Wie Speed-Debating das Debattieren in die Öffentlichkeit bringen kann

Datum: 13. September 2023
Redakteur:
Kategorie: Debattieren in der Öffentlichkeit, Mittwochs-Feature, VDCH

Bei einer Kooperation des VDCH mit der Lübecker Museumsnacht hatte das Speed-Debating-Format seine Geburtsstunde. Fünf Mitglieder des VDCH-Landes debattierten mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Lübeck und waren begeistert von der Idee. das Debattieren auf diese Weise in die breitere Öffentlichkeit zu bringen.

Demokratie fördern, zu einem konstruktiveren gesellschaftlichen Diskurs beitragen, das politische Klima verbessern. Das sind Phrasen, die wir benutzen, wenn wir über das Debattieren sprechen und zum Beispiel Sponsoren und Sponsorinnen anwerben wollen. Zu einem gewissen Teil mag es stimmen, dass insbesondere öffentliche Finalveranstaltungen einen solchen Effekt haben. Ich habe aber das Gefühl, dass viele dieser guten Intentionen innerhalb der Debattierblase bleiben und ihr volles Potential nicht ausschöpfen. Formate wie das RWI-Wirtschaftsgespräch oder ähnliche Kooperationen mit Trägern von außerhalb des Debattierzirkus, können an dieser Stelle die Schwelle zwischen den beiden Welten überwinden und unsere geliebte Debattierwelt mit der Realität da draußen verbinden.

Die Showdebatte vor dem Speed-Debating weckt Interesse bei den Zuschauenden BWBS/

Die Showdebatte vor dem Speed-Debating weckt Interesse bei den Zuschauenden © BWBS/Olaf Malzahn

Die diesjährige Museumsnacht in Lübeck, am 26.08., ermöglichte es fünf Debattierenden aus der Szene in einem eigens für diesen Anlass erdachten Format den Sport in die Öffentlichkeit zu tragen. Das Diskutieren mit Bürgerinnen und Bürgern der Stadt über gesellschaftliche Themen sollte im Vordergrund stehen. Das Willy-Brandt-Haus Lübeck lud dazu Mitglieder des VDCHs ein, um die Nacht der Museen durch eine Showdebatte und drei Speed-Debating Runden mitzugestalten. Chiara Throner, Tove Marla Hortmann, Anne Wessig, Joshua Lacy und Hannah Bilgenroth machten sich daraufhin auf den Weg in die Hauptstadt des Marzipans.

Das Museum, das sich anlässlich der Geburtsstadt Brandts, welche Lübeck ist, mit seiner Person beschäftigt, schloss nicht wie üblich am Samstag um 18.00 Uhr. Stattdessen strömten weiterhin Besucherinnen und Besucher in das Museum und zur Bühne, auf der um 19.00 Uhr eine halbstündige Showdebatte stattfand. Das selbstgewählte Thema über die Aufhebung der Sanktionen beim Bürgergeld stieß beim Publikum auf Interesse und regte bereits die ersten Diskussionen innerhalb der Besuchergruppen an. Die Debatte diente außerdem dazu, Menschen auf das Speed-Debating aufmerksam zu machen, welches um 20.00, 21.00 und 22.00 Uhr stattfinden sollte.

Pünktlich zum Start saßen die fünf Debattierenden auf der einen Seite eines langen Tisches. Interessierte fragten, worum es sich bei der Aktion handele, andere setzten sich zielstrebig den Debattierenden gegenüber. Manche allein, manche mit einem Partner oder einer Partnerin. So füllten sich die Teilnehmendenplätze rasch. Der Initiator der Museumsnacht, Hendrik Große-Homann, instruierte alle und prompt deckten die Teilnehmenden die erste Karte um. “Sollte ein Veggieday in der Woche für Kantinen und Restaurants verpflichtend werden?”, lasen sie vor. Es folgte eine inhaltliche Positionierung der Bürgerinnen und Bürger. Nachdem sie ein erstes Argument hervorgebracht hatten, war es an den Debattierenden, die entgegengesetzte Meinung zu vertreten und ein Argument präzise darzulegen. Nach einem dreiminütigen Austausch klingelte die Glocke und die nächste Karte wurde aufgedeckt. Die teilnehmenden Personen bezogen Stellung und die Streitfrage wurde auf ähnliche Art und Weise wie zuvor von Debattierenden, gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern der Museumsnacht erörtert. Nach weiteren drei Minuten folgte ein weiteres Thema, bis acht Themen zwar kurz, aber vielseitig und spannend durchgesprochen waren.

Die Teilnehmenden des Speed-Debatings lauschen den letzten Instruktionen © BWBS/Olaf Malzahn

Während der knappen halben Stunde einer Speed-Debate-Runde spazierten Schaulustige und Interessierte durch den großen Raum und hörten mal hier und mal da in eine argumentative Auseinandersetzung hinein. Nach dem eigentlichen Speed-Debating blieb Raum um die persönliche Meinung zu teilen, über das Debattieren im sportlichen Kontext und das Diskutierens als Mittel gegen rechtsextreme Positionen zu sprechen. “Das war ein voller Erfolg – von vorne bis hinten”, freute sich Große-Homann über die positive Resonanz, die vom Lübecker Publikum auf das Debattieren ausging. “Menschen sind in Diskussion gekommen, haben miteinander geredet und sich über aktuelle Themen Gedanken gemacht”, so das Fazit des zufriedenen Veranstaltungsmanagers.

Auch die Bilanz der fünf Debattierenden fiel durchweg positiv aus. Es mag zwar illusorisch sein, auf diese Art und Weise das Debattieren in die Breite der Gesellschaft zu tragen. Angesichts der Vorselektion, die bei einer Museumsnacht besteht, wird ein eher akademisches Publikum angesprochen. Der Altersdurchschnitt ist jedoch etwas höher als in der Debattierszene selbst. Und ist nicht jeder Schritt, der das Debattieren in die Öffentlichkeit bringt, ein guter? Noch dazu einer, der Bürgerinnen und Bürger dazu bringt, aktiv zu werden und auf kontrollierte Art und Weise (wieder stärker) miteinander zu reden? Speed-Debating ist definitiv eine Möglichkeit, stärker auf uns und die Relevanz des Sports aufmerksam zu machen und um langfristig doch stärker etwas zu einem konstruktiven gesellschaftlichen Diskurs beitragen zu können.

Hannah Bilgenroth debattiert seit Ende 2020 beim Debattierclub Göttingen. Dort ist sie seit 2021 Mitglied des Vorstands, den sie zwei Jahre lang als Präsidentin führte. Unter anderem war sie Mitglied der Cheforganisation der Campus-Debatte Göttingen 2023 und gewann mehrere Jurierpreise.

Das Mittwochs-Feature: Mittwochs veröffentlicht die Achte Minute ab 10.00 Uhr oftmals ein Mittwochs-Feature, worin eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt gestellt wird. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.

hb./lok.

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