Für eine Reform des analytischen Jurieransatzes – ein Vorschlag von Jonathan Scholbach

Datum: 2. September 2015
Redakteur:
Kategorie: Jurieren, Mittwochs-Feature

Jonathan Scholbachs Vorschlag bildete den zweiten Vortrag im Block II: „Auf dem Weg zu einer Theorie des Jurierens: Was wollen wir eigenlich jurieren?“ des ersten Jurier-Think-Tanks 2015. Die Langversion des Vortrages sowie die Vorträge von Michael Saliba und Konrad Gütschow sind auf dem Blog bzw. dem Kanal zu finden.

1 Einleitung

Den Erfindern des Jurierbogens der Offenen Parlamentarischen Debatte (OPD) kommt das große Verdienst zu, ein analytisches Jurierschema entwickelt zu haben, das seinerzeit ohne Vorbild war. Gemessen am seinerzeitigen State of the Art bildet dieser erste Wurf die Kriterien überzeugender Rede sehr gut ab, der Bogen identifiziert die zentralen Elemente rhetorischer Wirkung. Dennoch wäre es geradezu verwunderlich, wenn sich mit den Erfahrungswerten von 15 Jahren OPD-Debatten nicht die Notwendigkeit von – auch grundlegenden – Verbesserungen ergäbe. Eine im konstruktiven Sinne kritische Analyse des Schemas hat mich zu dem Reform-Vorschlag geführt, den ich hier motivieren und vorstellen will. Mit dem Reformvorschlag verfolge ich zwei Ziele: Leichtere Erlernbarkeit des Jurierschemas und die Minimierung von Willkür.

2 Die Ziele

2.1 Leichte Erlernbarkeit des Jurierschemas

Die leichtere Erlernbarkeit des Bogens ist ein großes Desiderat für die Szene: Je intuitiver ein Jurierbogen zu handhaben ist und je leichter das Jurieren gemäß seinem Schema ist, desto besser wird die durchschnittliche Jurierung sein. Das Jurierpanel wird sich immer aus Neulingen und Erfahrenen zusammensetzen. Würde man bei der Bewertung eines Jurierbogens nur in Betracht ziehen, wie der Goldstandard der Juror*innen damit umgeht, ginge man folglich in die Irre. (Ein*e ideale*r Juror*in würde überhaupt keinen Jurierbogen benötigen.)
Gerade in Sachen Erlernbarkeit des Jurierens hat der analytische gegenüber dem holisitischen Jurieransatz enorme Stärken. Denn der Jurierbogen des analytischen Schemas strukturiert die Wahrnehmung der Rede und gibt damit gerade unerfahrenen Juror*innen einen Leitfaden an die Hand, entlang dessen sie die Debatte einordnen können. Damit diese spezifische Stärke des analytischen Ansatzes zur Geltung kommen kann, müssen die Kriterien möglichst intuitiv, d.h. einem alltagssprachlichen Verständnis zugänglich, und hinreichend klar definiert sein. Es ist also durchaus im Sinne des analytischen Ansatzes, die Erlernbarkeit des Bogens zu optimieren.

2.2 Minimierung von Willkür

Neben der Erlernbarkeit ist auch die Minimierung vonWillkür wichtig, gerade wenn ein Bogen für die Jurierung auf Turnieren verwendet wird. Auch wenn jede Jurierung einer Rede unhintergehbar subjektive Elemente beinhaltet, so lässt sich doch sinnvoll ein Begriff von Willkür bilden: Als Willkür kann man den Teil der Bewertung bezeichnen, der – bewusst oder unbewusst – zur Bewertung heranzieht, was außerhalb der bewerteten Rede liegt. Beispiele für Einflussfaktoren können in der Beziehung zwischen Redner*in und Juror*in liegen: persönliche, gar freundschaftliche Bindung zu*r Redner*in, persönliche (Un-) Bekanntheit, sexuelle Attraktivität de*r Redner*in, Erwartungshaltung sowohl de*r Redner*in selbst als auch der Allgemeinheit an seine*ihre Punkte, Clubzugehörigkeit de*r Redner*in.
Neben der Fähigkeit (und dem guten Willen) von Juror*innen, die Willkür ihrer Bewertung zu minimieren, hat auch das Jurierschema einen Einfluss auf die Willkür der Jurierungen. Ziel eines Jurierschemas sollte es sein, den Willküranteil der Bewertungen so weit wie möglich zu begrenzen.
Auch wenn die Willkür von Jurierungen grundsätzlich eine (in psychologischen Tests zugängliche) messbare Größe ist, wäre es angesichts der beschränkten zur Verfügung stehenden Mittel unangemessen, derartige Tests zu verlangen, um einen Änderungsbedarf zu diagnostizieren. Hat man die Verbesserung eines Jurierbogens im Blick, müssen daher allgemeine Erfahrungswerte in Verbindung mit einer theoretischen Analyse des Jurierbogens ein methodisch zulässiges Mittel der Kritik sein.

3 Der Ausgangspunkt

Jurierbogen mit Punktzahlen - später wird gemittelt

Benötigt der OPD-Jurierbogen eine Überarbeitung? Diese Frage stellte sich Jonathan Scholbach. (c) Achte Minute

Auf der Ebene der Erfahrung sprechen einige Indizien dafür, dass der OPD-Bogen Willkür nicht nur theoretisch ermöglicht, sondern Willkür auch tatsächlich – unebewusst oder bewusst – stattfindet. Ein Beispiel dafür ist der regelmäßige Punkte-Unterschied von K.O.-Runden und Vorrunden, besonders deutlich beim Unterschied von Finalrunden, die – erfahrungsgemäß – nicht besser sind als Halbfinalrunden, und im Schnitt dennoch mehr Punkte erzielen. Ein noch deutlicheres Indiz für stattfindende Willkür ist die Tatsache, dass es »Eichdebatten« gibt und dass die Begriffe »Hochpunkter« und »Niedrigpunkter« fest etabliert sind und die korrespondierenden Phänomene auf Turnieren bei der Setzung von Juror*innen berücksichtigt werden müssen. Die persönliche innere Skalierung eine*r Juror*in hat nichts mit der gehörten Rede zu tun und ist daher Willkür im oben beschriebenen Sinne.
Da viele willkürliche Bewertungen vollkommen unbewusst vonstatten gehen und Willkür ohne ausgefeilte psychologische Tests nur schwer evident wird, darf man sich nicht nur auf die bereits evidenten Phänomene von Willkür stützen, wenn man den Bogen verbessern will. Vielmehr muss man auch nach Risiken für Willkür suchen, die sich aus der Struktur des Jurierbogens ergeben. Im OPD-Bogen zeigen sich zwei Probleme, die der Willkür Tür und Tor öffnen:

1. Die Skalenbreite der Kategorien ist viel zu groß. Eine unnötig große Skalenbreite ist ein Einfallstor für Willkür, weil sie unbegründete Ausschläge erst ermöglicht.
2. Die Kategorien sind Bündelkategorien, d.h. sie bündeln verschiedene Elementarkriterien. Der Willkür begrenzende Grundsatz »Jeder Punkt, den ein*e Juror*in von den 8 Punkten (nach unten oder nach oben) abweicht, muss er*sie
anhand von Beobachtungen an der Rede begründen können.« darht damit zu erodieren.

Diese beiden Probleme hängen miteinander zusammen: Weil die Kategorien Bündelkategorien sind, ist die Skalenbreite so groß. Ein Beispiel: Nur eine große Skalenbreite der Kategorie »Kontaktfähigkeit« erlaubt es, zwischen zwei Reden zu differenzieren, die sich sowohl in »Blickkontakt« als auch in »Reaktionsfähigkeit auf Zwischenrufe« unterscheiden. Die Bündelung der verschiedenen Elementar-Kategorien verführt aber dazu, die einzelnen Elemente in der Jurierung nicht mehr aufzuschlüsseln, sondern bei empfundener Gutleistung pauschal weit nach oben auszuschlagen. Würde der Jurierbogen hier eine Konkretisierung erzwingen, indem er die elementareren Kategorien »Blickkontakt« und »Reaktionsfähigkeit« (mit jeweils geringerer Skalenbreite) aufschlüsselt, würde die Jurierung gezwungen, genauer zu benennen, auf welche Redeeindrücke sich ihre hohe Punktevergabe stützt. Damit wäre eine Gefahrenquelle von Willkür eingedämmt. (Diese höhere Genauigkeit würde auch das Feedback verbessern.)

Schließlich gibt es ein drittes Problem, das sowohl die Erlernbarkeit erschwert als auch das Risiko von Willkür erhöht:

3. Die Kategorien sind sehr unklar definiert und bleiben daher vage.

Ich will dafür nur ein paar Beispiele nennen. Beispielsweise wird »Sprachkraft« wie folgt umschrieben:

Vereinfacht gesagt: „Sprachkraft“ meint alles, was sich primär akustisch, über die Stimme vermittelt (‚Tonspur’ des Redners), die sprecherisch-sprachliche Dimension plastischer Kraft.

Dennoch wird die Sprechgeschwindigkeit und der Einsatz von Pausen, die zweifelsohne zur »Tonspur« der Rede gehören unter »Kontaktfähigkeit« subsummiert:

„Kontaktfähigkeit“ bezeichnet die Reagibilität des Redners – vor allem in der Ansprache der Hörer: darin, dass er sie jeweils da abholt, wo sie stehen (also ihren Horizont trifft), in der flexiblen Reaktion auf Zwischenfragen und Zwischenrufe, in Schlagfertigkeit, passender Sprechgeschwindigkeit und angemessenen Pausen.

Neben dem Umstand, dass der Einsatz von Pausen und Sprechgeschwindigkeit hier doppelt bewertet wird, zeigt das letzte Zitat auch, dass »Kontaktfähigkeit« eigentlich zwei ganz verschiedene Sachen künstlich unter einen Begriff zwängt, nämlich »Reagibilität« (in etwa: »Schlagfertigkeit«) und Angemessenheit der Rede vor dem Horizont des Publikums.
Ein ganz ähnliches Kompetenzgerangel wie zwischen »Kontaktfähigkeit« und »Sprachkraft« gibt es beim »Sachverstand«:

Sachverstand meint die Fähigkeit, Sach- und Fachfragen zutreffend, gehaltvoll und stringent zu beantworten, insbesondere in Darlegung oder Kritik der thematisch umstrittenen Maßnahme.
Kernfrage: „Ist das gesagte richtig?“. „Sachverstand“ verlangt Kenntnis des Streitfalles, genaue Angaben (Daten, Fakten, Definitionen), Richtigkeit von Tatsachen (soweit allgemein bekannt, von Expertenwissen ist dabei abzusehen, Maßstab ist Allgemeinbildung), Gedankenfülle, immanente Schlüssigkeit der Argumentation, ‚Logik’.

Denn zugleich wird »Schlüssigkeit« auch unter »Sprachkraft« bewertet:

Sprachkraft meint Verständlichkeit und Klarheit, Plausibilität und Schlüssigkeit in Vortrag und Darstellung.

Hier herrscht große Konfusion. Denn »Plausibilität« ist doch von der Frage »Ist das Gesagte richtig?« nicht zu unterscheiden! Genauer könnte hier wohl formuliert werden:
»Sachverstand« beurteilt die Richtigkeit der Prämissen, »Urteilskraft« die Richtigkeit der Schlüsse, »Sprachkraft« beurteilt die Glaubwürdigkeit des Vortragenden in Hinsicht seiner Wortwahl.
Will man über die Schwächen der Kategoriendefinitionen urteilen, dann sollte man dabei in Betracht ziehen, dass die Erfinder des OPD-Bogens hier Neuland betraten. Der erste Versuch, die Kategorien zu definieren, ist erkennbar eine Arbeit an Begriffen, ein Ringen um Definitionen, das aber nicht als abgeschlossen bewertet werden kann. Den Erfindern des analytischen Schemas stand eine grobe Richtung (analytischer Ansatz) vor Augen, aber die genaue begriffliche Erfassung der Analyse- Kategorien war ihnen noch nicht restlos klar. Das zeigt sich auch an so blumigen Formulierungen wie

„Sachverstand“ und „Sprachkraft“ zeigen an, welche Fülle an Gedanken und Worten dem Redner zur Verfügung steht. Sie bilden gleichsam das Kapital des Redners. Von „Kontaktfähigkeit“ und „Urteilskraft“ hängt ab, ob und wie ein Redner mit seinem Kapital zu wirtschaften versteht.

