Von Tea-Parties, Tyrannen und Till Eulenspiegel / Kooperation zwischen VDCH und DSG

Datum: 2. März 2011
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Kategorie: Themen, Turniere, VDCH

In den Anfängen des Schuldebattierens in Deutschland – das war Ende des vergangenen Jahrtausends – konzentrierte sich das englischsprachige Debating an deutschen Schulen auf einen kleinen illustren Kreis der Gymnasien in und um Stuttgart. Damals hätte wohl keiner gedacht, dass man nur gut zehn Jahre später eine komplette Jugendherberge mit Debattierern aus der gesamten Republik füllen könnte.

Und genau das geschah am vergangenen Wochenende in Würzburg nun schon zum dritten Mal: 34 Senior-Schulteams, weit über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, trafen sich, um über die verschiedensten Themen und Probleme zu debattieren. Die Themenpalette war dabei äußerst vielfältig: So ging es zum Beispiel darum, ob Tea-Partys auch außerhalb der USA zu begrüßen wären (This house believes that we need more Tea Parties). Auch eine Diskussion darüber, ob man Schüler besser mit G8 oder der neunjährigen Alternative auf Studium und Berufsleben vorbereitet, durfte nicht fehlen. Vor dem aktuellen Hintergrund der Feinstaub- und CO2– Belastung in großen Städten ging es in einer weiteren Debattenrunde um die Einführung einer City-Maut (This house believes there should be a congestion charge in all cities). Um die aktuellste aller Problematiken ging es allerdings in der Motion “This house believes that the Western world should support the changes in the Islamic countries“. Es fand ein hitziger Austausch von Argumenten darüber statt, ob man die Menschen in ihrem Kampf für Freiheit und gegen Despoten und Tyrannen aktiv unterstützen solle, oder ob dies vielmehr zu einer Überstülpung der westlichen Werte und unseres Demokratieverständnisses führen würde.

Am Ende der insgesamt acht Vorrunden stand dann fest, welche acht Teams die Punktrichter am besten durch ihre Argumente hatten überzeugen können: Nach einem sensationellen Durchmarsch mit acht von acht – allesamt einstimmig – gewonnen Debatten, sicherte sich das Parler-Gymnasium Schwäbisch Gmünd den ersten Platz und wird im Viertelfinale nun gegen das Burghardt-Gymnasium Buchen antreten. Im zweiten Viertelfinale tritt das Johannes-Keppler-Gymnasium Leonberg gegen das Friedrich-Abel-Gymnasium Vaihingen an. Das dritte Viertelfinale wird bestritten durch das Landesgymnasium für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd Platz und das Scheffel-Gymnasium Lahr.

Das vierte Viertelfinale trägt besondere Spannung in sich, da es zu einem Stadtderby kommen wird: Hierbei kämpfen zwei aus Backnang stammende Schulen, nämlich das Taus-Gymnasium gegen das Max-Born-Gymnasium, um den Einzug in das Halbfinale. Als wäre das nicht schon genug, stehen sich auch die beiden besten Redner der Senior League im Derby gegenüber: Max-Born-Debater Dominic Weller (Speaker-Ranking Platz 1) gegen den zweitplatzierten Kai Ohmstedt vom Taus-Gymnasium. Bei dem baden-württembergischen Städtchen handelt es sich um eine Kaderschmiede, die inzwischen bis in die VDCH-Szene wirkt: Jana Gilke, Präsidentin des Mannheimer Debattierclubs, stand zuletzt beim Rheingötter-Debattierwettstreit in Bonn im Halbfinale und trat um den Jahreswechsel bei den Worlds in Botswana gemeinsam mit Nils Haneklaus (DC Stuttgart) an.

Doch auch abseits der Debatten gab es Programm in Würzburg. So wurde am Samstag ausführlich über die zukünftige Zusammenarbeit des VDCH und der DSG gesprochen. Hierbei stellten VDCH-Vizepräsident Marcus Ewald und Anja Pfeffermann den Verband der Debattierclubs an Hochschulen sowie die Achte Minute vor. Natürlich galt es, eine solch historische Kooperation auch angemessen zu feiern: Hierzu ging es in den unter Debating-Coaches mittlerweile schon legendären Till Eulenspiegel. Die mittelalterlich anmutende Bierklause bot somit das ideale Ambiente für einen feucht-fröhlichen Ausklang des Debating-Wochenendes in Würzburg.

Marcus Ewald (VDCH-Vizepräsident) und Christopher Sanchez (Vorsitzender der DSG) beschließen in Würzburg die Kooperation ihrer Verbände. (Foto: Amelie Schreier)

Die “Debating Society Germany“ (DSG) wurde 1996 in Baden-Württemberg gegründet und hat sich von dort in Deutschland verbreitet. Heute gibt es das “Schools Debating“, das englischsprachige Debattieren an Schulen, auch in Bayern, Hessen, Sachsen, Berlin, Brandenburg und Hamburg. Deutsche Schülerdebattierer sind schon bei zahlreichen internationalen Turnieren angetreten, etwa bei den World Schools Debating Championships (WSDC), die 2004 bereits einmal in Stuttgart ausgetragen wurden. Die DSG richtet außerdem jährlich ein offenes Turnier für Schul- und Nationalteams aus der ganzen Welt aus. Seit 2010 trägt dieses den Namen EurOpen. Der DSG stehen derzeit David Whitehead und Christopher Sanchez vor. Die beiden haben gemeinsam mit Jana und Marcus die Kooperation zwischen VDCH und DSG vorangetrieben. Künftig sollen Schüler über das Hochschuldebattieren erfahren, um so beim Wechsel an die Universität den Weg in den örtlichen Debattierclub zu finden. Außerdem soll die Zusammenarbeit auf lokaler Ebene ermöglicht werden. Beide Verbände wollen dazu einen Verteiler einrichten. Marcus ist überzeugt: “Wir glau­ben, dass durch eine en­ge­re Zu­sam­men­ar­beit das De­bat­tie­ren in ganz Deutsch­land ge­stärkt wird!“ Dem pflichtet David bei: “Ich denke, wir können hier wirklich etwas ausbauen.“

Das Turnier in Würzburg fand im Rahmen der Senior League statt: In einem Wettstreit über insgesamt acht Vorrunden – in Würzburg werden üblicherweise nur die vier letzten ausgetragen – debattierten sich Schülerteams durch die gesamte Liga. Am Ende stehen Viertel-, Halbfinale und Finale, die demnächst ausgetragen werden. Amtierender deutscher Meister ist das Max-Born-Gymnasium aus eben jener Kaderschmiede Backnang – schon zum dritten Mal in Folge holte diese Schule 2010 den Titel.

Christian Steck / apf

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