Tübinger Debatte zum Thema Frauenquote in Wissenschaft und Forschung
»Ziel der Tübinger Debatte ist es, öffentliche Streitkultur zu fördern und zu pflegen.«
Man könnte meinen, die Tübinger Debatte hätte als ältestes deutsches Debattenformat ihre besten Zeiten eindeutig hinter sich. Dennoch ist die alte Tante Tübinger Debatte für ihr stolzes Alter von 22 Jahren erstaunlich vital und immer noch reizvoll. Für die Streitkultur Tübingen ist die Tübinger Debatte nicht nur Traditionspflege, sondern auch eine spannende Gelegenheit mit Menschen jenseits des studentischen Debattierens in den Austausch zu treten. Mittlerweile ist die Tübinger Debatte in der Veranstaltungsreihe des „Tübinger Forums“ in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken, welche die Publikumsdebatte großzügig fördern, in Tübingen institutionalisiert. Hierfür lädt die Streitkultur immer wieder Politiker und Experten ein und alle Tübingerinnen und Tübinger sind eingeladen, sich an der Debatte und der offenen Aussprache zu beteiligen. Die Themen waren unter anderem innere Sicherheit, Bürgerbeteiligung und Energiesubventionen. So zählten bereits namhafte Politiker wie der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer und der ehemalige Piraten-Bundeschef Sebastian Nerz zu den Debattanten des Forums.
Am 30. Januar fand das Tübinger Forum bereits zum vierten Mal im Großen Senat, einem der schönsten Sitzungsräume der Universität statt, dieses Mal mit dem Thema „Brauchen wir eine Frauenquote in Wissenschaft und Forschung?“ Das kontrovers diskutierte Thema der Quote sollte am Beispiel der Wissenschaftswelt behandelt werden – naheliegend in einer Stadt wie Tübingen, in der die Universität größter Arbeitgeber ist. Als Gäste und Experten waren die ehemalige Landesarbeitsministerin Monika Stolz und die für Frauen in der Technik engagierte Bioinformatikerin Kay Nieselt eingeladen.
Das Podium vervollständigten die beiden Streitkultur-Mitglieder Peter Croonenbroeck und Simon Lehle. Nach einem kurzen Grußwort des Vereinsvorsitzenden Jonathan Spanos ging die Debatte auch gleich los. Anne Suffel, als Streitkultur-Vorstandsmitglied mit besonderer Zuständigkeit für die Tübinger Debatte, leitete die Aussprache als Präsidentin an.
Trotz einer gewissen Enttäuschung, da wegen Klausurenphase und Sturzregen kurz vor Beginn der Veranstaltung größere Menschenmengen leider fern geblieben waren, gab es keinen Grund für Trübsal: In der spannenden Debatte wurde knapp 90 Minuten lang auf hohem Niveau debattiert. Waren sich beide Seiten in der Feststellung einig, dass die Anzahl von Frauen in wissenschaftlichen Spitzenpositionen zu niedrig ist, gab es Streit um die Frage nach dem richtigen Mittel zur Behebung dieses Missstands. Während die CONTRA-Seite die Metapher des „Holzhammers“ als Bezeichnung für die Frauenquote bemühte, argumentierte die Gegenseite geschickt mit ihrer Idee einer Kaskadenquote.
Große Themen und Probleme wie die gläserne Decke, die Freiheit von Wissenschaft und Forschung, Diskriminierung und gesellschaftlicher Fortschritt wurden angeführt. Im Mittelteil der Debatte mischte das Publikum ordentlich mit, in dem es Fragen an die Podiumsredner stellte und eigene Argumente und Erfahrungen mit einbrachte. Am Ende stand dann ein ganz klarer Sieg für die PRO-Seite. Hatten sich bei der für die Tübinger Debatte üblichen geheimen Abstimmung vor Beginn der Aussprache gerade einmal drei Zuschauer für die Frauenquote ausgesprochen, waren es nach Ende der Debatte stolze zehn. In einer nahen Kneipe wurde das Thema der Debatte sogar noch bis Mitternacht weitergeführt.
Das fünfte Forum wird also nicht lange auf sich warten lassen. Weitere Informationen zur Tübinger Debatte sind auf der Streitkultur-Homepage zu finden: http://www.streitkultur.net/verein/die-tubinger-debatte/
Das 4. Tübinger Forum im Jahr 2013 setzt die Tradition der Zusammenarbeit der Streitkultur Tübingen mit bekannten Prominenten und der Stadt Tübingen fort. Die Stadtwerke Tübingen fördern die Tübinger Publikumsdebatte und unterstützen die Entwicklung einer demokratischen Debattenkultur, bei der Experten, Politiker und die Öffentlichkeit in einen Dialog treten.
Text: Jonathan Spanos/fpu