du bist ja Jurist: Ist so eine fixe Altersgrenze nicht Altersdiskriminierung? Mir kommt immer sofort der Fall Manuel Gräfe in den Sinn, der ja, auch erfolgreich, dagegen geklagt hatte auf Grund seines Alters nicht mehr als Schiri pfeifen zu dürfen.
Ich glaube, zwischen einer Berufsausübung und der Teilnahme an einem Freizeit-Wettbewerb gibt es qualitative Unterschiede. 🙂
Im Übrigen hat quasi jeder andere Sport Altersklassen, die darüber entscheiden, zu welchen Turnieren man antreten darf und zu welchen nicht.
Hallo René, das ist natürlich ein berechtigter Gedanke.
§ 19 AGG verbietet eine Diskriminierung wegen des Alters bei Rechtsgeschäften, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen.
Ich bin mir schon nicht sicher, ob ein VDCH-Turnier darunter fällt. Da kann sich ja nicht jede beliebige Person anmelden, sondern die jeweiligen Clubs entscheiden, wen sie auf ein Turnier schicken. Dabei wird häufig z.B. danach ausgewählt, wie kompetitiv ein Team ist, wie gut es zusammenpasst, wie der Lerneffekt für die Teilnehmer am größten ist usw.
Zudem liegt nach § 20 Abs. 1 Satz 1 AGG keine Diskriminierung vor, wenn es für die Ungleichbehandlung einen sachlichen Grund gibt. Das ist dann eine Abwägungsfrage, auf die es keine eindeutig richtige Antwort gibt.
Begünstigungen von Studenten, Schülern usw. sind danach prinzipiell unproblematisch, weil diese Gruppen besonders bedürftig sind. Konsequenterweise müsste man dann allerdings wohl die Teilnahme an Campus-Debatten insgesamt beschränken und nicht nur den Break. Denn 50 € für ein Wochenende mit Kost und Logis in Hamburg oder Heidelberg sind dann doch deutlich günstiger als die normalen Kosten.
Letztlich würde ich aufgrund der Überlegungen in meinem Artikel sagen, dass der sachliche Grund vorliegt, weil man ein ungefähr vergleichbares Erfahrungsniveau, einen fairen Austausch usw. möchte und andere Auswahlkriterien – wie gezeigt – untauglich sind. Ich will aber nicht ausschließen, dass ein Gericht annimmt, der VDCH könne doch die Erfahrung der Teilnehmenden tracken.
Der Unterschied zum Fall Manuel Gräfe liegt für mich jedenfalls darin, dass er wohl unter die Vorschriften zum Schutz von Beschäftigten fiel. Diese sind nochmal strenger als für die Allgemeinheit. Der VDCH ist dagegen nicht Arbeitgeber der Turnierteilnehmer.
ja klar, das ist nichts berufliches und es gibt keinen Verdienstausfall wie bei Manuel Gräfe. Deswegen nehme ich mal an, dass wir uns da jetzt keine Sorgen wegen Schadensersatzsansprüchen oder sowas machen müssten. Aber (gerade an die Juristen) trotzdem die Frage: könnte jemand theoretisch juristisch gegen sowas vorgehen?
Und bezüglich der Altersklassen im Sport: ja genau, die gibt es. Aber die sind ja auch meist nicht willkürlich, sondern “relativ” solide mit Leistungsunterschieden begründet. Also es gibt ja nicht willkürlich Klassen für “20-25, 25-30 Jahre etc”. Sondern meist gibt es da eigene Klassen für Kinder/Jugendliche (bei denen man klar zeigen kann, dass es große Leistungsunterschiede gibt), dann alten Leuten (bei denen man auch klar zeigen kann, dass es große Leistungsunterschiede gibt) und dann “Alle Anderen” (zwischen denen es keine relevanten altersabhängigen Leistungsunterschiede gibt). Und wie Jonathan schon schreibt, auf mich wirken da die 30 Jahre im Debattieren schon deutlich willkürlicher, und ich frage mich deshalb ob jemand das als Grundlage nutzen könnte um so eine Regele juristisch anzugreifen?
