Verschwundener Islamkritiker Abdel-Samad wieder aufgetaucht
Der Islamkritiker Hamed Abdel-Samad, der am Sonntag plötzlich in Kairo verschwunden war, ist wieder aufgetaucht. Wie SPIEGEL ONLINE berichtet, soll sich der Deutsch-Ägypter derzeit in der Obhut des deutschen Botschafters in Kairo befinden und bald zu dem Vorfall äußern. Nach dem Verschwinden des Publizisten, der seit Monaten Morddrohungen extremistischer Islamisten erhalten hatte, hatten sein Bruder Mahmud Abdel-Samad und die ägyptische Polizei eine Entführung nicht ausgeschlossen. Das Nachrichtenportal Ahram Online berichtet unter Berufung auf das ägyptischen Innenministerium, dass „die ägyptischen Ermittler zwei Spuren“ verfolgten, so die Redaktion von FAZ.NET. Sowohl islamistische Hardliner als auch dubiose Geschäftspartner Abdel-Samads kämen als Entführer in Frage.
Hamed Abdel-Samad, Autor der Bücher „Mein Abschied vom Himmel“ und „Der Untergang der islamischen Welt“, ist in der deutschsprachigen Debattierszene vor allem durch seine Teilnahme an der Debatte bekannt, die der Kultursender 3sat im August vergangenen Jahres im Fernsehen übertragen hatte. Dabei hatte der Politologe als Redner der Contra-Fraktion der These widersprochen, dass der Islam zu den westlichen Werten passe. Der Sohn eines Imams hatte in deutschen Medien wiederholt den Islam kritisiert. Nach einem Vortrag Abdel-Samads in Ägypten, bei dem er die Ursprünge eines „religiösen islamischen Faschismus“ in der Zeit des Propheten Mohammed verortete hatte, hatten radikale Islamisten offen dazu aufgerufen, ihn zu ermorden.
Kurz vor seinem Verschwinden hatte Hamed Abdel-Samad, der auf dem Weg zu einer Verabredung war, seinem Bruder telefonisch mitgeteilt, dass er sich von einem Wagen verfolgt fühle. Danach gab es keinen Kontakt mehr zu dem 41-Jährigen, sein Mobiltelefon blieb abgeschaltet. Mahmud Abdel-Samad hatte zunächst geäußert, dass er eine Entführung seines Bruders durch Islamisten für möglich halte. Bereits am Montagabend wollte er finanzielle Motive nicht mehr ausschließen und behauptete, dass Geschäftspartner seinem Bruder Geld schuldeten. „Wenn es islamistische Extremisten gewesen wären, hätten sie ihn auf der Stelle getötet“, wird er zitiert.
kem