Jessica Siber, DDG-Nachwuchspreisträgerin 2025, im Interview
Auf dem Galaabend der Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft 2025 in Berlin erhielt Jessica Siber aus Freiburg den Nachwuchspreis der DDG. Im Interview mit der Achten Minute stellt sie sich vor. Das Interview führte Jonathan Dollinger.
Hallo Jessica, herzlichen Glückwunsch zum DDG-Nachwuchspreis 2025! Stell dich doch bitte für diejenigen, die dich noch nicht kennen, einmal kurz vor.
Vielen Dank! Mein Name ist Jessica Siber und ich bin 19 Jahre alt. Ich habe 2024 in Schwäbisch Gmünd mein Abi gemacht und studiere seit dem Wintersemester 24/25 an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg Jura, bin gerade also im zweiten Semester. Neben der Uni mache ich Judo, ich spiele gerne Tennis und debattiere natürlich 🙂 Ansonsten schwimme und lese ich sehr gerne.

DDG-Nachwuchspreisträgerin Jessica Siber. Foto: Matthias Gansen
Wie hast du dich gefühlt, als du den Nachwuchspreis bekommen hast?
Ich war total überrascht, da ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte. Im ersten Moment war ich dann ein wenig überfordert, da mich plötzlich so viele Menschen angeschaut haben. Aber es war ein wunderschönes Gefühl, den gigantischen Pokal entgegenzunehmen und über den ganzen Abend hinweg sehr liebe Glückwünsche zu erhalten.
Wie bist Du zum Debattieren gekommen?
Ich habe mir in der siebten Klasse unsere Debating AG (also Debattieren auf Englisch) in der Schule angeschaut und seitdem bin ich dabeigeblieben. Es hat mir großen Spaß gemacht, gegen andere Schulen anzutreten und wir waren immer ein total nettes Team, hatten also auch außerhalb der Debatten immer viel Spaß zusammen. Deshalb habe ich an der Uni in Freiburg auch gleich aktiv nach einem neuen Debattierclub gesucht, der mich dann auch sehr überzeugt hat und so schnell werden die mich da auch nicht mehr los…
Du hast schon in der Schule debattiert. In welchem Format war das? Ist das Debattieren an der Uni vergleichbar oder ganz anders?
Ich finde, OPD ist vergleichbar mit dem Schools Format. In der Schule gehen die Reden 6 Minuten (Junior League – Klasse 7 bis 9) bzw. 8 Minuten (Senior League – Klasse 10 bis 12). Jedes Team besteht auch aus drei RednerInnen, allerdings ohne Freie Reden. Dafür gibt es noch eine „Reply Speech“. Die Struktur der Reden ist vergleichbar. Eine ziemlich große Umstellung für mich war allerdings die Vorbereitungszeit. In der Schule hatten wir für „Prepared Motions“ über einen Monat Vorbereitungszeit und auch für „Impromptu Motions“ war es immerhin noch eine Stunde. Die 15 Minuten jetzt fühlen sich deshalb immer noch ziemlich kurz an. Ich musste und muss jetzt tatsächlich lernen, aus Stichworten sinnvolle Reden zu gestalten und kann nicht mehr, wie in der Schule, meine Reden in ganzen Sätzen ausformulieren. Das Schuldebattieren war also ein sehr schöner Einstieg, aber das Uni-Debattieren macht mir noch mehr Spaß, da es bei den langen Vorbereitungszeiten in der Schule – anders als jetzt – nur wenige vollständige Debatten gab.
Hast du Pläne, wie es für dich im Debattieren weitergehen soll? Hast du dir bestimmte Ziele gesetzt?
Ich habe mir kein festes Ziel im Debattieren gesetzt. Ich übernehme vermutlich für das kommende Jahr einen Vorstandsposten im Debattierclub Freiburg und ich möchte auch gerne weiterhin regelmäßig an den Debatten teilnehmen, zu Turnieren fahren und neue Menschen vom Debattieren überzeugen. Daher ist mein Ziel, weiterhin Spaß zu haben und viele neue DebattantInnen kennenzulernen.
Du bist erst im Wintersemester 2024/25 zum Hochschuldebattieren gekommen und warst schon auf zahlreichen Turnieren. Was könnten die Clubs oder die älteren DebattantInnen noch besser machen, um Neulinge willkommen zu heißen?
Also ich finde, die haben das eigentlich schon ziemlich gut gemacht. Ich habe mich seit dem ersten Tag willkommen gefühlt und auch schon sehr viel von den Älteren gelernt. Wir „Neulinge“ wurden auch gleich überall mithingenommen und insbesondere auf der Debattierclubhütte des Debattierclubs Freiburg haben wir uns alle echt gut kennengelernt. Also ich habe mir vorgenommen, neue DebattantInnen genauso herzlich willkommen zu heißen, wie das bei mir gemacht wurde.