1. Ich bin gegen Alters / Dinogrenzen als Regelung. Ich halte diese für nicht zielführend. Neben der Tatsache, dass man im Reden gegen / Sehen von (sehr) erfahrenen Debattierenden viel lernt, wollen wir diese als Jurierende & Pro’s in ProAm Teams. Das kriegst du (deutlich) weniger, wenn du Leuten spaßige Redemöglichkeiten gerade mit ihren Freunden nimmst. Stattdessen halte ich softe Sozialnormen für sinnvoll, es nicht zu übertreiben mit der Kompetitivität, zu shiften zu mehr Nachwuchsförderung & Jurieren, irgendwann vielleicht nur noch 1 Turnier pro Saison mit Freunden iÜ jurieren, dann irgendwann ggf nur noch Masterscup usw. Ich habe nicht das Gefühl, dass gerade ein Riesenproblem damit besteht, dass der weit überwiegende Teil der Dinos nicht tut. Das Interesse “auch mal ein Turnier zu gewinnen” halte ich ehrlich gesagt auch nur für beschränkt schutzwürdig.
2. Falls man sowas doch einführt, kommt mir auch eine 30 Jahre Altersgrenze wie der fairere (zu Var. 2) und der durchführbarere Weg (zu Var. 3) vor. Man könnte die Probleme von Leuten, die spät anfangen oder auch erst spät studieren noch dadurch abmildern, dass man eine bestimmte Zeit (3-5 Jahre?) festlegt, die man mindestens debattieren darf also á la 30 Jahre aber nicht weniger als X Jahre seit dem Debattierstart (die genauen Zeitpunkte müsste man dann regulatotisch ausbaldowern). Oder man lässt es einfach – siehe 1.
Ich frage mich bei dieser ganzen Dino-Debatte, ob wir damit nicht einfach künstlich die Szene schlecht halten.
Insbesondere, weil die Kategorie “Dino” ja ganz oft nicht tatsächlich an Erfahrung, sondern an Erfolg gekoppelt ist (das geht ja auch aus dem Artikel hervor). Was wir dann effektiv machen ist einfach den besten Team verbieten anzutreten.
Ich verstehe schon, dass es dadurch einfacher wird zu breaken, wenn man gerade anfängt, aber muss es das sein?
Diese ganze Debatte betrifft ja sowieso quasi nur die CD-Serie. Die meisten Dino-Teams fahren nicht auf kleine DDL-Turniere um die zu gewinnen.
Ich glaube, der Break auf einer CD muss nicht einfach sein, wenn wir dafür als Szene Debattierqualität einbüßen. Insbesondere, weil es in OPD ja durch den FFR-Break jetzt schon die Möglichkeit gibt, niederschwelliger zu breaken (da nehmen sich Dinos oft auch von sich aus raus). In BP ist der Break durch mehr Teams insgesamt schon einfacher.
Wie Konsti schon geschrieben hat, wird man halt besser wenn man bessere Leute reden hört (die meisten Leute werden immer noch nicht in ein CD-Halbfinale kommen, es ist schon wertvoll, wenn du dann wenigstens beim Zuschauen die bestmögliche Debatte siehst).
Das gilt aber auch wenn man in Debatten gegen gute Teams verliert oder nach der Debatte mit ihnen darüber redet, was ihre strategische Sicht auf die Debatte war.
Natürlich ist es auch legitim, wenn wir sagen unsere höchste Priorität ist Einsteiger freundlich zu sein (das ist sie im Übrigen an quasi keiner anderen Stelle), aber gerade weil wir in letzter Zeit gefühlt ständig darüber reden, dass die deutsche Szene im Vergleich zum internationalen Debattieren so viel weniger kompetetiv ist, sollten wir das nicht einfach als Ziel annehmen.
