The future of the planet may depend on it: Deutscher Vizemeister veröffentlicht ein Buch zum Management der Klimaverhandlungen

Datum: 25. Februar 2015
Redakteur:
Kategorie: Debattieren in der Öffentlichkeit, Menschen, Mittwochs-Feature, Politik und Gesellschaft, Rezension

Warum kommen die Verhandlungen um ein Klimaabkommen zu keinem Ergebnis? Die Interessen der Staaten seien unüberbrückbar, heißt es oft. Debattieralumnus Kai Monheim hat jedoch eine andere Erklärung. Es liege unter anderem am Verhandlungsmodus: Wenn die Teilnehmer mehr inhaltlich argumentierten statt zu feilschen, wären die Erfolgsaussichten für ein internationales Abkommen besser.

monheim BuchcoverEs ist sicher nicht weit hergeholt, bei diesem Erklärungsansatz einen Hintergrund im Debattieren zu vermuten. Schließlich geht es im Debattiersport genau darum, einen idealen Rahmen für das Argumentieren herzustellen. Dazu werden Positionen zugeteilt und die Redezeit begrenzt und geschützt. Das ähnelt den Charakteristika guten Verhandlungsmanagements, die Kai für erfolgreiche Kooperation beim Klimaschutz für entscheidend hält – und denen er ein Buch gewidmet hat, das dieses Jahr erscheint.

Kai ist ein Debattierer der ersten Stunde gewesen. Während er an der Humboldt-Universität Jura studierte, debattierte er bei der Berlin Debating Union. Im März 2002 gewann er die ZEIT DEBATTE Berlin und wurde dort auch als bester Finalredner ausgezeichnet. In derselben Saison – es war die zweite Saison der ZEIT-DEBATTEN-Serie – erreichte er bei der Deutschen Meisterschaft in Tübingen das Finale. Auch international war Kai sehr aktiv. Sein größter Erfolg war es, bei den Europameisterschaften 2004 in Durham das offene Viertelfinale erreicht zu haben. Zuvor war er Teil eines der ersten Teams aus Deutschland, das bei den Weltmeisterschaften antrat: Im Jahr 2003 in Südafrika.

Wohin führt das Debattieren? Sicherlich hinterlässt es seine Spuren, wenn man als Student Dutzende Wochenenden auf Turnieren verbringt. Wenigstens die Lust am Streit lässt sich nur schwer abgewöhnen. Fragen wie „Taugt das als Thema für einen faire Debatte?“ oder „Was würde der Chefjuror dazu sagen?“ plagen wohl alle Debattanten auch außerhalb sportlicher Veranstaltungen. Stark Betroffene denken auch während alltäglicher Diskussionen in fünf Kategorien plus Teamlinie.

Auch beruflich schlägt sich das nieder. Debattieren ist nicht nur ein Hobby, manche machen es direkt zum Broterwerb. So etwa Marietta Gädeke, die sich nach ihrem Sieg bei der Deutschen Meisterschaft 2007 mit Lilit als Kommunikationstrainerin verselbstständigte. Gemeinsam mit Thore Wojke und Sarah T. P. Andiel warb sie vergangenen Dezember mit einem Artikel dafür, das Debattieren für die Unternehmenskultur zu nutzen. Naheliegend ist auch die Verbindung zur Politik: Über die große Anzahl an Debattierern, die in der Politik arbeiten, wird die Achte Minute in den nächsten Wochen berichten.

monheim Diagramm

Eine graphische Darstellung des Kernarguments, entnommen aus dem Buch. „Negotiation management“ wird dort in vier Aspekte unterteilt, darunter der Verhandlungsmodus. © Kai Monheim/Routledge

Kai Monheim zeigt, dass das auch für die Sozialwissenschaften gelten kann. Nach seinem Jurastudium schloss er ein Masterstudium in Public Policy an der Harvard Kennedy School an. Das nun erschienene Buch ist das Ergebnis seiner Dissertation, die er als Visiting Fellow am Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment an der London School of Economics verfasst hat. Der volle Titel der Publikation lautet: „How Effective Negotiation Management Promotes Multilateral Cooperation: The power of process in climate, trade, and biosafety negotiations.” Auf 290 Seiten erläutert Kai seine Theorie und die Ergebnisse seiner Nachforschungen, für die er 62 Interviews geführt hat.

Das Buch stößt auf gute Kritiken. Kai argumentiere überzeugend, dass Prozesse wichtig sind, heißt es etwa in einer Rezension. Auch wenn es nicht das Forschungsziel war, habe Kai wohl eine vollendete Schilderung der Kopenhagener und Cancúner Klimakonferenzen geschrieben, wofür sich die Lektüre des Buches schon lohne. Die Rezension endet gar mit etwas Pathos: Kai sollte sicherstellen, dass Laurent Fabius – der die Klimaverhandlungen diesen Herbst in Paris leiten wird – eine Kopie des Buches erhalte, die Zukunft des Planeten könne davon abhängen.
Auf einem Kongress im vergangenen Sommer wurde die Arbeit mit dem „Mediations-Wissenschafts-Preis“ der Centrale für Mediation ausgezeichnet. Dass der bekannte Politikwissenschaftler Robert O. Keohane das Buch anpreist, trägt sicher auch dazu bei, dass es nicht unbemerkt bleiben wird.

Das Buch erscheint beim akademischen Verlag Routledge. Mit 140 Dollar (112 Dollar als E-Book) ist es nicht gerade erschwinglich. Wer nur einen Blick hineinwerfen will, findet bei Google Books einige Auszüge.

hug/ama

Mittwochs-Feature

Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 10.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.

Kai Monheim arbeitet als Visiting Fellow am Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment an der London School of Economics. Er ist auch als Berater für die Boston Consulting Group tätig.

Jonas Huggins ist Chefredakteur der Achten Minute. Derzeit absolviert er ein Auslandsjahr an der American University in Washington, D.C.

 

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