„Es gibt ganz konkrete Ergebnisse“: Evaluation des 1. Jurier-Think-Tanks durch Daniil Pakhomenko

Datum: 21. Juli 2015
Redakteur:
Kategorie: Jurieren

Im Zuge der Nachbereitung des 1. Jurier-Think-Tanks, welcher Anfang Juli in Marburg stattfand (Sarah Kempf berichtete), werden in den kommenden Wochen gekürzte Versionen einiger Vorträge als Artikel auf der Achten Minute erscheinen. Die Videos der Vorträge und anschließenden Diskussionen sowie die ausführlichen schriftlichen Versionen werden auf einem neu eingerichteten Blog und dem dazugehörigen YouTube-Kanal veröffentlicht.
Den Anfang macht der Abschlußvortrag von Daniil Pakhomenko, welcher als Resümee des Think-Tanks diente und die konkreten Ergebnisse noch einmal zusammenfasst. Die Originalversion ist als PDF und Video verfügbar.

Das Gefühl, dass der 1. Jurier-Think-Tank ein Erfolg war, stellte sich bei mir erst im Laufe des Sonntags ein, als ich mich daran machte, meine Abschlussrede zusammenzustückeln. Mir fielen drei Dinge besonders auf: Erstens hat sich das Konzept bewährt. Zweitens standen am Ende des Wochenendes ganz konkrete Ergebnisse. Drittens gingen von den Vorträgen interessante und innovative Denkanstöße aus, die künftige Diskussionen rund um unser Hobby prägen sollten.

Das Konzept hat sich bewährt

Auf dem Think-Tank wurde nicht nur viel über das Jurieren geredet – es wurde nicht aufgehört, zu reden. Im Anschluss an Patrick Ehmanns Keynote gingen die ersten Diskussionen über seine Thesen los, noch während der Applaus zu hören war. Es wurde deutlich, dass es ein großes Bedürfnis nach dieser Art des Austauschs gab, für den der Think-Tank ein willkommenes Forum bot. Dies zeigte sich auch in der Bereitschaft zum zivilisierten Dialog einerseits und zur Selbstkritik andererseits. Als zum Teil direkt Betroffener habe ich mich stets sehr gut aufgehoben gefühlt, auch wenn es um Kritik an Chefjurorenentscheidungen ging, an denen ich beteiligt war.

Es gibt ganz konkrete Ergebnisse

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Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 1. Jurier-Think-Tank. © Daniil Pakhomenko

1. Mit der zivilisierten Diskussionskultur ist bereits ein erstes konkretes Ergebnis angesprochen. Wir haben immer wieder – zuletzt in dieser Saison – gesehen, wie wichtig es ist, (Chef-)jurorenentscheidungen zu evaluieren, ohne dabei verletzend zu werden. Die Zivilisierung dieses Diskurses war daher eines der Ziele, die Patrick und ich mit dem Think-Tank erreichen wollten.

2. Im Rahmen der Diskussion um die Vorträge von Barbara Schunicht und Sarah Kempf wurde sehr deutlich, dass ein wesentliches Problem im Jurieren die mangelnde Transparenz auf ganz verschiedenen Ebenen ist. Wir brauchen also eine besser geplante Wissensweitergabe. Hier möchten wir dazu aufrufen, zunächst einmal Wissen, das bisher noch nicht kommuniziert worden ist, zu kodifizieren und weiterzugeben. So könnten beispielsweise die auf der letzten Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft (DDM) verwendeten Feedbackbögen, mit einem Kommentar zu den einzelnen Feldern versehen, für die Szene allgemein
zur Verfügung gestellt werden. Ebenfalls könnte die Auswahlkommission, die die Chefjuroren der letzten DDM bestimmt hat, ihre Überlegungen dazu, was bei der Auswahl von Chefjuroren eine Rolle spielen sollte, aufschreiben und an künftige Turnierorganisatoren weitergeben. Doch es gibt nicht nur ein Problem mit Wissen, das nicht weitergegeben wird. So war etwa das Google-Doc, in dem seit 2013 über die Saison hinweg Informationen über besonders positiv auffallende Juroren gesammelt wird, trotz Andrea Gaus einschlägigem Artikel der Hälfte der Anwesenden nicht bekannt.
Wir können also festhalten, dass es nicht reicht, einen Artikel auf der Achten Minute zu schreiben, wenn man langfristig weitergegebenes Wissen generieren will. Eine Lösung kann darin bestehen, dass man eine zuständige Stelle schafft – das Amt des Beitrats für Jurierqualität scheint dafür prädestiniert zu sein – die solche Infos z.B. per Mail an alle neugewählten Präsidenten verschickt.

3. Aus Barbaras Vortrag ergab sich auch eine zweite Erkenntnis, die in dieser Präzision wohl vorher noch nicht formuliert wurde: Viele junge Debattierer wollen nicht jurieren, weil wir neue Juroren schlecht behandeln. Wie häufig gehen wir aus einer Runde raus, unzufrieden mit unseren Punkten, und erzählen: „Naja, ich wurde halt von Patrick Ehmann und zwei Nulpen juriert!“. Kein Wunder, dass niemand Lust hat, die Nulpe zu sein. Hier können Chefjuroren unmittelbar Abhilfe schaffen, indem sie, wie zuletzt in Marburg geschehen, das Problem ansprechen und den Einsatz der jungen Juroren auf dem Turnier würdigen. Denkbar wäre sogar das Verhängen von Sanktionen für das unfaire Behandeln von Juroren.

