Foulspiel im Debattieren: Clemens Lechner über Fressen und Moral

Datum: 20. März 2013
Redakteur:
Kategorie: Mittwochs-Feature
severin moritz clemens lukas ddm 2011

Clemens Lechner (2.v.li., 2011): Lücke zwischen Theorie und Praxis

Bislang gilt im deutschsprachigen Debattieren: Anything goes. Erlaubt ist, was dazu angetan ist, den Kontrahenten rhetorisch niederzuringen. Die Juroren statten die Debattierer mit weitgehenden Vollmachten zum verbalen Vollkontakt aus.

Dabei klafft eine erhebliche Lücke zwischen den Vorgaben der Regelwerke und der Praxis im Turnierbetrieb. Zwar sind etwa in OPD empfindliche Punktabzüge bei sogenannten „Systemverstößen“ (Verfehlen von Zeitvorgabe, Thema, Zuhörer und Rolle) vorgesehen; auch im Wartburg-Format, ja sogar im britisch-liberalen BPS können zumindest grobe Beleidigungen mit Punktabzug geahndet werden. Ich habe jedoch in meiner aktiven Zeit als Debattierer selten erlebt, dass diese Regeln wirklich zur Anwendung gekommen wären.

Damit gleicht die Debatte einem Boxkampf, in dem die Ringrichterin penibel die Einhaltung der Rundenzeiten kontrolliert – Schläge unter die Gürtellinie und tysonsche Bisse in das Ohr aber geflissentlich ignoriert. So verwundert es kaum, dass gerade im Turnierbetrieb ein Umgang mit der Gegenseite und der Wahrheit üblich ist, der von vielen Beteiligten zurecht als unfair und intellektuell unredlich empfunden wird – und insofern als Foulspiel aufgefasst werden kann. Ich unterstelle niemandem, sich absichtlich unlauter zu verhalten. Es ist die natürliche Konsequenz, wenn im Wettbewerb Siegeswille und geringes Problembewusstsein seitens fast aller Beteiligten aufeinandertreffen.

Dieser Zustand ist nicht haltbar. Erstens sind Fouls per definitionem unfair. Eine Debatte aber sollte ein fairer Wettbewerb sein, in dem es allein um den zwanglosen Zwang des besseren Arguments geht. Nicht nur aus rein idealistischen Erwägungen, sondern weil Unfairness den Spaß verdirbt. Zweitens ist das Debattieren viel mehr als nur ein Wettbewerb: Die Debattiercommunity ist eine Sozialisationsinstanz für eine junge Elite, die später verantwortliche Positionen in unserer Gesellschaft besetzen will und wird. Von einer solchen kann man erwarten, dass sie sich auch im Sport ein Ethos im Umgang mit dem Gegenüber und der Wahrheit auferlegt.

Es bedarf also einer Auseinandersetzung mit der Frage, welche No-Gos anstelle des Anything-goes treten sollten. Diese Frage wäre einer ausführlicheren Erörterung würdig. Für den Moment aber wähle ich einen anderen Weg als das jüngst an dieser Stelle von Lukas Haffert rezensierte Monash Debate Review und spare mir Fußnoten und Habermas-Zitate. Stattdessen will ich im Folgenden kurz einige, keineswegs erschöpfende, Überlegungen skizzieren – in der Hoffnung, einen Diskurs innerhalb der Debattierszene anzuregen.

Zwischen Rollenspiel und Simulation: Eine Definition von Fouls

Was aber hat im Debattieren als Foul zu zählen? Dazu einige Prämissen: Eine Debatte ist ein Rollenspiel, bei dem zugeloste Positionen nach festgelegten Regeln vertreten werden. Dieses Rollenspiel hat Simulationscharakter: Es simuliert eine Argumentationssituation, wie sie in der Realität vorkommen könnte und schult dadurch die Teilnehmenden für ebensolche realen Situationen.

Das erzeugt ein Spannungsfeld: Einerseits befreit die Debatte als Rollenspiel und Simulation von einigen Verpflichtungen der Realität. Themen können viel freier verhandelt werden; man ist nicht an frühere Äußerungen gebunden, kann politisch inkorrekte Positionen vertreten, etc. Andererseits muss, damit es einen fairen Wettbewerb geben kann, der Rollenspielcharakter auch wirklich gewahrt werden. Das schließt, wie nachfolgend skizziert, einige rhetorische Strategien aus, die in der Realität durchaus üblich sind.

Eindeutige Fouls

Ein Foulspiel ist alles was, gegen den Rollenspielcharakter der Debatte verstößt. Neben den hier nicht weiter interessierenden Zeit- und Formverstößen sind dies insbesondere folgende Arten von Äußerungen:

  • Äußerungen, die nicht auf die Argumente der Gegenseite, sondern auf ihre Vertreter als Person abzielen, also fast jedes argumentum ad hominem. Dazu zählen offensichtliche Beleidigungen („Sie sind ein Stümper“), aber auch Abqualifizierungen milderer Art („Sie haben doch keine Ahnung“). Außerdem fallen darunter Verweise auf jenseits der Rednerrolle liegende Eigenschaften der Person („Du als Juristin müsstest eigentlich wissen…“).
  • Äußerungen, die auf die Person des Redners jenseits seiner Rolle verweisen („Ich als Ingenieurin sage ihnen“; „Ich als Adoptivkind…“). Diese spezielle Form des argumentum ad verecundiam wird häufig verwendet, um sich selbst besondere Autorität auf einem Gebiet zu verleihen.
  • Alle über die ersten beiden Arten von Äußerungen hinausgehenden Anspielungen auf Gegenstände jenseits des zu verhandelnden Themas, wie zum Beispiel Bemerkungen über Regelwerk („Dafür bekommt Ihr heute keine Punkte“) und Rednerrollen („Es wäre Eure Aufgabe gewesen, hier eine Extension zu bringen“).

Solche Metabemerkungen sind in der Realität Gang und Gäbe. Leider auch im Debattieren. Hier verbieten sie sich jedoch. Sie schaffen Asymmetrien, indem auf Dinge jenseits der Rollen rekurrieren, die prinzipiell einer argumentativen Erwiderung der Gegenseite kaum zugänglich sind, um die Juroren subtil zu beeinflussen. So wie die Tour de France durch konsequente Dopingkontrollen lahmer wird, würde das Debattieren durch eine konsequente Ahndung solcher Äußerungen vermutlich unpersönlicher, ja dröger; sind es doch gerade die kleinen persönlichen Spitzen und Anspielungen in Debatten, die einer Rede die gewisse Würze verleihen. In Vereins- oder Spaßdebatten mag man diese Dinge dann auch dulden. Allein: Im Turnierbetrieb, wo ein fairer Wettbewerb herrschen muss, haben sie nichts verloren.

Keine Fouls

Als Foul hat dagegen nicht zu gelten, was innerhalb des Rollenspiels gelöst werden kann. Argumentative Schlechtleistungen sind demzufolge genauso wenig Fouls wie ein laxer Umgang mit Fakten, Halbwissen, eine Verzerrung der gegnerischen Position im Rebuttal; sogar die meisten Fehlschlüsse (engl. fallacies) – mit Ausnahme der oben genannten – sind keine Fouls. Im Gegenteil: Diese Dinge zählen zum elementaren rhetorischen Handwerkszeug in Alltagssituationen. Eine Debatte ist kein mechanischer scholastischer Disput. Fehler und Fehlschlüsse aufzuzeigen, ist Gegenstand der Debatte selbst, es ist Kernaufgabe der Rednerinnen. Ansonsten ginge der Simulationscharakter verloren. In realen Argumentationen zückt eben auch kein stieräugig-erboster Collina die gelbe Karte, wenn das Gegenüber sich solcher Argumentationsmittel bedient.