(was zwar eine Umschreibung der Begriffe sein mag, aber kaum Hinweis darauf gibt, wie man sie als Jurierkategorien zu handhaben hat.)
oder

Im Urteilsvermögen spiegelt sich die Fähigkeit zur Nuancierung und, nicht zuletzt, die menschliche Reife und Erfahrung eines Redners.

Diese Perspektive erlaubt es, das OPD-Jurierschema in seiner Historizität zu würdigen, und bei den handwerklichen Schwächen die spezifische Leistungsfähigkeit des analytischen Schemas nicht aus den Augen zu verlieren. Zugleich legt diese Perspektive aber auch nahe, die Augen nicht vor der Notwendigkeit zu verschließen, weiter an der begrifflichen Erfassung der Analyse- und Bewertungskategorien zu arbeiten.

4 Der Kompass

Die bisherige Analyse hat gezeigt, dass die Bündelung von Kategorien eine Quelle sowohl der schweren Erlernbarkeit als auch von Willkür im aktuellen OPD-Bogen ist. Mein Vorschlag zu einer Reformierung des Bogens läuft daher darauf hinaus, die fünf Kategorien der Einzelredebewertung durch eine größere Anzahl von elementaren Kategorien zu ersetzen, die mit einer deutlich reduzierten Skalenbreite (fünf Punkte) ausgestattet sind.

Was sind elementare Kategorien? Natürlich kann es bei Wahrnehmung keine im streng logischen Sinne elementaren Kategorien geben, sondern jederWahrnehmungseindruck lässt sich wiederum als aus mehreren Einzeleindrücken zusammengesetzt denken. Dennoch ist es sinnvoll, von elementaren Bewertungskriterien einer Rede zu sprechen. Entscheidend ist hierbei nicht die theoretische Möglichkeit, die Kategorie weiter zu zerlegen, sondern die allgemeine Verständlichkeit, die Anschlussfähigkeit an vorbegriffliches, alltagssprachliches Vokabular. Ein Beispiel: Wir haben einen zwar vortheoretischen, aber intersubjektiv gut übereinstimmenden Begriff davon, was »Gestik« ist.Wir könnten zwar (theoretisch) Gestik unterscheiden in »Gestik der vorderen rechten Extremität« und »Gestik der vorderen linken Extremität«. Aber das würde keinen Zugewinn an Verständlichkeit bedeuten. Deswegen kann man »Gestik« als eine elementare Kategorie betrachten.
Die Elementarisierung der Bewertungskategorien wird den Bogen leichter erlernbar machen und die Möglichkeiten der Willkür einschränken.

5 Vorschlag einer Route

(c) Manuel Adams

Juror bei der Arbeit. (c) Manuel Adams

Auf Grundlage dieser Überlegungen habe ich ein Schema entwickelt, das elementare Kategorien definiert und in jeder Kategorie bis zu fünf Punkten vergibt: In jeder Kategorie kann man zwischen -2 und +2 Punkten für sehr »schlecht«, »schlecht«, »ausgewogen«, »gut« und »sehr gut« erhalten. (Einzige Ausnahme ist die logische Widerspruchsfreiheit, in der es nur negative oder neutrale Bewertungen geben kann.)
Ich habe dieses Schema in meinen Uni-Seminaren verwendet, um Anfänger jurieren zu lassen. Es hat sich gezeigt, dass das Schema für Anfänger sehr leicht zu handhaben ist und die Definitionen praxistauglich sind. Ich verstehe dieses Schema als Vorschlag, mit dem ich eine Möglichkeit aufzeigen will, dass eine konsequente Elementarisierung der Einzelredekategorien möglich und sinnvoll ist.
Die Kriterien könnten wie folgt lauten. Ich habe zugleich für jede Bewertung von »sehr schlecht« bis »sehr gut« Beispiele genannt, um die Kriterien zu illustrieren:

  1. Widerspruchsfreiheit
    -2: Ganze Argumente stehen zueinander imWiderspruch, sodass die Hauptaussage fällt.
    -1: Einzelne Aussagen widersprechen einander, Beispiele sind in Wirklichkeit Gegenbeispiele.
    0: Widerspruchsfrei.
  2. Relevanz
    -2: Thema in weiten Teilen verfehlt.
    -1: Ignoriert an zentralen Stellen bereits Gesagtes oder bringt nichts Neues.
    0: Im Großen und Ganzen relevant, erwartbare, naheliegende Einsprüche werden aber z.T. nicht thematisiert.
    1: Trägt zum Debattenfortschritt bei und erfüllt die im Raum stehende Beweislast, Relevanz jedes einzelnen Arguments für die eigene Seite ist klar.
    2: Relevanz ursprünglich abseitig erscheinender Argumente wird deutlich. Beitrag verändert den Blickwinkel auf die Streitfrage.
  3. Zustimmungsfähigkeit
    -2: Implizite Prämissen sind kaum zustimmungsfähig.
    -1: Kaum zustimmungsfähige Prämissen werden zumindest expliziert.
    0: Wesentliche Prämissen, auf denen die Argumentation fußt, sind zustimmungsfähig.
    1: Alle Prämissen sind zustimmungsfähig.
    2: Ursprünglich schwer zustimmungsfähige Aussagen werden durch plausible Analyse zustimmungsfähig.
  4. Analysetiefe
    -2: Bleibt auf der Behauptungsebene.
    -1: Bezug von Beispielen, Analogien, Unterthesen etc. zu Begründung und Argument zum Teil unklar
    0: Begründungsstruktur der einzelnen Argumente ohne weiteres erkennbar.
    1: Beispiele, Bildern, Analogien sind mit der jeweiligen Begründung, dem jeweiligen Argument explizit verknüpft.
    2: Argumente erscheinen zwingend. Antizipation des jeweils nächsten Begründungsschritts durch das Publikum.
  5. Struktur
    -2: Konfus, Makrostruktur nicht oder nur mühsam erkennbar.
    -1: Verwirrung einzelner Argumentstränge durch Hin- und Herspringen zwischen einzelnen Argumenten.
    0: Trennung der Argumente erkennbar durchgehalten, vorhandene Labels ungenau.
    1: Saubere Trennung der Argumente und Benennung durch treffende Labels.
    2: Bewusster Einsatz von Pausen und rhetorischen Fragen zur Strukturierung der Rede. Explizite Einordnung der einzelnen Redeelemente in den Gesamtzusammenhang der Rede.
  6. Anschaulichkeit
    -2: Argumentation bleibt abstrakt, Beispiele für die Behauptungen fehlen selbst dann, wenn diese nicht offensichtlich sind.
    -1: Beispiele sind unpassend oder generisch.
    0: Beispiele sind passend, aber zum Teil nicht allgemein bekannt oder allgemeinverständlich.
    1: Treffende, allgemein bekannte und verständliche Beispiele.
    2: Komplexe Argumentation wird durch treffende Beispiele, Analogien und Metaphern anschaulich.
  7. Gestik
    -2: Unkontrollierte, störende Nervositätsgesten.
    -1: Monotone Gestik, kaum Inhaltsbezug.
    0: Zum Teil differenzierte Gestik, Nervositätsgesten oder undifferenzierte Gestik kommen aber vor.
    1: Vorwiegend differenzierte Gestik.
    2: Vielfältige und pointierte Gestik, die den Inhalt unterstreicht.
  8. Blickkontakt
    -2: Kein Blickkontakt, Kleben an den Notizen.
    -1: Keine Fixierung einzelner Personen, vorwiegend ziellos wirkender oder starrender Blick.
    0: Wenig Blickkontakt.
    1: Regelmäßiger und kontrollierter Blickkontakt.
    2: Bewusst eingesetzter Blickkontakt mit einzelnen Personen, der regelmäßig wechselt.
  9. Stimme
    -2: Unpassende Lautstärke. Viele Versprecher. Verhaspeln. Stocken, Überschlagen der Stimme. Kurzatmigkeit.
    -1: Monotone Sprechweise, wiederkehrende Modulationsmuster. Störendes Sprechtempo.
    0: Unauffällige, nicht unangenehme Stimmführung.
    1: Zum Teil differenzierte Modulation.
    2: Modulation von Sprechtempo und Dynamik unterstreicht den Inhalt.
  10. Reaktion
    -2: Gegnerische Interventionen zerschießen die eigene Rede.
    -1: Falsche oder inhaltlich ungenügende Reaktion auf Zwischenfragen.
    0: Zwischenfragen werden beantwortet, aber nicht ganz genau auf den Punkt. Angesprochenes bleibt teilweise im Raum stehen.
    1: Souveräne und inhaltlich ausreichende Beantwortung von Zwischenfragen.
    2: Inhaltlich korrekter und dabei schlagfertiger, witziger Umgang mit Zwischenfragen und Zwischenrufen.
  11. Ausdruck
    -2: Verwendung negativ konnotierter Begriffe für die eigene Seite, falsche Verwendung von (Fach-)Begriffen oder Sprichworten.
    -1: Verwendung von Begriffen, die das Gewünschte nur ungenau oder unzutreffend bezeichnen.
    0: Unauffällige Wortwahl.
    1: Treffende, der eigenen Seite günstige Wortwahl, korrekte Verwendung von Fachbegriffen.
    2: Pointierte Ausdrucksweise, Wortwitz und Anspielungen, Verschiebung der Sympathie durch subtile Konnotation der Wortwahl.
  12. Unterhaltung
    -2: Witze, die unpassend, geschmacklos oder nicht witzig sind.
    -1: Steifer oder langweiliger Auftritt, formelhafter Einstieg und Schluss.
    0: Trockener Stil, der dem Thema aber angemessen ist.
    1: Charmanter Auftritt. Prägnanter Einstieg und Abschluss der Rede.
    2: Feine Ironie. Lacher.

6 Auf zur Fahrt!

Dies ist nur ein erster Vorschlag, die Bündelkategorien durch Elementarkategorien zu ersetzen. Ich habe ihn hier vorgestellt, um zu zeigen, dass eine Elementarisierungsreform sinnvoll möglich ist. Der vorliegende Bogen hat sich in der Praxis meiner Uni-Seminare mit Debattierneulingen bewährt. Dennoch bin ich leicht davon zu überzeugen, dass auch dieser Bogen verbesserungsfähig ist. Gerade vom Jurier-Think- Tank und der hier anwesenden geballten Juriererfahrung erhoffe ich mir weitere Hinweise, die Kriteriendefinitionen zu verbessern. Um eine Elementarisierungsreform des OPD-Bogens umzusetzen (deren Sinn ich hoffe dargelegt zu haben), schlage ich folgendes Vorgehen vor:

I Ein vom Think-Tank gebildeter Ausschuss interessierter Juror*innen inklusive der Mitglieder der OPD-Regelkommussion erarbeitet elementare Kategoriendefinitionen im 5-Punkte-Schema. Eine Grundlage dafür können die Kategorien
sein, die ich bereits entwickelt habe.
II Die Ausschussmitglieder testen den so entstehenden Bogen. Das kann sowohl in den Clubdebatten geschehen als auch anhand von Videoaufzeichnungen von Debatten. Die Erfahrungen dieser Phase fließen in eine verbesserte Variante
des Bogens ein.
III Der Ausschuss veröffentlicht diesen Bogen als Beta-Version. Die Clubs testen den Bogen im Alltag und geben Rückmeldungen an den Ausschuss.
IV Der Ausschuss korrigiert den Bogen anhand der weiteren eigenen Erfahrungen und anhand der Rückmeldungen aus dem Praxistest. Er veröffentlicht eine abschließende Version des Bogens und empfiehlt dem VDCH und der FDL, ihn für seine OPD-Turniere zu verwenden.

Jonathan Scholbach/ama

Mittwochs-Feature

Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 10.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de

Jonathan Scholbach studiert in Jena Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften und war Präsident der Debattiergesellschaft Jena. Zusammen mit Friederike Meyer zu Wendischhoff und Severin Weingarten wurde er 2013 Regionalmeister. Er war Chefjuror des Magdeburger Elbe Opens 2013 und der Westdeutschen Meisterschaft 2014 in Münster. Jonathan ist Master-Trainer im Train-the-Trainer-Programm des VDCH.

 

 

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43 Kommentare zu “Für eine Reform des analytischen Jurieransatzes – ein Vorschlag von Jonathan Scholbach”

  1. Mark Etzel sagt:

    Interessanter Vorschlag, dem ich Einiges abgewinnen kann! Da eine so umfangreiche Reform wahrscheinlich auf großen Widerstand stoßen wird, möchte ich anmerken, dass auch eine teilweise Umsetzung der Ideen diskutiert werden sollte (z.B. ist die Skalenbreite ist auch mit Bündelung unsinnig groß).

