Willkommen in der Märchenstadt – Marina Freund über den Brüder Grimm Cup 2012

Datum: 30. Mai 2012
Redakteur:
Kategorie: Turniere

Es war einmal in der Märchenstadt, als sich 28 wackere Teams von nah und fern trafen, um in einem Redewettstreit die besten Redner des Märchenwaldes zu bestimmen.

Die Ehrenjury des Brüder-Grimm-Cup 2012

Die Ehrenjury des Brüder-Grimm-Cup 2012 (Foto: Manuel Adams)

So, oder so ähnlich, hätten die Gebrüder Grimm das letzte Wochenende in Marburg beschrieben, denn der erste Brüder Grimm Cup des neugegründeten Marburger Debattierclubs stand ganz im Zeichen der Märchenerzähler. Nach einer Märchenpfadwanderung am Freitagabend für die früher Angereisten startete das Turnier am Samstagmorgen mit 28 Teams. Die Chefjuroren Andrea Gau (Debattierclub Johannes Gutenberg Mainz), Florian Umscheid (Berlin Debating Union) und Ruben Brandhofer (Brüder Grimm Debattierclub Marburg) forderten die Teams in den Vorrunden mit einem breiten Spektrum an Themen. Vor allem das dritte Vorrundenthema („Dieses Haus würde die Grimmschen Märchen gendergerecht umschreiben“) nahm direkten Bezug zum Motto des Turniers und des ausrichtenden Clubs.

Im Halbfinale standen sich die acht besten Teams zum Thema „Dieses Haus würde Angeklagte zwischen Richter und Jury wählen lassen“ gegenüber. Im ersten Halbfinale standen sich Mainz Anton (Sina Strupp und Marcel Giersdorf) als eröffnende Regierung, die Achse des Guten (Jonas Werner und Jonathan Scholbach) als eröffnende Opposition, BDU C (Georg Sommerfeld und Jan Fischer) als schließende Regierung und Karlsruhe It’s Raining Men (Leo Vogel und Johannes Grygier) als schließende Opposition gegenüber. In dieser Debatte standen die zentralen Fragen, ob im Strafrecht eine Jury und die Wahl zwischen Jury und Richter sinnvoll sind, im Vordergrund. Juriert wurde dieses Halbfinale von Manuel Adams als Chair sowie von Florian Umscheid, Alexander Prinz und Ruben Brandhofer. Letztlich konnten sich die Achse des Guten und Karlsruhe gegen die Konkurrenten durchsetzen und ins Finale breaken.

Das zweite Halbfinale dagegen stand im Zeichen des Zivilprozesses. Potsdam Sterne (Jana Bachmann und Mathias Hamann) als eröffnende und Mainz Berti (Marina Freund und Max Fritz) als schließende Regierung vertraten die Wahlfreiheit zwischen Jury und Richter im Zivilrecht gegen BDU B (Geeske Anders und Hauke Blume) als eröffnende und BDU E (Alex Hans und Matthias Winkelmann) als schließende Opposition. Chair dieses Raums war Philipp Stiel, unterstützt von Andrea Gau, Daniel Jurijew und Tobias Kube. Ins Finale breakten die Teams, die sich laut Jurorenurteil am besten mit dem Antrag auseinander gesetzt hatten – Mainz Berti und BDU E.

Tobias Kube, Präsident in Marburg, moderierte das Finale

Tobias Kube, Präsident in Marburg, moderierte das Finale (Foto: Manuel Adams)

Im Finale standen sich also die Achse des Guten (eröffnende Regierung), Karlsruhe (eröffnende Opposition), Berlin (schließende Regierung) und Mainz (schließende Opposition) gegenüber. Neben den Chefjuroren bildeten Philip Schröder und Stefan Kegel die Jury. Das Finalthema „Dieses Haus würde Ärzten erlauben lebensbedrohlich erkrankten Patienten noch im experimentellen Stadium befindliche Behandlungsmethoden anzubieten“ löste eine hitzige und – laut Ehrenjury – emotionale Debatte aus. Im Zentrum des Finales stand die Frage nach der Autonomie und Selbstbestimmung des Patienten sowie nach der Verantwortung des Staates im Gesundheitswesen.