Grenzfälle

Es gibt Grenzfälle: Die bewusste Fälschung von Fakten sowie ein konsequentes Ignorieren oder allzu großes Verzerren von Argumenten der Gegenseite müssten als Fouls zählen. Das gilt vor allem für den Schlussredner, auf den die Gegenseite nicht mehr reagieren kann. Allein: Es ist zum einen extrem schwierig, bei solchen Verstößen Absicht nachzuweisen. Zum anderen ist die Unterscheidung von noch legitimen rhetorischen Techniken stark subjektiv und schwer zu ziehen. Ich halte es daher für weder wünschenswert noch machbar, solche Dinge als Fouls mit Punktabzügen zu ahnden. Vielmehr müssen Juroren lernen, sie über das reguläre Punktesystem zu sanktionieren; und Debattierer müssen lernen, ohne Metabemerkungen in ihren Rebuttals darauf einzugehen.

Dies entspricht in etwa der im OPD-Regelwerk eingeschlagenen Linie, das hier jedoch eine Unschärfe aufweist: Einerseits fordert es, nur die Form der Debatte gefährdende Systemverstöße mit Punktabzug zu ahnden, rhetorische Schlechtleistung aber über das Punktesystem. Manche der aufgeführten Beispiele für Systemverstöße sind dann jedoch genau solche Grenzfälle, die genauso gut über das reguläre Punktesystem behandelt werden könnten. Nicht zu Unrecht legt das OPD-Regelwerk die Hürde für Punktabzüge hier sehr hoch (Zweidrittelmehrheit).

Einige Handlungsempfehlungen

Der definitorische Kern des Foulspiels im Debattieren liegt also im Verstoß gegen das Rollenspielprinzip. Gleichzeitig darf die Debatte als Simulation von und Vorbereitung auf reale Argumentationssituationen nicht überreguliert werden. Trotzdem ist längst nicht alles „okay“, was kein Foul im oben genannten Sinne ist. Daraus ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen, sortiert von hart nach weich:

  • Wir brauchen eine veränderte Jurierpraxis: Fouls wie die oben aufgeführten zerstören die Form der Debatte und schaffen illegitime Asymmetrien. Sie müssen viel strikter als bisher mit Punktabzügen geahndet werden. Grenzfälle wie das wohlfeile Ignorieren gegnerischer Argumente sollten sich stärker als bisher im regulären Punktesystem niederschlagen. Man braucht dazu keine neuen Regelwerke. Es genügt, die bestehenden konsequenter anzuwenden.
  • Voraussetzung hierfür ist, dass Jurorenschulungen für Fouls und illegitime Argumentationsstrategien sensibilisieren. Ich kann mich an keine erinnern (auch nicht meine eigenen), in der das der Fall gewesen wäre. Selbiges gilt für das Feedback nach Debatten: Es sollte eine pädagogische Funktion erfüllen, indem es die Kontrahenten auf illegitime Argumentationsstrategien hinweist.
  • Wir brauchen – über die Ahndung von Fouls hinaus – innerhalb der Debattiercommunity eine stärkere Auseinandersetzung mit Fragen der Ethik im Debattieren; wem das zu antiquiert klingt, mag es mit Sports(wo)manship übersetzen. Es gilt, was Jonathan Scholbach kürzlich an dieser Stelle skizzierte: Rhetorik ist eine Waffe. Ohne ein Wertefundament ist sie gefährlich. Werte aber lassen sich nicht allein über Regelwerke vermitteln. Sie müssen kultiviert werden. Vielleicht brauchen wir ja einen VDCH-Debattiererkodex?

Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Brecht hätte sicher nichts gegen eine normative Wendung seines Diktums: Eine organisatorisch, personell und finanziell erfreulich wohlgenährte Debattiercommunity darf sich jetzt um die Moral im Debattieren kümmern.

Der Autor: Clemens Lechner errang für die Debattiergesellschaft Jena mehrere Turniersiege und Auszeichnungen als bester Einzelredner. Zuletzt gewann er mit seinen Teampartnern Moritz Niehaus und Severin Weingarten die Deutsche Meisterschaft 2011. Der 27-Jährige promoviert an der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Fach Psychologie. In seiner Freizeit trainiert er SchülerInnen und Studierende in politischer Rhetorik.

Text: Clemens Lechner/fpu

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39 Kommentare zu “Foulspiel im Debattieren: Clemens Lechner über Fressen und Moral”

  1. Den Grundgedanken finde ich richtig. Dennoch glaube ich, dass Regeln auch einen gewissen Einfluss haben – wenn sie umgesetzt werden. Wie in jedem Kampfsport wird der Stil durch die Regeln maßgeblich geprägt. Deshalb finde ich sogar, man sollte darüber nachdenken, auch Behauptungen falscher Fakten zu sanktionieren. Oftmals macht man wohl mal eine Fakten-Behauptung, die vielleicht gut klingt, derer man sich aber eigentlich gar nicht so sicher ist, und die sich dann mitunter auch als falsch herausstellt. Eine Sanktion, vielleicht sogar eine nachträgliche, würde hier mehr Ernsthaftigkeit in die Debatte bringen.

  2. Andreas Lazar sagt:

    Wie soll Factchecking von Debatten funktionieren? Schauen sich Freiwillige (wer?) Videoaufnahmen der Debatten an und recherchieren jede Tatsachenbehauptung, während die Redner zwei Stunden warten, drei bei besonders umstrittenen oder wenig bekannten Fakten? Geben die Juroren fragwürdige Behauptungen an ein Factcheckerteam weiter, ähnlich wie bei Equity-Vergehen? Wie soll man nachweisen, dass Redner wissentlich falsche Fakten verwendet haben? Und ist es nicht Aufgabe der gegnerischen Redner, falsche Tatsachenbehauptungen zu entblößen bzw. der Juroren im „average intelligent voter“-Paradigma, Fakten entweder als plausibel anzunehmen oder als unplausibel bzw. offenkundig unwahr abzulehnen?

    Ich denke, das wäre nicht durchführbar und würde viel des spontanen Spaßes und Improvisationscharakters des Debattierens verderben. Obwohl z.B. selbst im WM-Finale zur Invasion Zimbabwes gelogen wurde, dass sich die Balken bogen. Die haben doch mehr als zwei Panzer!