    Jonathan, gibt es einen bestimmten Grund, warum nur Einzelrednerkategorien in diesem Vorschlag erfasst sind? Wer sich an der Unklarheit der Kategorie „Sprachkraft“ stört, müsste doch noch ein viel größeres Problem mit „Strategie“ und „Überzeugungskraft“ haben…

  2. Christian (MZ) sagt:

    In jedem Fall sehr interessant 🙂 Ich schließe mich aber Mark und seiner Frage nach den Team- bzw Strategiekategorien an. Soll dort alles bleiben wie es ist? Zumindest die Punkteskalen müssten dort zwingend verändert werden, wenn die Gewichtung mit den Einzelrednerpunkten ähnlich bleiben soll. Oder sollen auch diese Kategorien durch neue ersetzt werden?

    Im Übrigen: Ohne mich jetzt vertieft mit den aufgeworfenen Fragen auseinander gesetzt zu haben, aber für mich klingt das eher nach einem alternativen Format als nach einer Reform von OPD. Was übrigens nicht schlimm wäre und man könnte das gerne mal auf einem Turnier oder in Clubs testen. International gibt es nach meiner Kenntnis auch sehr viele sehr unterschiedliche Formate und nicht nur BPS, warum also nicht etwas mehr vielfalt bei uns, ausprobieren kann man es ja mal 🙂

  3. Sabrina E. sagt:

    Ich stimme dir zu, dass die momentane Punkteverteilung etwas willkürlich ist (insbesondere mit Rebuttal, Zwischenfragen, etc…). Allerdings sehe ich das Problem als nicht so tragisch an, solange die einzelnen Kriterien nicht doppelt berechnet werden. Es ist im endeffekt egal, ob ich das Rebuttal in meine Kontaktfähigkeit oder die Urteilskraft einfließen lasse. Am Ende muss der Gesamteindruck stimmen. Aber ich sehe durchaus, dass es da vielleicht Verbesserungspotential gibt.

    Leider sehe ich ein viel größeres Problem in der engen Punktedifferenz, die du vorschlägst. Bei einem Skala von +2 bis -2 ist die Differenzierung kaum zu bewerkstelligen. Zum Einen hat man sehr schnell das Limit dessen erreicht, wohin man sich steigern kann. Wir definieren quasi eine Toprede. Und das nimmt uns am Ende doch den Spaß: man debattiert, um besser zu werden und nicht, um eine Leistung halten zu wollen.
    Wenn wir also Luft nach oben behalten wollen, müsste man die Rede eines Konrad Gütschows (der Vergleich sei hier mal erlaubt) mit +1 bewerten – ebenso wie die Rede eines momentan im Tab 4-Platzierten. Auch derjenige kann in all deinen vorgeschlagenen Kategorien top sein, es hapert nur vielleicht an der „feinen Ironie“. Schon haben wir im Tab plötzlich ganz viele, die nur in einer Kategorie keine Topleistung vollbringen und einen besten Redner zu küren wird schwer. Auch hier finde ich den Verlust von Ansporn, Wettkampf und so weiter nicht nur schade, sondern auch unfair denjenigen gegenüber, die bei einer feineren Differenzierung besser wären.
    beide Fälle können übrigens auch miteinander einhergehen: plötzlich haben wir ganz viele Topreden. Das wäre dann vermutlich der Worst-case.
    Auch heute wird natürlich nicht die ganze Bandbreite an Punkten ausgenutzt. Das finde ich persönlich schade, aber es reicht, um Differenzierung zuzulassen und keine Dauer-Topreden zu küren.

    Kommen wir zu der Frage, was einen guten Juror ausmacht. Zum Einen muss er die Kategorien verstanden haben und zum Anderen darf er sich nicht der Willkür hingeben. Ich glaube, dass beides heutzutage schon gegeben ist oder aber nicht verbessert wird.
    Auf den ersten Blick erscheint es natürlich logisch, dass eine breitere Aufschlüsselung der Kriterien dazu führt, dass man eher weiß, was sich dahinter verbirgt. Es hat aber auch den Effekt, dass man nicht weiter über den Tellerrand schaut oder schauen kann. Sprachkraft ist mehr als nur die Modulation der Stimme oder das Einsetzen von Pausen. Es kann genauso ein Dialekt sein, eine Stimmhöhe, der Wortgebrauch und vieles mehr sein. Man hat in OPD absichtlich keine Liste, die abgehakt werden kann. Wenn mir jedoch bei einer Rednerin auffällt, dass sie ständig das gleiche Wort verwendet, dann kann ich das bewerten. In festgelegten und zu sehr definierten Kategorien kann ich das nicht nur nicht anrechnen, sondern neuen Juroren auch nicht beibringen hierauf zu achten (=offen sein für individuelle Fehler). Oder natürlich ich interpretiere es in eine KAtegorie hinein – dann haben wir das gleiche Problem wieder.
    Kommen wir noch zur Willkür. Eine breite Skala erlaubt breite Ausschläge. Das ist soweit richtig. Aber für diesen Fall hat man das Jurorengespräch im Nachhinein und ein Briefing im Voraus: wenn 8 als Durchschnitt zählt, kann ich nicht bloß für ein schickes Sprachbild 12 Punkte vergeben. Kann ich schon, wird aber korrigiert oder mir im Anschluss erklärt werden. Willkürlicher ist es dagegen, wenn jeder eine „perfekte Rede“ sehen kann. Da denke ich als neuer Juror doch viel eher darüber nach: Werde ich wirklich nie eine bessere Rede sehen? Ist das schon das Ende der Fahnenstange? Viele werden nein sagen und daher pauschal lieber nur +1 statt +2 geben. Sie haben ja nicht die Wahl zwischen 8,9,10,11,12,… zu wählen. Gleiches Problem bei erfahrenen Juroren: „Da kenne ich aber bessere Reden von ihm/ihr!“ und es wird nur ein Punkt in der Kategorie geben. Genauso wie bei der Person, die etwas besser als +/- 0 redet. Das ist viel willkürlicher: gleiche Punktzahl für den knapp 1-er und den grade-nicht +2-er.

  4. Jonathan Scholbach sagt:

    @Teamkategorien: Es ist ja zunächst ein methodischer Ansatz. Natürlich muss der auf Teamkategorien ausgeweitet werden. Ich habe das erstmal nur exemplarisch an den Einzelredekategorien durchgeführt.
    @Skalenbreite/Auflösung: Mark und Sabrina, die *Auflösung* ist immernoch hoch (das ist ja gewünscht), aber die Skalenbreite ist niedrig. Die Auflösungsfähigkeit des Bogens nimmt nicht ab, weil es ja mehr Kategorien gibt. Superwoman schafft dann zwar nur +2, aber dafür in allen Kategorien. Ich habe noch nie in meinem Leben eine Rede gesehen, der ich in allen Kategorien +2 gegeben hätte. Das ist in meinen Augen ein starker Einwand gegen alles, was du, Sabrina, dazu sagst.

    @Willkür: Niemand ist frei von Willkür, gerade weil sie oft unbewusst stattfindet. Eine Korrektur findet heute nicht statt. „Mitteln“ verdünnt den Fehler ja nur, und hebt ihn nicht auf.

  5. Jonathan Scholbach sagt:

    PS: @Sabrina: Viele psychologische Tests ergeben, dass wir eine Größe sowieso nicht sinnvoll in einer Skala mit mehr als 5 Differenzierungsgraden einordnen können. Wie sehen denn sechs verschiedene Reden aus, die sich allesamt so sehr in „Blickkontakt“ unterscheiden, dass es sträflich wäre, wenn zwei dieser Reden die gleiche Punktzahl in „Blickkontakt“ bekämen?

  6. Sabrina E. sagt:

    Aber wir müssen die Willkür ja nicht noch willkürlicher machen, indem wir so tun, als wäre sie nicht mehr da.

    Oh, die Reden unterscheiden sich ja nicht allesamt nur im Blickkontakt. Sie unterscheiden sich in vielen verschiedenen Nuancen. Der Eine hat einen guten Blickkontakt, aber schafft es dennoch nicht, den Raum einzunehmen. Der Andere nimmt den ganzen Raum mit, aber wackelt an einer Stelle, die ihn verunsichert, mit den Augen und weicht dem Blick aus. In deiner Kategorisierung wären beide im positiven Bereich, denn sie haben immer noch gute Leistungen. Leider wären sie auch beide bei +1, denn „der Andere“ konnte nicht in 100% der Zeit Blickkontakt behalten. Bedeutet: beide Redner wären gleich bepunktet, obwohl einer ungleich mehr Leistung brachte.

  7. Toni (München) sagt:

    Ich halte die Zerfaserung einer Rede in noch mehr Einzelkategorien mit wenigen Differenzierungsmöglichkeiten dann doch für gefährlich (was jetzt nicht dagegen spricht, es mal auszuprobieren) und das aus verschiedenen Gründen.
    Die fünf Kategorien, die wir haben, sind meiner Meinung nach ein ganz guter Kompromiss an Dingen, ohne die eine Rede nicht völlig überzeugend sein kann. Innerhalb dieser Kategorien lässt das aktuelle System aber zu, dass bestimmte Aspekte dominieren oder egal werden. Auch wenn z.B. Beispiele meist eher positiv sind, gibt es aber sehr wohl Fälle, wo man sie nicht vermisst, weil eine abstrakte Argumentation mit brillanter Wortwahl und Stimme schon völlig einnehmend ist. Ich müsste nach diesem Schema bei einer solche Rede trotzdem als Juror Punkte abziehen, im aktuellen System kann ich, wenn das Fehlen der Beispiele keinen Schaden angerichtet hat, trotzdem sehr hohe Punkte geben.
    Auch sehe ich im „Kompetenzgerangel“ der Kategorien kein Problem. Erstens weil (wie Sabrina es schon gesagt hat) es egal ist, ob ein schlechtes Rebuttal nun in Kotaktfähigkeit oder in Urteilskraft abgezogen wird. (Oder ob die sachliche Falschheit des Rebuttals in Sachverstand, das Eingehen auf die falschen (schwächsten) Argumente in der Kontaktfähigkeit und die zu große Länge des Rebuttals in der Urteilskraft abgezogen wird). Auch wird gerade in diesem Kompetenzgerangel deutlich, dass die Kategorien nicht jede für sich im luftleeren Raum stehen, sondern verbunden sind. Eine präzise Wortwahl unterstützt natürlich eine präzise Argumentation. Ein sicheres Auftreten hilft bei der Raumbeherrschung. (die ein wichtiger Punkt bei der Kontaktfähigkeit ist, aber bei dir z.B. entweder komplett zergliedert oder rausgeworfen ist, aber durchaus ein wichtiges Kriterium dafür ist, wie überzeugend eine Rede bei einem Publikum ankommt)
    Ich glaube auch nicht, dass damit Willkür, wie du sie beschreibst, wirklich bekämpft werden kann. Stimmführung, Gestik u.a. werden immer subjektive Anteile beinhalten und dann gebe ich halt mal eher die +2 als die +1, wenn mir ein*e Redner*in gefällt. Analog übrigens Hoch- und Niedrigpunkter.

  8. Jonathan Scholbach sagt:

    Bleibt die Frage, ob ein Bogen mit elementarisierten Kategorien in der Praxis diese Feinheiten nicht besser abbildet als der gegenwärtige Bogen es in der Praxis tut. Man kann die Analyse leicht verunklaren, wenn man fragt: „Welcher Bogen ist der beste für ideale Juror*innen?“ Stattdessen sollten wir (denke ich) fragen: „Welcher Bogen ist die bessere Leitschnur für Juroren?“, d.h. „Wie kann der Bogen Fehler minimieren, die wir beim Jurieren mit dem gegenwärtigen Bogen beobachten und die wir trotz ständiger ,Eichung‘ und trotz Jurierseminaren in der Breite nicht beheben können?“
    Ich glaube kaum, dass wir den Anspruch, den du, Sabrina, an den neuen Bogen stellst, heute auch den alten Bogen stellen dürfen. So detailliert, wie du es dir wünschst, wird der Blickkontakt doch im gegenwärtigen Bogen, wenn überhaupt, dann in den seltensten Fällen analysiert.