Du warst schon auf mehreren Turnieren erfolgreich und hast viel Lob für deinen authentischen Stil bekommen. Welche Tipps hast du für andere EinsteigerInnen?
Lasst euch nicht einschüchtern. Es ist komplett normal und total in Ordnung, dass ihr aufgeregt seid. Eure Reden müssen absolut nicht perfekt sein. Ich bin immer noch vor jeder Rede nervös, aber man lernt damit umzugehen und zumindest nach außen ruhig zu wirken. Aber das braucht Zeit, bei manchen mehr, bei manchen weniger. Also stresst euch da nicht. Das Wichtigste ist, dass ihr Spaß am Debattieren habt, alles andere kommt von selbst.
Beschäftigst du dich außerhalb von Clubdebatten und Turnieren mit dem Debattieren, z.B. indem du dich über Themen oder Argumentationsstrategien informierst?
Ich interessiere mich grundsätzlich für Politik, lese also relativ regelmäßig Nachrichten und verfolge politische Diskussionen. Das hilft mir natürlich auch in den Debatten. Es gibt aber immer noch viele Themen, die ich im Debattieren zum ersten Mal höre. Das ist aber auch etwas, was ich am Debattieren besonders schätze. Ohne die Debatten hätte ich mir sicherlich nie Gedanken über ein föderales Bildungssystem in Äthiopien oder das MPLADS-Programm in Indien gemacht.

Jessica (rechts) mit ihren Teampartnern Flo und Robert auf dem Galaabend der DDM. Foto: Johannes Frohnmayer
Gibt es Menschen im Debattieren, von denen du besonders viel gelernt hast oder die dich besonders beeindruckt haben?
Die Grundlage haben sicherlich meine LehrerInnen in der Schule gelegt, die die Debating AG geleitet haben. Von ihnen habe ich die grundlegende Struktur der Debatten gelernt und wie man Argumente aufbaut. Jetzt im Unidebattieren haben mich eigentlich alle „alten Hasen“ sehr beeindruckt, ihre Redestile, ihre Flut an Argumente, auf die ich selber nie gekommen wäre. Von den FreiburgerInnen habe ich da sicherlich schon einiges Neues gelernt und mitgenommen und werde das sicherlich auch in Zukunft.
Hast du schon eine Vorstellung, wo es für dich beruflich hingehen soll?
Da kann ich mir momentan tatsächlich noch viel vorstellen. Das Jurastudium macht mir bis jetzt sehr viel Spaß und ich bin mir ziemlich sicher, darin das Richtige gefunden zu haben. Welchen Beruf genau ich später mit dem Studium machen will, weiß ich aber noch nicht. Momentan interessiert mich das Öffentliche Recht am meisten und ich könnte mir gut vorstellen, etwas in diese Richtung zu machen, oder auch Richtung europäisches/internationales Recht. Mal schauen, was es am Ende wird…
Was machst du in deiner Freizeit, wenn du nicht gerade debattierst?
Ich mache seit fast 10 Jahren Judo, spiele gerne Tennis und lese sehr viel. Ich habe auch lange Zeit Ballett getanzt und Klavier gespielt. Ansonsten treffe ich mich gerne mit Freunden bspw. zum Schwimmen im Seepark.
Wirkt sich das Debattieren auf deine anderen Aktivitäten aus, zum Beispiel im Studium oder in Diskussionen mit FreundInnen?
Was ich durch das Debattieren auf jeden Fall gelernt habe, ist ein selbstbewussteres Auftreten und überhaupt mich mehr zu trauen, vor Menschen zu sprechen. Damit hatte ich nämlich schon immer ein bisschen Schwierigkeiten. Auch beim Argumentieren habe ich insbesondere in der Schule gemerkt, dass meine Aufsätze schlüssiger und stichhaltiger geworden sind und dass es mir deutlich leichter fällt, Positionen zu vertreten, die ich nicht zwingend teile. Aus meiner Sicht hat das Debattieren also definitiv positive Auswirkungen.
Und zum Abschluss noch eine Frage, die in Interviews mit NachwuchspreisträgerInnen inzwischen Tradition hat: Was ist Debattieren für dich?
Schwierige Frage. Ich würde sagen, Debattieren ist für mich, sich mit Themen auseinanderzusetzen, von denen man vorher noch nie gehört hat und bei denen man sich die Seite nicht aussuchen darf. Es ist ein bisschen wie ein „zivilisierter Streit“. Dabei lernt man viele neue nette Menschen kennen, ihre Perspektiven und Sichtweisen und ist gezwungen sich von verschiedensten Seiten aus, mit einem Thema zu beschäftigen, über das man häufig zuvor noch nie nachgedacht hat. Das schätze ich am Debattieren besonders.