  3. Jörn(Bremen) sagt:

    Der Autor dieses Beitrags ignoriert in seiner übervollständigen Auflistung von so genannten Fouls im DEBATTIEREN den Unterschied zwischen rein formaler Argumentation und einer Debatte, in der jede Rede immer mit der Person verknüpft ist, die sie hält. Wenn eine Rednerin sich zum Religionsunterricht äußert und dabei an ihre Vergangenheit in einer Klosterschule verweist, so ist die Vergangenheit Teil ihrer Person und die Person ist Teil ihrer Rede und explizit Teil des Arguments. Anders als in rein formalen Diskursen wie in mathematischen Beweisen gehört es zu einer Debatte, auf persönlich gewonnene Evidenz zurückzugreifen. In Debatten geht es um Glaubwürdigkeit, nicht um objektive Wahrheit. Wenn es um Wahrheit geht, so kann stets nur die konstruierte Wahrheit innerhalb des Debattenraums gemeint sein (1).
    Selbst aber wenn wir unsere Debatten (als Trainingsraum für echte Diskurse verstanden) als eine Situation betrachten, in der durch optimiertes formales Vorgehen eine Entscheidungssituation entschieden werden soll, geht es um eine Werteentscheidung. In der Werteentscheidung spielt aber ein Richtig oder Falsch keine Rolle: Wird auf die Vergangenheit im Kloster verwiesen, wird damit begründet, wieso man diesen Wert vertritt und nicht einen anderen. Logische Verknüpfungen beschränken sich auf die Ableitungen aus diesen Werten. Mir will aber nicht einleuchten, warum der persönliche Bezug, wodurch das Rollspiel scheinbar verlassen wird, dies untergraben sollte. Es entspricht nicht nur der Realität, dass reale Debatten immer von Menschen geführt werden, die sich nicht in einer Rollensituation befinden, sondern immer mit ihrer Person antreten. Es entspricht doch weiterhin der Realität, dass Zuschauer die Rede einer Person auch immer danach beurteilen, inwieweit Redetext und Erscheinungsbild kongruent sind. (2)
    Ein Argument muss, soll es als ein gutes gelten, nicht losgelöst von jeder konkreten Situation vorgebracht werden. Ein gutes Argument überzeugt in jeder Situation. Ich kann daher nicht erkennen, warum es ein unbedingt auszuschließender Nachteil sein soll, wenn man als Redner ein Argument vorbringen muss, dass auch dann überzeugend ist, wenn der Gegner ein Betroffener ist.

  4. Nicolas F. (Göttingen) sagt:

    Ach ja, der Kollege Lechner schreibt jetzt nach seiner aktiven Zeit einen bunten Strauß an Verbesserungen die er selber nie in seiner aktiven Zeit genutzt hat. Ich lach mich scheckig… Oh war das ad hominem oder wie der Scheiß heisst? Wer gewinnen will braucht auch den Siegeswillen, was du den Leuten hier einredest lieber Clemens ist vor allem ein nettes wir fassen uns an die Hände und tanzen unseren Namen Wohlgefühl dass wohl nur die Redner glauben die noch nie selber einen Break überstanden haben, denn dann wüssten sie everything goes so lange man nur weiterkommt…
    In diesem Sinne…
    Grüße aus Gö

  5. Daniel (Frankfurt) sagt:

    Deswegen richtet sich der Beitrag ja unter anderem an die Juroren. Wenn OPD-Juroren unproduktives Stören des Gegners, Bemerkungen, die über den definierten Zuhörerhorizont hinausgehen (und dazu gehören eben auch Metabemerkungen (zu denen ich „persönliche Beispiele“ aber auch nicht zählen mag)) und sonstige, teilweise explizit im Regelwerk ausgewiesene Unsportlichkeiten nicht registrieren, sich davon sogar zu Gunsten der „Delinquenten“ beeinflussen lassen, setzen sie das Regelwerk an dieser Stelle sehr schlecht um, und das sollte doch alle alarmieren, die an einer Popularisierung des Debattiersports interessiert sind. Schlechte Regelauslegung bzw. intransparente institutionelle Regelbeugung sind wohl kaum dazu angetan, Menschen für einen Sport zu begeistern.
    Bei BPS sollte es ähnlich sein, nur ist da die Toleranzgrenze für Spielzüge, die hauptsächlich „Störungen“ (im Unterschied zu ebenfalls in dieser Diskussion behandelten Spielzügen, die hauptsächlich „Schlechtleistungen“ sind), eben höher.

  6. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Jörn:

    „die Person ist Teil ihrer Rede und explizit Teil des Arguments“ Aber ist das gut so? Glaubwürdigkeit durch mitunter erfundene oder zumindest erfindbare Autobiographien herzustellen ist in meinen Augen ebenso schlechter Stil, wie erfundene Studien zu zitieren. Beides stellt zwar Glaubwürdigkeit her. Aber das heißt ja nur, dass das Foul (wenn es denn eins ist) wirksam ist.

    @Nico: „Ach ja, der Kollege Lechner schreibt jetzt nach seiner aktiven Zeit einen bunten Strauß an Verbesserungen die er selber nie in seiner aktiven Zeit genutzt hat.“

    😀 Du begegnest einer Argumentation, die sich gegen das argumentum ad hominem wendet, mit einem argumentum ad hominem; das ist – wenn es ironisch gemeint ist – schon hohe Schule der Ironie.

    Ich kann von mir selber sagen, dass ich auf Turnieren schon mehrmals gefoult habe. Eine Metabemerkung (häufiger) oder mitunter auch ein argumentatum ad hominem (seltener, meistens ad me ipsum) rutscht einem im Eifer des Gefechts schon mal raus. Dennoch, oder gerade deswegen, hielte ich die Sanktionierung für sinnvoll. Dann kann ich es mir leichter abgewöhnen.
    Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es Clemens, oder auch Dir 🙂 ähnlich ergeht. Dennoch können wir uns doch Gedanken. Wenn die jetzigen Regeln bzw. deren Handhabung Fouls begünstigen, gibt es ja sogar einen gewissen Druck zu foulen (wenn man gewinnen will). Dass man diesem Druck vielleicht manchmal nachgegeben hat, delegitimiert einen doch nicht, über andere Regeln nachzudenken.

  7. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Andreas:

    „Wie soll Factchecking von Debatten funktionieren?“

    Zum Beispiel könnte es den Gegnern erlaubt sein, ein Gremium anzurufen, das dann die fragliche Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt prüft. Das geht natürlich nur, wenn die Debatten aufgezeichnet werden, das ist zur Zeit ja nur bei Finals so. Aber das wäre ja schon ein Anfang.

    „Wie soll man nachweisen, dass Redner wissentlich falsche Fakten verwendet haben?“

    Gar nicht. Man stellt einfach nur fest, dass es unwahr war. Eine Sanktion wäre auch dann sinnvoll, wenn unwissentlich falsche Fakten verwendet werden, sie erzöge zu mehr Gewissenhaftigkeit.

    „Und ist es nicht Aufgabe der gegnerischen Redner, falsche Tatsachenbehauptungen zu entblößen bzw. der Juroren im “average intelligent voter”-Paradigma, Fakten entweder als plausibel anzunehmen oder als unplausibel bzw. offenkundig unwahr abzulehnen?“

    Es gibt eben viele Falschbehauptungen, die enorm plausibel sind. Tatsache ist, dass es die Juries oftmals nicht wissen können. Und als Gegner kannst Du es auch oft nicht widerlegen – zum Beispiel, wenn Du nicht nochmal drankommst. Und selbst wenn: Einfach nur das (wahre) Gegenteil zu behaupten, bringt Dir auch keine Punkte, sondern wirkt viel eher wie schlechter Stil.

  8. Jörn(Bremen) sagt:

    „“die Person ist Teil ihrer Rede und explizit Teil des Arguments” Aber ist das gut so? Glaubwürdigkeit durch mitunter erfundene oder zumindest erfindbare Autobiographien herzustellen ist in meinen Augen ebenso schlechter Stil, wie erfundene Studien zu zitieren. Beides stellt zwar Glaubwürdigkeit her. Aber das heißt ja nur, dass das Foul (wenn es denn eins ist) wirksam ist.“ (Jonathan)
    Nein, der Schluss geht an meiner Hauptprämisse vorbei. Jene lautet: Unser Debattieren ist ein Rollenspiel, welches die Realität abbildet und zwar auch dann, wenn es um den normativen Anspruch der Wirklichkeit geht. Dass eben jede Rede mit der Person verbunden ist, ist Realität. – Im Rollenspiel gehört es meiner Meinung nach dadurch dazu, dass man auch Rollen einnimmt, die eine (ggf. fiktive) Biographie haben. (Meine Argumentation ist also deontologisch, nicht konsequentialistisch. *g*)

  9. Jonathan Scholbach sagt:

    Jörn, was sagst Du zu erfundenen Statistiken?

