Nur auf die Argumente kommt es an – Zweites Bayreuth Varsity

Datum: 28. Januar 2011
Redakteur:
Kategorie: Neues aus den Clubs, Themen

Vergangenen Samstag schlug die große Stunde für die englischsprachigen Debattanten der Uni Bayreuth: In den Räumen der Geo-Fakultät fand das zweite “Bayreuth Varsity“ statt. Auf dem clubinternen Turnier stritten 16 Debattanten einen Tag lang auf hohem Niveau.

Zehn Uhr morgens in einem schönen, mit großflächiger Fensterfront versehenen Seminarraum der Universität Bayreuth: Drei Debattantinnen und 13 Debattanten, eingeteilt in acht Zweierteams, treten an, um mit ihren argumentativen Fähigkeiten die Juroren zu überzeugen. Nach einigen einleitenden Worten von Sebastian Becker, der als Clubleiter der Debating Union Bayreuth das Turnier organsiert hatte, geht es in die erste der drei Vorrunden. Thema: “Arbeitslose sollen für das Geld, das sie erhalten, für den Staat arbeiten.“ Das Los entscheidet, welche vier Teams jeweils gegeneinander antreten. Es folgt eine durchdachte Diskussion: Wie kann das Recht darauf, seine Zeit frei einzuteilen, gegen die soziale Ungerechtigkeit aufgewogen werden, Geld vom Staat “geschenkt“ zu bekommen, ohne dafür arbeiten zu müssen?

Nach dieser Runde ist Zeit für entspannte Gespräche, ohne argumentieren zu müssen: Mittagessen. Joey bringt Pizza. Einige genießen auch einen Kaffee und eine Zigarette, bevor es in die zweite Vorrunde geht.

War am Ende der ersten Runde noch angesagt worden, wer gewonnen hatte, ist dies die erste “geschlossene“ Runde. Um die Spannung, wer am Ende ins Finale einzieht, nicht zu verderben, erhalten die Debattanten kein Feedback. Thema der Runde: “Der Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan sollte sofort beginnen.“ Wiederum folgt ein interessanter Schlagabtausch, freilich auch mit einigen ungewöhnlichen Argumenten. So beschwört die Opposition die Vision eines Drogenkrieges in Afghanistan, wie derzeit in Mexiko, für den Fall herauf, dass die Soldaten wirklich auf der Stelle abgezogen werden.

Dass sich die ersten Vorrunden mit aktuellen unbeantworteten politischen Fragen beschäftigen, hat zur Folge, dass die Debattanten in den Pausen unverdrossen weiter die Argumente gegeneinander abwägen – nun allerdings ohne parteiisch an eine Seite gebunden zu sein.

Die dritte Vorrunde, es ist inzwischen dunkel geworden, behandelt das Thema “Parteien sollten nach der Wahl ihre Wahlversprechen einlösen.“ Auch wenn es dazu (vermeintlich) einen gesellschaftlichen Konsens gibt, fallen den Debattanten beider Seiten bemerkenswerte Argumente ein, zum Beispiel: “Wenn vor der Wahl versprochen wurde, mit einer bestimmten Partei nicht zu koalieren, das Wahlergebnis aber nur das zulässt, dann würde die Partei doch den Wählerwillen missachten, wenn sie ihr Wahlversprechen hält.“

Nach den Vorrunden folgt der erste Hochspannungsmoment des Turniers: Nun werden die Teams benannt, die am Finale teilnehmen. Einige bange Momente später steht fest: Mintberry Crunch, Whiplash Injury, The Glimmershiefers und Lorenzo van Matterhorn haben sich für die Schlussrunde qualifiziert.

Das Thema für das Finale ist kompliziert: “Geistig behinderten Frauen sollte vorgeschrieben werden, ständig zu verhüten.“ Man mag denken: Leichtes Spiel für die Opposition. Von Bauchgefühl und ethischem Grundverständnis her mag das stimmen, aber beim Debattieren zählen Argumente, und nur diese. Die Pro-Partei zeigt zum Beispiel auf, dass die Mutter möglicherweise nicht für das Kind sorgen könnte. Die Opposition schwingt die Nazikeule und hält dagegen, dass wir gerade in Deutschland genügend schlechte Erfahrungen mit Eugenik gemacht haben, mit solchen Argumenten also nicht herumspielen sollten. Das im Saal anwesende Publikum, spendet, je nach Position, mal mehr, mal weniger Applaus. Den Rednern sitzen gleich drei Juroren gegenüber: Die beiden “Judges“ Sebastian Becker und Julian Zuber haben Unterstützung von Tim Dorlach, einem Bayreuther Debating-Urgestein, erhalten.

Dann heißt es wiederum Warten. Gut eineinhalb Stunden dauert es, bis das Ergebnis verkündet wird. Die Spannung ist greifbar, während man versucht, mit Döner Hunger und Nerven zu beruhigen. Um kurz vor halb elf steht fest: Tatsächlich konnte sich ein Team, das im Finale pro Pflichtverhütung gesprochen hat, durchsetzen. Lorenzo van Matterhorn, namentlich Martin Jakob und Alexander Wulfers, siegen.

Die Debating Union Bayreuth (DU) bildet gemeinsam mit dem Debattierclub Bayreuth den Arbeitskreis zur Förderung der europäischen Streitkultur an der Uni Bayreuth. Die DU debattiert im Format des British Parliamentary Style (BPS) – und ausschließlich auf Englisch. Die erste internationale Herausforderung dieses Jahres steht auch schon an: Am letzten Januarwochenende verlassen zwei Teams das beschauliche Bayreuth, um beim Trinity IV in Dublin anzutreten. Einen regen Mitglieder- und Gedankenaustausch pflegt sie über die Sprachgrenze hinweg mit dem deutschsprachigen Bayreuther Debattierclub. Dem “Bayreuth Varsity“ konnten die “Deutschen“ trotzdem nicht beiwohnen: Sie waren in Mainz, um sich der dortigen ZEIT DEBATTE zu stellen.

Bastian Benrath / apf / glx

Print Friendly, PDF & Email
Schlagworte: , , , , ,

Folge der Achten Minute





RSS Feed Artikel, RSS Feed Kommentare
Hilfe zur Mobilversion

Credits

Powered by WordPress.

Unsere Sponsoren

Hauptsponsor
Medienpartner