Schon mal was vom EUDC Council gehört? / Jens Fischer über Debattierverwaltung auf Europaebene

Datum: 5. August 2010
Redakteur:
Kategorie: Menschen

Sogar manch einer unter den alten Hasen Debattierdeutschlands müsste passen, wenn es um das EUDC Council geht. Bitte was für ein Council? Zuerst einmal: EUDC steht für „European Universities Debating Championships“, ist also eine Abkürzung für die Europameisterschaft im Debattieren. Und was ist nun mit dem Zusatz „Council“?

Einer, der darüber ganz genau Bescheid weiß, ist Jens Fischer von der Berlin Debating Union. Er wurde auf den diesjährigen Debattiereuropameisterschaften erneut zum Präsidenten dieses EUDC-Rates gewählt. Als ihn die Achte Minute auf seine Wahl ansprach, lachte er erstmal – dieser Posten bringe eher Arbeit mit sich als Ruhm und Ehre.

Jens Fischer in Aktion am Rednerpult. (Foto: privat)

Wobei ein wenig Ruhm vielleicht doch mit drin ist. Denn das EUDC Council hat im Großen und Ganzen unter der Leitung seines Präsidenten die Aufgabe, grundlegende Regelungen für das Debattieren auf europäischer Ebene festzulegen. Ein Job, der für die meisten Teilnehmer der Debattier-EM unsichtbar bleibt, aber der für das Gelingen der Euros (so werden die europäischen Debattiermeisterschaften umgangssprachlich genannt) unerlässlich ist. Vor den Euros gab es einiges zu tun, berichtet Jens. Man müsste bereits sein, sich tief in die Thematik einzuarbeiten.

Jens hat als Präsident die Aufgabe, die Sitzungen des Councils zu leiten, darf aber bei Entscheidungen nicht mitabstimmen. Der Rat an sich setzt sich aus je einem Vertreter oder einer Vertreterin aller an den Euros teilnehmenden Nationen zusammen. Die wohl wichtigste Entscheidung, die das Council fällen muss, ist die Vergabe der Euros. In diesem Jahr, als das Council in Amsterdam tagte, schien die Entscheidung leicht zu fallen, wer das größte Debattierturnier Europas 2011 ausrichten sollte, denn es gab nur einen Bewerber. Der allerdings musste sich ganz schön löchern lassen, besonders mit Fragen zur Finanzplanung. Am Ende aber gab es dann doch eine breite Mehrheit und begeisterte Iren: Die Europameisterschaft 2011 wird im irischen Galway ausgetragen! Als wollten die Debattanten von der grünen Insel den Zuschlag ganz besonders feiern, gewann zwei Tage nach dem Zuschlag ein irisches Team die Meisterschaft 2010.


Neben dem Amt des Präsidenten gibt es noch zwei weitere besondere Ämter im Council. Der „Registrar“ (aktuell Branka Marusic aus Zagreb in Kroatien) wacht über die Einhaltung der Regeln während der Sitzungen; der „Secretary“ (aktuell Rob Honig aus dem niederländischen Leiden) protokolliert die Sitzungen. Außerdem gibt es vier Vizepräsidenten – jeder ist für eine Großregion zuständig. Alle VDCH-Länder gehören zur Region Northern and Western Europe (N&W), die momentan von Adriaan Andringa aus den Niederlanden betreut werden. Außerdem gibt es noch Vizepräsidenten für Central and Eastern Europe (C&E, momentan Milan Vignjevic aus Serbien), Islands of the North Atlantic (IONA, momentan Ruth Faller aus Irland) sowie South-Eastern Europe and the Middle East (SE&ME, momentan Manos Moschopoulos aus Griechenland). Sie sind zum Beispiel erste Ansprechpartner für Clubs, die erstmals auf den Euros starten wollen.

