„Dieses Haus würde die Juroren rausschicken“: Neue Regelung beim Freiburger Schwarzwald-Cup

Datum: 3. September 2013
Redakteur:
Kategorie: FDL/DDL, Jurieren, Turniere

Logo-FreiburgAm 16. und 17. November trägt der Debattierclub Freiburg den traditionellen Schwarzwaldcup aus und bricht doch mit dem Althergebrachten. Statt den freien Rednern, welche man im BPS ja ohnehin lange suchen kann, wollen wir Freiburger die Juroren vor die Tür bitten. Warum? Ganz einfach: Wir wollen den Juroren ermöglichen, noch unbefangener als je zuvor in die Debatten zu gehen. Dabei ist die Idee nicht neu. Sie wurde 2012 in Dresden erdacht und kam über Umwege schließlich nach Freiburg, wo sie auf fruchtbaren Boden fiel und nun erstmals Anwendung finden soll.

Die Idee

Vor der Themenverkündung werden alle Juroren des Raumes verwiesen und erfahren das Thema erst zu Beginn der Debatte im Wortlaut durch den Premierminister, selbstverständlich vor Beginn seiner Redezeit. Alle Juroren? Die Chefjuroren bestimmen doch die Themen! Guter Einwand, aber auch dieses Problem ist lösbar. Freiburg benennt zu diesem Zwecke zwei Chefjuroren-Panels, ein internes und ein externes. Externe Juroren legen ausschließlich die Themen fest und lassen diese still und heimlich den Organisatoren zukommen. Interne Juroren haben vor Ort den Hut auf, briefen die Teilnehmer, kümmern sich um den Jurorenbreak etc. Damit mögliche Fragen zu den Motions beantwortet werden können, entsendet der Debattierclub Freiburg einen Juroren aus den eigenen Reihen in die externe Chefjury, der in Freiburg anwesend sein, aber nicht mitjurieren wird.

Die Kontroverse

Zwei kritische Fragen drängen sich auf. Erstens: Trauen wir den Juroren nicht zu, neutral zu jurieren? Doch, wir trauen ihnen das zu. Aber wir denken, dass es trotzdem ein völlig anderes Juriererlebnis ist, direkt in eine Debatte hineingeworfen zu werden, ohne vorher auch nur die Chance gehabt zu haben, darüber zu reden oder zu sinnieren. Jeder kennt sie schließlich, die Gespräche, welche sich in jenen 15 Minuten abspielen. Sie reichen von einem kurzen, aber tiefsinnigen „Was für ein mieses Thema!“ bis hin zu „Also, als erstes müsste man ja ‚X‘ und ‚Y‘ mal definieren.“ Hinzu kommt, dass wir alle wissen, wie schwer es ist, nicht an etwas zu denken, auf das man gerade hingewiesen wurde. Denkt zum Beispiel jetzt mal nicht an Babyrobben. Nicht an Babyrobben denken! Babyrobben, Babyrobben, Babyrobben.
Zweitens: Warum nicht wenigstens die Chefjuroren von der Regel ausnehmen? Schließlich sind Chefjuroren ja über jeden Zweifel erhaben. Ja, aber selbst dann würden wir aus Prinzip schon keine Ausnahmen machen. Allein der Anschein, dass es Juroren gibt, die einen anderen Bezug zum Thema haben als der Rest, scheint uns schädlich. Wenn wir ein Experiment machen, dann machen wir es richtig. Babyrobben!

Text:  Marcel Sauerbier/ak/kem

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5 Kommentare zu “„Dieses Haus würde die Juroren rausschicken“: Neue Regelung beim Freiburger Schwarzwald-Cup”