Ich glaube Zugänglichkeit ist wichtig, aber vielleicht nicht in einem CD-Halbfinale. Wahrscheinlich sind unsere sozialen Normen da an manchen Stellen schon zu hart. Vorallem, weil die Leute, die sich dafür interessieren, ja die sind, die noch recht aktiv in der Szene sind und bei denen es wahrscheinlich noch am legitimstem wäre wenn sie irgendwo kompetetiv antreten.
Die Frage ist ja, warum uns “Dinos” überhaupt so stören bzw. warum wir so ein Bedürfnis nach entsprechenden Regelungen haben.
Die Debatte dreht sich immer um die gleichen Punkte: Erfolg/Leistung, die Debattenqualität auf Turnieren, Wissensweitergabe. Aber auch “Abschreckungspotenzial” gegenüber Neuen, die Außenwirkung der Szene, Break-Dynamiken, etc. und schnell kommen wir in die schwieriger greifbaren Bereiche, die moralischen Fragen, die von Konstantin erwähnten “soften Sozialnormen” – i.e. wie verhalten sich “Dinos” überhaupt?
Und ich glaube, darum geht es am Ende: ab wann werden erfahrene, erfolgreiche Debattierer:innen zu “Dinos”? Wie genau definieren wir “Dinos”? Nur anhand des Alters oder der Break-Anzahl? Daran krankt ja auch die Auswahl der vorgeschlagenen Regelungen – wir treffen nie präzise das Ziel, weil wir das Ziel nicht wirklich kennen.
Meiner Einschätzung nach geht es nämlich nicht allein um Debattenerfolg, sondern um Zugehörigkeitsgefühl. Motivierte, kompetitive Neu-Debattierer:innen, die sich zugehörig fühlen, haben üblicherweise kein Problem, auch mal gegen “Dinos” zu verlieren – sie lernen daraus. Aber ab wann führen “Dinos” dazu, dass ein nennenswerter Teil der Szene nicht mehr das Gefühl hat, dazu zu gehören? Debattierturniere sind verhältnismäßig klein. Wenn sich dort – analog zu anderen Sportarten – standardmäßig eine Gruppe von Top-Athlet:innen trifft, dann kann es u.U. so wirken, als würde sich hier eine “elitäre Clique” vom “einfachen Pöbel” absetzen wollen. Gruppenbildung ist etwas normales und zutiefst menschliches, aber je nachdem wie stark sie ausgeprägt ist, kann sie unterschiedlich starke (und z.T. negative) Auswirkungen haben. In unserer kleinen, deutschlandweit vernetzen Szene wird das eben sehr schnell spürbar, es bleibt wenig Mittelfeld übrig, mit dem man socializen kann, wenn man nicht zu den Profis gehört…
Das ist glaube ich das Hauptproblem: wenn das Gefühl entsteht, dass “Dinos” durch ihre Leistungen nicht nur eine sportliche Imbalance gegenüber Aufsteiger:innen darstellen, sondern – viel schwerwiegender – eine soziale Imbalance auf Turnieren oder sogar allgemein in der Debattierszene erschaffen. Wenn das Gefühl entsteht, eine bestimmte “in-group” dominiere beispielsweise alle Ebenen eines Turniers, nicht nur die sportliche, sondern auch alles zwischen den Runden und auf den Socials. Wer lange in der Szene aktiv und v.a. auch erfolgreich auf Turnieren ist, der ist üblicherweise besser vernetzt und mit höherer Wahrscheinlichkeit Teil dieser “in-group”. Aber wie wirken dann diese “spaßigen Redemöglichkeiten mit Freunden” auf diejenigen, die nicht zu den Freunden gehören? Ab wann wird das zum Problem? (nicht rein sportlich, sondern menschlich/sozial?)