  10. Jörn(Bremen) sagt:

    Erfundene Statistiken sind anders gelagert:
    Ersten werden die doch auch jetzt schon ignoriert (sind also sowieso nur ein Scheinproblem). Zweitens (mein Argumentationsgang) kann man Fakten in einer realen, vollkommenen Debatte nicht fälschen, daher gehören sie auch nicht in unser Rollenspiel (wobei wegen erstens die Auswirkung ja sowieso auf den Level von falscher Unterwäsche beim Fußball). – Ich sage damit im Übrigen nicht, dass in realen, unvollkommenen Debatten nie Fakten gefälscht würden. Das spielt nur für meinen Stand auch keine Rolle.

    Ich sehe es als Aufgabe von Rednern und Jurorinnen, den Ausgang von Debatten unabhängig von gefälschten Statistiken zu ermitteln. Wenn man nur auf der Faktenebene redet, gibt es per se eine eindeutige Lösung der Frage. Es existiert dann keine Streitfrage, weil die Fakten beide Seiten zur selben Lösung zwingen, und somit auch keine Debatte.

  11. Robert Pietsch sagt:

    Warum sollte man eigentlich nicht sagen dürfen „Ich als Ingenieur …“?

    1. Im Parlament, welches wir im OPD simulieren, gibt es auch Mitglieder mit verschiedenen Ausbildungen und Berufen, welche sie einbringen.
    2. Steht es den anderen auch frei dies zu tun und wenn sie überzeugender argumentieren nimmt man ihnen ab, dass sie auch Ingenieur sind.

    Oder darf ich gar nicht Lügen bei einer Debatte, also auch nicht bei Statistiken, und Lügen ist dann eigentlich auch, wenn ich nur glaube und sie nicht 100 prozentig habe. Wenn das der Anspruch ist, bleibt zum einen der Spaß auf der Strecke und zum anderen brauchen dann alle ein Laptop und 1 Std. Vorbereitung.

    Ich finde es legitim, Teile von sich mit einfließen zu lassen, wenn es passt. Ich habe noch keine Debatte erlebt, die dadurch gewonnen wurde. Meist hat es eher geschadet, weil derjenige nicht gut genug erklärt, nachdem er sich selber als glaubwürdiger versucht hat darzustellen.
    Und ich finde es legitim fiktive Rollen anzunehmen, denn es ist riskant, wenn jemand jedoch überzeugt genug eine solche Rolle einnehmen kann, beherrscht er eine der Grundfähigkeiten für gute Redner hervorragend, die Überzeugungskraft.

  12. Jonathan Scholbach sagt:

    Es gibt natürlich kein richtiges und falsches Debattieren an sich. Die Frage ist einfach, was wir wollen. Wollen wir uns dazu ausbilden und erziehen, gute Märchenerzähler zu werden, die Leuten einfach alles einreden können? Oder wollen wir uns dazu ausbilden und erziehen, gut argumentieren und sachlich überzeugend zu sein? Ich teile hier Clemens‘ Auffassung, dass die Debatte sich daran orientieren sollte, was sich in der Wirklichkeit abspielt. Erfundene Fakten und Biographien fliegen dort eigentlich immer irgendwann auf. Wenn Du etwas durchsetzen willst, und dafür Fakten erfindest, die erstmal gut klingen, fällt das irgendwann auf Dich zurück.

    Außerdem sehe ich keinen Sinn darin, Leute zum glaubwürdigen Flunkern auszubilden – auch wenn das natürlich eine Fähigkeit ist. Ich nehme da auch eine Art gesellschaftliche Verantwortung des Debattierens wahr.

  13. Andreas Lazar sagt:

    Es ist häufig sehr schwierig festzustellen, was Fakt ist. Was ist z.B. die Wahrheit im Israel-Palästina-Konflikt? Wenn es nur um kleine Aussagen geht, die leichter eindeutig nachzuprüfen sind, frage ich mich, wie die debattenentscheidend sein können, zumal bei so vielen anderen subjektiven Faktoren der Bewertung. Statt typisch deutsch zu versuchen, jeden Fall durch eine äußere Regel zu erfassen, sollten wir lieber die Unschärfe unseres Lieblingssports aushalten lernen und Lügenexzesse im normalen Jurierprozess und durch ein inneres Ethos beschränken. So können Spaß und gesellschaftliche Verantwortung gewahrt bleiben …

  14. Robert Pietsch sagt:

    Den Punkt sehe ich auch Andreas, der Fakt ist schwer festzustellen und daher sind Regeln in die Richtung sehr fragwürdig.

    Aber ich finde, manche haben einen zu ernsten Anspruch, wenn ich höre, dass wir dazu „ausbilden“. Ich möchte Spaß beim Debattieren haben und mache das nicht, um zu etwas ausgebildet zu werden. Dass dies ein angenehmer Nebeneffekt ist, nehme ich gern mit. Aber das nicht zum glaubwürdigen Flunkern ausgebildet werden soll hinkt doch, denn dann darf schon die Position nicht ausgelost werden, sondern jeder muss das vertreten, an das er glaubt und ich könnte nicht z. B. pro Atomstrom reden.

  15. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Robert: Was Spaß macht, ist für verschiedene Leute sehr verschieden. Mir etwa würde es keinen Spaß machen, wenn ich nach einer verlorenen Debatte zufällig rausfinde, dass bspw. das Hauptargument meines Gegners, das ich nicht entkräften konnte, auf einer Flunkerei beruhte, die weder die Juroren noch ich bemerkt haben, weil der Redner glaubwürdig Fachwissen behauptet hat, das niemand im Raum wirklich hatte.
    Zwischen dem Zulosen und der Unwahrheit sehe ich einen deutlichen Unterschied, und der besteht darin, dass wir das untereinander ausmachen und dass es jeder weiß. Täuschung (mitunter dem Redner selbst unbewusst) ist konstitutiv für das Flunkern in der Debatte, nicht aber für das Rollenspiel.
    Es senkt auch das Niveau der Dabatte (und damit auch den Spaß). Einen falschen Fakt zu erfinden (oder hinzubiegen) ist sozusagen eine Abkürzung auf dem steinigen Weg der Überzeugung. Wenn sich Alle an die Fakten halten, ergeben sich auf jeden Fall komplexere, und damit schönere Debattten. Fakten zu erfinden bereitet vielleicht dem Erfinder eine diebische Freude, ist aber letztlich auch eine methodische Falle, aneinander vorbeizureden.

    Spaß und Ausbildung schließen einander natürlich nicht aus. Ganz unabsichtlich ist das Debattieren eine enorme Ausbildung, eine Schule des Denkens und Redens. Ich kenne einige sehr gute Studierende, die beim Debattieren intensiver gelernt haben als in ihrem ganzen Studium.

    @ Andreas: Natürlich gibt es Grauzonen in der Frage, was ein Fakt ist. Es gibt aber Tatsachenbehauptungen, die nachweislich falsch sind. Ich habe bspw. schon erlebt, dass jemand einen HIV-Test erfunden hat, der *zufällig* das in der Debatte Gewünschte leistete. Solch klare Fälle könnte man ausschließen. Natürlich wäre es schön, wenn ein Kodex internalisiert wäre. Ich bin auch dafür, auf Jurierseminaren dafür zu sensibilisieren. Das schließt eine „harte“ Maßnahme aber nicht aus. Dass es typisch deutsch ist, reicht mir noch nicht als Gegenargument 😉 Warum schränkt eine Regel automatisch den Spaß ein? Manche Regeln garantieren auch erst den Spaß.