4. Es ist auch klar geworden, dass wir die Workshops, die wir heute schon für Juroren veranstalten, verbessern müssen. Zwei Aspekte sind dabei besonders deutlich herausgestochen. Bei der Suche nach Ursachen für die extrem enge Bepunktung auf der DDM haben wir festgestellt, dass sich die Eichung auf den Jurierseminaren in den letzten Jahren fast ausschließlich auf die Einzelredner-Gesamtpunkte bezog, nach dem Motto: „Über 50 ist genial, unter 35 ist wirklich schlecht und 40 ist der Durchschnitt“. Dass eine völlige „Neueichung“ zu einer Saison mit Zufallsergebnissen führen würde, ist klar; dass ein guter Juror nicht völlig davon überrascht sein sollte, was rechts am Ende „rauskommt“, wenn die Kategorien zusammengezählt werden, ist auch klar. Aber ein stärkerer Fokus auf den einzelnen Kategorien und die (Einzelkategorie-)skala von 0 bis 15 durch die Trainer und Chefjuroren der kommenden Saison würde dem Format der Offenen Parlamentarischen Debatte (OPD) sicherlich gut tun.
Neben der Diskussion über die zusammengeschrumpfte Punktespanne ging ein wichtiger Impuls von Jonathans Scholbachs Vortrag aus. Dieser liefert eine wertvolle Problemanalyse der aktuellen OPD-Kategorien, in dem vor allem aufgezeigt wird, dass diese Kategorien vage sind. Unabhängig von der Frage nach einer möglichen Überarbeitung bzw. Konkretisierung der Kategorien durch die OPD-Regelkommission haben wir festgestellt, dass diese Problematik stärker in den Fokus von Jurierseminaren bzw. ihrer Vorbereitung rücken sollte. Jonathans Ansatz ist hilfreich, um aufzuzeigen, wo genau die Unklarheiten bestehen und wird in seinem Vortrag exemplarisch auf einige Kategorien angewendet. Es steht nun der Prozess an, eine Analyse jeder Einzelkategorie durchzuführen, um die Einfallstüren für vagheitsbedingte Fehljurierungen zu identifizieren und sie zu schließen. Dies sollten im Idealfall die Chefjuroren und Trainer der kommenden Saison in Absprache miteinander leisten.

5. Der Think-Tank hat auch schon erste Kriterienkataloge hervorgebracht, wobei hier insbesondere Patricks Keynote und Sarahs Vortrag zu erwähnen sind. Beide haben Kriterien vorgestellt, was Chefjuroren alles leisten und können müssen. Da beide Vorträge demnächst online gehen, wird hier nicht weiter darauf eingegangen.

6. Bereits am ersten Tag kamen institutionelle Fragen auf, die wir gestellt und zum Teil auch geklärt haben. Denn es gibt im VDCH-Land bisher niemanden, der sich ernsthaft für die Sicherung der Jurierqualität verantwortlich fühlt. Als Matthias Carcasona und ich angefragt wurden, den Beiratsposten für Jurierqualität zu übernehmen, gab es praktisch kein real gelebtes Profil dieses Amtes. Dass ich den Think-Tank während meiner Amtszeit mitorganisiert habe, ist reiner Zufall. Darüber hinaus wird das Amt im Bewusstsein der Szene kaum ernstgenommen. Eine Aufwertung dieses Amtes, zum Beispiel durch die unter Punkt 2. genannten Aufgaben und eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Beirat für Jurierseminare, ist dringend notwendig. Unabhängig davon kann festgehalten werden, dass mit dem Jurier-Think-Tank ein Forum etabliert wurde, welches sich für das Voranbringen des Jurierens verantwortlich fühlt.

7. Unsere Diskussionen haben offenbart, wie Michael Saliba es treffend formulierte, „wie wichtig es ist, einen Draht zur OPD-Regelkommission zu haben“. Michael stellte in seinem Vortrag heraus, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen dem British Parliamentary Style (BPS) und OPD eben die Existenz einer Kommission ist, die die Regeln eines Formats verbindlich festlegt. Und wie sich in meiner Vorbereitung für das historische Panel zeigte, ist die Bedeutung der Regelkommission in den letzten Jahren gestiegen. Während es früher ganz normal war, dass Chefjuroren einzelne Regeln eigenmächtig uminterpretierten oder außer Kraft setzten, wird heute deutlich stärker darauf geachtet, im Sinne des Regelwerks zu handeln. Das führt einerseits dazu, dass die Kommission relevanter geworden ist, bringt aber zugleich die Gefahr mit sich, dass relevante Anregungen aus der Szene nicht von ihr aufgenommen und somit wichtige Entwicklungen ausgebremst werden. Wir brauchen also einen Mechanismus, durch den Ideen wie etwa die von Jonathan bei den Regelhütern berücksichtigt werden. Oder einen liberaleren Umgang mit den Regeln, wie wir es aus BPS bereits kennen.

8. Schließlich möchte ich auch erwähnen, dass im Laufe des Wochenendes viele einzelne, vielversprechende Ideen aufgekommen sind, die der Ausarbeitung bedürfen. Hier nur ein Beispiel: Die Idee von Bernd Hoefer, eine Revisionsmöglichkeit für einzelne überprüfungswürde Entscheidungen einzurichten, ist trotz erheblicher praktischer Probleme im Grundsatz auf breite Zustimmung gestoßen.

Die Denkanstöße der Blockfreien

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Michael Saliba bei seinem Vortrag. © Daniil Pakhomenko

Neben den in inhaltliche Blöcke integrierten Vorträgen gab es Einzelreferate, die die Diskussionen auf dem Wochenende ebenfalls prägten. Der Charme der Vorträge von Dessislava Kirova und Andreas C. Lazar liegt darin, dass sie das Verhältnis des Debattierens als Sport zur „Wirklichkeit“ thematisieren. Sie stellen damit die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz des Debattierens und zwar einerseits auf Ebene der Argumentation (wie bereiten wir unsere Inhalte auf?) und andererseits auf Ebene der Kommunikation (wie bringen wir unsere Inhalte rüber?). Um gesellschaftliche Relevanz zu erhalten, müssen wir uns auf unsere formatübergreifenden Stärken besinnen: Wir können extrem schön, verständlich und mitreißend reden. Und wir sind inhaltlich kreativ und können Menschen zum Nachdenken bringen. Was daraus für uns als Juroren folgt, ist:
Erstens sollte das Credo beim Themenstellen für Finals immer sein: „Ich will, dass die Teams zeigen können, was wir können!“. Zweitens: Juroren prägen Standards. Juroren sagen Rednern, wie sie zu reden haben und letztere passen sich an, denn sie wollen gewinnen. Die Juroren sind also in der Pflicht, die Redner mit einem Ethos auszustatten, der sie zum kreativen und präzisen, zugleich aber verständlichem und rhetorisch hochwertig aufbereitetem Reden anspornt.