  9. Sabrina E. sagt:

    Ich glaube, dass eine Leitschnur gerade der falsche Weg wäre. Wie Toni sagt, ist eine Rede immer ein Gesamtpaket und die Kategorien greifen ineinander über. Ironie ist auch Sachverstand, Blickkontakt auch Ausstrahlung, ein gutes Beispiel auch eine Sache der Urteilskraft. Der Blickkontakt muss daher überhaupt nicht so genau analysiert werden; das sollte nur als Antwort auf deine Frage dienen. Er muss im Gesamtkontext betrachtet werden – und das geht mit dem aktuellen Bogen ganz gut.
    Ich sehe leider nicht ganz, welche Probleme wir in der Jurierung haben. Einzelne Abweichungen sind nur gut und Sinn und Zweck. Ansonsten würden wir ja sagen, dass es eine richtige Punktzahl für eine Rede gibt und das widerspricht dem Grundgedanken von OPD. Von den großen Abweichungen kommen wir nur dann weg, wenn wir den jungen Juroren erklären: Ein bisschen Stocken muss noch nicht heißen, dass eine ganze Kategorie in den unterdurchschnittlichen Bereich fällt. Aber es kann sein, dass du dich dadurch in den Argumenten gestört fühlst.
    Vor allem aber müssen wir ihnen vermitteln: Es gibt einen Unterschied zwischen einer 48er und einer 55er Rede. Nicht: Es gibt eine Decke und es gibt nur eine Handvoll wichtiger Kriterien, die du einzeln nacheinander und voneinander getrennt bewerten kannst.

  10. Jan (Tü) sagt:

    Ich glaube, dass vieles was passiert zumindest nicht völlig willkürlich ist und möchte gerne dein Beispiel nehmen und einige Faktoren nennen, von denen ich glaube, dass sie zurecht in die Punktzahlen einwirken. Dabei meine ich den Unterschied zwischen Halbfinals und Finals.

    1) Themen: Ein guter Chefjuror setzt für ein öffentliches Finale ein anderes Thema als für ein nicht-öffentliches Halbfinale. Stark analytische Themen setzt man beispielsweise eher ins Halbfinale. In diesen Themen kann man sehr gut sein, aber eine richtig gute Kontaktfähigkeit ist dabei einfach schwieriger zu erreichen

    2.) Juroren
    Wenn wir davon ausgehen, dass die Chefjuroren versuchen tatsächlich die besten Juroren ins Finale zu stellen, dann sollten die Juroren im Finale zumindest noch einen Tick besser sein. Wenn man dazu bedenkt, dass mittelmäßig erfahrene Juroren wie sie vielleicht noch ins Halbfinale breaken dazu neigen Punkte nicht in Extrembereichen zu geben würde sich erklären, warum Punkte möglicherweise leicht höher sind.

    3.) Räume
    Der Raum in dem ich rede hat einen Einfluss darauf, wie ich von anderen wahrgenommen werde. Da für Finals häufig besondere Räume genutzt werden, die den Redner auch zur Geltung bringen sollen, liegt es nahe, dass er dann auch anders wahrgenommen wird.

    4.) Leistungsdruck
    Du wirst feststellen, dass sehr viele Sportler Weltrekorde in Finals erreichen. Auch sind die Halbfinalläufe beim Sprinten bei Olympia oder ähnlichem häufig auch langsamer als die Finals. Die Situation schafft auch die Leistung.

    5.) Publikum
    Diesen Aspekt halte ich insgesamt für den größten. Bestimmte Dinge funktionieren nur mit einer bestimmten Publikumszahl. Humor z.B. ist etwas, was immer auch den Rezipienten braucht. Außerdem legen Redner in Finals mehr Wert darauf das Publikum zu unterhalten, weil es zum einen ein gutes Gefühl ist, wenn der Raum hinter einem steht und zum anderen kann man häufig nur so den Preis für die beste Rede bekommen. Ein Beispiel dazu: Lennarts Rede im Finale der letzten DDM hat nur mit Publikum funktioniert; ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass sie zu großen Teilen von der Teilnahme einer prominenten Ehrenjury profitiert hat. Ähnliches gilt übrigens für die Rede von Nicolas.

    Ich glaube außerdem, dass man bei vielen Beispielen auch sieht, dass es hervorragende Halbfinaldebatten gegeben hat, die dann auch dementsprechend bepunktet worden sind und das Finale nicht unbedingt noch höher bepunktet wurde. Ein Beispiel dafür wäre das HF der ZD Tübingen dieses Jahr, in dem zwei(!) Redner einen Schnitt von über 56Punkten hatten.

    Das erklärt vielleicht nicht alles, aber zumindest einen großen Teil des Unterschieds.

  11. Jan (Tü) sagt:

    Das muss übrigens nicht heißen, dass dein Ansatz schlecht ist, ich wollte nur zeigen warum ich glaube, dass das was du Willkür nennst nicht ganz so willkürlich ist.

  12. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Jan: Das deckt sich mit meiner Erfahrung kaum. Ich habe sehr oft erlebt, dass die Finals schlechter sind als die Halbfinals. In erster Linie liegt das wohl daran, dass die Leute nervös sind. Dennoch bekommen die Debatten höhere Punkte als die Halbfinals. Und wir wissen doch auch recht gut, wie das kommt: Ein Effekt besteht darin, dass es Juroren gibt, die strategisch hohe Punkte vergeben, damit ihr Team gewinnt (Willkür in Reinform). Ein anderer Effekt besteht darin, dass man – auch bei Differenzen in der Jury – gern mal das Argument „Na komm schon, das ist hier ja auch ein Finale“ hört und es auch sonst unausgesprochen im Raum steht.
    Im Übrigen ist die Differenz der Punkte ja nur eines der schwächeren Indizien für Willkür. „Hoch-“ und „Niedrigpunkter“ sind ein viel stärkerer Hinweis, dass das, was wir „Eichen“ nennen ein reiner Euphemismus ist. Und: Wie oft habe ich nicht schon (auch als Begünstigter) den Familiar-Faces-Effekt erlebt. Manche sehr etablierten Leute bekommen einfach für eine durchschnittliche Rede nicht 40 Punkte, sondern 45 (Willkür in Reinform).

    @Sabrina: Den Gesamtkontext kann man ja auch mit elementaren Kategorien würden – indem man sich immer fragt, welchen Einfluss (zum Beispiel) der Blickkontakt auf die Wirkung der Rede hatte. Es sind sicher Reden denkbar, in denen die Rednerin es gerade als rhetorisches Mittel verwendet, einen Großteil der Rede auf ihre eigenen Schuhspitzen zu schauen. Dann kann man dafür auch +2 bei Blickkontakt geben. Die Möglichkeit, Angemessenheit zu bewerten, ist nicht auf unklare Kategorien angewiesen.
    Und noch was Grundsätzlicheres zu diesem Punkt: Natürlich sind die Jurierenden freier, je weniger (Definitives) der Jurierbogen hergibt. Aber wenn man die Freiheit der Jurierenden als oberste Prämisse hat (wie es mir aus deinen Argumenten zu sprechen scheint), dann sollte man den Bogen komplett abschaffen. Wenn man schon Kriterien hat, dann sollte man doch versuchen, mit der Definition der Kriterien so gut wie möglich zu erfassen, was an Reden überzeugend wirkt. Der Kompromiss, den OPD gerade macht, und den du zu verteidigen scheinst, kann man in meinen Augen mit „Wir hätten gern Güte-Kriterien einer Rede, aber bitte nur möglichst ungenaue! Und übrigens sollen es 5 sein.“ zusammenfassen

  13. Christian (MZ) sagt:

    Hm, also ich finde die Punkte von Jan nachvollziehbar. Sicher, sie mögen nicht in jedem Fall zutreffen, aber dass sie einen Einfluss haben können und wahrscheinlich haben, würde ich auch vermuten. Es gibt sicherlich auch einige Teams, denen das Reden vor einem größeren Publikum mehr liegt als anderen, eben weil die Interaktion mit dem Publikum ungeheuer motivierend sein kann. Im Übrigen hat nach meiner Erfahrung (und dem was man mir sagt) die pauschale Hochpunktung bei Finals in den letzten Jahren im Vergleich zu früher deutlich abgenommen. Dass es aber auch höher bepunktete (!) Halbfinals als Finales gab und gibt, sollte nichts neues sein (zb DDM 2015).
    Juroren zu unterstellen, sie wollten nur ihr Team durchbringen, ist dagegen ein ziemlich heftiger Vorwurf. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass so etwas regelmäßig vorkommt, eher mal unbewusst, aber bei großen Finals, insbesondere von ZEIT Debatten kann ich mir das eher nicht vorstellen. Aber selbst wenn: In BP gäbe es diesen Effekt noch viel extremer, weil da nicht gemittelt wird und ein Juror mit einer gewissen Hartnäckigkeit und Erfahrung seinen Call auch einmal durch boxen und damit ein Ergebnis komplett umdrehen kann. In OPD müsste man die Skala schon extrem ausschöpfen, um das zu erreichen, aber, zugegeben, auch dort kann das natürlich funktionieren, wobei man es dann auch wirklich sehr darauf anlegen muss (das ist dann für mich aber nicht mehr Willkür, sondern schon fast Boshaftigkeit).

    Generell sehe ich es wie Konrad und Sabrina: Checklisten mögen das Jurieren leichter und nachvollziehbarer machen, aber sie helfen uns nicht (zwangsläufig) dabei, gute Reden als solche zu erkennen und zu bewerten. Die OPD so zu jurieren, wie das Format es vorsieht, ist schwierig. Sie stellt einen hohen Anspruch an den Juroren, weil sie dem Redner große Freiheit bietet und den Juror zwingt, sehr viele Dinge gleichzeitig zu beachten und zu bedenken. Das ist für mich aber noch kein Grund, die OPD abzuschaffen oder zu simplifizieren, denn mit etwas Übung kann man auch die OPD gut jurieren und bekommt ein Gefühl für das Reden als solches.

    Und wem das willkürlich erscheinen mag, der soll mir mal bitte erklären, warum BPS nicht mindestens genauso willkürlich ist 😉 Soweit ich weiß, wurde dort schon mehrfach bei Jurierseminaren gesagt (wurde mir zumindest berichtet), dass es für ein und dieselbe Debatte unterschiedliche aber gleich wohl richtige Ergebnisse geben könne. Man müsse sie nur begründen können (und das kann ein erfahrener Juror eigentlich immer, erst recht bei einer guten Debatte). Das ist ein Stück weit wie bei OPD, nur dass es bei BPS keine Kategorien gibt, an denen man sich orientiert und vor allem erhalten die Redner am Ende nur ein einziges Ergebnis, mit dem sie leben müssen und wo gerade nicht gemittelt und damit die subjektive Einschätzung eines Juroren ausgeglichen werden kann. Ich habe vor einier Zeit eine erfahrene Person sagen hören, dass sie sehr gerne BPS juriere, weil man da nur entscheiden müsse, wen man besser fand. Will man wirklich die Willkür abschaffen, kann man genauso gut bei BPS anfangen 😉

  14. Jonathan Scholbach sagt:

    @Christian: Es geht doch hier darum, wie man den OPD-Bogen besser machen kann. Natürlich können wir uns auch erstmal um eine Reform der Verfassung Ungarns kümmern, die hat sicherlich auch einige Schnitzer… 🙂

  15. Christian (MZ) sagt:

    Berechtigter Hinweis, da stimme ich zu 🙂

    Geht es dir eher um den Bogen als solchen oder um die Änderung des Regelwerks und den Anforderungen an Redner und Juroren?

  16. Jonathan Scholbach sagt:

    Das Stilideal der OPD soll nicht geändert, aber konkretisiert werden. Die Anforderungen an Redner sollen sich nicht ändern. Der Bogen soll verständlicher und leichter zu handhaben werden. Damit die Entscheidungen besser nachvollziehbar werden und auch das Verbesserungsfeedback genauer wird. Die Notwendigkeit des heute abaolut notwendigen, aber absolut unvollständigen „Eichens“ soll reduziert werden. Clubs ohne große Debattiererfahrung soll der leichter erlernbare Bogen helfen, die Qualität ihrer Clubjurierungen zu steigern.

  17. Jonathan Scholbach sagt:

    Ich würde mich übrigens sehr über konstruktive Kritik an der konkreten Umsetzumg der Elementarisierung freuen, d.h.: Fehlen Kategorien? Kann man die vorhandenen Kategorien noch genauer fassen? Wie könnten Teamkategorien aussehen?