Halb spaßig, halb ernst gemeinte Frage, die ich mir schon immer gestellt habe, und du bist ja Jurist: Ist so eine fixe Altersgrenze nicht Altersdiskriminierung? Mir kommt immer sofort der Fall Manuel Gräfe in den Sinn, der ja, auch erfolgreich, dagegen geklagt hatte auf Grund seines Alters nicht mehr als Schiri pfeifen zu dürfen.
Ich glaube, zwischen einer Berufsausübung und der Teilnahme an einem Freizeit-Wettbewerb gibt es qualitative Unterschiede. 🙂
Im Übrigen hat quasi jeder andere Sport Altersklassen, die darüber entscheiden, zu welchen Turnieren man antreten darf und zu welchen nicht.
Hallo René, das ist natürlich ein berechtigter Gedanke.
§ 19 AGG verbietet eine Diskriminierung wegen des Alters bei Rechtsgeschäften, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen.
Ich bin mir schon nicht sicher, ob ein VDCH-Turnier darunter fällt. Da kann sich ja nicht jede beliebige Person anmelden, sondern die jeweiligen Clubs entscheiden, wen sie auf ein Turnier schicken. Dabei wird häufig z.B. danach ausgewählt, wie kompetitiv ein Team ist, wie gut es zusammenpasst, wie der Lerneffekt für die Teilnehmer am größten ist usw.
Zudem liegt nach § 20 Abs. 1 Satz 1 AGG keine Diskriminierung vor, wenn es für die Ungleichbehandlung einen sachlichen Grund gibt. Das ist dann eine Abwägungsfrage, auf die es keine eindeutig richtige Antwort gibt.
Begünstigungen von Studenten, Schülern usw. sind danach prinzipiell unproblematisch, weil diese Gruppen besonders bedürftig sind. Konsequenterweise müsste man dann allerdings wohl die Teilnahme an Campus-Debatten insgesamt beschränken und nicht nur den Break. Denn 50 € für ein Wochenende mit Kost und Logis in Hamburg oder Heidelberg sind dann doch deutlich günstiger als die normalen Kosten.
Letztlich würde ich aufgrund der Überlegungen in meinem Artikel sagen, dass der sachliche Grund vorliegt, weil man ein ungefähr vergleichbares Erfahrungsniveau, einen fairen Austausch usw. möchte und andere Auswahlkriterien – wie gezeigt – untauglich sind. Ich will aber nicht ausschließen, dass ein Gericht annimmt, der VDCH könne doch die Erfahrung der Teilnehmenden tracken.
Der Unterschied zum Fall Manuel Gräfe liegt für mich jedenfalls darin, dass er wohl unter die Vorschriften zum Schutz von Beschäftigten fiel. Diese sind nochmal strenger als für die Allgemeinheit. Der VDCH ist dagegen nicht Arbeitgeber der Turnierteilnehmer.
Super, vielen Dank für die ausführliche Antwort, Jonathan! 🙂
Hey Lennart,
ja klar, das ist nichts berufliches und es gibt keinen Verdienstausfall wie bei Manuel Gräfe. Deswegen nehme ich mal an, dass wir uns da jetzt keine Sorgen wegen Schadensersatzsansprüchen oder sowas machen müssten. Aber (gerade an die Juristen) trotzdem die Frage: könnte jemand theoretisch juristisch gegen sowas vorgehen?
Und bezüglich der Altersklassen im Sport: ja genau, die gibt es. Aber die sind ja auch meist nicht willkürlich, sondern “relativ” solide mit Leistungsunterschieden begründet. Also es gibt ja nicht willkürlich Klassen für “20-25, 25-30 Jahre etc”. Sondern meist gibt es da eigene Klassen für Kinder/Jugendliche (bei denen man klar zeigen kann, dass es große Leistungsunterschiede gibt), dann alten Leuten (bei denen man auch klar zeigen kann, dass es große Leistungsunterschiede gibt) und dann “Alle Anderen” (zwischen denen es keine relevanten altersabhängigen Leistungsunterschiede gibt). Und wie Jonathan schon schreibt, auf mich wirken da die 30 Jahre im Debattieren schon deutlich willkürlicher, und ich frage mich deshalb ob jemand das als Grundlage nutzen könnte um so eine Regele juristisch anzugreifen?