Die Zukunft des Jurier-Think-Tanks

Der 1. Jurier-Think-Tank konnte von vorne herein nur als Prolog zu einem umfassenden Prozess der Jurierförderung im VDCH-Land konzipiert werden. Nun haben wir eine deutlich klarere Vorstellung davon gewonnen, welche Entwicklungsmöglichkeiten es gibt.
Ein sehr weitreichender, aber aus meiner Sicht keineswegs unrealistischer Vorschlag wäre es, regelmäßig – sagen wir, vier bis sieben mal im Jahr – Juriertreffen zu veranstalten. Auf diesen Mini-Think-Tanks – eine präzisere Bezeichnung fällt mir gerade nicht ein – könnte an konkreten Projekten gearbeitet werden. So könnte man etwa Jurierseminare für Fortgeschrittene oder für Chefjuroren – auch eine Idee des Think-Tanks – konzipieren, die von Sarah vorgestellten Kriterien für Chefjuroren weiterentwickeln oder an Bernds Vorschlag weiterarbeiten. Ideen, was alles gemacht werden muss, gibt es nun wirklich wie Sterne im Himmel.
Ein weniger weitreichender Schritt wäre es, einzelne Personen oder Personengruppen damit zu beauftragen, an bestimmten Fragen zu arbeiten. In Zukunft könnten sich auch ohne regelmäßige Jurierveranstaltungen Koalitionen der Willigen bilden. Wünschenswert wäre eine Koordination mit und durch den Beirat für Jurierqualität.
Inhaltlich sollten und werden sich diese Jurierveranstaltungen – vor allem der Think-Tank selbst – verändern. Jetzt, zu Beginn des Prozesses, nehmen theoretische und organisatorische Fragen viel Raum ein. Andreas Vortrag zur Themensetzung auf Turnieren war, als Folge mehrerer Absagen, der einzige Beitrag im dritten Block, welcher sich praktischen Anleitungen zum guten Jurieren widmete. Der Schwerpunkt der Jurierveranstaltungen wird sich in den kommenden Jahren aber zugunsten der Praxis verschieben, sobald wir die organisatorischen Fragen einmal geklärt haben.
Und selbst wenn sich vieles von dem hier genannten nicht umsetzen lässt und sich die eine oder andere Initiative im Sand verläuft: Es wäre sehr wünschenswert, wenn der Jurier-Think-Tank sich als feste Institution im VDCH-Land etabliert. Wenn sich hier die besten und interessiertesten Juroren treffen, um die aktuellen Entwicklungen im Debattieren und Jurieren nachzuvollziehen und um von hier aus strukturiert weiterzudenken. Wenn es über die Jahre auf diese Weise einen kontinuierlichen Lernprozess gäbe, sodass das Rad nicht immer wieder neu erfunden werden müsste. Wenn jedes Jahr inhaltlich herausragende Beiträge eingereicht würden, aus deren Fülle die Veranstalter die relevantesten und besten auszusuchen gezwungen wären.
Wenn es folglich eine besondere Auszeichung wäre, hier reden zu können. Möglicherweise kämen wir so auch der Forderung von Barbara näher, die am Anfang des Jurier-Think-Tanks stand: Jurieren und das Nachdenken über Jurieren sollten wertgeschätzt werden.

Daniil Pakhomenko/ama

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28 Kommentare zu “„Es gibt ganz konkrete Ergebnisse“: Evaluation des 1. Jurier-Think-Tanks durch Daniil Pakhomenko”

  1. Lennart Lokstein sagt:

    Vorab: Ich begrüße Existenz, Bemühung und Durchführung des Think Tanks.
    Aber: Mir scheint, dass manche der genannten Punkte doch zu möglicherweise etwas hochgegriffenen Schlussfolgerungen verleitet haben, die zumindest aus meiner externen Perspektive heraus vorsichtiger formuliert werden sollten. So finde ich es beispielsweise äußerst unglücklich, nahezulegen, dass die „besten Juroren“ beim Think Tank waren wenn gleichzeitig andernorts ein Turnier stattfand, das ebenfalls juriert wurde. Von der Wertschätzung, die Barbara fordert, zeugt das nicht gerade, es wirkt in meinen Augen eher – wie auch die „Institution wider das Kompetenzchaos“ – wie die Schaffung von Daseinsberechtigung durch die Herabsetzung der Nichtanwesenden.
    Zum Inhalt: Einigen der hier aufgelisteten Thesen würde ich fundamental widersprechen, anderen zustimmen. In beiden Fällen hat der Think Tank durch seine Beiträge aber ein Bewusstsein für Problematiken geschaffen. Beispielsweise wurde mir beim Vorabdurchlesen eines Beitrags bewusst, dass viele Menschen, zum Teil sogar erfahrene Juroren, gewisse Aspekte von OPD nicht durchschaut zu haben scheinen. Hier liefert beispielsweise der Think Tank für die RK das Ergebnis, das wir einige Aspekte der Bewertung wohl noch einmal klarer kommunizieren sollten. Das an sich ist bereits etwas gutes und dafür sollten wir dankbar sein.
    Ich hätte es aber begrüßt, wenn der Think Tank sich stattdessen noch wesentlich mehr mit konkreten Fragen der direkten Stärkung der Juriersituation und dem Ausarbeiten von Lösungsplänen befasst hätte, z.B. als Arbeitskreise, anstelle des Vortrags-Diskussionsmodells. Derart „konkrete“ Ergebnisse, die wir noch dringender als verschiedene Diskussionen bräuchten, vermisse ich leider noch – aber auch dafür findet sich sicher noch ein Forum.
    Fazit: Ein sinnvoller Beitrag, ich persönlich glaube allerdings dass die Priorisierung von Problematiken noch optimiert werden könnte, bspw. durch ein anderes Modell des Think Tanks. Danke fürs Ausrichten!

  2. Daniil sagt:

    Um Gottes Willen, Lennart, natürlich möchte ich nicht nahelegen, dass alle guten Juroren ausschließlich auf dem Think-Tank waren. Ganz im Gegenteil bedauere ich es sehr, dass es zu dieser Überschneidung kam, weshalb manche Personen, deren Anwesenheit mir wichtig gewesen wäre, nicht da waren. Deswegen formuliere ich es ja auch als Desiderat, dass es in Zukunft nicht zu solchen Terminproblemen kommen sollte.

    Was die Entwicklung angeht, stimme ich Dir zu. Es ist ja bereits bei Sarah und mir angesprochen, dass eine stärkere Arbeitsphasenorientierung sinnvoll ist. Es gibt zwei mögliche Entwicklungen: Entweder es lassen sich die oben angesprochenen Mini-Think-Tanks (Arbeitsgruppen in Deinem Sinne) umsetzen. Dann könnte der jährliche Think-Tank neben einer Bündelung der Entwicklungen weiterhin viele neue Impulse in Vortragsform aufnehmen. Oder aber der Think-Tank bleibt alleiniges Forum. Dann brauchen wir eine deutlich stärkere Fokussierung auf einzelne Fragen, die dann im Rahmen von Arbeitsphasen priorisiert behandelt werden.