  18. Sibylla J. (HH) sagt:

    Du stellst eine Problemanalyse vor, die in dieser Form nur schwer von der Hand zu weisen ist.
    Allerdings glaube ich, dass diese Umgestaltung des Jurierbogens auf diese Art und Weise nicht unbedingt zielführend ist. Ich glaube, dass von diesem Jurierbogen aus ein gewisser Abschreckungseffekt für junge Juroren und vielleicht sogar Redner ausgehen würde. So ist es stimmt es vermutlich, dass der Jurierbogen, wie Du ihn vorschlägst, leichter zu erlernen ist. Doch die Hemmschwelle, den Umgang mit ihm zu erlernen, ist wahrscheinlich deutlich höher. Wenn Du einem jungen Juror einen Bogen in die Hand gibst und ihm sagst, er soll sich für die nächsten sieben Minuten auf zwölf Kategorien konzentrieren statt auf fünf, dann würde davon, zumindest für mich, ein großer Abschreckungseffekt ausgehen. Das wird für viele ähnlich sein. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass wir auf diese Art und Weise mehr Redner für das Jurieren gewinnen. Es hätte vermutlich einfach nicht den selben Reiz, wenn man einfach nur noch mechanisch kontrolliert, ob alle zwölf Kriterien erfüllt werden. (Abgesehen davon, dass dies vermutlich auch nicht unbedingt zu mehr Respekt vor Juroren führen würde…)

    
Ich teile zudem die Analyse von Sabrina, dass so ein Bogen zu einer Form des “mechanischen” Jurierens führt. Und abgesehen davon wird dieses Jurieren ganz einfach allgemein weniger Spaß bringen wird. Man vergegenwärtige sich zudem, welchen Einfluss dieser Bogen auf gerade junge Redner hätte. Ich sehe das Problem, dass wir auf diese Art und Weise einer ganzen Generation von Redner beibringen, sich nur noch an diesen Kriterien zu orientieren. Und alle nur noch versuchen in diesen 12 Kategorien möglichst viele Punkte zu gewinnen. Es ist schon bedauerlich, dass der Status Quo alle dazu verleitet, die Freien Redner in ihre Reden einzubauen, um möglichst viele Punkte in Kontaktfähigkeit zu erreichen, obwohl es überhaupt nicht in die Rede passt. Wie wäre das dann erst wenn, alle zu jedem Zeitpunkt zwölf Kategorien im Kopf haben und dringend noch versuchen müssen, feine Ironie einzubauen, um auch noch zwei Punkte in Unterhaltung zu bekommen. Es würden sich automatisch Checklisten. Ich glaube, dass dies nicht unbedingt zu besseren Reden führen würde, zumal bei den jungen Rednern. Sie würden die Schönheit ihrer Rede als ganzes vernachlässigen und nicht mehr lernen, den Stellenwert einen Rede für die Debatte zu erkennen. Sie würden nur noch dazu neigen, sich an den zwölf Kategorien entlang zu hangeln. Ich debattiere erst seit Kurzem. Hätte man mir am Anfang gesagt, “Schau mal da sind zwölf Kategorien und für jede von kannst du zwei Punkte bekommen”, dann hätte mich das a) vermutlich abgeschreckt und b) hätte es dazu geführt, dass ich mich weniger auf meine Reden als solches konzentriert hätte. In meinen Kopf hätte vermutlich nur ein Wirwarr an Kategorieren geherrscht, an die ich mich krampfhaft versucht hätte zu erinnern, um doch noch irgendwie Punkte zu bekommen. Und ich vermute, dass ich so nicht schneller gelernt hätte schöne Reden zu halten.

    Ich glaube daher, dass gerade in Hinblick auf junge Redner und junge Juroren dieser Bogen eher eine abschreckende Wirkung hätte.

  19. Jonathan Scholbach sagt:

    Vielen Dank, Sybilla, für Deine Perspektive. „Ich sehe das Problem, dass wir auf diese Art und Weise einer ganzen Generation von Redner beibringen, sich nur noch an diesen Kriterien zu orientieren.“ – das ist interessant, denn wie bringen wir den Leuten denn heute „gutes Reden“ bei? Indem wir sie auf Fehler hinweisen, die die Wirkung ihrer Rede beeinträchtigen und Tipps geben, was sie stärker macht. Und damit haben wir auch eine Liste von Kriterien – nur dass diese unausgesprochen in unserem Kopf ist. Der Bogen soll der Versuch sein, diese Dinge etwas expliziter einzufangen. Dass Leute etwas haben, woran sie sich orientieren können, das würde man aus pädagogischer Sicht doch grundsätzlich erstmal begrüßen, oder? Wie soll man sonst was lernen?

    Ich habe – in dieser Diskussion und in vielen Gesprächen, die ich geführt habe – den Eindruck, dass exzellentes Reden zum Teil mythisiert wird als etwas Unbeschreibliches, und damit auch als etwas Unlernbares. Diese Haltung teile ich gerade nicht. Ich glaube, dass wir gewisse Grundfertigkeiten lehren können, die nahezu jede Rede besser machen werden. Genie können wir nicht beibringen, klar. Aber auch ein Genie wird von den lehrbaren Basics profitieren. Dass es sauschwer ist, analytisch brillant, total leicht verständlich und gleichzeitig super unterhaltsam zu sein, ist klar. Aber dass ein Ideal ist, ist doch unbestritten, oder?

    Die Unübersichtlichkeit ist wohl in der Tat ein Problem, ich überlege auch, wie man das handhaben kann. Letztlich bildet sie ja aber die Komplexität der Aufgabe ab, eine Rede zu jurieren. Vielleicht kann man Anfängern sagen, dass sie sich zunächst einmal auf eine Auswahl der Kategorie konzentrieren, wenn sie den Bogen erlernen?

  20. Jonathan Scholbach sagt:

    (PS. Sorry, dass ich deinen Namen falsch geschrieben habe)

  21. Peter G. sagt:

    Nur kurz was grundsätzliches an dieser Stelle zum Nebenschauplatz „wie bringe ich Reden bei“:
    Bei uns im Club wird zunächst gelehrt gut zu Reden, ohne dass den Mitgliedern ein Jurorenbogen vorgelegt wurde (sei es nun mit 5, 12 oder 53 Kategorien) und ohne Punkte zu verteilen. Ich weiß, dass wir, glaube ich, der einzige Club sind, der diesen Ansatz verfolgt. Der Vorteil ist aber, dass sich die Redner gerade am Anfang nicht durch Kategorien und Anforderungsprofile unter Druck gesetzt fühlen und dass man Ihnen im Feedback dediziert Verbesserungen nahe bringen kann, ohne sie durch tausende von Kriterien, auf die gleichzeitig geachtet werden soll zu verwirren. So kann man kleinschrittige Aufgaben an den Redner stellen, die auch umsetzbar erscheinen. Natürlich verstecken wir den Bogen auch nicht aktiv, wer sich dafür interessiert darf ihn durchaus haben 😉
    Das ist nun aber unabhängig von Jonathans Ansatz, der soll auch weniger das Reden reformieren, als viel mehr das Jurieren. Also zum Thema:

    Das schöne an OPD ist: Eine gute Rede ist eine Rede, die gut ankommt. Daher ist es auch nicht notwendig zu sagen welche Kategorien es wie gibt um Reden zu lernen. Die Punkteskala existiert ja eigentlich nur um im Turnierbetrieb ein absolutes Ranking erstellen zu können. Sie soll abbilden, was eine gute Rede ist, nicht definieren. Demnach würde es eigentlich reichen eine einzige Kategorie zu haben. Die nennen wir dann einfach Punktzahl. Ich bin überzeugt davon, dass gute (!) Juroren in der Lage sind gänzlich ohne Kategorien OPD zu jurieren. Dabei genügt es völlig, wenn die Juroren wissen, worauf es ankommt. Bspw. gibt es auch im Turmspringen verschiedene Kriterien, die zur Bewertung herangezogen werden, aber die Juroren vergeben nur eine Gesamtpunktzahl. Das Problem liegt hier leider in der Ausbildung und damit Qualität der Juroren. Bei uns gibt’s halt keine Lizenzen und Lehrgänge für sowas. Also muss es ermöglicht werden, dass auch unerfahrene Juroren in der Lage sind zu jurieren. Dafür brauchen wir Kategorien und Leitfäden. Ich glaube, dass Jonathans Ansatz das jurieren erleichtern könnte. Das geht allerdings durch die Technisierung, die es leichter macht, zu Lasten der Idee von OPD, die ja platt gesagt ist: Gut ist, was gut ist. Unterm Strich also meiner Meinung nach ’ne Abwägungsfrage (wie so oft): Wie einfach muss Jurieren sein, damit Fairness gegeben sein kann und wie einfach darf es werden, um der Komplexität einer „guten Rede“ gerecht zu werden?

    Beispielhafte, konkrete Kritik an der Stelle: Ich kann unterhaltsam sein ohne Ironie zu benutzen. Ich kann auch in einem Maße ironisch unterhaltsam sein, wo das Wort „fein“ nicht mehr angemessen ist. Beides kann ich aber so genial, dass ich dafür +2 in Unterhaltung kriegen muss! (Feine Ironie, kein schlechter Witz! Dafür bitte +2, nicht -2!) Dem kann dein Ansatz nicht gerecht werden, hier machst du es „zu einfach“.

    Der Wissenschaftler in mir sagt: Macht eine Studie! Wir brauchen 4 Gruppen von Juroren, 2 unerfahrene und 2 erfahrene, die dann jeweils nach Jonathan und klassisch jurieren. Dann wird verglichen. Ein Turnier mit 12 Juroren pro Raum ist unrealistisch? Schade. Dann lasst uns weiter im Elfenbeinturm diskutieren 😉

  22. Daniil sagt:

    Ich habe leider keine Zeit, meine Gedanken neu zu formulieren oder zu überdenken; ich fand aber den Artikel von Jonathan so interessant, dass ich hier einfach mal aus einer Mail copy & paste, die ich im Laufe der Think-Tank Vorbereitung an Jonathan geschrieben habe (mit seinem Einverständnis). Die Mail war ursprünglich nicht für großes Publikum gedacht, die äußere Form bitte ich also zu übersehen. Die Seitenangaben beziehen sich auf die verlinkte Langversion:

    „ich fand den text sehr erhellend, es war für mich ein echter gewinn, den artikel zu lesen. dies bezieht sich vor allem auf die problemanalyse, die ich weitgehend sehr gelungen finde. den zweiten teil – deinen vorschlag – finde ich z.T. fruchtbar, aber in seiner derzeitigen form problematisch. dazu unten mehr

    A. zur problemanalyse, die ich wirklich gut finde, ein paar anmerkungen zum verbessern und weiterdenken:

    ++ die analyse der bündelkategorien und den nachweis, warum die bündelung problematisch ist, finde ich (zweite hälfte S. 3 und erste hälfte S. 4) besonders gelungen.

    zu 2.1:

    – aus meiner sicht vermischst du hier zwei aspekte. einerseits gibt es die frage danach, ob ein analytischer ansatz überhaupt grundsätzlich sinnvoll ist. es ist bei dir zwar implizit, dass dies der fall ist, aber insbesondere der satz „ein idealer juror braucht keine jurierbögen“ ist missverständlich und suggeriert vielmehr, dass der analytische ansatz von vorn herein nur dazu gedacht ist, anfängern den einstieg zu erleichtern. darin sehe ich eine unschärfe. angenommen, wir wären alle ideale juroren.. würden wir dann alle nur noch holistisch jurieren? so klingt das und das halte ich für problematisch, weil der analytische ansatz sicherlich auch für „profis“ vorteile bietet!

    die frage ist auch – so sehr ich dir zunächst zustimmen möchte, dass leichte zugänglichkeit wichtig ist – ob du in deiner argumentation nicht zu sehr die bögen den bedürfnissen der neuen anpasst. eigentlich müsste es ja der anspruch sein, zuerst (!) ein perfektes instrument zu entwickeln, mit dem profis gut arbeiten können um dann anschließend wege zu entwickeln, junge leute an die richtige anwendung des instrumentes heranzuführen. […]

    ich finde im allgemeinen das willkürargument stark genug und auch mit blick auf abschnitt 3 tragend! das andere finde ich eher, wie gezeigt, widersprüchlich (oder zumindest nicht konsequent zu ende gedacht).

    zu 3.

    + beobachtung in fußnote 4 finde ich interessant.
    + analyse der bündelkategorien anhand der zitate aus dem regelwerk finde ich gut. […]

    – ganz vehement widersprechen würde ich auf seite 4 zu deiner definition von urteilskraft. ich finde, genauer müsste man formulieren, dass sachverstand die richtigkeit der prämissen und die richtigkeit der schlüsse beurteilt (ist gut argumentiert worden?), während urteilskraft (ist das richtige gesagt?) nach der relevanz (gehört das in die debatte?) und der struktur (ergibt sich aus dem aufbau der rede, dass dieses argument an diese stelle der rede gehört?) fragt.

