Der dritte Boddencup – Ein Wasserstandsbericht von Manuel Adams

Datum: 28. Juli 2011
Redakteur:
Kategorie: Turniere

Das Bremer Jacobs Open musste in diesem Jahr vom traditionellen Januar in den frühsommerlichen April verlegt werden, was Essen im Freien statt Schneestapfen bedeutete. Die Teilnehmer waren begeistert. Der traditionell hochsommerliche Greifswalder Boddencup hingegen litt in seiner dritten Auflage ein wenig unter den der Ostsee Zeitung zufolge „heftigsten Regenfällen, die der Nordosten je erlebt hat“. Zunächst jedoch waren die egal, Zugausfälle gab es nicht, und so trudelten die zwanzig Teams aus Berlin, Hamburg, Hannover, Jena, Kiel, Leipzig, Magdeburg und Münster im Laufe des Freitagabends zum Abendessen in der Germanistik ein. Dabei handelt es sich um eines der diversen Greifswalder Universitätsgebäude, deren Backsteinarchitektur in kaiserliche Zeiten zurückversetzt – und im Juli üblicherweise eben auch an einen Platz an der Sonne. Sehr vermisst wurde Mainz, das zunächst mehrere Teams an die Ostsee schicken wollte, nun aber leider gar nicht antrat, seine in Magdeburg eingebüßte Führung der Freien Debattierliga zurückzuerobern. Und so konnte FDL-Koordinator Lukas Haffert bereits am Samstagmorgen bloggen: „Das Saisonfinale beginnt / Berlin steht als Gesamtsieger fest“.

Untergebracht wurden kleinere Gruppen privat bei freundlichen Crash-Providern [Anm. d. Red.: Anbieter von einfachen Schlafplätzen], und größere Delegationen entweder züchtig im evangelischen Gemeindehaus oder rustikal bei den Pfadfindern. Von den Pfadfindern kursierten anfangs Geschichten über Fledermäuse, denen Einzelne im Vorjahr begegnet sein wollten. Dies ließ sich aber darauf zurückführen, dass man wohl falsch abgebogen und an einem weitaus weniger gastlichen Ort gelandet war als von der Turnierorganisation vorgesehen. Kurzum: Dieser Dachboden machte Spaß. Angenehm sind auch immer wieder die kurzen Wege durch die Hansestadt. Zu Fuß ist man zwischen Bett und Pult typischerweise nicht länger unterwegs als auf der DDM in Münster.

Debattierer, die darauf wetten, wie lange nach Plan die erste Runde des Tages startet, gewinnen meist mit Tipps auf späte Uhrzeiten. Hier nicht. Die Chefjuroren Markus Dankerl, Rafael Heinisch und Julian Schneider hatten ihr Geld wohl auf +1 Minute gesetzt und so gingen die vier Runden des Tages trotz voller siebenminütiger Redezeit planmäßig vonstatten. Gemischte Reaktionen ernteten die drei hingegen mit dem Verbot von Zwischenrufen – eine Regel, die insgesamt wohl nicht mehr als die unbedingt notwendige Beachtung fand.

Am Mittag wurde abgestimmt. Mit etwa 25 zu 17 setzten sich die Freunde des Grillens am Strand trotz akuter Regenbedrohung durch, um nach der vierten Runde erfahren zu müssen, dass dieses wegen Überschwemmung der Sanitäranlagen im Strandbad doch nicht stattfinden konnte. Einige wackere Schwimmer entschieden sich trotzdem für die Expedition an die Dänische Wiek, eine Bucht des Greifswalder Boddens. Das Wetter hatte sich deutlich verbessert und so war sogar der traditionelle einstündige Fußmarsch drin. Der Grill wurde derweil in der Germanistik bedient und lieferte auch am späteren Abend noch die gewohnten Köstlichkeiten.

