Factsheets – das Kleingedruckte des Debattierens abschaffen?

Datum: 23. November 2022
Redakteur:
Kategorie: Mittwochs-Feature

Woher kommen eigentlich diese langen Infotexte und brauchen wir sie wirklich? Dieser Frage widmet sich Sven Jentzsch, unter anderem Chefjuror der DDM 2022, in einem Diskussionsbeitrag mit verschiedenen Perspektiven im Mittwochs-Feature.

Einleitung:

Das durchschnittliche Thema der Deutschsprachigen Debattiermeisterschaften 2008-2012* (*ohne 2010, wo mir Aufzeichnungen fehlen) war  14 Worte lang. Und das wohlgemerkt inklusive der damals noch üblichen, inhaltlich irrelevanten Mottos oder Zitate vor OPD-Streitfragen (z.B. „Freier Markt für freie Liebe!“). Das durchschnittliche Thema der DDMs 2018-2022 hingegen – also ein Jahrzehnt später – war 48 Worte lang. Das ist eine Steigerung ca. um das dreieinhalbfache.

Kleiner historischer Exkurs zu vergessenen Mühen: Früher wurden Factsheets noch händisch auf Twitter weiterverbreitet – Foto: Streitkultur e.V.

Ob und wie sich Debattenthemen verändert haben, darüber kann man lange diskutieren. Eine offensichtliche Änderung jedoch ist die Ausbreitung von „Factsheets“ (oder „Infoslides“). Der Anglizismus verrät wie so häufig den Import aus der englischsprachigen Debattierszene (warum hat sich eigentlich nicht „Infotext“ durchgesetzt?); gemeint sind ergänzende Informationen zu einem Thema. Zwischen 2011 und 2013 verschwanden in der deutschsprachigen Turnierlandschaft sukzessive die OPD-Mottos und -Zitate; im gleichen Zeitraum tauchen die ersten Factsheets auf. Die erste Nennung eines (verschollenen) Infoslides findet sich nach meinen Informationen bei der 4. Vorrunde der NODM Kiel 2012 über die 5%-Hürde bei nationalen Minderheiten. Inzwischen gibt es fast kein Turnier mehr ohne – die Frage ist nur noch, ob lang oder kurz, ob bei fast jedem Thema oder doch eher als Ausnahme.

In der Debatte sitze ich zwischen den Stühlen: Einerseits gehöre ich in der aktiven Szene noch am ehesten zu den Kritikern der Factsheet-Kultur, andererseits leugne ich ihren Nutzen nicht und habe ironischerweise eines der berüchtigsten, längsten und meistkritisierten Factsheets der jüngeren Zeit – das Malithema auf der CD Heidelberg 2022 (Link) – mitverantwortet. Auf jeden Fall bin ich aber der Meinung, dass wir mehr über unsere Verwendung von Zusatzinformationen nachdenken sollten – anstatt der Entwicklung achselzuckend zuzustimmen. In Debattier- und dialektischer Manier will ich daher Pro und Contra bzw. These, Antithese und Synthese erörtern – und zaghafte Reformvorschläge unterbreiten.

 

These– pro Factsheets:

  • Factsheets machen das Debattieren inklusiver: Das ist das Kernargument. Factsheets können dazu beitragen, bestimmten Gruppen überhaupt erst die Teilnahme bzw. die motivierte, schamfreie Teilnahme (jenseits von an den Haaren herbeigezogenen Argumenten) an Debatten zu ermöglichen – und vielleicht sogar, besser mit erfahrenen Teilnehmern mithalten zu können. Wir alle wissen, wie schlimm es sich anfühlen kann, eine Streitfrage zu debattieren, von der man keine Ahnung hat und in der man sich sehr unsicher fühlt. Die unerfahrene Gruppe, die davon potenziell profitiert, ist groß: Darunter fallen (i) Erstis, die gerade erst mit dem Debattieren beginnen; (ii) allgemein solche Debattierer, die nicht stark politisch versiert oder (aus-)gebildet sind, die beispielsweise Natur- statt Politik- oder Wirtschaftswissenschaft studieren und nicht jeden Tag Zeitung lesen; (iii) oder auch Debattierer aus anderen geografischen Regionen, DaF-Redner z.B. oder Deutsche auf österreichischen, Österreicher auf deutschen Turnieren. Folgt man dem Argument weiter, sind die positiven Auswirkungen vielfältig: Erstens erhöht sich die Anzahl und Heterogenität von Debattierern. Mehr Menschen haben Spaß und positive Lerneffekte durch das Debattieren; unser Sport wird größer und vielfältiger. Zweitens erhöht sich die Qualität und Fairness von Debatten, wovon ebenfalls nicht nur die unerfahrenen Redner selbst, sondern auch die anderen Teilnehmer, die Juroren und das (potenzielle) Publikum profitieren.
  • Factsheets schaffen eine neutrale, lehrreiche Faktenbasis und beugen Missverständnissen vor: Nicht nur unerfahrenen Rednern können Factsheets weiterhelfen. Debatten driften gerne mal in ein Phänomen ab, was in unserer Szene unter den Begriff „Definitionsschlacht“ bekannt ist: Beide Teams streiten dann weniger über die eigentlichen Pro- und Contraargumente, sondern viel basaler darüber, wie das Thema überhaupt zu verstehen ist, oder wie die beiden Welten beschaffen sind, die verglichen werden. Im schlimmsten Fall verbreiten Redner dabei gefährliches Halbwissen oder – eine absolute Unsitte – lügen sogar taktisch. Die Jury sollte Faktenbehauptungen nicht einfach hinnehmen und kann Falschaussagen sogar bestrafen, der Schaden an der Debatte und an dem (falschen) Wissen, das ihre Teilnehmer aus ihr mitnehmen, ist aber angerichtet. Zusatzinformationen, die eine neutrale Faktenbasis schaffen („X Personen sind im Status quo arbeitslos“) oder bei der Interpretation der Fragestellung helfen („Im Sinne der Debatte verstehen wir darunter:…“), können dem entgegenwirken, verbessern ebenfalls die Debattenqualität und sorgen dafür, dass man die Debatte gebildeter verlässt.
  • Spaß, Mitschreiben, Schock – so reagiert ein Raum, wenn SXTNs „Deine Mutter“ als Infovideo abgespielt wird – Foto: Debattierclub Hannover

    Factsheets erschließen neue Themen: Geht man noch einen Schritt weiter, werden einige Themen durch Zusatzinformationen nicht nur vereinfacht, sondern überhaupt erst möglich gemacht. Darunter fallen solche Fragen, zu denen nicht nur eine kleiner, sondern ein sehr großer Teil der Teilnehmer keine (oder zu wenig) Ahnung hat. Das können weniger bekannte, aktuelle politische Entwicklungen (z.B. das erwähnte Malithema auf der CD Heidelberg 2022, Anerkennung der KPV in China durch den Vatikan auf der ZD Münster 2018 (Link)), Geschichtsthemen (z.B. Tschetschenienkrieg SDM 2022 (Link), Schleyer-Entführung Schwarzwaldcup 2019 (Link)), abstrakte Konzepte (z.B. Transhumanismus CD Wien 2019 (Link), Stimmsysteme @lstercup Hamburg 2021 (Link)) oder Debatten mit Bildern bzw. Videos im Mittelpunkt (SXTN „Deine Mutter“ ZD Hannover 2018 (Link), Taylor Swift „You need to calm down“ CD Heidelberg 2022 (Link)) sein. Folgt man dem Argument, werden so allgemein mehr, vielfältigere, spannende und vielleicht (trotz des niedrigen Wissens) relevante Themen erschlossen, was dem Debattieren weiterhilft.

 

Antithese– contra Factsheets:

Im Debattieren gibt es die “Clashtheorie“, nach der sich Pro- und Contraargumente in „Clashes“ (Unterthemen des Oberthemas) gegenüberstehen. Tatsächlich kann man zu den obigen drei Argumenten auch das genaue Gegenteil behaupten:

  • Factsheets machen das Debattieren exklusiver: Obwohl Zusatzinformationen die Angst vor Themen nehmen sollen, machen sie sie allein dadurch, dass sie sie in der Wortanzahl verlängern, auch furchteinflößender. Wenn uns eine Professorin zur Vorbereitung einer Sitzung einen großen statt einen kleinen Stapel Texte in die Hand drückt, reagieren wir vielleicht weniger mit „Toll, damit sind wir top vorbereitet“, sondern mit „So viel zu lesen?! Wie langweilig! Und wie schwierig die Thematik wohl sein muss?!“. Zusätzlich muss man bedenken, wer Themen unter welchen Umständen liest: Viele Fragestellungen erblicken auf Turnieren das Licht der Welt, wo alle Teilnehmer unter enormen Zeitdruck stehen. Später werden sie auf Achte-Minute-Artikeln weiterverbreitet, die von vielen überflogen werden. Und schließlich werden sie auf Clubabenden recycelt und dafür auf Homepage, Instagram oder WhatsApp veröffentlicht (wo sie auch der erste Kontakt von Erstis mit dem Debattieren werden). Dabei werden sie von den Teilnehmern auch nicht gründlich studiert, sondern möglichst zeitsparend erfasst. Es greift womöglich die einfache Heuristik von: viel Text gleich komplex (selbst wenn das Gegenteil gewollt ist) gleich anstrengend gleich abschreckend. Aus dieser Perspektive werden also im Gegenteil Leute vom Debattieren abgehalten, nicht dazu motiviert. Dieser Mechanismus ist indirekter und weniger offensichtlich als der der Pro-Seite. Einige werden sagen: Weil er wackliger und in seinen Auswirkungen (seinem „Impact“) zu vernachlässigen ist. Ich würde hingegen sagen, er wird gerade wegen seiner Indirektheit unterschätzt.
  • Factsheets sind nicht immer neutral oder richtig, und schaffen neue Missverständnisse: Es ist aber nicht nur so, dass Themen durch Zusatzinformationen komplexer wirken – oft werden sie es auch. Betrachten wir dies zunächst aus der Perspektive von Chefjurys: Erstens erfährt man als Chefjuror schnell sehr schmerzhaft, dass jedes Wort einer Fragestellung von Teams missverstanden oder auf die Goldwaage gelegt werden kann. Mehr Worte können im Kontext den „Geist“ eines Themas klarer machen, aber andersherum gesehen erhöht sich mit jedem Wort auch die Wahrscheinlichkeit für neue Missverständnisse. Zweitens ist es schwierig und aufwändig, objektive, gesicherte Fakten zur Verfügung zu stellen. Statistische Angaben variieren je nach Erhebungsmethode und werden selektiv zitiert; Definitionen sind umstritten. So manche Chefjury wird in der Kürze der Zeit auch nur schnell auf Wikipedia gegangen sein. Eine potenzielle Fehlinformation wird (und nach BPS-Regelwerk: muss) dann jedoch in Debatten als objektive Wahrheit hingenommen werden und wird auf alle Ewigkeit auf der Achten Minute und Clubabenden weitergegeben. Drittens ist es schwierig, neutrale Informationen zur Verfügung zu stellen, die die Unparteilichkeit der Chefjury und die Fairness zwischen den Fraktionen wahren. Die logische Weiterentwicklung des Factsheets, so kritisieren viele Alumni, wäre es, den Teams gleich fertige Argumentationslisten („Casefiles“) vorzulegen. Tatsächlich weisen Factsheets häufig auf Argumente hin – vielleicht sogar absichtlich, um ein in der Zugänglichkeit unausgeglichenes Thema ausgeglichener zu machen. Die Folgen aber, wie sich dadurch das Thema, die Rolle der neutralen Chefjury und die Entwicklung der Debatten verändert, sind aber kaum abzusehen. Oft fokussieren sich Debattenreden ganz auf die Themenfelder, die das Infoslide besonders beleuchtet, und nicht auf andere Aspekte der Fragestellung (Priming- und Framing-Effekt).
  • Factsheets erschließen nur zum Schein neue Themen: Dem letzten Pro-Argument könnte man entgegnen: Man kann zwar mehr Themen durch Zusatzinformationen stellen – aber mehrheitlich falsche und schlechte. Zum einen, so kann man argumentieren, sind Themen, die der Großteil von uns nicht kennt, auch weniger relevant und spannend für uns (nicht zwingend auch für die Gesamtgesellschaft). Zum anderen ist „Wir stellen das einfach mit Factsheet, dann klappt das schon“ eine dankbare und verlockende Ausrede, ein (zu) komplexes Thema doch stellen zu können. Ein noch so ausführliches Infoslide kann nicht verhindern, dass Teams in knapper Vorbereitungszeit an solchen Themen verzweifeln. Das wurde uns beispielsweise zum Malithema vorgeworfen. Einfache, spannende und (das ist in OPD als Fokus eigentlich sogar vorgeschrieben!) relevante Fragen sind jedoch die Voraussetzung dafür – damit schließt sich der Kreis zu Argument eins – dass überhaupt Menschen Gefallen am Debattieren finden und unser Sport Sinn macht.

