„Eine der besten Sieben-Minuten-Reden, die je gesehen habe“ – Steven Nolan berichtet vom Oxford IV 2010

Datum: 16. November 2010
Redakteur:
Kategorie: Turniere

Irische Unterbrechungen und eine Bewerbung aus Berlin: Am vergangenen Wochenende hat beim Oxford IV 2010 die London School of Economics (John Ashbourne und Anser Aftab) im Finale gewonnen, während Daniel Springer und Jeroen Heun aus Rotterdam den Titel als Sieger in der Kategorie “English as a Second Language“ nach Hause holten. Die Chefjuroren Benjamin Jasper (Vizeeuropameister 2008 in Tallinn), Shengwu Li (Europameister 2009 in Newcastle) und Joanna Farmer (Vizeeuropameisterin 2009) hatten sich interessante Themen ausgedacht wie “This House believes that adoption agencies that receive state funding should give priority to same sex couples and infertile couples” oder “This house believes that democracies should conscript citizens by lottery when facing any prolonged military intervention.” Selbst die für Oxford typischen Unbequemlichkeiten, wie etwa ein kurzfristiger Abstecher nach Wadham für eine Runde Debattieren, konnten nicht verhindern, dass es ein tolles Wochenende wurde.

Dieses Jahr wurde in allen Vorrunden des Oxford IV Sieben-Minuten-Reden gehalten – eine Ausnahme, redet man doch für gewöhnlich erst in den Finalrunden die volle Zeit, in den Vorrunden begnügt man sich mit fünf Minuten Redezeit. Die Redner schätzten dies als gute Übung für die Worlds, wo ebenfalls über das gesamte Turnier hinweg Sieben-Minuten-Reden die Regel sind. Die Oxforder Organisation stand damit vor einer logistischen Herausforderung – letztlich fand das Finale etwas später als üblich statt. Doch die Atmosphäre beim Finale in Oxford war großartig. Zur Gewohnheit geworden ist mittlerweile die “Irish Interruption“: Die anwesenden Iren stürmen unmittelbar vor Beginn der Debatte das Finale, halten eine leidenschaftliche Rede über die Unterdrückung durch die Engländer, singen irische Befreiungslieder und erst dann nimmt das Finale seinen geplanten Lauf. Bei der Oxford Union zu debattieren, ist einfach immer eine tolle Erfahrung.

Ebenfalls schon zur Tradition geworden ist, dass Bewerber um die Ausrichtung der Worlds ihre Präsentation beim Oxford IV vorstellen – in diesem Jahr war das die Berlin Debating Union (BDU), die die Weltmeisterschaften 2013 in die deutsche Hauptstadt holen will. Jetzt sind alle neugierig, wer im Chefjurorenteam der Berliner sein wird und wie hoch die Teilnahmegebühren sein sollen – das hat das Team um Patrick Ehmann nämlich noch für sich behalten. Erste Anreize haben die Berliner aber schon geschaffen: Sie haben Visitenkarten in Oxford verteilt, die am ersten Abend der Worlds 2013 in Berlin ein Freigetränk garantieren.

Bei der Auswahl an Themen kam niemand zu kurz: Es gab “motions“ zu aktuellen ebenso wie überraschende Wendungen zu altbekannten Themen, jeder konnte ein Lieblingsthema finden. Mein persönliches Highlight war die Viertelfinalrede von Doug Cochran (Vizeeuropameister 2007 in Koç) über Piraterie – eine der besten Sieben-Minuten-Rede, die ich je gesehen habe.

Steven Nolan / apf / glx

Steven Nolan, Jahrgang 1984, hat in Galway und Cork Jura studiert und arbeitet heute bei der English Speaking Union in London. Er ist Vizeeuropameister 2007 und hat sich auch als Juror einen Namen gemacht, so ist er etwa Chefjuror (DCA) der Europameisterschaft 2011 im irischen Galway. Wer Steven in VDCH-Land treffen will, hat beispielsweise beim Vienna IV im März die Chance dazu: Steven wird das Turnier gemeinsam mit Isabelle Loewe und Manos Moschopoulos chefjurieren.

Die Oxford Union ist die vielleicht berühmteste Debattiergesellschaft der Welt und macht immer wieder durch illustre und umstrittene Gastredner/innen auf sich aufmerksam. In der Regel zeichnen sich die Oxford IVs dadurch aus, dass die Startgebühren relativ hoch sind, der Komfort  jedoch relativ niedrig ist – man lebt vom großen Namen des Vereins und des Turniers. Aber nicht nur deshalb will jeder dabei sein: Wenn man den Erzählungen derer, die dabei waren, Glauben schenkt, gibt es dort nicht nur die schlechteste Akustik (in der berühmten “Union Chamber”) und die grausigsten Schlafbedingungen der Welt zu überstehen, sondern auch die tollsten Partys mit Menschen aus unzähligen Ländern zu feiern und herausragende englischsprachigen Rednerinnen und Redner zu bestaunen.

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1 Kommentare zu “„Eine der besten Sieben-Minuten-Reden, die je gesehen habe“ – Steven Nolan berichtet vom Oxford IV 2010”

  1. Gudrun Lux sagt:

    I’d like to see an Irish interruption – I guess I should go to Oxdord next year!
    Vielleicht lässt sich sowas auch in Deutschland einführen – liebe Österreicher, was plant Ihr so für die DDM? 😀

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