  16. Robert Pietsch sagt:

    Typisch deutsch ist für mich auch noch kein Gegenargument ;-).

    Um den Bogen zum Artikel zurückzuschlagen. Ich habe noch nicht erlebt, dass jemand durch eine aufgebaute „Autorität“ indem er z. B. gesagt hat, er sei Medizinstudent eine Debatte gewonnen hat. Im Gegenteil, meist führt der Einstieg „ich als …“ automatisch zu einer Behauptung ohne Erklärung.
    Daher denke ich nicht an einen automatischen Vorteil, nur weil jemand Autorität durch eine Rolle aufbaut, sondern im Gegenteil damit auch die Erwartung aufbaut es besonders gut zu erklären. Schafft jemand das auch, hat er sein Job gut gemacht, meist erlebe ich jedoch, dass die Erwartung enttäuscht wird und dadurch sich wohl eher geschadet wurde. Deshalb denke ich nicht, dass es ein Foul ist.

    Ich sage nicht, dass es erstrebenswert ist, mit Erfundenen und Lügen in eine Debatte rein zu gehen. Ich glaube nicht, dass man damit bei guten Juroren oder gegen ein gutes Team irgendeine Chance hat, deshalb würde ich so nie in eine Debatte starten. Aber wenn es jemand macht und ich das nicht ausgehebelt bekomme, dann suche ich die Schuld eher bei mir und meinem Team.
    Dass du dich ärgerst, wenn du im Nachhinein merkst, dass er euch damit bekommen hat, ist nachvollziehbar, aber am Ende hatte ihr die gleiche Möglichkeit und bestimmt nicht nur wegen der Flunkerei verloren.

    Mir fällt es schwer die Grenze zu ziehen. Wenn ich eine wirtschaftliche Debatte habe und anfange mit Marktmechanismen, habe ich im Kopf, dass die nur im Modell des vollkommenen Marktes so funktionieren und eigentlich nicht in der Wirklichkeit. Darf ich dann das Modell nicht mehr als Erklärung nutzen, weil ich in der Realität es für unbrauchbar halte?

    Wie willst du denn mit den Regeln umgehen? Offensichtlich scheint die Lüge nicht zu sein, sonder hättest du in der Debatte kein Problem damit. Legst du dann am Ende ein Veto ein und alle setzen sich gemeinsam an ein Laptop und recherchieren? Oder erkennt man im Nachhinein den Sieg ab, wenn es ein Tag später rauskommt?

  17. Andreas Lazar sagt:

    Selbst wenn es keinen HIV-Test gibt, der z.B. Falschpositive ausschließt, könnte es sein, dass ein „durchschnittlicher intelligenter Wähler“ mangels naturwissenschaftlicher Bildung glaubt, dass es so einen geben kann. Was dann? Und wie kann so ein Detail debattenentscheidend sein, außer wenn man antragsfixiert ist (noch so was typisch Deutsches …) oder das Rebuttal falsch gewichtet, z.B. vor allem über Falschpositive und Falschnegative spricht statt über Menschenwürde, Gesundheit usw.?

    Regeln sind an sich nichts Schlechtes, aber es sollten so wenige wie möglich sein, damit man nicht in Legalismus und einem Wust aus Gesetzeslücken untergeht, und sie sollten praktikabel sein. Es reicht, zu sagen, dass man beim Debattieren nicht lügen soll und dass Juroren auf Lügen basierende Argumente nicht berücksichtigen und Gegner sie widerlegen sollen.

  18. Alex (DD) sagt:

    Als jemand, der ebenfalls in der Debatte mit dem erfundenen HIV-Test saß, möchte ich darauf hinweisen, dass jedem im Raum bewusst war, dass der Test erstunken und erlogen war – mit Ausnahme von meinem Teampartner, der fand’s überzeugend 😉

    Allerdings tendiere ich dennoch dazu, mich Robert und Andreas anzuschließen, denn letztendlich war es egal, dass sich ein Anfänger hat blenden lassen: Die Jury hat es schließlich entdeckt und es wurde rebuttalt. Und selbst wenn es alle gekauft hätten, wäre die Leistung immer noch mäßig gewesen, da es ein technisches Detail in einer Debatte war, in der es letztendlich um Diskriminierung ging.

    Und darum kann ich das Problem letztendlich nicht als ein solches Erkennen: Eine Debatte, die allein aufgrund eines erfundenen Fakts gewonnen werden kann, hat ganz andere Probleme – zuallererst, dass das Thema offensichtlich nicht vernünftig debattierbar ist. Schließlich sollte eine Debatte sich mit der unterschiedlichen Bewertung eines Fakts und der daraus abgeleiteten Maxime beschäftigen. Wenn es am Ende aber nur um den Fakt an sich geht, dann stellt sich die Frage, was man da debattieren soll…

  19. Daniel (Heidelberg) sagt:

    Es ist nicht Kern des hier behandelten Problems, wabert aber durch die Auseinandersetzung. Ich erlaube mir daher die etwas abseitige Frage: Ist Debattieren wirklich ein „Rollenspiel“, eine „Simulation“? Persönlich neige ich dazu, das (mit der Tübinger Debattier- und Disputier-Literatur im Rücken) zu bestreiten.

    Die Antwort ist insofern auch für die aufgeworfenen Frage nach dem Foulspiel von Bedeutung, als sie natürlich Einfluss darauf hat, welche Regeln es geben muss und welche nicht, was erlaubt sein sollte und was nicht.

  20. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Daniel: Ich nehme eine Rolle ein, vertrete eine Haltung, die nicht meine eigene ist – warum soll das kein Rollenspiel sein?

  21. Daniel (Heidelberg) sagt:

    Schwere Frage, vor allem, wenn man sie halbwegs kurz beantworten möchte. Ich habe das auch noch nicht vollends durchdacht, aber als Versuch…:

    Du sagst, Du „nimmst eine Rolle ein“. Meinst Du damit die „Rolle“ z.B. des Eröffnungsredners? Oder Ergänzungsredners? Das könnte sich ja leicht lösen, wenn man das als Funktion oder Aufgabe versteht, nicht als Rolle. Oder meinst Du eine andere?

    Du sagst, „ich vertrete eine Haltung, die nicht meine eigene ist“. Ist das konstituierend? Was ist in den 50% aller Debatten, in denen Du zufällig auf der Seite stehst, die Deiner Meinung entspricht? Sind das dann keine Rollenspiele?

    Debattieren ist nicht das „wirklich wahre Leben“, klar. Der Unterschied liegt, wie es immer so schön heißt, in der „Unverbindlichkeit der dargelegten Standpunkte und getroffenen Entscheidungen“ (sofern es z.B. nach der Debatte zu einer Abstimmung kommt). Macht diese Unverbindlichkeit das Debattieren aber automatisch zu einem Rollenspiel? Und welche Rolle nimmst Du denn ein? Die eines „Redners“? Oder b i s t Du in der Debatte nicht einfach ein Redner?

