Einigkeit nur bei Kompetenzerweiterung: Berliner „Klartext Europa“-Debatte bietet viel Diskussionsstoff

Datum: 17. November 2013
Redakteur:
Kategorie: Debattieren in der Öffentlichkeit, Klartext Europa, Politik und Gesellschaft, Veranstaltungen

„Wären Sie als Student bereit, für eine Transferunion 50 Euro mehr zu zahlen?“ So zugespitzt begann am vergangenen Montag die Klartext Europa-Debatte in Berlin. Das Zitat stammt von Alexandra Thein, die für die FDP im Europäischen Parlament sitzt und hier vor den Kosten einer Vereinheitlichung der europäischen Sozialversicherung warnte. Gemeinsam mit Frank Zimmermann (SPD), Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, bestritt sie die Debatte mit dem Titel: „Weniger Markt, mehr Soziales – kümmert sich die EU um die falschen Themen?“

Pro-Fraktion: Frank Zimmermann und Julian Ohm (c) Ohm/BDU

Pro-Fraktion: Frank Zimmermann und Julian Ohm
(c) Ohm/BDU

Der gemütliche Raum im Haus der Schwarzkopfstiftung Junges Europa war mit über 50 Personen bis zum Rand gefüllt. Zwischen kurzen Eröffnungs- und Schlussstatements bildeten insgesamt sechzehn Zuschauerfragen den Kern der Veranstaltung. Diese reichten von europäischer Identität über das Demokratiedefizit der EU und den Kosten der Krise bis hin zu Umweltfragen. Als Debattierprofis saßen in der Debatte Julian Ohm, der mit Zimmermann die Pro-Seite vertrat, und Juliane Mendelsohn, beide von der Berlin Debating Union.

Die Auseinandersetzung offenbarte verschiedene Kontroversen. Thein schätzte die Entwicklung der Euro-Krisenländer viel optimistischer ein als Zimmermann, wenn das Tempo der Reformen nicht nachlasse. Die Energiewende dagegen ging ihr eher zu schnell. Zimmermann bestand indessen auf Umverteilung als Lösung für die Staatsschuldenkrise: Einerseits regional, andererseits von privat zum Staat, da die Vermögenden das Geld hätten, das den Staatshaushalten fehlt. Einzig bei einer Kompetenzerweiterung des Europäischen Parlaments herrschte Einigkeit.

Debattieren über die EU: Mendelsohn, Thein, Krakowiak, Zimmermann, Ohm (v.l.n.r.) (c) Ohm/BDU

Debattieren über die EU: Mendelsohn, Thein, Krakowiak, Zimmermann, Ohm (v.l.n.r.)
(c) Ohm/BDU

Insgesamt ging man eher wenig auf die Argumente der anderen Seite ein, doch das lag sicherlich auch an der Vielfalt der angesprochenen Fragen. Interessanterweise kristallisierte sich eine gewisse Rollenverteilung heraus: Während die Politiker lieber praxisnah und mit vielen Beispielen argumentierten, sprachen Julian und Juliane auf einer grundsätzlichen Ebene über Solidarität, Identität und die Funktionsweise von Märkten.

Und das Ergebnis des Abends? Die Pro-Seite gewann nach Punkten. 72 Prozent der Gäste unterstützten bei der offenen Abstimmung am Ende die These, Europa solle sich mehr um Soziales kümmern. Damit war es Zimmermann und Julian gelungen, die zwölf Personen für sich zu gewinnen, die sich in der geheimen Abstimmung zu Beginn noch enthalten hatten. Der Abend war damit jedoch nicht vorbei. Bei Wein, Saft und Erdnüssen konnte noch der ein oder andere Punkt diskutiert werden.

Christoph Krakowiak, Koordinator der Debattenreihe und Moderator des Abends, war zufrieden: „Die Debatte zeigt, dass dieses Thema wohl das interessanteste von allen ist. Es kommen die meisten Leute, und unter den politischen Gastrednern gibt es nicht so einen großen Konsens wie etwa beim Thema, ob Europa ein Global Player sein soll.“

Die Debatte war die zehnte von 20 Klartext Europa-Debatten in diesem Jahr. Sie werden vom Verein Bürger Europas e.V. in Kooperation mit dem Verband der Debattierclubs an Hochschulen e.V. (VDCH) veranstaltet. Das Projekt erhält zusätzliche Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. In einem Artikel der Achten Minute finden sich die Termine der nächsten Klartext Europa-Veranstaltungen.

hug/kem

Print Friendly, PDF & Email
Schlagworte: , , , , , ,

Folge der Achten Minute





RSS Feed Artikel, RSS Feed Kommentare
Hilfe zur Mobilversion

Credits

Powered by WordPress.