Am nun endgültig sonnigen Sonntagmorgen gab es noch eine fünfte Vorrunde, bevor dann neben einem Jenenser und dem Hannoveraner Team sechs Teams der Berlin Debating Union ins Halbfinale breakten, aus dem insbesondere dieses Zitat in Erinnerung bleibt: „Je mehr Leute am Diskurs teilnehmen, desto besser. Deswegen reden wir hier auch vier gegen vier und nicht drei gegen drei.“ Nach dem Halbfinale erlebten die Journalisten der Ostsee Zeitung, die nun statt in den Fluten Vorpommerns auf den steilen, hölzernen Rängen der Greifswalder Anatomie arbeiten durften, ein rein Berliner Finale zum Thema „Dieses Haus würde Untreue bei der Vermögensaufteilung im Scheidungsfall berücksichtigen“. Das Squirrel-Potenzial war schier unbegrenzt – die von der Eröffnenden Regierung in Erwägung gezogene Variante war die Belohnung anstelle der Bestrafung des untreuen Partners, aber letztlich war der Konformitätsdruck im Sinne des Sieges zu groß und man beantragte die wohl vorgesehene Maßnahme zur Stabilisierung der Institution Ehe und verzichtete auf den Kamikazeangriff. Das brachte immerhin zwei Stimmen aus der Finaljury, der neben den drei Chefjuroren auch Daniel Hinkeldein und Sarah Jaglitz angehörten. Die Mehrheit entschied sich jedoch für die Eröffnende Opposition mit Farid Schwuchow und Jonas Werner, und so waren es eben diese beiden, die nach Dortmund und Magdeburg den dritten FDL-Turniersieg in Folge für Berlin einfuhren.

Knapp eine Stunde konferierte die Jury und das Zeremonielle musste am Ende zügig vonstattengehen, um den Teilnehmern das Erreichen ihrer Züge zu ermöglichen. An der Spitze des Redner-Tabs fanden sich punktgleich Filip Bubenheimer und Jonas Werner wieder, BDU-Präsidentin Dessislava Kirova nahm den FDL-Wanderpokal entgegen und die Medaillen für die besten FDL-Einzelredner gingen in Gold an Patrick Ehmann, in Silber an Jonas Werner und in Bronze an Florian Umscheid.

„Bei der ersten Begegnung ist man ein Fremder, bei der zweiten ein Bekannter und bei der dritten ein alter Freund.“ So brachte ein nun alter Freund des Boddencups die Vorfreude auf die bereits geplante vierte Auflage im nächsten Jahr auf den Punkt.

Die Themen

  • Runde 1: Dieses Haus würde die PID auch erlauben, um Embryonen nach von den Eltern bestimmten Eigenschaften zu selektieren.
  • Runde 2: Dieses Haus würde Journalisten und Medienunternehmern die Kandidatur für politische Ämter verbieten.
  • Runde 3: Dieses Haus glaubt, dass Länder mit Nahrungsmittelknappheit keine Nahrungsmittel exportieren sollen.
  • Runde 4: Dieses Haus würde Lügendetektoren in Gerichtsverfahren zulassen.
  • Runde 5: Dieses Haus würde die Kultursubventionen abschaffen.
  • Halbfinale: Dieses Haus würde Patente auf Medikamente abschaffen und die Pharmaforschung verstaatlichen.
  • Finale: Dieses Haus würde Untreue bei der Vermögensaufteilung im Scheidungsfall berücksichtigen.

(nicht notwendigerweise genauer Wortlaut)

Der Break

  1. Berlin mit Juliane Mendelsohn und Dessislava Kirova
  2. Berlin mit Filip Bubenheimer und Patrick Ehmann
  3. Berlin mit Johannes Häger und Georg Sommerfeld
  4. Berlin mit Farid Schwuchow und Jonas Werner
  5. Berlin mit Hauke Blume und John Eltringham
  6. Jena mit Friederike Meyer zu Wendischhoff und Robert Stendel
  7. Berlin mit Manuel Adams und Florian Umscheid
  8. Hannover mit Katharina Kleine-Tebbe und Philipp Schmidtke

(fett: die Finalisten)

Manuel Adams / apf

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1 Kommentare zu “Der dritte Boddencup – Ein Wasserstandsbericht von Manuel Adams”

  1. Mario D. (Pdm) sagt:

    Schöner Bericht.

Kommentare sind geschlossen.

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