    Wenn man das Debattieren als Übungssituation versteht, in der man etwas trainiert, aus Spaß an der Freude, und um besser zu werden, dann ist das wie beim Sport. Ein Skispringer, der sich durch Mountainbiking fit hält, ist, kein Skispringer, der in dem Rollenspiel Mountainbiking die Rolle des Bikers spielt. Dabei ist es auch egal, ob er fährt wie er will, oder auf einem ihm vorgegebenen Kurs, ob er rückwärts fahren muss oder Wheelies machen soll, ob das sein eigenes Rad ist, oder das Rad eines Fremden, ob er ein guter oder schlechter Radfahrer ist… Er fährt dann Fahrrad, er spielt das nicht.

    Wenn ich als Debattant denke, meine rhetorische und argumentative Kompetenz durch das Debattieren zu verbessern, dann ist es ebenfalls egal, ob ich mir die Aufgabe ausgesucht habe oder nicht, ob ich meinen Kurs frei wählen kann oder nicht. Ich spiele dann nicht Debattant, ich bin dann Debattant.

    Jetzt werde ich in den kommenden Tagen nicht schlafen können, weil ich weiß, dass das hier noch nicht ganz ausgereift ist… danke dafür 😉

    Frohe Ostertage!

    DS

  22. Robert Pietsch sagt:

    Ich finde trotz der unterschiedlichen Längen Jonathans einen Satz überzeugender.

  23. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Daniel: Mit Rolle meine ich nicht „Eröffnungsredner“ etc., sondern „Befürworter“/“Gegner“ einer Maßnahme. Der Rollenspielcharakter wird ganz klar daran deutlich, dass man aus der Rolle fallen kann.

    Zu den 50 %: Ein Schauspieler kann auch sich selbst spielen. Es gibt natürlich Abgrenzungsprobleme, wie immer bei Fiktionalität. (Ist die Figur des Napoleons in Tolstojs Krieg und Frieden jetzt fiktiv oder real?) Aber die schwammige Grenze heißt noch nicht, dass der Begriff nicht zutrifft.

  24. Jörn (Bremen) sagt:

    @Daniel: Die wörtliche Frage, ob es ein Rollenspiel ist, ist wahrscheinlich wirklich irrelevant. Deine nachfolgende (und meiner Meinung nach deine ursprüngliche Frage auch nicht treffende) Erläuterung trifft aber einen der zentralen Punkte dieser Diskussion hier: Ist die Studenten-Debatte ein Zweck an sich oder ist sie Mittel für etwas anderes, so wie das Trainingsspiel Probe für das Bundesligaspiel ist? – Ich hoffe, du versteifst dich nicht auf den Begriff des Rollenspiels, denn ich glaube, dort ist keine Erkenntnis zu gewinnen, trotzdem freue ich mich schon auf das Ergebnis deiner schlaflosen Nacht!

  25. Robert Pietsch sagt:

    @Jörg Ich finde du hast es auf den Punkt gebracht. Für mich ist zum Debattierclub fahren oder zu einem Turnier nicht Mittel um etwas anderes zu lernen, als wäre es irgendein Rhetorik Seminar. Für mich ist die Debatte selbst der Zweck, weil es mir Spaß macht. So wie wenn ich mich mit Freunden zum Fußball treffe, da ist dann das Fußballspiel mit Freunden nicht nur ein Mittel um mich auf eine eventuelle Bundesligakarriere vorzubereiten, oder mich fürs Joggen fit zu halten oder nur weil ich so effektiv soziale Netzwerke aufrecht erhalten kann, sondern das Spielen ist schon das Ziel. Angenehme Nebeneffekte nimmt man trotzdem gern mit.

    Vielleicht ist das der Unterschied, der hier aufeinander prallt. Das manche Debattieren als den Spaß an sich sehen, und andere das als eine Vorbereitung und Training sehen, wie jedes andere Seminar (nur eben ein sehr effektives Seminar).

  26. Jonathan Scholbach sagt:

    Ich finde, die Idee mit dem „Zweck an sich“ verdunkelt eher die Streitfrage. Wenn man es zum Spaß macht, ist das ja auch ein Zweck ;-). Meine Hauptmotivation ist auch die Lust an der Sache. Aber ganz unabhägig vom intendierten Zweck kann und sollte man die Nebenfolgen auch mit einbeziehen. Und außerdem ist immernoch nicht die Frage geklärt, warum es mit Fouls mehr Spaß machen soll (siehe Beitrag No. 15)

  27. Robert Pietsch sagt:

    @Janathan

    Das war nicht die Frage. Du hast es einfach jetzt als Foul definiert.

  28. Alex (DD) sagt:

    @Jonathan:

    Natürlich macht es mit Fouls nicht mehr Spaß, aber dennoch glaube ich, dass das Vorspiegeln falscher Tatsachen in den meisten Fällen nicht spielentscheidend ist (um mal bei der Fußballmetaphorik zu bleiben) – also kein Elfmeter, sondern eher ein hartes Tackling im Mittelfeld, das einen allenfalls ein wenig ins Straucheln bringt.

    Außerdem bist du weiter eine Antwort schuldig, wie die Sanktion nun genau funktionieren soll. Wenn die Folge davon wäre, dass bei jedem Turnier ein Fact Checker nur damit beschäftigt ist, Tatsachen-Anfechtungen von Teams zu überprüfen, die meinen, dass ihre Kontrahenten in der Debatte gelogen haben, oder ich damit rechnen muss, anschließend auf einem Internetpranger aufzutauchen, weil ich es gewagt habe zu behaupten, dass Belgien 500 Tage ohne Regierung war anstatt der korrekten 540 Tage (Wikipedia sei Dank ;), dann wäre das für mich der Moment, mit dem Debattieren aufzuhören. Ich habe keinen Bock, mich auf diese Art mit Leuten auseinanderzusetzen, die um jeden Preis gewinnen und darum die originäre Dynamik der Debatte im Nachhinein diskreditieren wollen, damit sie die Überzeugungskraft, die ihnen in der Debatte gefehlt hat, am grünen Tisch zugesprochen bekommen.

  29. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Alex: Wie man mit jedem Einzelfall umgeht, müsste natürlich das Gremium entscheiden, mit Fingerspitzengefühl und Verantwortung. Wegen 500 statt 540 Tagen würde ich keine Sanktion verhängen. Aber stell Dir vor, die Jury hätte den HIV-Test gekauft. Das wäre in dieser Situation argumentativ entscheidend gewesen. (Für alle, die nicht in der Debatte waren: Thema war: „DHW Homosexuellen erlauben, Blut zu spenden.“ Die SR erfand einen Bluttest, der praktisch auch unmittelbar nach der Infektion ohne falsch negative Ergebnisse HIV im Blut feststellen könne. Er sei nur „zu teuer“ und käme daher nicht zum Einsatz. Es sei aber grundsätzlich nur eine Frage des Preises, potenziell HIV-Infizierte zur Blutspende zuzulassen, mit diesem Test bestünde keine erhöhte Infektionsgefahr. Der Extensionredner ließ keine Zwischenfrage zu. Wir in der EO bekamen keine Frage an die SR. Die Jury durchschaute den Trick und setzte die SR auf 4. Hätte es diesen Test wirklich gegeben, dann hätten wir alle mit mangelndem Fachwissen an der Wirklichkeit vorbeigeredet, die SR wäre verdient auf 1 gelandet.)
    Ich stelle mir dieses Gremium wie das BVerfG vor: es hält sich zurück und überlässt die Bewertung der Debatte im Wesentlichen der Jury, greift aber in gravierenden Fällen ein, wenn Unwahrheiten die Debatte wirklich mitentschieden haben.
    Ich habe tatsächlich schon Debatten erlebt, von denen ich meine, dass ich aufgrund von glatten Unwahrheiten verloren habe. Aber solange es keine Beschwerde-Institution gibt, will ich nicht über diese Beispiele sprechen, um nicht als schlechter Verlierer dazustehen. Die Einzelfälle sind mir nun auch nicht mehr so wichtig, ich will nur deutlich machen, dass meiner Erfahrung nach Flunkereien (und auch Metabemerkungen, argumentum ad hominem, etc.) durchaus ein existierendes Problem sind.