    – wie man an dem hier gesagten merkt, ist „urteilskraft“ also auch eine bündelkategorie und ich fände es interessant, z.b. eine auseinandersetzung mit der frage zu hören, ob man überhaupt sinnvoll zwischen „sachverstand“ und „urteilskraft“ trennen kann.. generell fände ich es gewinnbringend, wenn man mit deiner methode alle fünf kategorien durchgeht, um auszuzeigen, welche aspekte a) wo hin gehören b) unklar definiert sind c) doppelt bewertet werden. dadurch ließe sich das notwendige bewusstsein für alle einzelnen probleme schaffen – und das wäre wirklich eine starke leistung deines vortrages!

    – ganz abgesehen davon: ein konsequentes weiterdenken dieses ansatzes erfordert es natürlich auch, die teamkategorien einer genauen prüfung zu unterziehen..

    zu 4 bis 6.

    – ich habe den eindruck, dass man die reform der opd-kategorien anders angehen muss, als du das vorschlägst. ausgangspunkt ist ganz generell: systeme sind bekanntlich starr, man sollte aber nicht übersehen, dass es nicht nur ihrer trägheit geschuldet ist, sondern durchaus sinnhaft sein kann. es gibt reformen, die bereits eingespielte prozesse (seien sie noch so verbesserungsbedürftig) kaputt machen und dadurch das einwandfreie funktionieren des systems gefährden. ein witziges beispiel ist hier übrigens das jugend debattiert format. hier ab Seite 9 findest du die regeln: http://www.spengler-priv.de/Jugend%20debattiert/Juroren%20Begleitheft.pdf  es ist extrem auffällig wie unklar die definitionen der einzelnen kriterien sind. ich denke aber, dass sie nie angepasst worden sind, weil es einfach sehr viele lehrer gibt, die so einmal geschult wurden und man bedenken hat, dies würde alles durcheinander bringen und zuverlässiges jurieren torpedieren. auf uns bezogen: ich kann eigentlich mit dem opd-bogen ganz gut umgehen und ich bin überzeugt, dass z.b. auf der ddm weitgehend sehr gute entscheidungen mit hilfe dieses bogens zustande gekommen sind. […] ich denke, dass wir viele geeichte (im sinne von: auch auf die kategorien geeichte – was wo bewertet wird..) juroren haben, die den bogen ganz gut handeln können. daraus ergibt sich für mich der gedanke, die reform nicht auf grundlage deiner kategorien zu suchen, wie du es auf der letzten seite in punkt 1 vorschlägst, sondern auf grundlage der bereits vorhandenen kategorien.

    – aber zum inhaltlichen im detail. für mich stellt sich die frage danach, ob bündelkategorien nicht zumindest zum teil ein notwendiges übel darstellen. wenn man genau hinschaut, verwenden wir auch pauschal „links“ und „rechts“ als bündelkategorien. das finde ich interessant, denn es zeigt: wir müssen irgendwo aufhören, zu elementarisieren, wie du selbst richtig sagst. und je nach dem, worüber wir sprechen, sind unterschiedlich grobmaschige bündelungen notwendig. es ist also die frage: ist die (in der praxis praktikable!) lösung des problems, dass wir die bündelkategorien elementarisieren? oder lassen sich die vorhandenen kategorien nicht einfach besser definieren?

    – deinen eigenen ansatz z.b. kann man auch, und wie ich finde sehr vehement, kritisieren. zunächst ganz allgemein: ich würde gern den tatsächlichen bogen sehen, den du da entworfen hast. denn die hier aufgeschlüsselten kategorien wären ja so in einer debatte nicht zu handeln.. und ich gestehe auch (auch wenn ich natürlich sehe, dass du den bogen schon ausprobiert hast!), dass es mir schlicht zu viele einzelkategorien sind. ich weiß nicht, ob man da so leicht den überblick behält („äh, ja, wo verarbeite ich jetzt diesen eindruck hier..?“)

    – du gibst ja als ziel heraus, dass kategorien schlicht und intuitiv sein sollten. ich gestehe, dass das für mich nicht bei allen deinen kategorien der fall ist. und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch bei dir die trennung der kategorien nicht ganz gelungen ist, so dass sie wiederum vage sind. nur ein paar beispiele, die mir direkt aufgefallen sind, ohne lange analyse:

    — die „zustimmungsfähigkeit“ ergibt sich für mich nicht aus sich selbst, sondern aus der widerspruchsfreiheit, der relevanz sowie der analysetiefe einer rede/argumentation. -> bündelkategorie?
    — inwieweit unterscheiden sich „analysetiefe“ und „anschaulichkeit“? in beiden fällen sollen laut deinen erläuterungen beispiele, metaphern, bilder und analogien berücksichtigt werden.. -> doppelbewertung?
    — wo findet sich bei dir die mimik wieder? unter gestik?
    — „stimme“ und „ausdruck“: bei stimme finden sich bei dir begriffe wie „viele versprecher, verhaspeln“. aber das sind doch eher fragen des ausdrucks, findest du nicht (stichwort: „pointierte ausdrucksweise“)?
    — die kategorie „unterhaltung“ finde ich schwierig. maximale punktzahl gibt’s, wenn es ironie und lacher gibt. dies diskriminiert aber sachliche, ernste themen, die ironie nicht zulassen. wer da gut performt, bekommt nur 0 punkte („trockener stil, der dem thema aber angemessen ist“). das finde ich problematisch.

    – in der summe scheint mir eine gewisse vagheit der kategorien eine nicht zu vermeidende problematik zu sein. als lösung sehe ich zwei dinge: erstens sollte eine möglichst klare definition angestrebt werden (du hast gezeigt: die definition von opd-kategorien kann noch besser werden!). zweitens sollte man durch ständigen austausch über diese definitionen eine art eichung erreichen, die die erfahrenen an die jüngeren weitergeben. ich glaube z.b. dass man dein paper noch weiter ausarbeiten könnte, alle kategorien durchchecken könnte, um anschließend zu sagen: alle opd-juriertrainer sollten das draufhaben!

    fazit: ich finde deinen ersten teil extrem wertvoll, den zweiten, da für mich noch nicht intuitiv überzeugend, dazu geeignet, möglichkeiten aufzuzeigen, aber eher nicht so geeignet als konkreter startpunkt einer reform. ich glaube, dass man auf grundlage deiner kritik eine bessere definition der kategorien im rahmen der heute schon vorhandenen opd-kategorien anstreben sollte.“

  23. Daniil sagt:

    P.S.: Ich fand Konrads Antwort auf Jonathan interessant, weil er dort argumentiert, jede einzelne Kategorie müsse „komplett holistisch“ juriert werden. Mir scheint, dass sich das zumindest mit meiner Lesart von Jonathan gut vereinbaren lässt: Je größer die Klarheit darüber, welche Summe von Eindrücken wo bewertet werden soll, desto mehr Freiheit (i.d. holistisches Herangehen) kann ich mir in der Einzelkategorie erlauben.

    Für die Interessierten: Konrads Vortrag liegt leider nicht in Schriftform vor, ist aber recht kurz gehalten und auf dem youtube-Kanal zu finden.

  24. Tobias Kube sagt:

    Interessanter Ansatz, Jonathan! Zwar teile ich deine Problemanalyse nicht so ganz, denn die Unklarheiten aus dem Regelwerk, die du anführst (z.B. bzgl. der Definitionen der Kategorien), spielen in der praktischen Anwendung heutzutage doch eigentlich keine Rolle (könnte die Regelkommission aber an der einen oder anderen Stelle vielleicht tatsächlich mal aktualisieren) und ich habe den Eindruck, die allermeisten Juriereinsteiger*innen können OPD im SQ ganz gut lernen. Aber es ist trotzdem löblich und richtig, darüber nachzudenken, wie man die OPD-Jurierung erleichtern oder verbessern kann. Eine Reform in Gänze – selbst wenn sie inhaltlich sinnvoll wäre – dürfte schwer möglich sein, allein schon, weil das „Das haben wir schon immer so gemacht!“-Argument an dieser Stelle durchaus eine gewisse Berechtigung hat: Neulingen das neue System von Anfang an beizubringen, mag funktionieren, aber ich glaube kaum, dass die älteren Leute, die noch ein, zwei Mal im Jahr zum Jurieren auf ein Turnier fahren (DDM…), gewillt wären, dafür ein gänzlich neues System zu lernen. Und der Wissensaustausch zwischen Alt und Jung dürfte bei einer so weitreichenden Reform auch für ein paar Jahre erheblich erschwert werden. Daher ein paar Anmerkungen von mir zu den aus meiner Sicht zwei relevantesten neuen Teilaspekten deines Vorschlages.

    1) Mehr Kategorien

    a) Differenzierte Rückmeldungen im Feedback, wie du sie dir wünschst, sind auch bei den Bündelkategorien möglich. Die unterschiedlichen Aspekte der aktuellen fünf Kategorien sind auf dem Jurierbogen oben beschrieben und können/ sollen im Feedback angesprochen werden. So kann man bei Kontaktfähigkeit eine Gutleistung in „Schlagfertigkeit“ und eine Schlechtleistung in „Adressatenbezogenheit“, die im Zusammenspiel vielleicht eine durchschnittliche Leistung ausmachen, problemlos so rückmelden, dass die Redner*innen sich dadurch weiterentwickeln können. Zugegebenermaßen mag das mit Erfahrung leichter fallen. Aber ich denke, hier wäre es auch schon ausreichend, die Teilnehmenden von Jurierseminaren dafür stärker zu sensibilisieren, sodass die Einführung zusätzlicher Kategorien mir nicht zwingend erscheint.
    b) Ich frage mich, wie man bei so vielen Kategorien in der Praxis vernünftige Mitschriften anfertigen kann, denn der OPD-Jurierbogen ist nicht nur Bewertungsbogen, sondern auch Notizbogen als Grundlage für das Feedback. Dabei muss der Bogen aus meiner Sicht gewährleisten, dass man den Inhalt der Rede möglichst präzise mitschreiben kann. Auf den aktuellen Bögen (gerade, nachdem sie vergrößert wurden) geht das ganz gut, indem man die beiden rechten Spalten dafür nutzt (zumindest machen das die meisten so). Wie das bei deinen Kriterien funktionieren würde, ist mir noch nicht so klar. Es sollte auf jeden Fall vermieden werden, dass man gezwungen ist, den Inhalt der Rede auf einem extra Blatt mitzuschreiben oder/und den Jurierbogen nur für die Bewertung nutzt (anhand von Meta-Notizen wie „Argument 1 nicht präzise ausgeführt“). Sonst dürften viele Leute Probleme mit ihren Aufzeichnungen im Feedback bekommen.
    Generell halte ich es aber für extrem schwer, all diesen Kategorien während der Rede gleichermaßen Beachtung zu schenken (und wenn man das nicht kann, verfehlt der Bogen m.E. seinen Zweck). Es passiert im SQ ja schon, dass man sich bei Minute 5:30 ertappt, noch keine Notizen beim Auftreten zu haben, um dann erschrocken aufzublicken und selektiv ein paar Eindrücke am Ende der Rede noch festzuhalten (siehe hierzu Jan Papschs sehr schönen Artikel: https://www.achteminute.de/20130612/viel-raum-auf-links/). Wie man es nach deinem Modell schaffen soll, zwölf Kategorien gleichermaßen zu beachten und sich ausgewogene Notizen dazu zu machen, während man der Argumentation aufmerksam folgt, ist für mich schwer vorstellbar. Ganz abgesehen davon, dass man sich zusätzlich ja auch noch Notizen zu den Teamkriterien machen muss… Am ehesten könnten so etwas vermutlich sehr erfahrene Juror*innen, die z.B. mit wenigen Blicken die Gestik ganz gut einschätzen können. Aber wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir ja vor allem um weniger erfahrene. Und diese könnten schnell überfordert sein, wie auch Sibylla schon ausgeführt hat.
    Aber vielleicht kannst du an dieser Stelle auch einfach einmal schildern, wie das die Teilnehmenden aus deinen Seminaren gemacht haben? Mich würde da z.B. auch interessieren, ob sie danach noch Feedback geben mussten. Denn anhand des Bogens zu einer Punktzahl zu kommen, ist eine Sache, mit präzisen Mitschriften gutes Feedback zu geben, eine andere (und das unterscheidet uns auch von den Juror*innen bei Turmspringwettbewerben).