  1. W, Witthaut sagt:

    Ich bin sehr gespannt! Ich würde die Organisatoren bitten, während des Turniers eine Evaluation durchzuführen, die die Erfahrungen der Juroren sammelt. Eine Anmerkung habe ich zu dem Verfahren: Ich finde das Verfahren sehr interessant und spannend, jedoch gibt es einen Aspekt, den ich kritisch sehe. In dem Artikel wird das erste Gefühl beschrieben (Scheiß Thema, Geil, Babyrobben!). Alle Redner in allen Formaten haben immer Zeit genau dieses erste Gefühl zu verdrängen. Freie Redner können sich eine halbe Stunde auf die Debatte einlassen und vll. doch neues aus dem Thema und der Art und Weise, wie die Debatte angegangen wird, ziehen. Redner haben ganze 15 Minuten ein Team oder eine/n Teampartner/in um sich, die sie „beruhigen“ können. Heißt, der erste Eindruck über ein Thema kann, bevor die Debatte losgeht, aufgehoben werden. In dem Fall, in dem wir Juroren dieses verweigern, müssen wir uns aber der Gefahr hingeben, dass der erste Eindruck nicht verdrängt sondern sogar manifestiert wird. Ein Juror kann nicht eben mal wie ein Freier Redner erst einmal zwei Reden auf sich wirken lassen bevor er loslegt. Ein Juror kann nicht eben noch mal mit seinen Teampartnern reden. Der erste Eindruck ist da. Und soviel Debattiererfahrung wir haben, uns allen geht es so, dass der erste Eindruck sehr krass sein kann. Jeder kennt die Totenstille bei der Verkündung wenn ein Komplexes Euro-Schulden-Bonds-Steuern-Leitzins Thema gestellt wird. Jeder von uns kennt aber auch, dass wir in den 15 Minuten (oder den ersten beiden Reden sollte man Freier Redner sein) man das Thema doch irgendwie geil finden kann. Der Juror hat diese Chance nun nicht mehr. Ich glaube nicht, dass das unbedingt zu einer falschen Entscheidung führt, aber ich glaube der Prozess der in den 15 Minuten vorher passiert, führt ebenfalls zu keiner schlechteren. Ich gebe gerne zu, dass ich als Juror mich schon auf Turnieren in den 15 Minuten Vorbereitungszeit mit anderen Juroren unterhalten habe und „Erwartungen“ ausgetauscht habe. Aber wenn ich diese Erwartungen in meine Jurierung einfließen lasse, bin ich sowieso ein schlechter Juror. Es gibt nur einen Unterschied: Ich habe in dem „alten“ Verfahren die Möglichkeit, mich von meinem ersten Eindruck zu lösen. Im „neuen“ Verfahren nicht. Ich bin gespannt!

  2. Jörn(Bremen) sagt:

    Ich fürchte, Willy hat ohne Einschränkung Recht und halte den Vorschlag für kreativ, aber falsch: Das zu der Idee dargelegte Problem sind die mit dem Thema verknüpften Debattierstrategien, die aus der Erfahrung resultierend. Diese werden sich aber sofort bei den Juroren einstellen. Wer schon mal Juror bei einer Open Motion war, kennt dies von dem Moment, wenn das Thema von der OG präzisiert wird. Kurz gesagt: Eure Problemlösung löst euer Problem nicht und schafft darüber hinaus eine Situation, in der ein manchmal auftretendes Problem (Open Motion) generalisiert wird.

  3. Jonathan Scholbach sagt:

    Probieren geht über Studieren! Erfahrung lässt sich oftmals nicht durch Theoretisieren ersetzen. Sehr gut, dass Ihr das ausprobiert!

  4. Marc (Dresden/Freiburg) sagt:

    Ich sehe das Problem, dass Willy anspricht, glaube aber, dass BP gut geeignet ist den „Schaden“ zu minimieren. Schließlich juriert man ja holisitsch und im Nachhinein, hat also die ganze Debatte, um das Thema zu bewerten und seine ad hoc Vorurteile abzubauen. Wenn die Zeit nicht reicht, schafft es vielleicht der Mitjuror einem die Augen zu öffen.

    Wir werden aber gerne evaluieren. 😉

  5. W. Witthaut sagt:

    Bitte nicht falsch verstehen, ich finde die Idee super! Meine Aussage geht mehr in die Richtung, dass ich nicht glaube, dass dadurch die Jurierung schlechter wird aber eben auch nicht unbedingt besser. Ich gebe dir übrigens Recht, das Format BP scheint besser geeignet zu sein, den Versuch durchzuführen. Wenn ihr evaluieren könnt, wäre das super. Ich glaube, dabei könnten spannende Erkenntnisse raus kommen 🙂

Kommentare sind geschlossen.

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