    Man darf aber auch die schöpferische Kraft der Vorträge nicht unterschätzen. Die Beiträge auf dem Think-Tank waren von sehr hoher Qualität (Daniel zu Andreas C. Lazar: „faszinierend!“). Dafür ist doch der Think-Tank da: Hier können wir auch weit über das hinausgehen, was auf herkömmlichen Jurierseminaren behandelt wird. Und viele Ergebnisse ergeben sich unmittelbar aus der Vorarbeit der Referenten, wie man an den Vorträgen von Barbara und Sarah in besondere Maße sehen kann.

  3. Sarah (MZ) sagt:

    Lennart, mir ist unklar, wie du zu der Annahme kommst, die Formulierung “Institution wider das Kompetenzchaos” bedeute „eine Herabsetzung der Nichtanwesenden“. Dass die Zuständigkeit, was das Jurieren angeht, auf mehrere Akteure verteilt ist, ist eine sachliche Feststellung. Die Diversität ist nicht den einzelnen Akteuren anzulasten. Es ist deshalb schön, dass jemand versucht, ein Forum zu schaffen, in dem sich alle Interessierten ausführlich gemeinsam über die Zukunft des Jurierens austauschen können. Schön, dass viele Leute daran teilgenommen haben und dass auch die Regelkommission und der VDCH vertreten waren. Wer nicht wollte oder keine Zeit hatte, hat eben nicht teilgenommen. Ich sehe das Problem nicht wirklich.

  4. Jan (Tü) sagt:

    Schade Daniil, dass du die Regelkommision zwar kritisierst und Probleme ansprichst, aber den von Konrad gehaltenen Vortrag vernachlässigt. Wie gerade du, als DDM Chefjuror wissen solltest setzt sich die Regelkommision sowohl von alleine, als auch auf Anfrage durch Leute innerhalb des VDCH-Landes gerne mit verschiedenen Vorschägen und Anregungen auseinander.
    Daher Anfragen etc. gerne an opd [at] streitkultur [dot] net.
    Selbst wenn die Meinungen nicht immer geteilt werden und sie daher nicht in jedem Fall ins Regelwerk integrieren werden, wird jede Anfrage ernsthaft diskutiert und es wird stets eine Begründung dafür geben, warum das Regelwerk ganz bestimmte Sachen fordert und warum die Regelkommision sie für erhaltenswert erachtet.

  5. Lennart Lokstein sagt:

    Liebe Sarah,
    ich halte es schon für fraglich, dass der Jurier-Think-Tank nur weil es ihn einmal gab plötzlich eine Institution sein möchte, die zu dem Schluss kommt, dass sie Kompetenzen hat, die ich eigentlich zum Teil bei der VDCH-MV und zum Teil bei der Regelkommission sehe. Es geht mir da nicht darum, dass es falsch ist, Dinge zu besprechen. Viele Inputs des Think Tanks sind sicher sinnvoll, die Existenz aller ist an sich gut.
    Was aber zum Beispiel vom Ton her wirklich enttäuschend formuliert ist ist der von Jan angesprochene Abschnitt zur Regelkommission. Wir haben sämtliche uns jemals eingesandten E-Mails in größter Gewissenhaftigkeit beantwortet und oftmals stundenlang besprochen. Ebenso verhält es sich z.B. mit dem von Jonathan eingebrachten Vorschlag. Auch für den Workshop war eine entsprechend ausführliche Antwort vorbereitet worden, die Willy gerne präsentiert wurde, der leider kurzfristig nicht kommen konnte. Inwiefern Konrad spontan darauf eingehen konnte weiß ich leider nicht, ich war selbst nicht anwesend. Der Artikel aber schlussfolgert „Wir brauchen also einen Mechanismus, durch den Ideen wie etwa die von Jonathan bei den Regelhütern berücksichtigt werden.“ – JEDE einzelne Anregung, die wir bislang erhalten haben wurde SEHR ausführlich berücksichtigt. Wer uns einmal geschrieben hat, wird das bestätigen können. Formulierungen wie die zitierte empfinde ich daher als entstellend, da sie suggeriert, dass an dieser Stelle ein Problem bestehen würde, dass die Regelkommission nicht auf Kontaktaufnahmen eingehen würde. Das ist definitiv nicht der Fall. Tatsächlich werden sich schwerlich Menschen finden lassen, die sich so intensiv mit dem Format in Theorie und Anwendung auseinandersetzen, wie wir, insbesondere, wenn wir externen Input erhalten. Konkret zu Jonathans Vorschlag: Ich persönlich habe mich sehr darüber gefreut, zu sehen, dass andere Menschen ebenfalls wirklich Mühe auf sich nehmen, sich Gedanken um eine Optimierung des Formats zu machen. Wir haben den Vorschlag sorgfältig gelesen, mehrere Stunden lang verschiedene Aspekte diskutiert und stimmen manchen Aspekten zu, anderen nicht. Es ist mir an dieser Stelle leider nicht möglich, einen mehrseitigen Essay und eine mehrstündige Diskussion dazu detailliert wiederzugeben. Es ist aber sicher nicht der Fall, dass wir den Input nicht berücksichtigen würden – es mag aber auch Gründe geben, warum wir nicht jeden Vorschlag, der je an uns herangetragen wird, sofort, unmittelbar und vollständig umsetzen. Wir haben jedoch bereits vor dem Think Tank festgestellt, dass es z.B. vermutlich sinnvoll sein würde, einige Grundlagen von OPD noch einmal einsteigerfreundlich zusammenzufassen. Anders als der Think Tank kamen wir aber beispielsweise auch davor zu einem anderen Ergebnis bezüglich der Jurierseminare – unserer bisherigen Ansicht nach sind meist besonders bei jüngeren Juroren vorallem die Teamkategorien problematisch, weniger die Einzelrednerkategorien. Auch hierfür werden wir Antworten finden und Strategien entwickeln und auch hier freuen wir uns sehr über Anregungen, zum Beispiel an die von Jan gepostete Mailadresse.

    Ich hoffe, das macht nun vielleicht etwas klarer, warum ich mich hier ärgere: Nicht über den Jurier-Think-Tank, sondern über einige Formulierungen im Bericht darüber.