Wer bei den Euros starten darf, ist ein „uralter Streit“ im EUDC Council. Doch der Disput über die Zulassung der einzelnen Debattierclubs zu den Euros wurde bei der letzten Councilsitzung in Amsterdam erst einmal beigelegt. Die Grundidee der Europameisterschaften war es von Anfang an, dass die verschiedenen Universitäten gegeneinander antreten und dass dabei zu jeder Universität genau ein Debattierclub gehört. Dieser Grundsatz wurde jedoch seit 1999, also seit es die Euros überhaupt gibt, nicht eingehalten. So haben einerseits einige Universitäten drei oder sogar vier Debattiergesellschaften, von denen alle Teams zu den Euros entsenden. Andererseits „vertritt“ so mancher Debattierclub mehrere Universitäten gleichzeitig, sodass dieses Hochschulen deutlich unterrepräsentiert sind. Auf diese Weise entstand einige Unklarheit. Die aktuelle Lösung des Councils sieht nun vor, dass das Leitmodell (Universitäten treten gegen andere Universitäten an) bestehen bleibt. Clubs, die nicht eindeutig einer Universität zuzuordnen sind, müssen künftig vom Council erst bestätigt werden. Zusätzlich gibt es jedoch eine Art „Bestandsschutz“: Alle Debattierclubs, die zwischen 2006 und 2010 an den Euros teilgenommen haben, dürfen das auch künftig tun.

Teilnehmen dürfen auch Länder, die man auf den ersten Blick nicht zu Europa rechnen würde. Israel beispielsweise ist seit Jahren willkommener EUDC-Mitstreiter – und oft genug auch ein sehr erfolgreicher. 2009 etwa schaffte es Tel Aviv sogar ins Allgemeine Finale, in dem meist nur englische Muttersprachler zu sehen sind. Und auch weitere Länder, die nicht geographisch zu Europa zählen, kommen zur Meisterschaft: So durfte zum Beispiel dieses Jahr das Emirat Katar erstmals an den Euros teilnehmen, obwohl es fern von Europa am Persischen Golf liegt. Katar wurde zugelassen, da sich in den Nachbarländern des Emirats bisher keine Debattierszene herausgebildet hat, die eine eventuelle „Arabische Debattiermeisterschaft“ analog zu den Euros ermöglichen würde.

Desweiteren werde laut Jens derzeit die Suche nach Langzeitsponsoren für die EUDC erwogen, die sich – ähnlich wie DIE ZEIT in Deutschland – auf Dauer finanziell hinter die Euros stellen. Dann müssten die Veranstalter der Euros sich nicht mehr jedes Jahr aufs Neue auf die Suche nach Sponsoren machen. Zusätzlich zu den großen Aufgaben will Jens auch den Internetauftritt des EUDC Council weiter ausbauen; schon jetzt gibt es dort einiges zu entdecken, etwa Dokumentarisches über die Europameisterschaften seit 1999.

Insgesamt beurteilt Jens eine konstruktivere Arbeitsatmosphäre im Council: „Jetzt sind die Leute bereit, miteinander zu reden.“ Früher sei dem nicht unbedingt so gewesen, moniert Jens. Zudem werde die Arbeit im Gremium besser und präziser, über diese Entwicklungen könne er sich nur freuen. Der Council-Präsident fasst es so zusammen: „Das Council ist, was man draus macht.“ Jens hat vor, das Beste aus dem Council zu machen – vor ihm liegt ein weiteres arbeitsreiches Jahr für das Debattieren in Europa.

Xenia Zykhar / glx / apf

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2 Kommentare zu “Schon mal was vom EUDC Council gehört? / Jens Fischer über Debattierverwaltung auf Europaebene”

  1. Verena Gräf sagt:

    Sehr informativ und übersichtlich, toller Artikel 🙂

  2. Michael sagt:

    Ja, ich hab mich auch schon häufig gefragt, was das EUDC so macht! 😉

Kommentare sind geschlossen.

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