  30. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Robert: Da hab ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich meinte in Beitrag Nr. 27: „Und außerdem ist immernoch nicht die Frage geklärt, warum es mit Flunkereien mehr Spaß machen soll (siehe Beitrag No. 15)“, statt „mit Fouls“

  31. Jörn (Bremen) sagt:

    Jonathan, kannst du erklären(!), wieso es diesen HIV-Test nicht gibt? – Ich befürchte nämlich, dass es den meisten Debattierern (und daraus wird sich auch das Wahrheitsgremium speisen.) nicht gelingen wird. Die meisten werden nur eine unverknüpfte Information im Internet finden, deren Wahrheitsgehalt sie nicht einschätzen können. Damit ist uns folglich nicht geholfen, denn wir delegieren das eigentlich fachliche Problem aus dem Debattenraum an uns unbekannte mit Internetanschluss.
    (Meine Vorstellung ist auch, dass das Wahrheitsgremium wie das BVerG agiert: Unter drei Monaten Beratung wird da gar nichts laufen ;-))

  32. @Jonathan:

    Das von dir in 29 beschriebene Szenario zeigt meiner Meinung nach eindrücklich, warum Debatten, die mit erfundenen Fakten gewonnen wurden, an ganz anderen Problemen leiden. Unabhängig davon, ob die SR zurecht oder zu unrecht gewonnen hätte: Damit wäre die Debatte auf ein reines Kostenargument degradiert worden – sind es uns HIV-Infizierte wert, dass wir mehr Mittel aufwenden, um ihnen ein gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen? Da findet kein Abwägen zweier wertvoller Güter mehr statt, sondern der Opp bleibt nichts anderes, als die Eugenik-Keule rauszuholen und Leben in wertvolles und unwertes Leben zu unterteilen. Somit wäre die Debatte m.E. schon von ihrer Anlegung (bzw. Bewertung durch das Juroren-Panel) her schlecht austariert.

    Damit verbleibe ich dabei, dass ich dein Problembewusstsein einfach nicht teilen kann, da ich beim Auftreten eines solchen Falls ganz andere Schwächen sehen würde. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich gottseidank noch nie das Gefühl hatte, aufgrund erfundener Fakten ins Hintertreffen geraten zu sein.

    Aber insgesamt denke ich, dass die freizügige Interpretation der Wahrheiten dort bekämpft werden sollte, wo sie beginnt: In den Clubs. Wir erziehen unsere Anfänger konsequent dazu, auf erfundene Fakten zu verzichten, in denen wir es ihnen immer um die Ohren hauen, wenn sie mit erfundenen Statistiken durchzukommen versuchen, und darauf wert legen, dass sie Autoritäten maximal als schmückendes Beiwerk zu ihren Ausführungen nutzen. Es liegt also einfach an uns, die nachrückenden Generationen zu ehrlichem Debattieren anzuhalten und es vorzuleben – aber nicht an irgendwelchen Schiedsgerichten.

  33. Jonathan Scholbach sagt:

    @ Jörn:
    Ja, das kann man mit dem Ablauf einer HIV-Infektion erklären. Viele Falschfakten lassen sich in 10 Minute herausfinden. Dann ist nur noch die Abwägung nötig, wie gravierend ein gewisser Falschfakt war. Ein Gremium aus 3-5 erfahrenen Debattierern sollte das in spätestens 2 Stunden geklärt haben.

    >> Die meisten werden nur eine unverknüpfte Information im Internet finden, deren Wahrheitsgehalt sie nicht einschätzen können. Damit ist uns folglich nicht geholfen, denn wir delegieren das eigentlich fachliche Problem aus dem Debattenraum an uns unbekannte mit Internetanschluss.

    Das verstehe ich nicht. Wenn es nicht stimmt, war es eine Flunkerei.

    @ Alex:
    Aber es ist doch sicherlich unstrittig, dass die Faktenlage den Ausgang der Debatte beeinflusst? Es ist doch auch bekannt, dass gutes Faktenwissen in der Regeln einen Vorteil in der Debatte bedeutet. Diesen Vorteil verschafft sich derjenige, der einen Fakt erfindet, auf unlautere Weise.

  34. Jörn (Bremen) sagt:

    @Jonathan: Okay, mein Beispiel war nicht gut gewählt. Abstrakt ist mein Punkt der folgende: Flunkereien sind entweder so offensichtlich, dass sie schnell aufzuklären sind, dann sollten sie eine Debatte nicht beeinflussen, oder sie sind derart schwierig, dass sie Debattierer nicht entlarven können, dann wird es aber auch einer Kommission nicht schnell gelingen. Die Kommission kann ja nur auf einfache Hilfsmittel wie Wikipedia zurückgreifen, aber trotz aller Wertschätzung für Wikipedia stehen dort eine Reihe von „Flunkereien“. – Wir können also nicht voraussetzen, dass das, was eine Person in einem Wiki-Artikel geschrieben hat (und evtl. x Medien abgeschrieben haben, siehe zu Guttenberg), wahrer ist als das, was die SR behauptet.

    Hingegen setze ich voraus, dass CJ Themen wählen, die nicht eindeutig entschieden sind, wenn man bestimmte Fakten kennt (Rückkehr zu meinem ursprünglichen Argument). Gäbe es also einen perfekten Test, wäre das Thema (siehe auch Alex) kein Thema für eine Debatte.

  35. Robert Pietsch sagt:

    Also zu erst zu deiner Frage, warum ich denke Flunkern macht Spaß.
    Wer lügt, geht ein Risiko ein. Gerade bei Debatten vor geübten Rednern ist das Risiko besonders hoch entdeckt zu werden und damit die Debatte zu verlieren (auch ganz ohne strafendes Regelwerk). Risiko ist meist mit einer Erwartung an einen höheren Nutzen verbunden. In dem Fall erwartet der Redner, dass die gefunden Fakten für einen Sieg nicht ausreichen, erfundene Autorität (was ja die Einstiegsfrage war), wie ich als Medizinstudent …, kann der Erwartung des entsprechenden Redners nach die Siegchancen erhöhen. Nun zeigt die Entscheidungsphychologie, dass Menschen durchaus risikoreiche Varianten bevorzugen und es zu dem Menschen gibt, die besonders risikoaffin sind. Bei Erfolg findet zu dem eine Belohnung statt. Neben dem Sieg zusätzlich noch die Freude, dass man aufgrund seiner Überzeugungskraft erfahrende Debattierer etwas vorspielen konnte. Also Flunkern macht Spaß, weil es risikoreicher ist und ein Erfolg dadurch im Nachhinein höher bewertet wird.