  6. Jonathan Scholbach sagt:

    Aus der Reaktion Konrads auf dem Think-Tank auf meinen Vortrag hatte ich den Eindruck, dass die OPD-Regelkommission meinen Gedankengang vollständig ablehnt. Diesen Eindruck haben scheinbar auch andere geteilt – so stellte Michael am Ende die Frage an Konrad, wie denn jemand, der sich viel Arbeit und Gedanken über OPD gemacht hat, überhaupt eine Änderung anstreben könne, wenn die OPD-Regelkommission nicht zu überzeugen ist.
    Mir ist nicht klar, warum die Regeln, nach denen de facto jedes zweite Turnier im VDCH und FDL ausgetragen wird, von einem einzigen Club bestimmt werden. Das ist historisch gewachsen, aber sinnvoller wäre ein Forum, das einen besseren Repräsentationsmechanismus böte. Genau da trifft doch der Terminus vom Kompetenzchaos zu. Da der Think-Tank die Kompetenzen noch nicht hat, muss er sie erhalten.

  7. Konrad Gütschow sagt:

    Ich sehe persönlich keine Verknüpfung zwischen dem persönlichen guten Willen, der auch mit viel Arbeit einhergehen mag und einer Berechtigung, dass etwas geändert wird, wenn der Vorschlag nicht überzeugend ist.
    Der Vorschlag wurde diskutiert und in ihrer Grundidee als vollkommen gegenläufig zu der Idee von OPD gesehen. Dann können wir gerne öffentlich Fleißsternchen verteilen, aber eine Aufnahme ins Regelwerk würde niemand helfen.
    In einem anderen Kontext, besonders wenn es um Debatten mit ausschließlich sehr neuen Rednern und Juroren geht, kann dein Vorschlag dem Status Quo auch durchaus überlegen sein (wenn das bei dir in den Seminaren gut klappt), aber das ist einfach eine andere Zielgruppe.

  8. Andreas Lazar sagt:

    Redlichste Beteuerungen, dass jede Anregung von außen ausführlich berücksichtigt werde, ändern nichts an der Tatsache, dass überwiegend mehrheitlich aktive Debattierende, die überwiegend mehrheitlich aus nur einem Club kommen, über das Regelwerk etwa jedes zweiten Turniers in ganz VDCH-Land entscheiden. Primär wird dieser Flaschenhals an sich kritisiert, erst sekundär seine Entscheidungen. Im Interesse von mehr Transparenz und Mitbestimmung sollte daher eine andere Form der OPD-Regelsetzung gefunden werden. Z.B. könnte die Regelkommission dem VDCH unterstellt und ihre Mitglieder auf seiner MV gewählt werden.

  9. Konrad Gütschow sagt:

    Eine fürchterliche Sache ist das. Aktive Debattierer beschäftigen sich mit den Regeln, anstatt Leute die mal debattiert haben und nur noch ein akademisch-theoretisches Interesse haben. Und eben las ich noch im Chefjurorenartikel, dass wir aktive Redner als CJ wollen, weil sich der Debattieralltag zu schnell wandelt und Leute die nur Semi oder gar nicht aktiv sind, einfach raus sind.

  10. Andreas Lazar sagt:

    Es geht um den Interessenkonflikt, dass aktive Debattierende hauptsächlich eines Clubs die Regeln für alle schreiben, nicht primär darum, dass es aktive Debattierende sind. Wenn statt der FIFA der aktuelle Kader von Borussia Dortmund die Fußballregeln für die Bundesliga schreiben würde, gäbe es auch Kritik, und zurecht. In einer reformierten Regelkommission können und sollen durchaus vor allem Aktive sitzen. Aber die Szene sollte ein viel größeres Mitsprache- und Mitwahlrecht erhalten, als nur auf „größte Gewissenhaftigkeit“ der Besprechung von Anregungen zu hoffen.

  11. Christian (MZ) sagt:

    Interessanterweise setzt gar nicht die FIFA die Regeln des Fußballs fest, zumindest nicht allein. Das tut das IFAB (International Football Association Board), in dem die FIFA mit vier Mitgliedern und der englische, schottische, walisische und nordirische Fußballverband mit je einem Mitglied vertreten sind. Es gibt also keine Regeländerung gegen die UK-Verbände sondern nur mit ihnen. Über Missbrauch hat da glaube ich noch niemand geklagt, aber gut, die FIFA hat glaube ich ganz andere Probleme 😉
    Die Entstehungsgeschichte des Boards ist aber dem der Regelkommission gar nicht so unähnlich. Schließlich haben die Briten diesen Sport erfunden und anfangs haben sie auch alleine die Regeln fest gesetzt. Erst später kam die FIFA dazu. Bei uns hat ein Club ein Debattierformat erfunden und viele „spielen“ jetzt nach dessen Regeln, es gibt also schon Parallelen. Man könnte daher wirklich darüber nachdenken, ob die VDCH-MV oder auch Mitglieder in die Regelkommission schicken darf, damit die anderen Mitspieler auch repräsentiert sind. Keinesfalls sollte der VDCH die Regelkommission aber alleine besetzen. Schließlich hat die Streitkultur dieses Format erfunden und ist in gewissem Maße geistiger Eigentümer dieses Formats und das sollte auch gewürdigt werden. Im Übrigen habe ich vollstes Vertrauen in alle Mitglieder der Regelkommission und kann mir nicht vorstellen, dass da jemand seine Position in irgendeiner Form missbraucht. Selbst wenn: das wäre auch bei einer von der VDCH-MV besetzten Regelkommission möglich.

    Was die Diskussion über Regeländerungsanträge etc. angeht, kann ich nicht viel sagen, da ich den Jurier-Think-Tank leider aus familiären Gründen verpasst habe. Allgemein fände ich persönlich es aber sehr schön, wenn man von den Änderungsanträgen und den Begründungen über die Annahme und die Ablehnung ein bisschen mehr mitbekäme 🙂 Nicht weil ich fürchte, dass sich da irgendwer keine Mühe gibt (weder Antragsteller noch Regelkommission habe ich da ansatzweise im Verdacht) sondern einfach weil ich die Debatte an sich sehr spannend fände. Nicht mal um selbst mitzudiskutieren sondern einfach nur zu wissen, was denn da gerade so alles in der Pipeline ist/war. Vielleicht könnte die Regelkommission eine Art Jahres- oder Halbjahresbericht heraus geben, in dem sie die gestellten Anträge mit Begründungen vorstellt plus ihre Stellungnahmen dazu? Das könnte man über den VDCH-Verteiler schicken oder auch gerne einen gesonderten Newsletter schaffen, auf den sich jeder Interessierte eintragen kann. Ich fände das sehr spannend und bin bestimmt nicht der Einzige 🙂