Die Ehrenjury sah sich also mit einer schwierigen Entscheidung konfrontiert. Der Marburger Oberbürgermeister Egon Vaupel hatte bereits in der Vorbereitungszeit eine sympathische und werbende Rede für das Debattieren und für Marburg gehalten. Ebenso saßen Prof. Dr. Uwe Wagner, Torben Schubert als Asta-Vertreter und Tobias Kube, Präsident des Brüder Grimm Clubs und Psychologiestudent im 4. Semester, in der Ehrenjury. Vor allem die Teilnahme des
Asta-Vertreters hatte für die Marburger Debattierer große Symbolkraft, da nach langen Uneinigkeiten das Verhältnis zwischen Asta und Brüder Grimm Club durch den neuen Vorstand verbessert werden konnte. Als Vertreter der Ehrenjury lobte Dr. Uwe Wagner, der in Marburg bereits zwei Professorendebatten gewonnen hat, die Fairness der Finalisten und ihre tiefgehenden Analysen des Themas. Als besten Redner der Finaldebatte kürte die Ehrenjury schließlich Jonas Werner, der auch nach den Vorrunden zusammen mit seinem Teampartner Jonathan Scholbach das Rednertab angeführt hatte.

Die Chefjuroren sprachen bei ihrer Urteilsverkündung von einer guten Finaldebatte und einer sehr knappen Entscheidung. Schlussendlich gewannen Jonas Werner und Jonathan Scholbach den ersten Brüder Grimm Cup 2012 in Marburg. Als Preis erhielten sie entsprechend des Turniermottos die Gesamtausgabe der Grimmschen Märchen.

Jonathan Scholbach in der Finaldebatte (Foto: Manuel Adams)

Jonathan Scholbach in der Finaldebatte (Foto: Manuel Adams)

Insgesamt empfanden alle Teilnehmer das Turnier als gelungen. Ein großes Lob ist deshalb den Organisatoren auszusprechen, die auch außerhalb der Debatten den Gästen ein schönes Wochenende bereiteten. Wenngleich sich Debattierland und Marburg Debattierclub über die Schärfe der Soßen noch uneins sind, verlief das Turnier reibungslos und vor allem die Party am Samstagabend im Nachtsalon mit seiner wohnzimmerartigen Lounge und der 90er-Jahre-Musik wird lange im Gedächtnis bleiben. Als „märchenhafte Wohlfühlatmosphäre“ bezeichnete Chefjuror Florian Umscheid abschließend die Stimmung an diesem Wochenende. Er freue sich schon auf den nächsten Brüder Grimm Cup und hoffe, dass die Marburger ihr Organisationstalent auch bei einer ZEIT DEBATTE in der kommenden Saison unter Beweis stellen werden.

Das Turnier in Marburg wurde von vielen als letzte Übungsmöglichkeit und Generalprobe für die Meisterschaft im Deutschsprachigen Debattieren (MDD) verstanden. Die MDD findet am Fronleichnamswochenende (07.06. – 10.06.2012) in Wien ebenfalls im Format BPS statt und schließt damit die ZEIT-DEBATTEN-Saison ab.

Die Frage hingegen, wer die Freie Debattierliga (FDL) für sich entscheiden kann, bleibt aber noch bis Juli spannend: Auf den Turnieren in Dortmund (07.07.2012) und Greifswald (20.07.-22.07.2012) kann sich noch einiges am Ranking ändern. Nachdem Turnier in Marburg konnte Berlin knapp an Mainz vorbeiziehen und führt nun das Tab mit nur einem Punkt Vorsprung an.

Themen des Turniers im Überblick:

  • 1. Vorrunde: Dieses Haus würde Fußballclubs die Kosten für Polizeieinsätze in der Liga selbst bezahlen lassen.
  • 2. Vorrunde: Dieses Haus würde den Sicherheitsrat blockieren, solange es ein Vetorecht gibt.
  • 3. Vorrunde: Dieses Haus würde die Grimmschen Märchen gendergerecht umschreiben.
  • 4. Vorrunde: Dieses Haus würde Anwärter für den Beamtenstatus verpflichten, sich während ihrer Probezeit psychologisch evaluieren zu lassen statt ihre psychologische Krankengeschichte offenzulegen wie heute.
  • Halbfinale: Dieses Haus würde Angeklagte zwischen Richter und Jury wählen lassen.
  • Finale: Dieses Haus würde Ärzten erlauben lebensbedrohlich erkrankten Patienten noch im experimentellen Stadium befindliche Behandlungsmethoden anzubieten.

Marina Freund/pst

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