 

Synthese– Vorschlag für eine neue Factsheet-Kultur:

Auch der Autor (links) hat schon längere Factsheets gestellt – Foto: Debattierklub Wien

Die Debatte für und gegen Factsheets könnte man relativ einfach abwägen: Factsheets haben sich fest etabliert, also scheint die Mehrheit der Szene mit ihnen zufrieden zu sein. Tatsächlich erscheint es mir nicht sinnvoll, von ihnen abzukehren – dafür ist ihr Vorteil, mehr Gruppen die Debattenteilnahme zu ermöglichen, zu groß. Aber ich glaube auch, dass wir die Nachteile von Zusatzinformationen unterschätzen – weil sie indirekter ausfallen, vielleicht daher nicht immer auf ihre Ursache zurückgeführt werden und Chefjurys nach der Devise „better safe than sorry“ verfahren.

Vielleicht lassen sich allerdings Wege finden, möglichst viele der Vorteile der Factsheets ohne viele der Nachteile zu realisieren:

  • Weniger und kürzere Factsheets: Chefjurys sollten in meinen Augen zwei Leitsätze verinnerlichen: „So viel wie nötig und so wenig wie nötig – Factsheets bieten nur die minimal zur Teilnahme an der Debatte nötigen Informationen“ und „Factsheets bestehen aus Sätzen, nicht aus Absätzen“. Bei der Herangehensweise daran sollten sie zwei Fragen bedenken: (1) „Braucht es überhaupt ein Factsheet aka. ist es wahrscheinlich, dass ganze Teams keine Chance haben werden, sich herzuleiten, worum es geht?“; (2) „Was muss ins Factsheet aka. welche minimalen (neutralen) Informationen würden es diesen Teams erlauben, die Debatte zu führen; und wo würde es absolutes Chaos geben, wenn man keinen Konsens herstellt?“ Der entscheidende Punkt ist, nicht zu sehr von Zusatzinformationen zu erwarten, dass sie besonders gute (anstatt überhaupt) Debatten herstellen sollen – dann ist nämlich der Weg zu überlangen Infoslides bzw. der „slippery slope“, wo man auf dem Weg zu Casefiles für beide Teams aufhören will, bereitet. Das Ziel sollte meiner Meinung nach am Ende nicht sein, gar keine Factsheets mehr zu haben – aber wenn man für jedes Thema des Turniers eines braucht, sollte man vielleicht überlegen, ob man nicht mehr simplere Themen stellen könnte.
  • Eine andere Darbietung von Factsheets: Die Idee dahinter ist, den hilfreichen Charakter von Zusatzinformationen zu bieten, ohne dass man sofort und immer mit der abschreckenden Textfülle konfrontiert ist. Man sieht die simplen Themen und nur wenn man das Bedürfnis verspürt, die Themen besser zu verstehen, kommt man auf das Factsheet zurück. Dies ließe sich auf drei Weisen realisieren:
    • Optionale Factsheets: Nur die Fragestellung wird auf dem Turnier vorgelesen und an die Wand geworfen, das Factsheet nur still ausgeteilt (für die, die es benötigen). Auf der Achten Minute etc. werden Factsheets ein „Toggle“, sie werden also erst angezeigt/ausgeklappt, wenn man draufklickt.
    • Weniger prominente Factsheets: Fragestellungen werden immer vor dem Factsheet abgedruckt, bekommen eine größere Schrift, Fettdruck etc.
    • In der Frage integrierte Zusatzinfos: Definitionen etc. werden nicht in separaten Factsheet-Sätzen, sondern in Klammern und Relativsätzen direkt in die Fragestellung integriert. Ob die eingesparten Worte zuungunsten längerer Sätze ein Vorteil sind, ist freilich Geschmackssache.
  • Ein anderer Name für Factsheets: Es ist paradox, da ich in diesem Artikel auch meist die Anglizismen verwende, weil sie geläufig sind. Aber wie oben erwähnt halte ich das für einen dieser Fälle, wo der Gebrauch von Fachsprache in unserer Szene keinen einzigen Vorteil bringt, sondern Erstis nur „Elfenbeinturm“, „Komplexität“ und „Fremdheit“ suggeriert. „Infotext“ hat fast dieselbe Silbenanzahl, klingt aber vertrauter; und „Zusatzinformationen“ ist zwar länger, bringt aber das hinterstehende Konzept sofort zum Ausdruck.
  • ~~ Eine andere Vorbereitungszeit: Einer letzten Idee möchte ich mich nicht anschließen, aber sie wäre sicherlich die spannendste, radikalste Gegenmaßnahme: Das Rechercheverbot in der Vorbereitungszeit abzuschaffen. Es würde Factsheets jedenfalls unerheblich machen, das Gewicht in Debattenreden von (im schlimmsten Fall) wilden Behauptungen zu mehr Empirie verlagern und sich mehr realen Parlamentsreden annähern, wo ja auch durchaus Studien zitiert werden. Tatsächlich ist das eines der Aspekte, die Erstis am wenigsten an unseren Regelwerken verstehen: Warum empirische Fakten eine so untergeordnete Rolle spielen. Für den Status quo gibt es indes zwei starke Argumente: Erstens haben Jurierende keine Möglichkeit, Faktenbehauptungen in einer Debatte zu verifizieren und zweitens würden dann im Zweifel nicht mehr die logisch stärksten Teams, sondern die mit dem besten digitalen Casefile gewinnen. Eine entsprechende Änderung wäre also wahrscheinlich zu radikal und mit zu vielen Nachteilen verbunden– wobei wir nicht vergessen dürfen, dass es durchaus Debattierformate (z.B. „Jugend Debattiert“) gibt, die so verfahren.