    2) Engere Skalen

    Generell freut sich der Psychologe in mir natürlich über dein psychometrisches Argument zur Skalenbreite. Ein paar Anmerkungen aber dazu:
    a) Meines Wissens beziehen sich die empirischen Befunde, die du andeutest, auf Fragebogenuntersuchungen, während die Bewertung einer Rede im psychometrischen Sinne eher einer Verhaltensbeurteilung entsprechen dürfte. In Bezug auf die Bewertungsskalen sagt mein Diagnostik-Lehrbuch (Schmidt-Atzert & Amelang, 2012) nur: „Beliebt sind fünf- bis siebenstufige numerische Skalen, deren Pole verbal verankert sind (z.B. ‚sehr niedrig‘ und ‚sehr hoch‘.“ Originalarbeiten werden dort zu dem Thema aber nicht zitiert und ich habe davon im Hinblick auf deine These auch noch nie von Empirie gehört. Aber vielleicht ist unter den anderen debattierenden Psycholog*innen ja noch jemand, der sich besser mit psychologischer Diagnostik auskennt und das weiter ausführen kann?
    b) Die real ausgeschöpfte Punktespanne bewegt sich doch eigentlich nur zwischen etwa 5 und 13. Betrachtet man nur diese, entspräche das einer achtstufigen Skala, was im psychometrischen Sinne wohl schon noch vertretbar sein dürfte, selbst wenn die von dir angeführten Befunde hier anwendbar wären.
    c) Interessant finde ich den Gedanken, sich von der Anlehnung an die Schulnoten zu lösen, denn das führt meiner Erfahrung nach wirklich zu Verwirrungen bei unerfahrenen Juror*innen. Die direkte Orientierung an den Schulnoten ist schon deshalb notwendiger Weise schwierig, weil wir im Jurieren von 8 Punkten (Note 3,0) als Durchschnitt ausgehen, während der Notendurchschnitt von Abiturienten eher bei 2,5 liegt. Allgemein führt eine Orientierung an Schulnoten im Debattieren aber vor allem zu unverhältnismäßigen Ausschlägen nach oben oder unten: Sehr gute Schüler*innen bekommen z.B. ziemlich häufig 15 Punkte. Aber wie viele sehr gute Debattierer*innen haben schon einmal 15 Punkte in einer Kategorie bekommen, die im Vergleich zu den Punkten anderer sehr guter Debattierer*innen gerechtfertigt gewesen wären? Vor diesem Hintergrund könnte die Einführung einer, sagen wir, siebenstufigen Skala den Einfluss von „Extrempunktern“ möglicherweise reduzieren. [Fünfstufig finde ich gefühlt zu eng, weil es dem Bedürfnis nach Würdigung besonderer Spitzenleistungen in einer Kategorie, wie Sabrina schon angedeutet hat, nicht ausreichend gerecht wird].
    d) Wenn man die Skalenbreite enger fassen will, würde ich davon abraten, ein Intervall von -x bis +x zu verwenden. Denn dann bekäme eine unterdurchschnittliche Rede auf einmal eine negative Punktzahl und das dürfte für die meisten Leute, denen das widerfährt, wahnsinnig frustrierend sein. Daher eher eine Skala von 1 bis 7 mit vier als Durchschnitt oder so.
    e) Allgemein scheint mir, dass für ein schnelles Erlernen der angemessenen Punktevergabe die Kommunikation dazu, welche reale Leistung sich hinter einer Punktzahl verbirgt (siehe ebenfalls Jans Artikel oder deine eigenen Verbalisierungen) wichtiger als die theoretische Skalenbreite sein dürfte. Wenn OPD-Neulingen gut vermittelt wird, dass a) in der Praxis nicht die gesamte Skala ausgeschöpft wird, b) eine Orientierung an Schulnoten schwierig ist und sie c) den Unterschied zwischen den einzelnen Abstufungen der Skalen genau lernen, sollte die bisherige Punkteskala auch weiterhin ganz gut funktionieren. Wenn du aber die Erfahrung gemacht hast, dass das alles wesentlich leichter erlernt werden kann, wenn man von vornherein eine engere Skala verwendet, wäre ich sehr daran interessiert, es einfach mal zu versuchen.
    Wenn man das so machen wollte, würde ich für Teamkategorien übrigens vorschlagen, entweder eine leicht veränderte Skalenbreite zu verwenden (z.B. fünfstufig für Zwischenrufe und neunstufig für Strategie oder so) oder die Punktzahl der siebenstufigen Skala mit je einem festen Faktor zu multiplizieren.
    Vielleicht könnte die Regelkommission eine Veränderung der Skala unter diesen Gesichtspunkten ja mal ergebnisoffen diskutieren?

  25. Jonathan Scholbach sagt:

    @Peter: eine Studie zu machen, habe ich auch schon überlegt. Man könnte das mit aufgezeichneten Debatten machen. Natürlich brauchen wir dazu Freiwillige, die die Mühe auf sich nehmen würden, mit dem neuen Bogen zu jurieren.

    Ich sehe die Reform auch unter dem Aspekt der Formatpluralität, die wir im VDCH haben. Manches Argument hier (auch Dein Punkt, Peter, man bräuchte nur eine Kategorie) scheint mir in die Richtung zu gehen, es gäbe eine perfekte Art, wie wir jurieren sollten. Das läuft, konsequent zu Ende gedacht, auf eine Vereinheitlichung der OPD- und BP-Jurierung hinaus. Meiner Meinung nach sollte man, wenn man die Haltung vertritt, die holistische Methode sei das non-plus-ultra, auch klar dazu stehen, und sollte OPD abschaffen. Denn dann entsteht das Problem nur dadurch, dass das Schweizer System (Power-Pairing) mit zwei Teams pro Raum nicht ausreicht. Man würde OPD dann in erster Linie durch das 1-gegen-1 und die FFR charaktrisieren. Die Vorteile dieses Aspekts von OPD sind in meinen Augen aber gering.

    Ich habe die Vorstellung, dass holistische und analytische Juriermethode je spezifische Vor- und Nachteile haben, die sich gegenseitig bedingen, sodass es nicht möglich ist, mit einer Methode alle Vorteile zu bekommen und keinen der Nachteile. Deswegen plädiere ich in der Situation mit zwei Juriersystemen gerade nicht für eine Vereinheitlichung der System, sondern dafür, die Spezifika der Ansätze zu profilieren. Bei OPD ist das der analytische Ansatz. Mir sind die. Aber ich denke, man sollte sich entscheiden, ob man überhaupt Kategorien will und sich entsprechend entscheiden (falls nein: 5->1; falls ja: 5-> mehr und genauere Kategorien).

    @Tobi/Daniil: Der Konservatismus-Punkt ist natürlich ein Argument. In meinen Augen aber ein eher schwaches. Wir haben sowieso ständig (anders als bei den Lehrern in Jugend debattiert) einen hohen Durchlauf und für die alten Hasen dürfte der neue Bogen nicht soo schwer zu lernen sein. Insbesondere, da der Reform-Prozess ja nicht von heute auf morgen kommt, sondern die Kriterien gemeinsam entwickelt und auf einem (oder mehreren) Turnier getetest werden sollen.

    @Daniil: „Ausdruck“ meint das, was die Deutschlehrer*innen bewerten, wenn sie ein rotes A an den Rand machen. Also eine Eigenschaft der Sprache, nicht des Sprechens. „Zustimmungsfähigkeit“ bezieht sich, wie auch in den Anmerkungen geschildert, auf die Zustimmungsfähigkeit der verwendeten Prämissen.

    @Daniil (Vagheit unvermeidbar): Begriffe natürlicher Sprache sind immer in gewissem Maß vage, da hast du recht. Aber natürlich ist es dennoch sinnvoll, nach weniger vagen Begriffen zu suchen (das ist des Geisteswissenschaftlers täglich Brot :-)).

    @Tobi (keine negativen Punkte): Du hast Recht. Die Skala sollte von 0 bis 4 gehen.

    @Tobi („Generell halte ich es aber für extrem schwer, all diesen Kategorien während der Rede gleichermaßen Beachtung zu schenken“). Wenn das so ist, dann sind wir einfach überfordert, eine Rede zu bewerten. Das liegt aber dann nicht am Bogen. Lukas Haffert hat mich im persönlichen Gespräch auf den Gedanken gebracht, dass man Kategorienrichter*innen einführen könnte. Also das man sagt: Jemand bewertet die einen 6, jemand anderes die anderen 6 Kategorien. Ich habe mir dazu aber selbst noch kein Urteil gebildet. Häufig ist es aber so, dass eine Rede in einigen Kriterien schlicht unauffällig ist. Dann gibt es dafür einfach die entsprechende Bewertung, da muss man dann auch nicht notwendigerweise eine Notiz dazu machen.

    @Tobi/@“Wir sollten die Probleme in Jurierseminaren lösen“: Auch hier müssen wir bedenken, dass die Szene sich laufend verjüngt. (Geht es nach den Befürwortern der DDM-/ZD-Startplatzbeschränkung nach Alter, soll sie sich sogar in noch kürzeren Intervallen verjüngen) Gerade dieser Punkt ist ganz wichtig. Die Wirksamkeit von Jurierseminaren darf hier auch nicht überschätzt werden. Grundsätzlich haben wir zwei Wege, wie wir die angesprochenen Probleme beheben können: Den Jurierbogen verbessern, oder den individuellen Juror*innen in Seminaren beibringen, wie sie mit den Schwächen des Bogens umgehen sollten. Wenn wir die Wahl haben, sollten wir immer beide Wege beschreiten, und zwar in erster Linie den billigeren und effektiveren.

    @Tobi (Psychometrie): Ich kann die genauen Studien gerade nicht zitieren, hatte mich nur vor einigen Jahren mal dazu belesen, als mir die Idee zu diesem Ansatz kam. Ich kann die Quellen meiner Behauptung aber nachreichen, wenn du das wünschst.

    @Tobi (real ausgeschöpfte Punktespanne): Wenn wir einen Rand von jeweils 5 Punkten haben, ist das doch ein Riesenproblem. Denn das ermöglicht ja gerade die Hoch- und Niedrigpunkter.

    Noch ein grundsätzlicher Punkt, der mir in Diskussionen öfters begegnet, und den auch du, Tobi, machst. Natürlich kann der OPD-Bogen gute Juror*innen nicht an guten Jurierungen aktiv hindern. Aber hier geht es um die Wahrscheinlichkeiten. Also nicht: Kann man trotz OPD-Bogen gut jurieren? Sondern: Kann der Bogen besser sein, um gutes Jurieren zu erleichtern? Und das ist mein Case.

  26. Robert P aus P sagt:

    Ich wollte nur mal anmerken, weil ich diesen „VORSCHLAG EINER ROUTE“ durchaus inzwischen zum Feedback geben in Seminaren nutze, vor allem um konkret zu sagen was gut und verbesserungsfähig ist, ich finde das extrem nachvollziehbar und deshalb gut.

    Ich würde mich freuen, wenn wir genau diese Art zu Jurieren einfach mal auf einem OPD Turnier ausprobieren. Vorher wirklich ein Block für Juroren nehmen und einfach machen. Was hat OPD zu verlieren, außer (noch) besser juriert zu werden.

    Jonathan gibt es die Chance, dass es mal ein Turnier gibt, in dem wir genau das machen? Oder müssen wir da vorher „die OPD Clubs“ (ich weiß immer noch nicht, wer das ist, auch wenn der Begriff auf der MV öfter auftauchte) fragen?

  27. Christian (MZ) sagt:

    Verantwortlich für das OPD Regelwerk ist die OPD Regelkommission. „OPD-Clubs“ sind einfach Clubs, die typischerweise eher OPD als BPS debattieren und entsprechend ihre Turniere ausrichten. Die haben mit dieser Regelfrage aber nix zu tun.
    In jedem Fall wäre Jonathans System aus meiner Sicht schlichtweg ein anderes Debattierformat als die jetzt bestehende OPD (wie auch Format 05 oder Wartburg). Das ist nicht als Kritik gemeint, sondern lediglich als Feststellung. Die OPD Kommission hat meines Wissens nach eine entsprechende Reform bereits abgelehnt (siehe dazu auch Konrads Rede auf dem Think Tank).
    Das heißt aber natürlich nicht, dass ein beliebiger Club Jonathans Format nicht für ein Turnier nutzen kann, nur würde das Format dann eben einfach anders heißen müssen (wegen Urheberrecht und so). Früher gab es ja auch mehr Formatvarianten als heute, einen Versuch ists also wert.