1. Ich bin gegen Alters / Dinogrenzen als Regelung. Ich halte diese für nicht zielführend. Neben der Tatsache, dass man im Reden gegen / Sehen von (sehr) erfahrenen Debattierenden viel lernt, wollen wir diese als Jurierende & Pro’s in ProAm Teams. Das kriegst du (deutlich) weniger, wenn du Leuten spaßige Redemöglichkeiten gerade mit ihren Freunden nimmst. Stattdessen halte ich softe Sozialnormen für sinnvoll, es nicht zu übertreiben mit der Kompetitivität, zu shiften zu mehr Nachwuchsförderung & Jurieren, irgendwann vielleicht nur noch 1 Turnier pro Saison mit Freunden iÜ jurieren, dann irgendwann ggf nur noch Masterscup usw. Ich habe nicht das Gefühl, dass gerade ein Riesenproblem damit besteht, dass der weit überwiegende Teil der Dinos nicht tut. Das Interesse “auch mal ein Turnier zu gewinnen” halte ich ehrlich gesagt auch nur für beschränkt schutzwürdig.
2. Falls man sowas doch einführt, kommt mir auch eine 30 Jahre Altersgrenze wie der fairere (zu Var. 2) und der durchführbarere Weg (zu Var. 3) vor. Man könnte die Probleme von Leuten, die spät anfangen oder auch erst spät studieren noch dadurch abmildern, dass man eine bestimmte Zeit (3-5 Jahre?) festlegt, die man mindestens debattieren darf also á la 30 Jahre aber nicht weniger als X Jahre seit dem Debattierstart (die genauen Zeitpunkte müsste man dann regulatotisch ausbaldowern). Oder man lässt es einfach – siehe 1.
Ich frage mich bei dieser ganzen Dino-Debatte, ob wir damit nicht einfach künstlich die Szene schlecht halten.
Insbesondere, weil die Kategorie “Dino” ja ganz oft nicht tatsächlich an Erfahrung, sondern an Erfolg gekoppelt ist (das geht ja auch aus dem Artikel hervor). Was wir dann effektiv machen ist einfach den besten Team verbieten anzutreten.
Ich verstehe schon, dass es dadurch einfacher wird zu breaken, wenn man gerade anfängt, aber muss es das sein?
Diese ganze Debatte betrifft ja sowieso quasi nur die CD-Serie. Die meisten Dino-Teams fahren nicht auf kleine DDL-Turniere um die zu gewinnen.
Ich glaube, der Break auf einer CD muss nicht einfach sein, wenn wir dafür als Szene Debattierqualität einbüßen. Insbesondere, weil es in OPD ja durch den FFR-Break jetzt schon die Möglichkeit gibt, niederschwelliger zu breaken (da nehmen sich Dinos oft auch von sich aus raus). In BP ist der Break durch mehr Teams insgesamt schon einfacher.
Wie Konsti schon geschrieben hat, wird man halt besser wenn man bessere Leute reden hört (die meisten Leute werden immer noch nicht in ein CD-Halbfinale kommen, es ist schon wertvoll, wenn du dann wenigstens beim Zuschauen die bestmögliche Debatte siehst).
Das gilt aber auch wenn man in Debatten gegen gute Teams verliert oder nach der Debatte mit ihnen darüber redet, was ihre strategische Sicht auf die Debatte war.
Natürlich ist es auch legitim, wenn wir sagen unsere höchste Priorität ist Einsteiger freundlich zu sein (das ist sie im Übrigen an quasi keiner anderen Stelle), aber gerade weil wir in letzter Zeit gefühlt ständig darüber reden, dass die deutsche Szene im Vergleich zum internationalen Debattieren so viel weniger kompetetiv ist, sollten wir das nicht einfach als Ziel annehmen.