 

Epilog– ein Fallbeispiel:

So einfach sich all diese Sachen in einem abstrakten Artikel schreiben – so schwierig verbleiben die Abwägungen in der Realität. Auf dem Laternencup in Saarbrücken (Link) haben wir vergangenes Wochenende unter anderem die Meisterpflicht mit Factsheet gestellt, die folgende Fragestellung aber ohne: „Soll das Verbot (auch kommerzieller) Leihmutterschaft in Deutschland aufgehoben werden?“

Darüber lässt sich jedoch vorzüglich diskutieren: Wissen alle Teams, was eine Leihmutterschaft ist? Wäre es sinnvoll/notwendig, den Status quo mit einem Verbot in Deutschland, aber der Möglichkeit, halblegal Kinder im Ausland austragen zu lassen, zu beschreiben? Oder eine Faktenbasis zu schaffen, wie gefährlich eine Leihmutterschaft für die Leihmutter (medizinisch) ist? Muss man den Komparativ „Verbot altruistischer und kommerzieller Leihmutterschaft vs. Legalisierung altruistischer und kommerzieller Leihmutterschaft“ mit zusätzlichen Sätzen beschreiben oder reicht der Trick mit der Klammer?

Ich will nicht behaupten, dass die Entscheidung gegen ein Factsheet am Ende die eindeutig richtige war. Vielleicht hätten sich Teilnehmer des Turniers über mehr Infos gefreut. Zumindest mein Eindruck war aber: Die Teams (und dadurch auch die Freien Redner) konnten mit dem Thema auch so genügend anfangen. Bezüglich der gesundheitlichen Risiken einigten sich beide Seiten auf eine nachvollziehbare These. Und Zusatzinfos zum Beispiel zum ausländischen Markt für Leihmütter kamen durch einzelne Personen in die Debatte und wurden mit Sachverstand und Urteilskraft honoriert.

Vielleicht, vielleicht also braucht es nicht immer die „better safe than sorry“-Haltung eines Factsheets.

 

Sven Jentzsch debattiert seit 2015 und war in dieser Zeit als Redner, (Chef-)Juror, Mitglied der OPD-Regelkommission, Streitkultur- und VDCH-Präsident aktiv. Er promoviert in Allgemeiner Rhetorik in Tübingen.

Das Mittwochs-Feature: Mittwochs veröffentlicht die Achte Minute ab 10.00 Uhr oftmals ein Mittwochs-Feature, worin eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt gestellt wird. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.

lok.

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