  12. Christian L. (MD) sagt:

    Und täglich grüßt das Murmeltier. Vor genau vier Jahren hatten wir schon einmal die Diskussion über die Befugnisse der Regelkommission über dem VDCH-Verteiler. Zwei der Diskutierer hier waren sogar damals auch involviert.
    Die Tübinger haben das Format erfunden und somit ein Verfügungsrecht darauf und durch historische Entwicklungen und Gewohnheitsrecht hat das Format eine Entwicklung genommen, die die Erfinder nicht voraussehen konnten. Bis jetzt ist die Szene damit gut gefahren, dass die Tübinger über die Regularien wachen und nur hin und wieder kleine Modifizierungen vorgenommen werden (in der Formel 1 ändert sich jedes Jahr etwas und keiner blickt mehr durch).
    Außerdem vergesst ihr die Gestaltungsmacht der Clubvorstände und Chefjuroren vor Ort: Wenn bspw. ein Clubvorstand meint, dass mit einer alternativen Benotung die Redner ein besseres Feedback bekommen, dann können die Tübinger nichts dagegen machen. Wenn die Methode erfolgreich ist dann kann sich daraus auch eine neue Spielart entwickeln.
    Gegenfrage an Jonathan: Wenn das Wartburg-Format der Jenaer erfolgreicher gewesen wäre und sich gleichsam als Format bei der DDM etabliert hätte, würde doch auch eine Jenaer Regelkommission darüber wachen, oder?

  13. Andreas Lazar sagt:

    „Das haben wir schon immer so gemacht“ und „Wir haben vollstes Vertrauen in die Mitglieder der Regelkommission“ als Argumente für den Status Quo? Geht es nicht differenzierter? Gerade bei uns?

    Wir haben es vielleicht immer schon so gemacht (u.a. auch aus Trägheit und Widerstand), das heißt aber nicht, dass wir es auf alle Zeiten weiter so machen sollten. Die Beiträge und Diskussionen auf dem Jurier-Think-Tank haben mir erneut deutlich gezeigt, dass ein großer Mitsprachewunsch und vielfältige, zum Teil erhebliche Änderungswünsche an OPD bestehen, die vielleicht in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen noch stärker geworden sind als zuvor. Es wäre sehr von Vorteil für die Szene, wenn sie hierbei mehr mitreden und sich offen austauschen könnte, anstatt sich durch einen dunklen Flaschenhals quetschen zu müssen. Auch für das Format könnte es einen kreativen Schub bedeuten. „Verfügungsrecht“ kann nicht auf alle Zeiten den Ausschluss der überwiegenden Mehrheit der Debattierenden aus Entscheidungsprozessen über das Format, das sie debattieren, begründen. Zumal wenn die Verfüger Aktive aus nur einem Club sind. Das ist so, als ob die IFAB nur aus britischen, oder eher noch nur aus englischen Vertretern bestünde, die zugleich Spieler sind. Eine Fußballwelt, in der nur Wayne Rooney und John Terry die Regeln schreiben, wäre aus guten Gründen unvorstellbar.

    Zum Vertrauen: Das entsteht durch Strukturen mit klaren Zuständigkeiten, regelmäßigen Kontrollen, Transparenz und „Checks and Balances“, nicht aber durch das Hoffen auf die Güte und Fairness einzelner Personen. Weil letzteres inhärent subjektiver und schwerer zu überprüfen ist als ersteres. Zum Beispiel besitzen die Entwickler der OPD ein lebenslanges (!) Anrecht, in der Regelkommission mitzuwirken, soweit ich weiß. Wie verträgt sich das damit, dass beim Debattieren Mitwirkende zumindest halbwegs aktiv sein sollten? Und ich weiß ja nicht, wie Ihr es haltet, Christian und Christian, aber vollstes Vertrauen fürs ganze Leben schenke ich höchstens einer Person 🙂

    TL;DR: Die Szene will und braucht mehr Mitsprache bei OPD, weswegen die Regelkommission reformiert werden sollte. Vertrauen ist gut, transparente Mitbestimmung ist besser.

  14. Konrad Gütschow sagt:

    Andi, ich kann dich beruhigen, in der Regelkommission sitzen aktive Mitglieder von 3 verschiedenen Clubs (Tübingen, Mainz, Göttingen). D.h. selbst wenn ich wüsste, was ein „Tübinger Stil“ ist und wie ich ihn bevorzuge, könnte ich das durch eine benötigte 4:1 Mehrheit nicht in den Regeln durchsetzen.

  15. Lennart Lokstein sagt:

    Ehrlich gesagt sehe ich seitdem ich debattiere nur, wie der fleißige Andreas C. Lazar seit jeher regelkommissionsablehnende Kommentare auf der Achten Minute verfasst. Seitdem ich in der Regelkommission bin habe ich leider keine einzige Anfrage von ihm an besagte RK lesen können. Böse Zungen könnten unterstellen, dass er ein Troll ist. Über mangelnde Transparenz zu klagen ohne jemals eine Anfrage gestellt zu haben finde ich wirklich traurig.

    Der Witz ist ja: Der Status Quo bearbeitet wirklich jede Anfrage mit sorgfältigen Begründungen. Und das liegt unter anderem daran, dass die Kommission mit sehr gewissenhaften Leuten besetzt ist, die sich intensiv und lange mit dem Format auseinandersetzen. Die Vorschläge von Christian bezüglich z.B. eines FAQ etc. halte ich für eine ganz gute Lösung, um das nach außen hin auch stärker einsichtlich zu machen.

    Was – und hier möchte ich mich an Jonathan richten – den Vorschlag von dir zum Think Tank angeht, so handelt es sich dabei (und hier verallgemeinere ich jetzt auf eine sehr generelle Ebene, da die Inhalte hier tief kaum geeignet besprochen werden können) um einen sehr radikale Änderungsvorschlag durch die starke Katalogisierung von Kategorien. Diese hat den Vorteil einer leichteren Erlernbarkeit aber den Nachteil einer schwierigeren Differenzierung im Spitzenbereich sowie der Würdigung des Aptums. Diese Bestandteile sehen wir allerdings als gewichtiger für OPD, weswegen wir den Vorschlag zwar als Vorschlag begrüßen, inhaltlich glauben wir jedoch, dass die vorgeschlagene Änderung nicht die Ziele von OPD erfüllt. Daher wird der Vorschlag nicht übernommen. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht stets über Vorschläge freuen, wie man das Format vielleicht noch verbessern könnte. Es sollte nur jedem bewusst sein, dass die Regelkommission nicht automatisch aufgrund eines Vorschlags das komplette Regelwerk umschreiben wird. Ich kann verstehen, dass das enttäuschend sein mag, insbesondere weil dein Essay wirklich schön ausgearbeitet war.