Ich glaube Zugänglichkeit ist wichtig, aber vielleicht nicht in einem CD-Halbfinale. Wahrscheinlich sind unsere sozialen Normen da an manchen Stellen schon zu hart. Vorallem, weil die Leute, die sich dafür interessieren, ja die sind, die noch recht aktiv in der Szene sind und bei denen es wahrscheinlich noch am legitimstem wäre wenn sie irgendwo kompetetiv antreten.
Die Frage ist ja, warum uns “Dinos” überhaupt so stören bzw. warum wir so ein Bedürfnis nach entsprechenden Regelungen haben.
Die Debatte dreht sich immer um die gleichen Punkte: Erfolg/Leistung, die Debattenqualität auf Turnieren, Wissensweitergabe. Aber auch “Abschreckungspotenzial” gegenüber Neuen, die Außenwirkung der Szene, Break-Dynamiken, etc. und schnell kommen wir in die schwieriger greifbaren Bereiche, die moralischen Fragen, die von Konstantin erwähnten “soften Sozialnormen” – i.e. wie verhalten sich “Dinos” überhaupt?
Und ich glaube, darum geht es am Ende: ab wann werden erfahrene, erfolgreiche Debattierer:innen zu “Dinos”? Wie genau definieren wir “Dinos”? Nur anhand des Alters oder der Break-Anzahl? Daran krankt ja auch die Auswahl der vorgeschlagenen Regelungen – wir treffen nie präzise das Ziel, weil wir das Ziel nicht wirklich kennen.
Meiner Einschätzung nach geht es nämlich nicht allein um Debattenerfolg, sondern um Zugehörigkeitsgefühl. Motivierte, kompetitive Neu-Debattierer:innen, die sich zugehörig fühlen, haben üblicherweise kein Problem, auch mal gegen “Dinos” zu verlieren – sie lernen daraus. Aber ab wann führen “Dinos” dazu, dass ein nennenswerter Teil der Szene nicht mehr das Gefühl hat, dazu zu gehören? Debattierturniere sind verhältnismäßig klein. Wenn sich dort – analog zu anderen Sportarten – standardmäßig eine Gruppe von Top-Athlet:innen trifft, dann kann es u.U. so wirken, als würde sich hier eine “elitäre Clique” vom “einfachen Pöbel” absetzen wollen. Gruppenbildung ist etwas normales und zutiefst menschliches, aber je nachdem wie stark sie ausgeprägt ist, kann sie unterschiedlich starke (und z.T. negative) Auswirkungen haben. In unserer kleinen, deutschlandweit vernetzen Szene wird das eben sehr schnell spürbar, es bleibt wenig Mittelfeld übrig, mit dem man socializen kann, wenn man nicht zu den Profis gehört…
Das ist glaube ich das Hauptproblem: wenn das Gefühl entsteht, dass “Dinos” durch ihre Leistungen nicht nur eine sportliche Imbalance gegenüber Aufsteiger:innen darstellen, sondern – viel schwerwiegender – eine soziale Imbalance auf Turnieren oder sogar allgemein in der Debattierszene erschaffen. Wenn das Gefühl entsteht, eine bestimmte “in-group” dominiere beispielsweise alle Ebenen eines Turniers, nicht nur die sportliche, sondern auch alles zwischen den Runden und auf den Socials. Wer lange in der Szene aktiv und v.a. auch erfolgreich auf Turnieren ist, der ist üblicherweise besser vernetzt und mit höherer Wahrscheinlichkeit Teil dieser “in-group”. Aber wie wirken dann diese “spaßigen Redemöglichkeiten mit Freunden” auf diejenigen, die nicht zu den Freunden gehören? Ab wann wird das zum Problem? (nicht rein sportlich, sondern menschlich/sozial?)