  28. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Robert: Freut mich, dass Du was damit anfangen kannst. Für ein Turnier braucht man in erster Linie jemenschen, der*die ein Turnier ausrichtet und bereit wäre, das auszuprobieren. Eine kompetente Chefjury zusammenzutrommeln wäre nach den Reaktionen, die ich erhalten habe und Gesprächen, die ich geführt habe, kein Problem.

    @ Christian: Ich glaube kaum, dass das Urheberrecht es verbietet, das Ganze OPD zu nennen. Wenn man der Auffassung (die ich nicht teile) ist, dass mein Reformvorschlag etwas grundsätzlich Neues ist, dann würde man ihm ja gerade eine eigene Schöpfungshöhe zusprechen, also wäre das kein urheberrechtliches Problem. Im Übrigen schützt das Urheberrecht doch das Werk, nicht den Namen. Ich kenne mich rechtlich wirklich nicht aus, aber ich glaube, die Nutzung eines Namens ist eher eine markenrechtliche Frage. Auch ist für mich fraglich, ob ein Jurierschema überhaupt Schöpfungshöhe i.S. des Urheberrechts hat. Aber im Ernstfall kann man es natürlich auch einfach „Optimierte Parlamentarische Debatte“ nennen, oder auch „Schlumpf“. Ist ja auch egal.

    Eine viel wichtere Frage ist es, ob so ein Turnier Teil der DDL sein könnte. Aus meinen Augen spricht nichts dagegen, aber andere das möglicherweise anders.

  29. Jonathan Scholbach sagt:

    PS. Die Jurierung eines Turniers mit dem Elementarkategorien-Schema setzt aber natürlich das entsprechende Interesse von Redner*innen und die entsprechende Bereitschaft von Juror*innen voraus.

  30. Peter G. sagt:

    Ich bin absolut für „SCHLUMPF“!!!
    Rechtlicher Kram mal beiseite: Einfach um Verwirrungen zu vermeiden sollte das ganze erstmal nicht unter OPD laufen. Solltest du Leute finden die ein Turnier ausrichten wollen nach dem Format und es „Schlumpf“ nennen, komme ich. Falls es anders heißt, mal schauen…

  31. Sabrina E. sagt:

    Kurzer Einwurf zur DDL-tauglichkeit: Unser Regelwerk schreibt nicht im speziellen vor, dass es OPD oder BP sein muss – aber (!) es ist auf genau diese beiden Formate ausgelegt. Dazu zum Beispiel 3.1 „Punktevergabe“ im Bezug auf Finalteilnahmen und Halbfinals. Problematisch wird es dann, wenn die neue Art zu jurieren, in irgendeiner Weise das Ranking verzerrt, aber sowas kann ich mit meinem unjuristischen Auge und nur einem kurzen Blick nicht abschließend sagen. Meine einzige Befürchtung schließt sich an das an, was ich oben schon gesagt habe: wir hätten sehr viele Leute auf einem komplett identischen Rang. Das würde natürlich schon die Tabelle im Endeffekt verzerren, denn dann würden auf einmal 5 oder 6 Leute im Einzelrednerbereich 30 Punkte bekommen können – während alle diejenigen, die aus Zeit- oder Teamcapgründen auf andere Turniere ausweichen müssen, diese leichte Chance auf Punkte nie haben würden. Aber wie gesagt: da müsste ich mal den juristischen Beistand der DDL konsultieren.
    Wovon ich (und ich denke, da rede ich auch für Felix) aber dringend abrate, ist, es auch OPD zu nennen. In dem Fall wäre es vermutlich auch schwierig, es in die DDL aufzunehmen. Da greift das Regelwerk dann doch zu häufig die Abkürzung auf und es würde zu zuviel Verwirrung kommen. Ein Teilnehmer muss schon vor Turnierstart sehr genau erkennen können, was da auf ihn zukommt und wofür er eigentlich juriert wird.

  32. Robert P aus P sagt:

    Wir können es ja OPD 2.0 nennen.

    Wenn wir es im sonst selben Format, wie OPD ausrichten, was gibt es dann für Probleme bei der Punktevergabe? Verstehe ich nicht ganz!

    Bzw., passt zwar nicht hierher, aber: Wer legt noch mal fest wer in der OPD Kommission stimmberechtigt ist.

  33. Konrad Gütschow sagt:

    Gott.

  34. Sabrina E. sagt:

    Warum überhaupt OPD? Es ist offensichtlich ein anderes Format, wenn es auf eine andere Sache den Fokus legt. OPD legt den Fokus auf den Eindruck beim Zuhörer, der ganz individuell ausfallen kann – dieses andere Format legt den Fokus auf ein paar Kategorien. Es auch OPD nennen zu wollen und davon nicht abzuweichen, klingt für mich eher nach Gerangel um kindliche Kleinplätze. Tschuldigung, aber wenn man eine neue Juriermethode einführen will, dann sollte man auch anerkennen, dass es ein anderes Format ist.

    Das, Robert, ist auch der Grund meines Einwurfs. Wie oben schon beschrieben, wird eine andere Art zu jurieren eine ganz andere Art des Rankings bringen. Zum Einen weil anderes bewertet und zum Anderen weil nicht differenziert bewertet wird. Natürlich verschiebt das dann die Punkteskala. Wenn es auf einem Turnier der Saison signifikant einfacher ist, TopoftheTab zu werden, dann ist es natürlich auch einfacher 30 Punkte für die FDL zu ergattern. Um meine Aussage von oben nochmal zu veranschaulichen: ein jetziger 53 Punkte Redner hätte dann genauso viele Punkte nach dem neuen Format, wie ein Redner, der im Schnitt 50 Punkte redet. Man setze für „Redner“ zwei beliebige Personen ein. Das verzerrt im Endeffekt natürlich die DDL-Tabelle.

    Zu deinem letzten Einwurf hat Konrad glaube ich schon alles gesagt. Ich schließe mich dieser aus interpretatorischer Sicht sehr vielschichtigen Antwort an: Gott.

  35. Robert P aus P sagt:

    Okay, das verstehe ich nicht. Ist es denn bei BP genauso leicht TopoftheTab zu werden, wie bei OPD, man bekommt doch für beides 30 Punkte?!
    Also die Argumentation müsste dann doch andernfalls gegen eines der beiden Formate ebenfalls greifen.

    Ich frage das ja nicht, weil ich zwingend finde, dass ein Ausprobier-Turnier direkt DDL sein muss, aber ich würde gerne die Kriterien wissen, damit man auch Formate verändern kann. Und wenn das Kriterium ist, es zählt nicht weil es anders als OPD ist. Das zählt auch für BP. Ist dort der Grund: „Haben wir halt immer schon so gemacht“? Finde ich das noch nicht nachvollziehbar. Deshalb frage ich nach.

    Das Gleiche galt übrigens für die Regelkommission, ich weiß es einfach nicht. „Gott“ mag bei OPD einen Eindruck beim Zuhörer machen, hat mir beim Verständnis aber leider nicht geholfen.

    Als Mitglied eines (vielleicht) OPD Clubs bin ich einfach nur neugierig. Ich finde eine Idee spannend und frage nach. Deshalb will ich nicht OPD abschaffen. Aber ich würde gerne wissen, was ist wenn man nach dem Ausprobieren merkt, das es total toll ist.

  36. Sabrina E. sagt:

    BP und OPD haben beide ihre nachvollziehbaren Regeln, in denen sich die Menschen in Debateland ausprobieren konnten. In keinem der beiden Formate ist es leichter als in einem anderen, TotT zu werden. Es gibt schließlich meistens nur eine, manchmal zwei Personen. Wenn ich dieses Format aber richtig verstanden habe – und bisher hat diesem Punkt keiner widersprochen – dann führt es zwangsläufig dazu, dass nicht mehr differenziert wird, sondern wir einen großen Pool „sehr guter Redner“ haben werden. Dann ist es natürlich sehr einfach ebenfalls dazuzugehören und die 30 Punkte erreichen zu können.
    Nein, die DDL wurde nicht für OPD errichtet. Auch nicht nur für BP. Aber sie entstand schon aus einer Tradition der beiden Formate heraus. Das heißt nicht, dass nicht auch andere Sachen ausprobiert werden dürfen. Wir raten nur zu einem Testlauf VOR der DDL-Aufnahme, damit man zumindest eine Grundlage hat, auf der man entscheiden kann. Hier handelt es sich ja nicht um kleine Zusatzregeln (wie bspw. beim GutenbergCup), sondern um die Etablierung eines neuen Formates. Wir müssen als DDL einen Spagat zwischen Freiheitlichem Ausprobieren und gesunder Tabellenbilanz schaffen. Stellt sich also heraus, dass alle Bedenken falsch waren und das Jurierformat von Jonathan wunderbar klappt, dann steht einer DDL-Aufnahme nichts im Wege. Rein rechtlich auch ohne Pre-Test sicher nicht – aber dann müsste man sich mal Stimmen aus der Szene anhören, wie man dazu stehen würde.
    Von daher mein Vorschlag (unabhängig von der DDL): testet es und berichtet dann im Nachhinein. Stellt sich dann danach raus, dass es total toll ist, kann ich mir trotzdem kaum vorstellen, dass es zur neuen Juriermaßnahme in OPD wird. Dazu nimmt es dem ganzen Format doch zu viel, was es letztlich ausmacht.

  37. Robert P aus P sagt:

    Okay, den Punkt verstehe ich. Ich glaube zwar nicht, dass es enorm viele punktgleiche Redner geben wird, da die reale Punktespanne bei OPD auch nicht so groß ist, wie die theoretische (und bei BP ist sie noch geringer), aber die Prämisse kann ich nachvollziehen. Das müsste man erstmal ausprobieren.

  38. Konrad Gütschow sagt:

    Ungläubige munkeln, dass die MV der SK-Tübingen die Regelkommission beruft.

  39. Jonathan Scholbach sagt:

    @Konrad: Was willst Du uns mit dieser uns allen bekannten Tatsache sagen?

  40. Jonathan Scholbach sagt:

    @8m-Team: Dieser und mein letzter Kommentar kann gelöscht werden.

  41. Jonathan Scholbach sagt:

    Ich will zwei Sachen klarstellen: 1. Ich strebe keinesfalls ein neues Debattierformat an. Es handelt sich um einen Reformvorschlag der OPD. Debattenablauf und Stilideal sollen nicht geändert werden. 2. @Sabrina: Doch, ich bestreite, dass das Jurierschema weniger differenziert als das jetzige OPD-Schema. Die Auflösung des Elementarkategorienschemas ist sehr hoch. Aber selbst wenn es so wäre, hielte ich den Ausschluss aus der DDL auf Grundlage Deiner Argumentation für merkwürdig.

  42. Robert P aus P sagt:

    Ich nehme das Schema auch nicht als weniger differenziert war. Auch, weil eben die reale Turnier-Punktespanne bei OPD und BP viel kleiner ist, als diese merkwürdigen 80-100 Punkte, die auf dem Papier stehen.
    Es wurde oben angesprochen, dass die theoretische Maximalpunktzahl erreichbar wäre. a) Ich habe noch keine Rede gesehen, bei der dies der Fall hätte sein können (auch nicht auf der letzten DDM), allein schon was die Inhalts-Kategorien angeht. Aber hier muss man dann vielleicht auch einfach etwas an Norm-Jurierungen lernen, wie beim anderen OPD-Jurieren ja genauso, damit Hochpunkter keiner 22 Punkte vergeben. (klingt wenig, die nierigste Zahl ist -24 Punkte). Und b) Selbst, wenn jemand 22 Punkte redet, wird er es sicher nicht in jeder Runde schaffen und wenn er das schafft, wird das kein Zweiter auf dem Turnier schaffen. Wenn deutsches Debattieren wider erwartend doch soviel besser wird, kann man das Jurierschema immer noch anpassen, ist ja nicht von Gott gegeben.

    Aber probieren geht über studieren. Ich fände es toll, wenn es einfach ausprobiert wird!

    Danke Konrad, dass du im zweiten Anlauf auf meine Frage so freundlich geantwortet hast, ich wusste es nicht. Aber hätte vielleicht erahnen können, dass schon „Gott“ dein Synonym für die MV in Tübingen war und du dich als Mitglied der Regelkommission von Gott berufen fühlst.

  43. Konrad Gütschow sagt:

    Ich fand das eigentlich ganz logisch. Wir sind nicht kritisierbar, per Defintion unfehlbar, werden nur von Leuten aus der Tübinger Familie beerbt und essen Kuchen, während der Rest nichtmal Brot hat. Eindeutige Zeichen für absolutistische Herrscher und damit von Gott eingesetzt.

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