  16. Jonas G. (Münster) sagt:

    Ganz ehrlich, ich sehe das Problem nicht. Wenn ein Club ein Turnier in einem anderen Format als OPD umd BPS ausrichten will kann sie niemand daran hindern, wenn Chefjuroren einzelne OPD Regeln nicht anwenden oder für ein Turnier ändern will, können sie das machen. Der Grund, dass das nicht passiert ist meiner Auffassung, dass die meisten Debattieren ganz zufrieden mit dem Format und damit auch mit der Arbeit der Regelkommission sind. Ich glaube gerade solche Vorschläge wie der von Jonathan sind dazu geeignet, dass dieser Zustand gekippt wird. Was hier gefordert wird ist nicht die Möglichkeit OPD behutsam anzupassen, sondern ein Weg für eine „Revolution von oben“ zu öffnen. Sollte eine mögliche VDCH Regel Kommission so mit dem Format verfahren, dann würde ich es sogar lieber bei den Tübingen lassen, deren maxime eigentlich immer „möglichst wenig ändern“ war.
    Stellt doch den Antrag auf der VDCH MV „der VDCH möge seine Turniere in Verbandseigenen Formaten ausrichten und dafür Regel Kommissionen gründen“ und dann macht man eine Regel Kommission für deutsches BPS und eine für das Deutsche Alternativ Format. Ich glaub aber, dass dieser Antrag im Status Quo sang und klanglos scheitern wird: Wieso? Die meisten Debattierenden sind mit den Regeln nach denen Debatten im Status Quo geführt werden ganz zufrieden und eine „Revolution von oben“ wo uns der König zeigt wie viel toller alles doch sein könnte ist schlicht und ergreifend nicht erwünscht. Gibt ja nicht mal Clubs die andere oder geänderte Formate durch ihre Turniere pushen.

  17. Andreas Lazar sagt:

    Ist klar, wiederholt begründete Kritik zu äußern und nicht an einem System zu partizipieren, das man ablehnt und ändern möchte, ist Getrolle. Böse Zungen könnten unterstellen, dass solche untergriffigen Vokabeln nötige Diskussionen abwürgen sollen 🙂

    Verschiedene Probleme wurden auf dem Jurier-Think-Tank von mehreren Personen ausführlich erörtert und werden hier hoffentlich bald als Artikel erscheinen, um eine weitere Diskussion anzuregen: u.a. Punktevergabe in einem immer engeren Bereich, was Ausreißer umso gewichtiger macht; Unverständnis über die Einzelredner*innenpunkte von 16-20, die quasi nie genutzt werden und Juror*innen häufig verwirren; Unklarheit über verschiedene Bepunktungskategorien und deren Abgrenzung voneinander; schlecht verständliche Formulierungen im Regelwerk usw. Im Moment müssen potentielle Änderungen dieser wahrgenommenen Mißstände, die die ganze Szene betreffen, durch das Gremium nur eines Clubs gehen anstatt über den VDCH oder auch sowas wie die IFAB (z.B. 50% vom VDCH gewählte oder ernannte RK-Mitglieder und 50% aus Tübingen). Das erscheint mir angesichts der Auswirkungen vorgenommener oder nicht vorgenommener Änderungen weder sportlich noch demokratisch angemessen.

  18. Jonathan Scholbach sagt:

    Die Grundidee meines auf dem Thinktank vorgestellten Vorschlags ist schon 4 Jahre alt. Warum habe ich sie nie der RK vorgestellt? Weil mir klar war, dass sie abgelehnt würde – egal wie gut mein Vorschlag wäre. Er ist zu weit entfernt vom inhärenten kuratorischen Konservatismus einer Tübunger RK. Der Thinktank hat mir erstmals eine Plattform geboten, den Vorschlag ernsthaft ins Gespräch zu bringen.
    Es geht nicht darum, dass die Tübinger nach nicht ihr Format bewahren dürfen. Es geht darum, nach welchen Regeln wir im VDCH debattieren. Und das sollte der VDCH entscheiden. Aber danke für das großzügig gewährte Recht auf Anhörung, Euer Durchlaucht.

    @Konrad: Nikos in dieser Diskussion als Göttinger zu zählen ist eine so unredliche Nebelkerze, dass ich an der Ernsthaftigkeit deiner Diskussionsbereitschaft zu zweifeln beginne. Auch dein anderes Argument empfinde ich als unfair: es geht mir nicht darum, Fleiß honoriert zu bekommen, sondern darum, wie eine Regel etabliert werden könnte, die im VDCH eine Mehrheit hätte, aber bei der RK abgelehnt wird.

    Im übrigen kam es auf dem Thinktank mehrmals zu der Situation, dass Konrad als Vertreter der RK gesagt hat: so wie OPD heute juriert wird, ist es falsch. Wenn das kein Zeichen dafür ist, dass die Regeln unklar formuliert sind, dann weiß ich auch nicht. Wenn i h mich er cht erinnere, fiel sogar der Satz „Es gibt derzeit überhaupt nur 5 Juroren, die OPD kompetent jurieren können“ Da sind sicher die 4 RK-Mitglieder darunter. Das zeigt doch, dass die RK ein Verständnis von OPD hat, das vom Verständnis der Szene weit entfernt ist. Und abgesehen vom Reformvorechlag hat mein Vortrag doch etliche offensichtlich unhaltbare Passagen im OPD-Regelwerk aufgezeigt. Auch im Output ist also die RK nur bedingt legitimiert.

  19. Nicolas (MZ) sagt:

    Entschuldigt meine Hilflosigkeit, aber gibt es die Vorträge (Jonathans und Michaels würden mich bspw sehr interessieren) als Transkript und/oder die Präsentationen dazu? Und den hier oft benannten Essay, wo finde ich den?

    Ich würde den Kram gerne lesen, bevor ich hier eine Stellungnahme zur RK-Diskussion platziere 😉

  20. Jonathan Scholbach sagt:

    Kommt alles kommende Woche.