    Aber das ist gar nicht der Grund, warum ich gegen eine Regelung bin. Ich sehe den Schaden von Flunkern nicht, da wie schon von anderen beschrieben, die Debatte i. d. R. nicht wegen der Flunkerei verloren wurde, meine Erfahrung sind eher gegensätzlich, dass aufgebaute Autorität eher schadet als nutzt.
    Andersrum sehe ich aber ein erheblich Schaden durch diese Regeln.
    Erstens finde ich, dass Regeln die einschränkend wirken, meine freie Entfaltung in der Debatte hemmen. Umso mehr einschränkende Regeln (ob formal festgelegt oder informal in der Szene vorhanden) umso ähnlicher werden sich die Debatten, da es weniger Wege zum Sieg gibt. Ich empfinde jedoch verschiedene Wege auch mit Überraschungen als spanender. Auch als Debattierer machen mir die Debatten am meisten Spaß, in denen etwas Überraschendes passiert (wie ein unerwarteter Antrag oder eine sehr unkonventionelle Line der Opp) und damit zu gewinnen macht aus oben erklären Gründen Spaß. Daher empfinde ich jede Regel im Spiel Debattieren schon als Schaden und sie muss zu ihrer Rechtfertigung Nutzen erzeugen (damit sage ich nicht Regeln sind allgemein überflüssig, aber jede Regel muss eine Rechtfertigung haben).

    Zweitens halte ich es für unpraktikabel. Dein Gedanke an ein Bundesverfassungsgericht (im übrigens eher ein Bundesgerichtshof, da dieser über materielle Fragen entscheidet, das BVerfG eher über Vereinbarkeit von Norman mit den Grundwerten, wäre also eher eine Regelüberprüfungskommission und nicht eine die Tatsachenentscheidungen fällt) finde ich absolut schädlich für die Debattierszene. Ersten waren die ach so weisen Richter nicht bei der Debatte, es ist also eine Entscheidung am grünen Tisch nach hören sagen. Zweitens kann das Turnier nicht rückabgewickelt werden, oder willst du dann Halbfinale und Finale neu reden nach 3 Monaten? Demnach handelt es sich bei dem Gericht nur um ein Instrument zum blaming und damit geht es hier nur um Rache der Unterlegenden, ein Nutzen im Turnier oder der Debatte selbst hätte es nicht. Drittens ist auch das BVerfG sehr parteipolitisch und urteilt überprüfbar oft nach Präferenzen der sie aufstellenden Partei. Übersetz ins Debattieren heißt das, Richter in dieser Kommission würden vor allem nach Ansichten ihrer Clubs oder sie aufstellenden Akteure handeln und dann wird es spannend wie sie urteilen bei vielleicht sehr dominanten Clubs, die in einem Verfahren prozessbeteiligt sind.
    Drittens finde ich es sehr schwer eine Grenze zu ziehen, wann etwas eine Lüge ist und wann nicht. Das hängt massiv von dem Wissensstand und Überzeugungen der Richter ab. Wenn ich weiß, dass Atomstrom nicht billiger ist, darf ich das dann trotzdem als Linie fahren, oder lüge ich dann? Was ist mit umstrittenen Fakten aus der Wissenschaft, diese steht ja nicht still und es gibt durchaus Mindermeinungen. Gerade wenn ich Theorien aus meinem Fachbereich wiedergebe, könnte ich ja ganz bewusst Mindermeinungen annehmen, die mir gerade passen, ist das dann eine Lüge? Und was passiert bei Irrtümern, vielleicht bin ich von einem Fakt überzeugt, der sich aber im Nachhinein als falsch rausstellt. Ich hab erst heute einer Teampartnerin erklärt, ein Giffengut ist ein Fachbegriff für etwas das mit zunehmender Anzahl Schaden und nicht Nutzen erzeugt, aber dann gemerkt, dass ich es verwechselt habe. Verurteilt mich nun die Regelkommission, wenn ich mich geirrt habe?

    Daher ist meine Line nicht, dass ich Lügen erhalten will, weil es nun mal Spaß macht, sondern vor allem halte ich die Regeln in diese Richtung für schädlich und sehe nicht, wie es effizient umgesetzt werden kann. Ich grause mich vor dem Zeitpunkt, bei den ein Turnier 2 Stunden unterbrochen wird, weil etwas überprüft wird oder im Nachhinein ein Team disqualifiziert wird und die Folgen für das vergangene Turnier.

    P.S. Ich kann mich nicht erinnern auf einem Turnier schon mal gelogen zu haben und war noch nie ein Medizinstudent.

  36. @Jonathan:

    Ja, Fakten sind wichtig – aber sie sind in einer Debatte nicht das einzige, das entscheiden sollte; so wie ich es bereits in Kommentar 18 gesagt habe 😉

  37. Andreas Lazar sagt:

    Zur Sanktionierung von Falschaussagen in Debatten möchte ich nichts mehr hinzufügen, weil ich denke, dass schon alles gesagt ist, auch von mir. Nur noch drei kleine Dinge:
    – Debattenthemen sollten keine „silver bullet“ eines unumstrittenen Fakts oder Wertes enthalten, das eine ausgewogene Debatte verunmöglicht, z.B. „DHG, dass die Sonne sich um die Erde dreht“ oder „DH befürwortet Genozid“. Es ist Aufgabe der ChefjurorInnen, das sicherzustellen.
    – Ich halte „DHW Homosexuellen erlauben, Blut zu spenden“ für unglaublich zugunsten der Pro-Seite unausgewogen. Selbst wenn man den HI-Virus nicht sofort nach einer Infektion feststellen kann, kann man es doch nach ein paar Monaten und dann die Blutkonserven testen. Oder ist das technisch unmöglich? Wenn nicht, erledigt sich das einzige halbwegs sinnvolle Argument der Contra-Seite über die Risiken.
    – Es ist ein Irrglaube, Eugenik wäre eine Keule. Es kann gute eugenische Argumente geben. Der „average intelligent voter“ ist nicht aus Deinem Land.

  38. Alex L. (DD) sagt:

    @Andreas:

    Wiewohl mir klar ist, dass „Keule“ keinesfalls der richtige Begriff im von mir beschriebenen Zusammenhang ist (Eugenik bei näherer Betrachtung auch nicht), stelle ich es mir dennoch schwer vor, als Opposition ausgewogen argumentieren zu können, wenn es tatsächlich eine reine Geldfrage wäre. Meinem Verständnis nach müsste man als Opp auf der Prämisse agieren, dass Homosexuelle schlicht verantwortungsloser sind als Heterosexuelle und es daher nicht im Interesse der Gesellschaft sein kann, für diese Menschen Geld auszugeben. Da dies meiner Meinung nach aber eine unhaltbare generalisierende Behauptung ist, die durch nichts gestützt werden kann, wäre die einzige Strategie, die mir zu Schadensbegrenzung einfallen würde, dass Homosexualität gesellschaftlich aus irgendwelchen Gründen (Kinder, gesellschaftliche Stabilität, was weiß ich) unerwünscht ist und es daher im Interesse des Gemeinwohls liegt, Homosexuelle zu diskriminieren. Wie man mit dieser Strategie gegen Teams, die nicht gerade aus lauter Anfängern bestehen, gewinnen will, weiß ich zwar auch nicht, aber einen Versuch wäre es wert 😉 Bzw. unterstreicht es noch einmal meinen Punkt, dass eine Debatte, die anhand von Fakten entschieden werden kann, unausgewogen und somit mithin für eine Seite ein Geschenk darstellt.

  39. Andi sagt:

    Wenn man sich nicht in einem westlich-liberalen individualistischen Paradigma bewegt, kann man durchaus Argumente für die Diskriminierung von Einzelnen zugunsten des Gemeinwohls finden. Wenn es allerdings konkret um das Erlauben von Blutspenden für Homosexuelle in Deutschland geht, das sich bekanntlich im globalen Westen befindet, wird das schwer, ja.

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