  21. Konrad Gütschow sagt:

    Unredlich? Niemand würde behaupten, dass Nikos und Ich nicht sehr gut befreundet sind. Das ändert nichts daran, dass er plant die nächsten Jahre in Göttingen zu debattieren, seine Hauptbeschäftigung mit debattieren momentan in Göttingen statt findet, und dass z.B. Friebe momentan sicher mehr Einfluss auf sein Debattierverständnis hat, als irgendjemand aus Tübingen.
    Wenn gute Freundschaften deiner Meinung nach einen größeren Einfluss haben als der aktive Debattierclub, sehe ich nicht, wie man uns trotz enger Freundschaften mit Mitgliedern vieler Debattierclubs unterstellen kann, dass wir unser Wohl über ihres stellen.
    Ich finde allerdings, dass man den Vorwurf, die Regeln zu unseren Gunsten zu schreiben (kam nicht von dir Jonathan) durchaus beleidigend sehen kann. Vor allem da hier auch neuere Debattanten mitlesen, die nicht wissen, dass das hier eine Diskussion ist, die mit den gleichen Argumenten von den gleichen Leuten schon zig Mal on und offline geführt wurde, und daher nur der allgemeinen Belustigung dient, sollten wir auf solche Unterstellungen verzichten.
    @Nicholas: Jonathans Artikel wird da sicher mehr Klarheit bringen, bis dahin die Kurzzusammenfassung (die bitte bei Fehldarstellung korrigiert werden sollte): Wir haben ein Problem, da OPD-Jurieren zu kompliziert ist. Die Kategorien sind nicht eindeutig abtrennbar und undeutig formuliert und die Punktespanne wird nicht verstanden und ausgereizt. Als Lösung wurde eine Umstellung auf zwölf sehr einfach verständliche Kategorien mit einer Punktespanne von 0-4 vorgeschlagen. Anfänger haben nach diesem System in Jonathans Seminaren schon nach 30 Minuten erfolgreich juriert.

  22. Konrad Gütschow sagt:

    Niemand in der RK hat ein Interesse daran, sich unbegründet gegen den Willen von vdch Land zu stellen.
    Wenn es eine Mehrheit für eine Änderung gibt, müssten wir schon sehr gute Gründe haben, um diese abzulehnen. (einfach schon, weil das komisch aussehen würde)
    Bisher sind es aber nur eine kleine Handvoll Leute, die eher philosophisch als praktisch ein Problem mit uns und dem Format haben.

  23. Daniil sagt:

    Zur Frage von Nicolas: Wir wollen jedem Vortrag, der auf dem Think-Tank gehalten wurde, eine möglichst große Bühne bieten. Statt alles auf einmal zu veröffentlichen werden wir die Vorträge deswegen blockweise zur Verfügung stellen. Es wird alles einschließlich der Diskussionen auf dem Youtube-Kanal für Jurierqualität sowie dem gleichnamigem Blog veröffentlicht. Dazu gibt es dann immer auch eine Meldung auf der Achten Minute. Zusätzlich werden einzelne Beiträge in Kurzversion auf der Achten Minute erscheinen.

    Konkret sind bisher Sarahs Rückblick und mein Resümee als Überblicksdarstellungen online gegangen. Gestern ist Sarahs Vortrag zu Chefjuroren als Mittwochs-Feature erschienen. Morgen stehen Barbaras Vortrag sowie Patricks Keynote-Rede an. In der kommenden Woche werden Michaels und Jonathans Beiträge sowie der Beitrag der OPD-Regelkommission online gehen. Auch die Diskussion, die im Rahmen dieses Panels stattgefunden hat, wird dann zu sehen sein.

    Wir freuen uns über das Interesse an den Inhalten des Think-Tanks! Scheut euch nicht, die Langversionen, die hier auf der Achten Minute und auf dem Blog verlinkt sind, anzuschauen. Die Vorträge haben eine sehr hohe Qualität und die Langversionen lohnen sich!

  24. Jonathan Scholbach sagt:

    Es soll hier ja um den Thinktank gehen, nicht um die RK. Deshalb nur kurz: Konrad, wenn du ernsthaft an dieser absurden Argumentation festhalten willst: Wäre Nikos auch in der RK, wenn er nicht jahrelang in Tübingen sondern in Göttingen debattiert hätte? Das meine ich nicht als persönlichen Angriff auf Nikos. Es soll nur verdeutlichen, dass die Struktur der RK nicht geeignet ist, die Interessen und Meinungen im VDCH adäquat personell abzubilden. Das zeigt sich auch unabhängig von der konkreten personellen Besetzung an dem Zustandekommen: Wahl durch die MV det SK Tübingen. All diese offensichtlichen Punkte mit einem schnoddrigen „Nikos ist doch jetzt Göttinger“ abzutun, halte ich nach wie vor für unredlich.

  25. Konrad Gütschow sagt:

    Wenn der einzige Kritikpunkt ist, dass die jetzige Kommission in ihrer jetzigen Besetzung einfach von anderen Leuten gewählt werden sollte, ansonsten aber gut ist, müssen wir uns auch nicht weiter streiten. 🙂
    Ja, wir sind undemokratisch. Hast du recht, hat nie jemand bestritten. Ist aber einfach kein Problem.

  26. Christian Zimpelmann sagt:

    Ich denke niemand hat das Gefühl, dass Tübingen Regeln zu ihren Gunsten verändert, und fast niemand hat ein praktisches Problem mit der RK.

    Trotzdem halte ich den SQ auch für unschön. Unabhängig von einer eventuellen diversen Zusammensetzung, sind die Mitglieder nicht vom VDCH, sondern von der Streitkultur gewählt und legitimiert.

    Daran wird sich aber mittelfristig nichts ändern, solange in der RK gute Arbeit gemacht wird.

  27. Nicolas (MZ) sagt:

    Naja.. Leute. Die Regeln – das Format – GEHÖRT auch der Streitkultur; nicht dem VDCH.

    Da muss nix vom VDCH legitimiert sein, Christian. Ich würde da sehr vorsichtig sein, im Grund muss man der Streitkultur danken, dass sie das Format zur Verfügung stellt. Und davon unabhängig halte ich es für eine geradezu wahnsinnige Idee, die Regeln der OPD dem Politik-Spaß des VDCH zu unterwerfen 😉

  28. Jonathan Scholbach sagt:

    Ja, wir sind undemokratisch. Hast du recht, hat nie jemand bestritten. Ist aber einfach kein Problem.

    Ist das ein Zitat? – Marie Antoinette?

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